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Der Ring in Zeiten der Energie­krise: Filzer statt Feuer?

Zugegeben: An Richard Wagner und seiner Musik scheiden sich die Geister. Sehr sympa­thisch ist er wohl nicht gewesen. Es gibt zudem sicherlich einige Menschen, die beim schieren Ausmaß des Bühnen­fest­spiels „Der Ring des Nibelungen“ (vier Opern mit insgesamt 14 bis 15,5 Stunden Auffüh­rungs­dauer) verzweifeln, Abscheu vor ausufernden Allite­ra­­tions-Anein­an­­der­­rei­hungen empfinden, und schon in der (nicht vorhan­denen) Pause im Rheingold flucht­artig die Oper verlassen oder aufgrund der Erschöpfung durch Überfrachtung bereits während des „Sturms“ zu Beginn der Walküre einschlafen (alles schon erlebt).

Den „Walkü­renritt“, jenes donnernde Orches­ter­vor­spiel zum dritten Akt der Walküre, (also Teil zwei von vier), kennt indes jeder. Woody Allen sagte einmal „Immer, wenn ich Wagner höre, spüre ich den inneren Drang, in Polen einmar­schieren zu müssen“. Auf der anderen Seite gibt es im Opern­be­trieb nichts Vergleich­bares, dessen Musik so bewegen und begeistern kann und das an die schiere Wucht und Komple­xität der Tetra­logie heran­reicht. Vielleicht sind dies auch Aspekte, die Juristen an dem Werk faszi­nieren. Zumindest bringt man als Jurist ausrei­chend „Sitzfleisch“ mit, dauert selbst die längste der vier Opern nicht einmal so lang wie eine Examens­klausur.

Zu Ostern ist es in Berlin an der Staatsoper Berlin wieder soweit. Im Rahmen der Feststage 2024 gibt es ihn: Den „Ring“. Ein Zyklus ist schon durch, Oster­samstag kommt der Siegfried vom zweiten Durchlauf mit einem großar­tigen Andreas Schlager als Siegfried einem überra­genden Tomasz Konieczny als Wanderer (absolut fantas­tisch war er auch in der Walküre) und als donnernde Brünn­hilde: Anja Kampe.

Was war bisher geschehen? Rechtlich gesehen war der „Raub“ des Rhein­golds (Teil 1)  gar keiner, sondern nur ein einfacher Diebstahl, einer erst durch den Nibelungen Alberich (spekta­kulär: Johannes Martin Kränzle) beweglich gemachten Sache. Am „Ring“ indes hat Alberich durch Umgestaltung des Goldes Eigentum erworben und dieses auch nicht mehr verloren, so dass die Tetra­logie völlig zutreffend „Ring des Nibelungen“ heißt.

Bei einem Umwelt­rechtler hinter­lässt der „Ring“ jedoch immer wieder Fragen. So erscheint schon die Errichtung des gigan­ti­schen, nicht privi­le­gierten Palast­kom­plexes Walhall (und an der Staatsoper das Forschungs­zentrum „E.S.C.H.E.“ mit seinen diversen Versuchs­an­ord­nungen) im Außen­be­reich wohl proble­ma­tisch. Eine Regen­bo­gen­brücke wird sich zudem wohl kaum als ausrei­chende Erschließung quali­fi­zieren lassen. Für gewöhnlich zeigt sich in der Götter­däm­merung beim Welten­brand für Walhall, wie wichtig ordnungs­ge­mäßer Brand­schutz gewesen wäre. Bedurfte der Riese Fafner für die Ablagerung des Horts in der Waldmitte (FFH?) nicht einer immis­si­ons­schutz­recht­lichen Geneh­migung? Gleiches gilt wohl auch für das „bräut­liche Feuer“, das die schlum­mernd auf Siegfried wartende Brünn­hilde (er ist übrigens ihr Neffe) umgab, gerade im Lichte der 44. BImSchV. Zumal eine Dauer­be­feuerung (Gas? Kohle? Biomasse?) sicherlich ohne Weiteres auch emissi­ons­han­dels­rechtlich schwierig ist. Vielleicht waren in Wotans Speer auch Emissi­ons­­zer­­ti­­fikate-Runen geschnitzt, als er damit Loge bannte? Doch nicht so in Berlin: In der oft spannenden, manchmal großar­tigen, dann aber auch arg kargen Insze­nierung von Dmitri Tcher­niakov an der Staatsoper bleibt der Ofen kalt: Das Feuer wird durch Handbe­we­gungen darge­stellt oder mit dem Filzmarker auf Hörsaal­be­stuhlung und Fenster­scheiben gemalt. Nur als Siegfried seine Spiel­sachen verbrennt und damit wohl seine Mannwerdung signa­li­siert, lodert echtes Feuer auf, sodass man an die Werte der 1. BImSchV denken (und husten) muss. Es gleißt und flammt jedoch aus dem Graben (unglaublich sauber und klar: Philippe Jordan) und von der Bühne, dass man zwischen warmem Schauer und Gänsehaut changiert.  Falls Sie nun gar nichts verstanden haben sich nun fragen „Häh? Worum geht es eigentlich?“: Gehen Sie hin! Es gibt noch Karten! Und in Berlin heißt es 2024: Nach dem „Ring“ ist vor dem „Ring“. An der Deutschen Oper Berlin geht es dann schon im Mai mit drei Zyklen (Insze­nierung Stefan Herheim) weiter. (für Sie mit dabei: Dirk Buchsteiner)

 

Schul­straßen: Von Klein an auf großem Fuß

Autofahren sei „Männer­sache“, hieß es in den 1970er Jahren, als ich selbst klein war. Insgesamt war eine aktive Rolle im Verkehr die Domäne Erwach­sener. Als Kinder bekamen wir „Verkehrs­er­ziehung“. Es gab neongelbe Mützen, die wir schon damals hässlich fanden. Und es gab ein Absperr­gitter vor der Schule und Schüler­lotsen: Wir mussten brav warten, bis Eltern und Lehrer gefahren waren. Als erwach­sener Mann habe ich nun immer noch kein eigenes Auto, konnte dafür aber im Auftrag von Kidical Mass Aktions­bündnis, dem VCD und dem Deutschen Kinder­hilfswerk ein Rechts­gut­achten schreiben: Über die Freigabe von „Schul­straßen“ für Kinder. Doch was ist das, eine Schul­straße? Wie lässt sie sich rechts­sicher begründen?

Schul­straßen wurden zunächst in Frank­reich, Öster­reich und Italien konzi­piert. Inzwi­schen ist die Idee auch in Deutschland angekommen. Es handelt sich um Straßen­ab­schnitte oder Straßen im Umfeld von Schulen, die zumindest zu bestimmten Zeiten ganz dem Fuß- und Fahrrad­verkehr gewidmet sind. In Öster­reich gibt es für Schul­straßen sogar ein offizi­elles Verkehrs­zeichen, nachdem 2022 eine neue Vorschrift, der § 76d in die Öster­rei­chische StVO aufge­nommen wurde.

Österreichisches Schulstraßen-Verkehrsschild

Öster­rei­chi­sches Verkehrs­zeichen Schulstraße

In Deutschland dagegen müssen die Verkehrs­be­hörden mit dem altbe­­kannt-berüch­­tigten einge­schränkten Möglich­keiten arbeiten, die das Straßen­recht und das Straßen­ver­kehrs­recht so zur Verfügung stellt. Es muss jedoch in einer Straße nicht immer  erst zu schweren Verkehrs­un­fällen gekommen sein, damit die Einrichtung einer Schul­straße möglich ist. Denn das Straßen­recht bietet einige Möglichkeiten.

Anders als das Straßen­ver­kehrs­recht ist das Straßen­recht Länder­sache. Während das Straßen­ver­kehrs­recht regelt, wie eine Straße genutzt wird, also mit welcher Geschwin­digkeit, mit welchen Vorrang­regeln usw., regelt das Straßen­recht, ob ein Teil des öffent­lichen Raums überhaupt als Straße für den Verkehr genutzt werden kann.
Diese Funkti­ons­zu­schreibung ist Inhalt der sogenannten Widmung. Das Straßen­recht kann die Straße auch nur für bestimmte Verkehrs­arten freigeben, etwa im Fall einer Fußgän­gerzone oder einer reinen Fahrrad­straße. Dies passiert in der Regel durch eine sogenannte Teileinziehung.

Für Straßen­ver­kehrs­recht und Straßen­recht gelten unter­schied­liche Voraus­set­zungen: Das Straßen­ver­kehrs­recht knüpft an eine konkrete und in der Regel überdurch­schnittlich wahrschein­liche Gefahr im Verkehr an. Typischer­weise wird eine Häufung von Verkehrs­un­fällen verlangt, die sich in der Statistik nieder­ge­schlagen hat: Für Kinder und ihre Eltern keine schöne Perspektive, dass erst etwas passiert sein muss.

Ganz zwingend ist das nicht. Denn eine verkehrs­recht­liche Gefahr kann auch in der Behin­derung der Leich­tigkeit des Verkehrs bestehen. Das wird bisher zumindest dann anerkannt, wenn es um Kraft­fahr­zeug­verkehr geht. In der StVO steht das so nicht, da ist allgemein von Verkehr die Rede.

Insofern könnte man auch argumen­tieren, dass Kinder auch Rechte auf Mobilität und Leich­tigkeit des von ihnen beanspruchten Fuß- und Radver­kehrs haben. Bisher findet diese Argumen­tation jedoch nur selten Resonanz bei Behörden und Gerichten.
Als Alter­native bleibt das Straßen­recht. Mit einer Teilein­ziehung kann eine Straße nicht nur dauerhaft zu einer Fußgän­gerzone oder Fahrrad­straße gemacht werden. Diese straßen­recht­liche teilweise Entwidmung hat gegenüber straßen­ver­kehrs­recht­lichen Anord­nungen den Vorteil, dass keine Gefah­renlage begründet werden muss. So kann etwa die Einrichtung einer Fußgän­gerzone durch eine Teilein­ziehung mit überwie­genden Gründen des öffent­lichen Wohls begründet werden.

Grund des öffent­lichen Wohls kann vieles sein: Neben genuin verkehrs­recht­lichen Belan-gen, etwa die Sicherheit und Leich­tigkeit eines kindge­rechten Verkehrs auch gesund­heit­liche, psychische und soziale Aspekte: Denn der eigen­ständige Weg zur Schule trägt zur motori­schen Entwicklung bei, gibt den Kindern ein Gefühl der Selbst­wirk­samkeit und – wenn sie mit Klassenkamerad*innen unterwegs sind, der gemeinsame Verantwortung.

Durch die Teilein­ziehung kann eine Straße auch zeitlich limitiert auf bestimmte Nutzungs­arten beschränkt werden: Konkret gesagt kann die Straße zu den Hol- und Bring­zeiten der Schüler zu Schul­anfang und ‑ende für den Fuß- und Radverkehr teilein­ge­zogen werden. Dass diese zeitliche beschränkte Sperrung möglich ist, geht aus Art. 8 Abs. 1 Satz 2 des Bayri­schen Straßen- und Wegege­setzes hervor, wo von der „nach-träglichen Beschränkung der Widmung auf bestimmte „Benut­zungs­arten, ‑zwecken und ‑zeiten“ die Rede ist. Alles andere wäre auch wider­sprüchlich, denn wenn eine dauer­hafte Sperrung für Kfz rechtlich zulässig ist, dann dürfte eine in die Rechte der Autofahrer weniger eingrei­fende zeitlich begrenzte Regelung auch erlaubt sein. (Olaf Dilling)

Von |27. März 2024|Kategorien: Verkehr, Verwal­tungs­recht|Schlag­wörter: , , |0 Kommentare

Zweiter Anlauf: Ein neues CCS-Gesetz

Wir erinnern uns: 2009 hofften viele, dass die Abscheidung und Speicherung von CO2 einen Beitrag zur Dekar­bo­ni­sierung der Strom­wirt­schaft leisten würde. Kohle­kraft­werke sollten „CCS-ready“ errichtet werden. 2012 wurde dann immerhin ein Kohlendioxid-
Speiche­rungs­gesetz (KSpG) verab­schiedet, das aller­dings – seien wir ehrlich – eher als Kohlen­­dioxid-Speiche­rungs-Verhin­­de­rungs­­­gesetz betitelt worden wäre, denn es erlaubte den Bundes­ländern, auf ihrem Landes­gebiet CCS auszu­schließen, was die norddeut­schen Länder, die poten­tielle Speicher­stätten beher­bergen, dann auch prompt taten. Zwischen­zeitlich wurde es ruhig um die Techno­logie, auch der Evalua­ti­ons­be­richt von 2019 änderte daran nichts. Doch 2022 sah es schon anders aus, und nun liegt ein Geset­zes­entwurf auf dem Tisch, der einen echten Paradig­men­wechsel einläutet: Während bisher nur Speicher­stätten für Forschungs- und Entwick­lungs­vor­haben zur Speicherung von CO2 möglich waren, soll es künftig kommer­zielle Speicher im indus­tri­ellen Maßstab geben, zwar nicht an Land, aber auf dem Gebiet des Festland­so­ckels und der Ausschließ­lichen Wirtschaftszone (AWZ).

(Wenn Sie auch nicht so wissen, wo die genau ist: Hier die Ostsee. Hier die Nordsee.).

Außerdem soll das neue Gesetz das Planfest­stel­lungs­ver­fahren für die Leitungs­in­fra­struktur aktua­li­sieren und die Regeln vereinfachen.

Zuständig für die Geneh­migung der Speicher bleiben die Länder. Die Speicher­stätten dürfen nicht in Meeres­schutz­ge­bieten liegen, und sie dürfen Windkraft­an­lagen offshore und ihre Anbin­dungen nicht stören. Die Infra­struktur steht auch nicht jedermann offen: Emissionen aus der Kohle­ver­stromung sind außen vor, nicht aber die neuen Gaskraft­werke, die für die Residu­allast gebaut werden sollen. Gefördert wird der Einsatz von CCS aber nur bei den Emissionen, die schwer oder gar nicht vermeidbar sind, vor allem prozess­be­dingte (also nicht verbren­nungs­be­dingte und durch Brenn­stoff­wechsel unver­meidbare) Emissionen.

So weit, so gut. Ob sich auch in den Ländern der Wind in Hinblick auf CCS gedreht hat, werden die nächsten Monate zeigen. In dieser Hinsicht ist auch eine Passage in den FAQ des BMWK zu CCS inter­essant: In Frage 4.4.2 auf S. 14 kündigt das Minis­terium an, dass es eine Opt-In-Möglichkeit für CCS onshore schaffen würde, wenn die Länder darum bitten.

 

Von |22. März 2024|Kategorien: Emissi­ons­handel, Energie­po­litik|Schlag­wörter: , |0 Kommentare

Kartell­recht­liche Kontrolle von Fernwärmepreisen

Immer wieder ist davon zu hören, dass Kartell­be­hörden Fernwär­me­preise überprüfen, gegen überhöhte Preise oder rechts­widrige Vertrags­be­din­gungen vorgehen. Aber warum ist das eigentlich so?

Die Kartell­ämter sind unter anderem dafür verant­wortlich, den Wettbewerb auf dem Energie­markt zu fördern und sicher­zu­stellen, dass keine Monopole entstehen oder missbräuch­liche Markt­prak­tiken angewendet werden. Fernwär­me­ver­sorger können aufgrund der hohen Inves­ti­ti­ons­kosten und der begrenzten Möglichkeit zur Konkurrenz oft eine markt­be­herr­schende Stellung einnehmen. Das Kartellamt überwacht daher die Preis­bildung und stellt sicher, dass die Verbraucher faire Preise zahlen und nicht überhöhten Gebühren ausge­setzt sind.

Fernwärme ist oft eine natür­liche Monopol­branche, insbe­sondere in städti­schen Gebieten, wo die Kosten für den Aufbau eines paral­lelen Fernwär­me­netzes prohi­bitiv sein können. In solchen Fällen ist es von entschei­dender Bedeutung, dass das Kartellamt eingreift, um sicher­zu­stellen, dass das Monopol nicht missbraucht wird, um Verbraucher auszunutzen.

Zudem ist Fernwärme ein wesent­licher Bestandteil der deutschen Energie­ver­sorgung, insbe­sondere im Hinblick auf die Energie­wende und den Übergang zu nachhal­ti­geren Energie­quellen. Eine effiziente und gerechte Preis­ge­staltung bei Fernwärme ist daher von natio­nalem Interesse, um sicher­zu­stellen, dass Verbraucher nicht nur finan­ziell belastet werden, sondern auch Anreize für eine nachhaltige Energie­nutzung erhalten.

Aufgrund dieser Gründe und der Bedeutung von Fernwärme für die Energie­ver­sorgung Deutsch­lands hat das Kartellamt die Verant­wortung übernommen, die Preise zu überwachen und sicher­zu­stellen, dass sie im Einklang mit den Grund­sätzen des Wettbe­werbs und des Verbrau­cher­schutzes stehen. Recht­grundlage der Befug­nisse der Kartell­be­hörden finden sich im GWB. Gem. § 32 GWB kann die Kartell­be­hörde  Unter­nehmen verpflichten, eine Zuwider­handlung im Sinne des § 19 GWB abzustellen. Sie kann ihnen hierzu alle erfor­der­lichen Abhil­fe­maß­nahmen verhal­tens­ori­en­tierter oder struk­tu­reller Art vorschreiben, die gegenüber der festge­stellten Zuwider­handlung verhält­nis­mäßig und für eine wirksame Abstellung der Zuwider­handlung erfor­derlich sind.

(Christian Dümke)

Von |22. März 2024|Kategorien: Wärme|0 Kommentare

Jetzt doch: Regulierung von Liefer­ketten in der EU?

Ende letzter Woche hat sich der Rat der EU nun doch durch­ge­rungen: Er hat der EU-Richt­­linie über die Sorgfalts­pflichten von Unter­nehmen im Hinblick auf Nachhal­tigkeit (hier der Kommis­si­ons­entwurf vom Februar 2022) zugestimmt. Das Votum erfolgte gegen die Stimme Deutsch­lands, was verwun­derlich ist:

Denn in Deutschland gibt es bereits das Liefer­ket­ten­sorg­falt­pflich­ten­gesetz. Dies wäre ein guter Grund für deutsche Unter­nehmen, eine EU-weite Regelung zu unter­stützen. Denn sie müssen sich ohnehin schon im Wesent­lichen nach den Vorschriften richten, die nun auch in der EU kommen sollen. Sie müssen dann auch nicht mehr mit Anbietern aus anderen EU-Ländern konkur­rieren, die nicht auf die Einhaltung von Menschen­rechten und Umwelt­schutz­stan­dards achten müssen.

Aber noch mal von Anfang an: Was verlangt das Liefer­ket­ten­sorg­falts­pflich­ten­gesetz? Und was steht in der in der EU-Richt­­linie, inwiefern stimmt sie mit dem deutschen Gesetz überein und inwiefern weicht sie davon ab?

Kurz gesagt sollen sowohl das deutsche Gesetz als auch die europäische Richt­linie die Verant­wortung für Menschen­rechte und Umwelt­schutz in der Liefer­kette stärken. Dafür müssen Unter­nehmen zunächst einmal die Risiken in ihren Liefer­ketten ermitteln, bewerten und priori­sieren. Auf dieser Basis soll jedes Unter­nehmen eine Grund­satz­er­klärung veröf­fent­lichen. Weiterhin muss es Maßnahmen gegen Menschen­rech­ten­rechts­ver­stöße und Umwelt­schä­di­gungen ergreifen. Schließlich muss es Beschwer­de­mög­lich­keiten für die Menschen in Liefer­ketten schaffen und über das Liefer­ket­ten­ma­nagement Bericht erstatten.

Die Richt­linie geht zum Teil über die Sorgfalts­pflichten des deutschen Gesetzes hinaus. So ist die Wertschöp­fungs­kette ist weiter definiert. Außerdem ist eine zivil­recht­liche Haftung in die Richt­linie aufge­nommen worden. Durch die Änderungen bei der Kompro­miss­findung entspricht der Anwen­der­kreis der Richt­linie jetzt der deutschen Regelung. Denn auch sie stellt – wie das deutsche Gesetz ab dem 01.01.2024 – auf Unter­nehmen mit über 1.000 Beschäf­tigten ab. Zusätzlich sollen die Sorgfalts­pflichten der Richt­linie nur auf Unter­nehmen mit einem Umsatz von über 450 Millionen Euro im Jahr anwendbar sein. Im nunmehr aktuellen Kompro­miss­vor­schlag wurden auch längere Übergangs­fristen vereinbart, so dass erst fünf Jahr nach dem In-Kraft-Treten alle betrof­fenen Unter­nehmen verpflichtet sind.

Um verab­schiedet zu werden, muss das Plenum des EU-Parla­­ments noch zustimmen, was aber wahrscheinlich ist, nachdem der Rechts­aus­schuss bereits zugestimmt hat. (Olaf Dilling)

Von |20. März 2024|Kategorien: Industrie, Umwelt|Schlag­wörter: , , , , |0 Kommentare

Zu spät beim CBAM?

Zum 31.03.2024 mussten die Impor­teure der Güter, die am CBAM teilnehmen, ihren erste Quartals­be­richt abgeben. Offenbar hat das eher nicht so gut funktio­niert, so dass die Kommission nun mit der Zusatz­funktion „Frist­ver­län­gerung“ reagiert hat (Erläu­terung der KOM gibt es hier). Diese erlaubt es, ab Antrag innerhalb von 30 Tagen bzw. maximal bis zum Ende einer Modifi­zie­rungs­frist nachzu­reichen oder zu ändern. Für den ersten Quartals­be­richt endet die Frist am 31.07.2024. Achtung: Es gilt die kürzere Frist. Wer also heute, am 15.01.2024, einen Antrag stellt, hat 30 Tage Zeit, nicht bis Juli. Für den Antrag selbst gilt ebenfalls eine Frist. Er kann nur bis zum 31.07.2024 gestellt werden.Zeit, Zu Spät, Disneyland, Minute, Uhr

Drückt man die Schalt­fläche für den Antrag auf Frist­ver­län­gerung gelangt man zu einem Feld, in dem man den „techni­schen Fehler“ erklären muss, der zu der Verspätung geführt hat. Es wird nicht ganz klar, was genau unter einem techni­schen Fehler zu verstehen ist, und ob und wer prüft, ob der Fehler für eine Frist­ver­län­gerung (besser, da Frist ja abgelaufen ist: Wieder­ein­setzung) reicht. Einen Versuch ist es in jedem Fall wert, denn die Sanktionen haben es in sich: Zwischen 10 und 50 EUR pro nicht berich­teter Tonne Emission. Damit gilt: Für die Zukunft sollten sich die Betrof­fenen für den Ablauf des Monats nach abgeschlos­senem Berichts­quartal fett und rot im Kalender markieren. Und wenn das Kind in den Brunnen gefallen sein sollte, sollte die Chance, nun per Antrag aktiv zu werden, auf jeden Fall genutzt werden (Miriam Vollmer).

Von |15. März 2024|Kategorien: Allgemein, Emissi­ons­handel|Schlag­wörter: |0 Kommentare