Hausbesuch in Oberaltheim
„Nicht schon wieder!“, schnaubt Geschäftsführerin Göker und hebt die Abmahnung der Konkurrenz aus Unteraltheim anklagend in die Höhe. Vertriebsleiter Valk schaut bekümmert zu Boden.
Das Linoleum müsste auch mal wieder neu.
Was war passiert? Die Werbeoffensive der Konkurrenz aus Unteraltheim erwies sich als unangenehm wirksam. Tag für Tag flatterten die Kündigungen ins Haus, und Valks Laune wurde von Tag zu Tag schlechter. Nicht nur, dass dass die Kunden überhaupt kündigten. Nein, in vielen Fällen verlor Valk grundversorgte Kunden an einen Sonderkundentarif der Stadtwerke Unteraltheim GmbH (SWU), der deutlich unvorteilhafter war als der beste Tarif der Stadtwerke Oberaltheim GmbH, der Optimalstrom.
Dann, eines Tages, lag die Kündigung seines Fußballkameraden, des Metzgermeisters Thorsten Täubner, auf dem Tisch. Valk zögerte keinen Moment. Fünf Minuten später saß er bei Thorsten in der Metzgerei Täubner, zwanzig Minuten später fuhr er mit der Widerrufserklärung heim. Es war einfach gewesen, ihn zu überzeugen.
In den nächsten Wochen klingelte Valk an vielen Türen. Und er hatte Erfolg. Aus Neukunden der SWU wurden Sondervertragskunden der SWO. Dann aber kam die Abmahnung. Wettbewerbswidrig seien diese Hausbesuche, fand die Konkurrenz. Es handele sich um aggressive geschäftliche Handlungen nach § 4a UWG.
Nach Valks Ansicht könnte nichts weniger zutreffen. Aggressiv seien vielmehr die Unteraltheimer, die in Oberaltheim nach Kunden fischen. Er dagegen sei je nachdem mit Blümchen oder einem Plüschtier bei den Kunden aufgetaucht. Und hätte ihm jemand die Tür gewiesen, dann wäre er gegangen.
Auch die Justitiarin Frau Berlach sieht keine aggressive Handlung. Eine solche müsse die Rationalität des abtrünnigen Kunden zu beeinträchtigen in der Lage sein. Und überdies zeige bereits Nr. 26 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG, wo nur die nicht befolgte Aufforderung, eine Wohnung zu verlassen, aufgeführt wird, dass der in aller Regel sehr erwünschte Besuch des Herrn Falk darunter nicht falle.
Frau Göker wies die Abmahnung deswegen zurück. Vier Wochen später wies das Landgericht Oberaltheim auch die von den Unteraltheimern beantragte einstweilige Verfügung zurück. „Also bei uns war Herr Valk sehr nett und höflich!“, beschied Frau Richterin am Landgericht Dr. Vlacic den empörten Geschäftsführer Krause aus Unteraltheim. Außerdem – aber das behielt sie für sich – lieben ihre Kinder das mitgebrachte Plüschtier.
(Es ist aber alles andere als gesagt, dass das immer so glimpflich ausgeht …)
Durchbruch gegen Fahrverbote?
Die Presse jubelt: Die europäische Kommission hätte die geplante Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) abgesegnet, nach der künftig Fahrverbote bei einer Grenzwertüberschreitung von maximal 10 µg/m3 Luft bei Stickstoffdioxid als unverhältnismäßig (und damit unzulässig) gelten sollten. Über 20 Städten bliebe das leidige Dieselfahrverbot so erspart.
Aber stimmt das wirklich? Schauen wir etwas genauer hin:
Klar ist: Der Grenzwert von 40 µg/m3 wird nicht verändert. Die Richtlinie 2008/50/EG über Luftqualität bleibt, wie sie ist. Schließlich kann die Bundesrepublik dieses europäische Regelwerk ja auch mangels Zuständigkeit gar nicht ändern. Das könnten nur die europäischen Organe. Damit muss die Bundesrepublik es ohne Wenn und Aber nach wie vor irgendwie bewerkstelligen, dass auch in Ballungsräumen die Atemluft den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben entspricht.
Bei der Auswahl der Instrumente ist die Bundesrepublik – wie es für Richtlinien charakteristisch ist – verhältnismäßig frei. Es zählt die Zielerreichung. Exakt das hat die Kommission nun noch einmal unterstrichen. Ob ein Bundesland es nun durch Verbesserungen im ÖPNV einer Stadt, durch einen Anschluss-und Benutzungszwang seiner Gemeinden für eine emissionsarme und innenstadtferne Fernwärmeerzeugung, durch verbesserte und verkehrsvermindernd Radwege oder eben durch ein Fahrverbot schafft, ihren Bürgern die Luftqualität zu garantieren, die ihnen zusteht, kann es sich in gewissen Grenzen aussuchen. Diese „gewisse Grenzen“ resultieren insbesondere aus dem Gebot der Verhältnismäßigkeit. Dieses gilt für alle Akte staatlicher Gewalt, auch für einen Luftreinhalteplan. Es besagt, dass staatliche Maßnahmen nur dann zulässig sind, wenn sie erstens geeignet sind, dass angestrebte Ziel zu fördern. Sie müssen zweitens aber auch das mildeste Mittel darstellen, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Und selbst, wenn das der Fall ist, müssen sie auch ein angemessenes Verhältnis von Mittel und Zweck verkörpern.
Es liegt auf der Hand, dass ein Fahrverbot eine relativ harte und belastende Maßnahme darstellt, viel belastender als mehr Busse oder einen kostenlosen P+R-Verkehr. Damit ist ein Fahrverbot ohnehin immer nur dann zulässig, wenn denn gar kein weniger belastendes Instrument wirkt. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) am 27. Februar 2018 (BVerwG 7C 26.16) ausdrücklich festgestellt. Hiernach ist ein Fahrverbot nur zulässig wenn es die „einzig geeignete“ Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der Stickstoffdioxid-Grenzwerte darstellt (so schon der Leitsatz 1).
Offenbar stellen nun aber zumindest Teile der Presse sich vor, dass in Zukunft auch dann, wenn der Luftzustand die verdammten 40 µg/m3 einfach nicht unterschreiten will, egal, was die Stadt alles anstellt, trotzdem kein Fahrverbot verhängt wird. Sondern die Grenzwertüberschreitung einfach hinzunehmen ist. Stimmt das aber wirklich? Wir meinen: Nein. Am Grenzwert ändert sich doch nichts. Damit könnten betroffene Bürger, aber auch Umweltverbände wie die Deutsche Umwelthilfe weiter vor Gericht auf seine Einhaltung pochen, egal wie. Denn eine Duldungspflicht gibt es nicht. Oder die europäische Kommission kann ein Vertragsverletzungsverfahren betreiben, in dem hohe Strafen fällig werden können.
Was bringt also die Gesetzesänderung? Eigentlich nichts. Das Fahrverbote nur als Ultima Ratio zulässig sind, wissen wir seit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im letzten Februar. Es dürfte sich also um reine Kosmetik handeln. Vielleicht hofft der Gesetzgeber, dass der eine oder andere Kläger sich abgeschreckt fühlt. Oder Verwaltungsrichter sich ins Bockshorn jagen lassen. Ist das realistisch? Wir meinen: Nein.
Wir glauben deswegen: die Presse hat sich zu früh gefreut. Im Ergebnis ändert sich nichts.
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Sparen, wo es am günstigsten ist…
Die Politik scheint in den letzten Jahren aus den Fugen geraten zu sein. Immerhin gibt es noch ein paar klare Positionen und Reaktionsmuster, die vorhersehbar sind: Wann immer Vorschläge gemacht werden, umweltschädigende Praktiken zu verbieten, wie beispielsweise Ende Januar von der Kohlekommission, tritt Christian Lindner auf den Plan und geißelt den „planwirtschaftlichen Irrweg“ und ruft dazu auf, wir müssten „dem CO2 einen Preis geben und es dort einsparen, wo es günstig ist“.
Nun ist der Gedanke tatsächlich bestechend, Marktmechanismen zu nutzen, um die knappen Ressourcen für den Umweltschutz möglichst effizient einzusetzen. Es ist ja wirklich so, dass es „niedrig hängende Früchte“ gibt, d.h. Schädigungen, die mit wenig Aufwand verhindert werden können. Und dass manche Umweltbeeinträchtigungen Nebeneffekt profitabler Wirtschaftstätigkeit sind und manche noch nicht mal durch entsprechende Gewinne gerechtfertigt werden, liegt auch auf der Hand. Wo sollten die entsprechenden, bei privaten Wirtschaftsteilnehmern dezentral vorhandenen Informationen besser zusammenfließen als am Markt?
Auf diesem Gedanken basierend sind seit den 1980er Jahren viele ökonomische Instrumente entwickelt worden, die weniger stark in die Entscheidungsfreiheit der privaten Wirtschaft eingreifen sollen als das sogenannte Ordnungsrecht, also als Verbote, Gebote, Genehmigungsvorbehalte, Auflagen und Ähnliches. Die Werkzeugkiste der Ökonomen ist ebenfalls gut bestückt und reicht von Steuern und Abgaben über Subventionen bis hin zu handelbaren Zertifikaten. Das in Europa und Deutschland wohl prominenteste Beispiel ist das Emissionshandelssystem zur Bekämpfung des Klimawandels.
Bei aller Bewunderung für die Leistungsfähigkeit des freien Spiels der Kräfte auf dem Markt hat es jedoch auch Grenzen: Selbst der wirtschaftsliberale Economist erkennt im Leitartikel dieser Woche über „Climate Change and Big Oil“ an, dass die Erderwärmung so ganz ohne staatliche Eingriffe nicht verhindert werden kann. Und das ökonomische Modell des Zertifikathandels hat zwei entscheidende Nachteile, wenn es nicht mit ordnungsrechtlichen Instrumenten kombiniert wird:
Erstens vernachlässigt es die Struktur und Dynamik wirtschaftlicher Entwicklung, wenn nur dort gespart würde, wo die Widerstände am geringsten sind. Es kann nämlich nachteilig sein, Regionen zu deindustrialisieren, die bisher nicht effizient genug produziert haben. Dies jedenfalls dann, wenn sie dadurch jedes weitere Entwicklungspotential verlieren würden. Zudem sollten die Impulse nicht unterschätzt werden, die weltweit davon ausgehen, wenn die entwickeltsten Regionen sich für wegweisende Technologien entscheiden.
Zweitens, und davon können alle ein Lied singen, die sich mal mit dem Zuteilungsverfahren im EU Emissionshandelssystem beschäftigt haben, bringen handelbare Zertifikate enorme Transaktionskosten, auf gut deutsch: „jede Menge Bürokratie“, mit sich. In manchem Fällen ist ein klares Verbot da eben doch die direktere und ehrlichere Lösung.
Es werde Licht: Ausbaubeiträge und Beleuchtungserneuerung
Wenn Gemeinden etwas herstellen, anschaffen, erweitern, erneuern oder verbessern, dürfen sie einen einmaligen Beitrag erheben. Paradebeispiel: Der Ausbau einer Straße. Schließlich hat der Grundstückseigentümer ja auch etwas davon, weil sein Grundstück durch die verbesserte Erreichbarkeit besser nutzbar und damit meist auch wertvoller wird. Nicht abgedeckt ist allerdings die laufende Unterhaltung und Instandsetzung. Das muss der Träger der Straßenbaulast schon selbst bezahlen. Ausbaubeiträge – in Brandenburg geregelt in § 8 KAG – sind aber keineswegs auf Straßen beschränkt.
Noch nicht einhellig geklärt ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob Ausbaubeiträge eigentlich auch dann erhoben werden dürfen, wenn die Straßenbeleuchtung nicht etwa erstmalig hergestellt wird, sondern nur statt der klassischen Lampe eine LED-Lampe eingebaut wird. Ist das schon beitragspflichtige Herstellung oder Erneuerung oder nicht doch Teil der ganz normalen Unterhaltung und Instandsetzung?
Eine Entscheidung aus dem vorletzten Jahr aus Schleswig-Holstein (Az.: 9 A 158/15) bejahte diese Frage. Das Gericht meint, dass eine Verbesserung vorliege, wenn durch eine Vermehrung der Zahl der Leuchten oder eine Erhöhung der Leuchtkraft der einzelnen Leuchten eine bessere Ausleuchtung der Straße erreicht werden. Im Umkehrschluss müsste das bedeuten: Wird es nicht heller, müssen auch keine Ausbaubeiträge bezahlt werden. In dieselbe Kerbe schlug bereits das VG Lüneburg am 23.6.2010 (3 A 213/07).
Eine weitergehende Entscheidung hat nun das VG Koblenz am 14. Januar 2019 getroffen. Auch hier waren (nur) die Lampenköpfe ausgetauscht worden. Vor dem Austausch waren Quecksilberdampflampen eingebaut gewesen. Heute leuchten LED-Lampen. Nach Ansicht des VG Koblenz liegt hier mehr als eine Instandsetzung vor, für die keine Ausbaubeiträge erhoben werden könnten. Dies macht das Gericht zum einen an einem quantitativen Faktor fest. Zum anderen erläutert das Gericht auf Seite 8f. der Entscheidung auch funktionale Aspekte. Ausdrücklich setzt das Gericht sich dabei von der Ansicht ab, nur bei Verbesserung der Beleuchtung könnten Beiträge erhoben werden. Dass die Gemeinde umfangreich erneuert habe, reicht dem Gericht aus. Dabei scheint es sich seiner Sache soweit sicher zu sein, dass es darauf verzichtet hat, die Berufung zuzulassen. Ob die Parteien die Berufungszulassung betreiben, ist noch unbekannt. Sollte die Rechtsprechung sich so durchsetzen, erübrigen sich absehbar Gutachten zur Rechtfertigung der Ausbaubeiträge durch den Nachweis, dass es wirklich heller geworden ist.
Emissionshandel: Was ist Fernwärme?
Wer mit Fernwärme zu tun hat, hat eine recht feste Vorstellung, was Fernwärme ist: Fernwärme stammt aus zentralen Wärmeerzeugungseinrichtungen, meistens einem Heizkraftwerk (HKW), und sie wird mit einem Rohrleitungsnetz zu einer Vielzahl von Verbrauchern transportiert. Genauer hat es weder der Deutsche noch der europäische Gesetzgeber definiert, und bisher kommt die Praxis mit dieser relativen Offenheit des Begriffs auch ganz gut aus.
Absehbar ist allerdings, dass im laufenden Jahr viele Anlagenbetreiber vor dem Problem stehen werden, Fernwärme nun doch etwas genauer zu definieren. Denn während in der Vergangenheit bei der Zuteilung von Emissionsberechtigungen kein Unterschied zwischen Fernwärme und (Non-CL-)Wärme, die zu anderen Zwecken verkauft wurde, gemacht wurde, ist das in Zukunft anders: Ab 2026 wird die Zuteilung von Emissionsberechtigungen für Fernwärme stabil bei 30% einer Benchmarkzuteilung bleiben. Wohingegen die Zuteilung für Wärme, die weder als abwanderungsbedroht gilt (CL), noch als Fernwärme verkauft wird, ab 2026 von 30 % auf Null sinkt.
Die europäischen Zuteilungsregelungen definieren Fernwärme nun in Art. 2 Nummer 4 FAR. Hiernach ist Fernwärme in gewohnt sperriger Manier die „Verteilung messbarer Wärme zur Raumheizung oder -kühlung oder zur Warmwasserbereitung in Haushalten über ein Netzwerk an Gebäude oder Standorte, die nicht unter das EU-EHS fallen, ausgenommen messbare Wärme, die für die Herstellung von Produkten oder ähnliche Tätigkeiten oder die Stromerzeugung verwendet wird;“
Dem Leser stellt sich angesichts dieser Formulierung die Frage, ob die Verwendung im Haushalt nur für die Warmwasserbereitung maßgeblich ist, oder auch für Heizung und Kühlung. Die Formulierung lässt nämlich beide Lesarten zu. Leitfaden 1 der DEHSt beantwortet diese Frage leider nicht, weil er aus ungeklärten Gründen das Haushaltskriterium gar nicht erwähnt. Immerhin ist die Guidance 2 der Kommission insoweit hilfreich, als dass sie auf Seite 26 durch ihre redaktionelle Gestaltung, einen verklammernden Fettdruck, verdeutlicht, dass die Kommission offenbar bei Heizen und Kühlen großzügiger sein möchte als bei der Warmwasserbereitung. Aber ergibt das Sinn? Kann die Wärme, mit der das Bürogebäude einer Bank beheizt wird, dem Zuteilungselement Fernwärme unterfallen, das warme Wasser im selben Büro aber nicht? Oder handelt es sich hier um ein so nicht vorhergesehenes und auch nicht beabsichtigtes Redaktionsversehen?
Hier steht zu hoffen, dass Kommission oder zumindest die DEHSt ihr Begriffsverständnis noch einmal klarstellen. Bei großen Abweichungen wird man ansonsten im Einzelfall prüfen müssen, ob und wie der Antrag differenzieren sollte.
Geiz beim Strom: Leider nicht so geil…
Der Stromanbieter mit dem an sich ziemlich amtlich klingenden Namen Bayerische Energieversorgungsgesellschaft hat Ende Januar Insolvenz angemeldet. Dies ist nicht der erste Fall dieser Art, sondern ein weiteres Beispiel in einer langen Reihe von Pleiten. Vorher hatte dasselbe Schicksal schon Teldafax, FlexStrom, Care-Energy, e:veen, Deutsche Energie u.v.a.m. ereilt. In den vergangenen zwei Jahren waren immerhin acht Strom- und Gasanbieter betroffen.
Die Moral von der Geschicht‘ ist zunächst einmal, dass für Stromkunden sich übertriebener Geiz beim Stromanbieter nicht auszahlt. Vielmehr ist der Wechsel zum billigsten Anbieter wirtschaftlich höchst riskant. Immerhin können im Insolvenzfall Guthaben oder Boni verloren gehen oder nur nach langwierigen Streitigkeiten ausgezahlt werden. Erste Anzeichen für eine bevorstehende Insolvenz können sein, dass der Stromanbieter plötzlich von Einzugsermächtigung auf Überweisung umstellen will. Was die Kunden dann oft nicht wissen ist, dass sie ihre Zahlungen dann nicht mehr ohne Weiteres zurückbuchen können. Außerdem werden oft anlasslos höhere Abschläge oder Zahlungen verlangt, die vertraglich nicht vereinbart waren. Irgendwann wendet sich dann der Netzbetreiber an die Kunden, um den Zählerstand abzulesen. Dann ist es jedoch oft schon zu spät, weil dem Stromanbieter mangels Zahlung der Entgelte der Netzzugang gesperrt wurde, so dass ein Insolvenzantrag unvermeidlich ist.
Immerhin müssen sich die Kunden über die Kontinuität der Stromversorgung keine Sorgen machen. Dafür steht der Grundversorger zumindest vorläufig gerade. Nach § 38 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) gilt die Fiktion, dass Letztverbraucher, die über das Versorgungsnetz Strom beziehen, diesen vom örtlichen Grundversorger geliefert bekommen, wenn er sonst keinem bestimmten Liefervertrag zugeordnet werden kann. Für Haushaltskunden dürfen dabei die für die Grundversorgung nach § 36 Abs. 1 S. 1 EnWG allgemein festgesetzten Preise nicht überschritten werden. Nach drei Monaten läuft die Pflicht zur Ersatzversorgung jedoch aus. Bis dahin spätestens müssen sich die Verbraucher für einen Energieliefervertrag mit einem Anbieter ihrer Wahl entschieden haben. Bleibt zu hoffen, dass sie aus dem Schaden gelernt haben.
Tatsächlich gleicht das Geschäftsmodell einiger Billiganbieter einer Art Schneeballsystem, bei dem billige Preisversprechen durch hohe Vorauszahlungen finanziert werden sollen. Auf einem Markt, bei dem mangels transparenter Kriterien fast ausschließlich Preiswettbewerb herrscht, ist die Chance hoch, dadurch zunächst viele Kunden zu gewinnen. Wenn dann aber klar wird, dass das Geschäftsmodell sich langfristig nicht rechnet und die Preise erhöht werden müssen, wechseln viele Kunden zu anderen, noch günstigeren Anbietern. Dadurch verstärken sich die finanziellen Schwierigkeiten des ersten Stromanbieters nur noch und es kommt zur Insolvenz. Seriöse, verlässliche Stromversorgung hat eben ihren Preis.