Die hilflos zugeparkte Querungshilfe
Bauliche Querungshilfen sind ein gutes Mittel, um den Fußverkehr zu fördern. Gemeint sind damit Gehwegvorstreckungen, also quasi „Nasen“ des Gehwegs, die in die Fahrbahn oder in den Parkraum hereinragen und den querenden Fußgängern den Weg verkürzen und sie zugleich für den fließenden Verkehr „sichtbarer“ machen. Diese Maßnahmen für den Fußverkehr werden baulich ausgeführt. Sie haben insofern keinen regelnden Gehalt, sondern sind sogenannte „Realakte“ der Verwaltung. Sie gestalten den Verkehrsraum, geben ihm seine spezifische Form und beruhen auf dem Straßenrecht der Länder.
Sie eignen sich gerade für Straßen, die ohnehin verkehrsberuhigt sind oder sich in Tempo-30 Zonen befinden. Bei Querungen auf Schulwegen können sie im Prinzip dazu beitragen, dass Kinder nicht hinter parkenden Autos übersehen werden. Im Prinzip, denn tatsächlich machen wild parkende Autos diesen Effekt oft wieder zunichte. Zum Beispiel in Berlin, in der Waldemarstraße. Auf dieser Straße mit Wohnbebauung, auf der Linienbusse unterwegs sind, und sich mindestens eine KiTa befindet, sind solche Querungshilfen in regelmäßigen Abständen zwischen den Parkständen baulich eingerichtet worden. Jeweils mit zwei Pollern und zwei Baumnasen.
Allerdings wurde bei der baulichen Umsetzung ein Fehler gemacht: Die Bordsteinabsenkung, die für Querungshilfen typisch ist, wurde hier nur sehr halbherzig vorgenommen. Es ist für einen unbefangenen Beobachter unklar, ob der Bordstein hier abgesenkt ist, oder nicht. So auch für einen Außendienstmitarbeiter des Ordnungsamtes, den ich kürzlich vor einem Auto antraf, das die Querungshilfe zugeparkt hat. Die Bordsteinabsenkung wäre aber nach § 12 Abs. 3 Nr. 5 StVO die Voraussetzung, dass das Parken dort verboten ist.
Dass das Auto dort parkt, behindert und gefährdet ersichtlich den Verkehrsfluss. Und zwar auf doppelte Weise: Denn die Blickachse ist zugeparkt und querende Fußgänger werden aufgehalten, jedenfalls, wenn sie mit dem Kinderwagen zur gegenüberliegenden Kita wollen. Für fahrende Kfz, Radfahrer und Linienbusse stellt das Auto ein Hindernis dar, das umfahren werden muss, vorausgesetzt, die gegenüberliegende Fahrbahn ist frei. Wenn Donnerstags die Müllabfuhr kommt, warten hier wegen eines parkenden Fahrzeugs oft viele Fahrgäste für mehrere Minuten. Fahrradfahrer müssen sich vor öffnenden Türen und dem nachfolgenden Kfz-Verkehr in Acht nehmen, der trotz solcher Engstellen oft überholt.
Da der Bordstein aber nicht eindeutig abgesenkt ist, musste die zuständige Straßenverkehrsbehörde, in diesem Fall das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg eine Anordnung treffen. Dies ist durch eingeschränkte Halteverbote jeweils an jeder Querung erfolgt, die dort aber inzwischen nicht mehr sind.
Praktischerweise sollte alternativ am Anfang und Ende der Waldemarstraße jeweils ein eingeschränktes (oder absolutes) Haltverbot angeordnet werden. Dies müsste durch das Zusatzzeichen „Parken in gekennzeichneten Flächen erlaubt“ ggf. unter Berücksichtigung einer Parkschein- oder Bewohnerparkregelung ergänzt werden. Dann müssten nicht so viele einzelne Anordnungen getroffen werden und der Schilderwald würde reduziert. Auch das würde der Barrierefreiheit dienen.
Fazit: Kommunen müssen bei der Planung und Ausführung von Querungshilfen daran denken, dass sie eine eindeutige Bordsteinabsenkung vorsehen. Dies hilft nicht nur Verkehrsteilnehmern, die mit Kinderwagen oder Rollstühlen unterwegs sind. Es signalisiert auch den Kfz-Fahrern, dass sie die Fußgängerinfrastruktur nicht zuparken sollen. Wenn nicht wenigstens ein Haltverbot angeordnet wird (oder die Schilder verloren gehen), war die Investition in den Straßenbau anderenfalls umsonst. Denn es ist absehbar, dass die Querungshilfen von Autofahrern ganz rabiat und hilflos zugeparkt werden. (Olaf Dilling)