OVG Münster zu Sonder­nut­zungs­ge­bühren für E‑Scooter

Das Oberver­wal­tungs­ge­richt (OVG) Münster hatte vor einiger Zeit das Aufstellen von sogenannten Sharing-Angeboten im öffent­lichen Raum vom Gemein­ge­brauch ausge­nommen. Das heißt, dass kommer­zielle Leih-Fahrräder oder E‑Scooter nicht mehr ohne weitere auf Gehwegen abgestellt werden dürfen. Vielmehr ist eine Sonder­nut­zungs­ge­neh­migung nötig.

Damit verbunden ist auch eine Gebühr, die angesichts der von den Anbieter häufig massenhaft abgestellten Fahrzeuge häufig ziemlich ins Geld gehen kann. Dazu gibt es jetzt eine weitere Entscheidung des OVG Münster: Die Firma TIER hatte im Sommer 2022 bis zum Ende des Jahres bei der Stadt Köln einen Sonder­nut­zungs­antrag für den öffent­lichen Straßen­raums zum Betrieb von E‑Scootern im Rahmen eines Verleih­systems gestellt. Die Stadt hat daraufhin einen pauschalen Betrag für 3.600 Fahrzeuge von insgesamt 383.000,- Euro festge­setzt. Berechnet war diese Gebühr auf das ganze Jahr, da die entspre­chende Satzung dies so pauschal vorsieht.

Nachdem das Verwal­tungs­ge­richt Köln eine Klage des Anbieters zunächst abgewiesen hatte, hat das OVG Münster dem Anbieter nun im Eilver­fahren insoweit recht gegeben, als die Festsetzung einer Gebühr für ein halbes Jahr nicht identisch mit der Jahres­gebühr sein darf. Zugleich ist das Gericht bei der Auffassung geblieben, dass die Festsetzung einer Sonder­nut­zungs­gebühr grund­sätzlich recht­mäßig ist. Dies ist auch über den Einzelfall hinaus inter­essant, denn auch vielen anderen deutschen Städten gibt es Bestre­bungen, das Abstellen von Scootern stärker zu regle­men­tieren. Sonder­nut­zungs­ge­neh­mi­gungen können dafür ein zentraler Hebel sein. (Olaf Dilling)

2023-05-17T21:04:20+02:0017. Mai 2023|Verkehr|

Länger Kurzzeit­parken: Kleine Brötchen der Verkehrspolitik…

Die FDP hat zwei neue Vorschläge zur Belebung der Innen­städte gemacht, die beide den markt­wirt­schaft­lichen Prinzipien der Partei zuwider­laufen: Autofahrern sollen Parkplätze umsonst zur Verfügung gestellt werden.

Um die Attrak­ti­vität der Städte für Autofahrer zu steigern, wird an Kommunen appel­liert, eine sogenannte Brötchen­taste einzu­führen: Auch da wo bereits eine Parkraum­be­wirt­schaftung statt­findet, soll für das Parken mit einer Dauer von wenigen Minuten kostenfrei bleiben. Dies funktio­niert über eine spezielle Taste am Automaten, für die ein entspre­chender Parkschein angefordert werden kann. Die Bremer grüne Mobili­täts­se­na­torin Maike Schäfer hatte mit Wirkung zum 1. April diesen Jahres diese Möglichkeit für Bremen abgeschafft.

Schild mit Hinweis auf Parkscheinautomat

Zudem soll die Länge des Kurzzeit­parkens im beschränkten Haltverbot von bisher drei auf fünf Minuten ausge­dehnt werden. Auch dadurch soll der Einzel­handel belebt werden. Ob sich das wirklich förderlich für den Einzel­handel auswirken würde, ist fraglich, nicht nur, weil unter Stadt­planern umstritten ist, wie groß der Beitrag des Kfz-Verkehrs zum inner­städ­ti­schen Einzel­handel wirklich ist. Denn die längere Verweil­dauer von Fußgängern und die flexi­bleren Abstell­mög­lich­keiten von Fahrrad­fahrern sind Faktoren, die oft unter­schätzt werden. Beide Faktoren führen dazu, dass diese Kunden­gruppen mehr Umsatz bringen als oft vermutet.

Eine „Verweil­dauer“ von nur fünf Minuten dürfte jeden­falls in den seltensten Fällen für einen Einkauf reichen. Zudem darf nach der bishe­rigen Regelung in der StVO der Fahrer das Fahrzeug beim Halten nicht verlassen. Denn um zu halten (und nicht zu parken), muss er im Notfall sofort eingreifen und wegfahren können. Auch innerhalb der fünf Minuten könnten also nur die Beifahrer einkaufen.

Der Vorschlag bietet für den Einzel­handel daher kaum Vorteile, aller­dings einen handfesten Nachteil: Die Anordnung beschränkter Haltverbote dient in erster Linie dazu, um Parkmög­lich­keiten für den Liefer­verkehr freizu­halten. Daneben profi­tieren bisher vom einge­schränkten Haltverbot auch Handwerker, Pflege­kräfte, Menschen mit Behin­derung und Autofahrer, die tatsächlich Be- oder Entladen müssen oder jemand Ein- oder Aussteigen lassen wollen.

Ohnehin haben Logis­tik­un­ter­nehmen und andere Berech­tigte mit Nutzungs­kon­flikten und Fehlnut­zungen dieser Liefer­ver­kehrs­flächen zu kämpfen. Dies würde durch eine Ausdehnung des Kurzzeit­parkens noch zunehmen. Für Mitar­beiter des Ordnungsamts würde die Kontrolle erheblich erschwert, wenn eine Überschreitung von fünf Minuten (und nicht bloß drei Minuten) nachge­wiesen werden muss. (Olaf Dilling)

 

2023-05-11T13:51:46+02:0011. Mai 2023|Verkehr, Verwaltungsrecht|

Mehr Tempo 30 in Städten wagen!

Eigentlich schien die Sache bei der Bildung der Ampel­ko­alition klar zu sein: Im Koali­ti­ons­vertrag hatten sich die neuen Regie­rungs­par­teien auf eine grund­le­gende Reform des Straßen­ver­kehrs­rechts geeinigt. Es heißt dort ausdrücklich:

Wir werden Straßen­ver­kehrs­gesetz und Straßen­ver­kehrs­ordnung so anpassen, dass neben der Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs die Ziele des Klima- und Umwelt­schutzes, der Gesundheit und der städte­bau­lichen Entwicklung berück­sichtigt werden, um Ländern und Kommunen Entschei­dungs­spiel­räume zu eröffnen.“

Dies galt als gemein­samer Nenner der Koali­ti­ons­partner, da SPD und Grüne die zu eng auf verkehrs­be­zogene Belange festge­legten Gründe für Maßnahmen mit Bezug zu anderen ökolo­gi­schen und sozialen Belangen öffnen konnten. Die FDP schien dagegen einer größeren Entschei­dungs­freiheit auf der lokalen Ebene etwas abzuge­winnen. Nun, geschehen ist in der Zwischenzeit, fast anderthalb Jahre danach: exakt nichts.

Das ist vor allem für die Städte enttäu­schend. So hatte sich schon unter dem Bundes­ver­kehrs­mi­nister Scheuer eine partei­über­grei­fende Initiative von inzwi­schen 664 deutschen Städten und Gemeinden gebildet, die mehr Spiel­räume bei der Ausweisung von Tempo-30-Zonen fordern. Ähnliches vertritt auch der Städtetag. Dessen Haupt­ge­schäfts­führer Helmut Dedy fordert seit langem, dass es möglich sein sollte, in Städten, die dies wollen, ein generelles Tempo­limit von 30 Kilometer pro Stunde anzuordnen. Auf ausge­wählten Haupt­ver­kehrs­straßen könnte dann weiter Tempo 50 oder eine andere Geschwin­digkeit zugelassen werden.

Bisher ist es nicht möglich, Tempo 30 beispiels­weise auf Schul­wegen anzuordnen, ohne mit aufwen­digen Begrün­dungen nachzu­weisen, dass dort eine besonders große Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs besteht. Auch Anord­nungen aus Gründen des Klima­schutzes oder der Gesundheit sind derzeit für Kommunen entweder gar nicht möglich oder erfordern oft jahre­lange Planung und umfas­sende Gutachten. Das Resultat ist weiterhin ein Flicken­teppich von punktuell zuläs­sigen Geschwin­dig­keits­be­schrän­kungen und einer Regel­ge­schwin­digkeit von 50 km/h.

Verkehrszeichen T30, Achtung Kinder, Überholverbot

Verkehrs­mi­nister Wissing hat von ein paar Tagen noch einmal bekräftigt, dass er die Möglichkeit für Städte, „flächen­de­ckend“ Tempo 30 einzu­führen, ablehnt. Gemeint hat er damit wohl den genannten Wunsch des Städtetags, Tempo 30 optional als Regel­ge­schwin­digkeit einzu­führen. Was die verspro­chenen Spiel­räume angeht, sprach Wissing davon, dass darüber Gespräche geführt würden. Da die Legis­la­tur­pe­riode bereits weit fortge­schritten ist, ist das kein wirklich überzeu­gendes Ergebnis. Angesichts der Dauer, die eine grund­le­gende Reform der StVO in Anspruch nimmt, müssen Kommunen, die auf ihren Straßen etwas ändern wollen, vermutlich noch bis zur nächsten Legis­latur warten oder sich weiter mit Stückwerk auf der Basis der aktuellen StVO begnügen. (Olaf Dilling)

2023-04-26T11:35:01+02:0026. April 2023|Kommentar, Verkehr|