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Die ElektroG-Novelle 2025: Ein wichtiger Schritt für eine sichere Elektrogeräte-Entsorgung

Die Novelle des Elektro- und Elektronik­ge­rä­te­ge­setzes (ElektroG) ist ein großes Stück weiter. Der Bundestag hat den Gesetz­entwurf 6.11.2025 beschlossen (Vorsicht, das Datum im verlinkten Dokument ist noch falsch) und adres­siert zwei zentrale Heraus­for­de­rungen: die zu niedrige Sammel­quote von Elektro­alt­ge­räten und die wachsenden Brand­ri­siken durch unsach­gemäß entsorgte Lithium-Batterien.

Deutschland verfehlt die europäi­schen Zielmarken deutlich. Mit einer Sammel­quote von nur 38,6 Prozent im Berichtsjahr 2021 bleiben wir hierzu­lande weit hinter der von der EU gefor­derten Quote von 65 Prozent zurück. Dies ist nicht nur eine Frage der Ressour­cen­ver­schwendung – mehr als 300 Millionen ausge­diente Handys, Tablets und Laptops lagern ungenutzt in privaten Haushalten – sondern auch ein Sicher­heits­problem. Die zuneh­mende Anzahl von Lithium-Batterien, die häufig fest in modernen Elektro­ge­räten verbaut sind, birgt erheb­liche Brand­ge­fahren. Besonders elektro­nische Einweg-Zigaretten stellen eine neue Problem­ka­te­gorie dar: Sie werden oft nicht als Elektro­geräte erkannt und landen im Restmüll, verur­sachen dort aber Brände in Müllfahr­zeugen und Sortier­an­lagen. Es brennt daher täglich in Entsor­gungs­an­lagen. Der Bundesrat drängte daher auf ein Verbot von Einweg-E-Zigaretten, konnte sich aber nicht durch­setzen. Zwar bewertet die Bundes­re­gierung das Inver­kehr­bringen von Einweg-E-Zigaretten kritisch. Die Imple­men­tierung eines solchen Verbots würde jedoch die „Pflicht zur techni­schen Notifi­zierung“ auslösen, wodurch sich der Gesetz­ge­bungs­prozess erheblich verzögern. Aus Zeitgründen verzichtet man also darauf. Die Idee eines Pfand­systems für bestimmte Lithium-Ionen-Batterien konnte sich ebenfalls nicht durch­setzen – dies war ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen.

Die ElektroG-Novelle soll dennoch konkrete Verbes­se­rungen bringen. Ein (zumindest auch von Verbands­seite begrüßter) Aspekt soll das sogenannte Theken­modell sein. An kommu­nalen Sammel­stellen dürfen Elektro­alt­geräte künftig nicht mehr von Verbrau­chern direkt selbst einsor­tiert werden. Statt­dessen übernimmt geschultes Personal die Annahme und sichere Sortierung. Dieses Fachper­sonal kann Lithium-Batterien gezielt identi­fi­zieren und entfernen sowie diese separat und sicher entsorgen. Dies reduziert drastisch das Risiko von Beschä­di­gungen durch unsach­gemäße Handhabung und mecha­nische Verdichtung. Ein weiterer Schwer­punkt liegt auf verbrau­cher­naher Infor­mation. Sammel­stellen in Geschäften werden künftig einheitlich mit dem Symbol der durch­ge­stri­chenen Mülltonne gekenn­zeichnet, sodass Kundinnen und Kunden diese sofort erkennen können. Auch direkt im Laden­regal erfahren Käufer durch dieses Symbol, dass ein Produkt nach Gebrauch getrennt zu entsorgen ist. Zusätzlich sollen Verbraucher besser über ihre Rückga­be­pflichten infor­miert werden, insbesondere zur Entnahme von Batterien und die Risiken beim Umgang mit lithi­um­hal­tigen Batterien. (Dirk Buchsteiner)

Von |7. November 2025|Kategorien: Abfall­recht|Schlag­wörter: , , , |0 Kommentare

Schüler­lotsen in Paris: Vorbild für Berlin?

Reisen bildet bekanntlich. Aktuell bin ich auf dem 3rd European Forum on City Centers, das dieses Jahr von der Metropole du Grand Paris gehosted wird. Zugleich ist das für mich eine willkommene Gelegenheit zu sehen, was für Fortschritte die fahrrad- und fußgän­ger­freund­liche Politik der Bürger­meis­terin Anne Hidalgo seit meinem letzten Besuch vor ein paar Jahren gemacht hat. Und tatsächlich: Es ist keine schwierige Aufgabe mehr, Fotos von Radwegen an promi­nenten Orten zu machen, auf denen es von „Velos“ nur so wimmelt. Die Pariser haben trotz einiger Proteste die Verkehrs­wende inzwi­schen gut angenommen.

Radfahrer vor Notre-Dame de Paris

Wenn man selbst vor Ort ist, fallen einem auch noch Sachen auf, die ich in der Presse oder in den sozialen Netzwerken noch nicht zu Gesicht bekommen habe. In Paris waren es diesmal die vielen „Schüler­lotsen“. Die stehen mit neongelben Warnwesten an fast jedem Zebra­streifen, in dessen Nähe sich eine Schule befindet. Wenn sie nichts besseres zu tun haben, helfen sie auch schon mal einem ortsfremden Mann mittleren Alters über den Boulevard Saint-Germain.

Schülerlotsen auf einem Pariser Boulevard helfen am Zebrastreifen einer Frau beim Überqueren

Gibt es eigentlich auch in Deutschland noch Schüler­lotsen? Seit meiner Schulzeit in den 1970er Jahren kann ich mich nicht erinnern, welche gesehen zu haben. Heute ist die Aufgabe vermutlich auch ungleich schwerer. Der Ton im Verkehr hat sich verschärft und manche Autofahrer werden schnell aggressiv, wenn sie auf Fußgänger oder Radfahrer warten sollen. Insofern sollte man gut überlegen, wo welche Lotsen als Verwal­tungs­helfer einge­setzt werden. 13-jährige Schüler und Schüle­rinnen sind sicher nicht überall geeignet. Die Schüler­lotsen und ‑lotsinnen in Paris waren übrigens auch alle schon volljährig.

Schülerlotsin am Zebrastreifen vor einer Schule in Paris

Gerade auf großen Kreuzungen in Berlin täte mehr Verkehrs­re­gelung dringend Not: Viele Kreuzungen in Tempelhof, Neukölln, Kreuzberg und Fried­richshain rund um die A100 sind seit der Eröffnung des neusten Abschnitts bis Treptower Park kaum mehr passierbar. Das gilt für Kfz und Linien­busse, ebenso wie für Fußgänger und Radfahrer. Das Problem ist, dass aufgrund des dauer­haften Staus an den Flaschen­hälsen viele Autofahrer auf die Kreuzung fahren, auch wenn diese nicht frei sind. Dadurch blockieren sich Fahrzeuge aller Richtungen gegen­seitig. Gridlock nennt man diese Art von poten­ziertem Stau auf Englisch oder auf Deutsch: Verkehrsinfarkt.

Die Senats­ver­waltung in Berlin scheint dagegen aktuell nichts zu tun. Jeden­falls dauern die unhalt­baren Zustände, die nicht nur den Autoverkehr, sondern auch den Umwelt­verbund lahmlegen, weiter an. Vielleicht soll genug Druck aufgebaut werden, um Maßnahmen durch­zu­setzen, die die Berliner CDU ohnehin plant, wie der Rückbau eines Radfahr­streifens über die Elsen­brücke und seine Umwandlung in eine Kfz-Spur. Dies lässt sich aber aus bausta­ti­schen Gründen aber nicht so schnell umsetzen. Ohnehin ist es fraglich, ob es wirklich Abhilfe schafft oder den Stau nur etwas verlagern würde. Langfristig dürfte sich die Strategie nicht auszahlen, Verkehrs­chaos dadurch zu bekämpfen, dass ausge­rechnet raumef­fi­ziente Alter­na­tiven, wie der Rad- und Fußverkehr in ihrer Infra­struktur beschnitten werden.

Um den Gridlock aufzu­lösen und die Verkehrs­si­cherheit zu gewähr­leisten, wäre es aber sinnvoll, die Kreuzungen und Rad von wartenden Fahrzeugen frei zu halten. Dafür könnten Polizisten oder Verwal­tungs­helfer sorgen, die darauf achten, dass die Halte­linie nur von Fahrzeugen überfahren wird, die hinter der Kreuzung genug Platz haben. Wenn es sich dort auf einer Fahrspur staut, dürfen Autofahrer trotz des grünen Signals nicht losfahren. Klassische Schüler­lotsen wären von dieser Aufgabe überfordert. Sie haben als Verwal­tungs­helfer auch keine eigenen hoheit­lichen Kompe­tenzen, können also nicht eigen­mächtig das Ampel­signal aufheben oder modifizieren.

Trotzdem spräche grund­sätzlich nichts dagegen auch in Deutschland Erwachsene, die eine Ausbildung als Verwal­tungs­helfer genossen haben, auf der Straße einzu­setzen. Aktuell gibt es dies im Bereich der Großtrans­porte. Hier darf die zuständige Landes­be­hörde einem belie­henen Unter­nehmen nach § 2 Abs. 1 der neuen Straßen­­­verkehr-Trans­­por­t­­be­­g­lei­­tungs­­­ver­­­ordnung (StTbV) Anord­nungs­be­fug­nisse übertragen. Ähnliches ginge auch allgemein im Straßen­verkehr, wenn dafür auf Bundes­ebene eine entspre­chende Rechts­grundlage geschaffen würde. Solange das nicht der Fall ist, müssten weiterhin Polizisten an den Ampel­kreu­zungen den Verkehr regeln. (Olaf Dilling)

Von |7. November 2025|Kategorien: Kommentar, Verkehr|Schlag­wörter: , , , , |0 Kommentare

Mispeln, Frost und E‑Autos: Bidirek­tio­nales Laden

Mispeln sehen im Herbst knackig und lecker aus, sind aber holzig und schmecken nicht. Nach dem ersten Frost wird das Frucht­fleisch zu einem dunklen, überra­schend wohlschme­ckenden Brei.

Ist das nun eine passende Metapher für bidirek­tio­nales Laden? Jeden­falls hat die BNetzA das Akronym „MiSpEl“ als Namen für das im September gestartete Festle­gungs­ver­fahren zur Markt­in­te­gration von Speichern und Ladepunkten ausge­wählt.

Darum geht es: Durch bidirek­tio­nales Laden sollen E‑Fahrzeuge als mobile Speicher zur Energie­wende beitragen. Laden aus dem Stromnetz in die Fahrzeug­bat­te­rie­bat­terie und zurück, ins Netz selbst (Vehicle to Grid – V2G), ins Haus oder in Geräte (Vehicle to Every­thing – V2X): Das Auto als Notstrom­ag­gregat, als Schwarm­speicher für Ausgleichs­en­ergie, als Geschäfts­modell – den möglichen Anwen­dungs­fällen wird viel Problem­lö­sungs­po­tential zugesprochen. Doch bisher sind sie meist in Pilot­pro­jekten erprobt, und die recht­lichen Grund­lagen entwi­ckeln sich nur langsam.

Während etwa Rückspeisen im Eigen­ver­brauch als eher unpro­ble­ma­tisch gilt, bestehen weiter Hinder­nisse für V2G-Anwen­­dungen. So konnten E‑Autos als mobile Speicher bisher nicht von finan­zi­ellen Entlas­tungen für stationäre Speicher profi­tieren (§ 5 Abs. 4 StromStG, § 118 Abs. 6 EnWG). Ein aktueller Gesetz­entwurf für das Energie- und Strom­steu­er­recht soll das ändern und durch­läuft in Kürze die 2. Beratung im Bundestag.

Auch Änderungen im EEG und EnFG durch das sogenannte „Solar­spit­zen­gesetz“ (auch „Strom­spit­zen­gesetz“) haben Fortschritte gebracht: Bisher war EEG-Förderung nach Zwischen­spei­cherung nur bei ausschließ­licher Nutzung von EE-Strom möglich („Ausschließ­lich­keits­option“). Nach den Geset­zes­än­de­rungen sollen nun zwei neue Optionen ermög­lichen, dass die Förderung auch für gemischte Strom­mengen (EE- und Netzstrom) anteilig erhalten bleibt. Für die praktische Umsetzung braucht es die Festle­gungen der BNetzA. Vorge­schlagen sind eine „Abgren­zungs­option“ und eine „Pauscha­l­option“. Erstere grenzt EE- und Netzstrom auf Basis viertel­stünd­licher Messwerte ab; zweitere verein­facht Annahmen für bestimmte Solar­an­lagen (bis 30kWp Leistung). Ein konkreter Zeitplan für das MiSpEl-Verfahren fehlt noch, eine zeitnahe Finali­sierung der Festle­gungen – etwa bis Ende Q1/2026 – wäre aber wünschenswert.

Nicht zuletzt, weil auch die jüngste Studie des Thinktanks Agora Verkehrs­wende erneut zeigt: Bidirek­tio­nales Laden kann Netze entlasten und die Energie­wende kosten­güns­tiger machen – wenn die Rahmen­be­din­gungen stimmen. Es ist an der Zeit, den nächsten Schritt zu machen. Wer weiß: Vielleicht stimmt ja die MiSpEl-Metapher mit dem Genuss nach dem ersten Frost – dann könnte es schon in wenigen Wochen soweit sein. Wir drücken die Daumen.

(Friederike Pfeifer)

Von |7. November 2025|Kategorien: BNetzA, E‑Mobilität, Erneu­erbare Energien, Gesetz­gebung|Schlag­wörter: , , |0 Kommentare

Windparks ohne EEG Förderung?

Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneu­er­baren Energien stehen immer wieder mal in der Kritik, weil deren Strom­erzeugung, soweit sie nicht dem Eigen­ver­brauch dient, über das Instrument der Einspei­se­ver­gütung oder der Markt­prämie staatlich subven­tio­niert werde. Dabei gibt es auch Anlagen von relevanter Größe die inzwi­schen ohne solche Förderung auskommen.

Es gibt in Deutschland tatsächlich Windparks, die ohne zusätz­liche gesetz­liche Förderung (also etwa ohne eine garan­tierte Einspei­se­ver­gütung nach dem Erneuerbare‑Energien‑Gesetz – EEG) errichtet worden sind oder so geplant werden.

Der Windpark He Dreiht als derzeit Deutsch­lands größter Offshore-Windpark nordwestlich der Insel Borkum mit einer Leistung von ca. 900 MW wurde im Rahmen einer Ausschreibung gewonnen mit einem “Null-Bezuschussung”-Gebot: Der Betreiber erklärte, dass keine EEG-Förderung erfor­derlich sei.Auch bei anderen Offshore-Windpro­­jekten wurde bzw. wird ein Zuschlag ohne Förder­an­spruch („0 Cent pro kWh“) erteilt. Ein weiteres Projekt, der Offshore-Windpark Windanker in der Ostsee, ist geplant mit einem Zuschlagssatz von 0 Cent/kWh – also auch ohne Förderung.

Diese Fälle betreffen insbe­sondere Offshore-Windparks (also Windener­gie­an­lagen auf See). Onshore-Windparks (an Land) sind oft noch stärker von Förder­me­cha­nismen abhängig oder haben andere Vertragsmodelle.

Ohne Förderung” bedeutet hier: kein Anspruch auf eine staat­liche fixe Einspei­se­ver­gütung oder ein ähnliches Förder­modell. Nicht unbedingt: keine finan­zi­ellen Risiken oder keine Markt­ri­siken. Auch wenn kein Förder­tarif gewährt wird, bleibt oft eine Markt­be­tei­ligung bzw. Vermarktung über Strom­­mengen- oder PPA-Verträge (Power Purchase Agree­ments) erfor­derlich, damit sich das Projekt wirtschaftlich trägt. Der Erfolg bzw. die Wirtschaft­lichkeit hängt stark ab von Faktoren wie: Stand­ort­qua­lität (Windauf­kommen, Volllast­stunden), Finan­zie­rungs­kosten, Technik- und Indus­trie­lern­kurven, Netzan­schluss­kosten etc.

Trotz dieser positiven Beispiele ist das derzeit aber noch nicht automa­tisch der Standardfall —Förder­mo­delle spielen weiterhin eine große Rolle im Ausbau der Windenergie.

(Christian Dümke)

Von |7. November 2025|Kategorien: Allgemein|0 Kommentare

Wie weiter mit dem ETS II?

Der Europäische Rat – also das Organ der Mitglied­staaten der EU – will den EU ETS II um ein Jahr verschieben (siehe hier). Er soll also erst 2028 starten und nicht 2027. Der Grund ist banal: Manchen EU-Regie­rungen ist der CO2-Preis, der vor allem Erdgas, Heizöl, Diesel‘ und Benzin verteuert, schlicht zu hoch. Sie hoffen teilweise, dass es entweder gar nicht zu den teilweise prognos­ti­zierten hohen Preisen kommt oder der ETS II so spät starte, dass der Aufwuchs an klima­freund­lichen Techno­logien wie Wärme­pumpe und E‑Auto quasi von selbst zu niedri­geren Preisen führt, um den Volkszorn nicht zu provozieren.

Doch was bedeutet das für die Praxis? Klar ist jeden­falls, dass die aus deutscher Perspektive wünschens­werte Verein­heit­li­chung sich verzögert. Doch womit müssen deutsche Versorger und Verbraucher rechnen?

Eine mögliche Antwort geben Treib­hausgas-Emissi­ons­han­­dels­­gesetz (TEHG) und Brenn­­stoff-Emissi­ons­han­­dels­­gesetz (BEHG). Denn der Fall einer Verschiebung ist hier durchaus bereits mitge­dacht, aber nicht als letztlich politische Entscheidung, sondern für den Fall, dass die Kommission wegen außer­ge­wöhnlich hoher Energie­preise den Start­schuss um ein Jahr verschiebt. Dieser – in Art. 30k Emissi­ons­han­dels­richt­linie sehr klar umrissene – Fall liegt nicht vor, deswegen kann die Kommission nicht einfach eine Bekannt­ma­chung vornehmen, aber die Situa­tionen sind so ähnlich, dass ein Rückgriff sich anbietet. In diesem Fall suspen­diert § 56 TEHG die Abgabe­pflicht – nicht aber die Berichts­pflicht – für Inver­kehr­bringer nach dem TEHG für das Jahr 2027.

Doch sind die Inver­kehr­bringer dann aller Sorgen ledig? Mitnichten – denn es gibt ja auch noch das BEHG. Dessen § 24 Abs. 1 BEHG sieht vor, dass nur dann die Verpflich­tungen nach dem BEHG zurück­treten, wenn das TEHG greift. Ist das nicht der Fall, gilt das BEHG also weiter.

Doch wie sieht dann die Bepreisung konkret aus? Gibt es feste Preise? Hier sieht § 10 BEHG an sich eine Verstei­gerung vor, ab 2027 ohne Preis­ober­grenze. § 10 Abs. 3 Nr. 5 BEHG erlaubt der Bundes­re­gierung aber (wie im Restan­wen­dungs­be­reich des BEHG) eine abwei­chende Rechts­ver­ordnung mit einem Festpreis­verkauf zum Preis von TEHG-Zertifikaten.

Dies wirft aller­dings die Frage auf, wie in diesem Fall mit der Diskrepanz zwischen dem Budget für diesen Sektor und den verkauften Zerti­fi­katen umzugehen ist. Ein weiterer Zukauf würde mindestens sehr teuer, es ist auch fraglich, ob eine solche Regelung wirklich einen wahrnehm­baren Minde­rungs­anreiz ausüben würde. Zudem bereiten DEHSt und EEX schon jetzt die Verstei­gerung für 2026 vor, die in einem Preis­kor­ridor zwischen 55 und 65 EUR statt­finden soll. Ob angesichts dessen nicht eher ein zweites Jahr natio­naler Verstei­ge­rungen naheliegt, mögli­cher­weise mit einer realis­ti­scheren Obergrenze?

Alle diese Fragen müsste der deutsche Gesetz­geber beant­worten. Bevor dies aller­dings eintreten kann, muss nun erst einmal auf EU-Ebene geklärt werden, wie es weitergeht. Denn bekanntlich macht der Rat Regelungen nicht allein. Um hier kurzfristig etwas zu ändern, müssen auch Europäi­sches Parlament und Kommission aktiv werden, die bereits bei der letzten Novelle der Emissi­ons­han­dels­richt­linie ihren eigenen Kopf bewiesen haben. Es bleibt also bei einer ärger­lichen Unsicherheit, gerade für Zweijah­res­ver­träge, die diese Risiken nun abbilden müssen (Miriam Vollmer).

Von |7. November 2025|Kategorien: Allgemein, Emissi­ons­handel|Schlag­wörter: , , |0 Kommentare

Alpha Ventus – Pionier der deutschen Offshore-Windenergie

Der Windpark Alpha Ventus gilt als Meilen­stein in der Geschichte der deutschen Energie­wende. Er war der erste Offshore-Windpark Deutsch­lands und diente als techno­lo­gische und wissen­schaft­liche Testplattform für die Nutzung von Windenergie auf hoher See. Mit seiner Inbetrieb­nahme begann ein neues Kapitel in der Entwicklung erneu­er­barer Energien.

Alpha Ventus liegt rund 45 Kilometer nördlich der Insel Borkum in der Nordsee, auf dem sogenannten „Borkum-Cluster“. Der Standort befindet sich in einer Wasser­tiefe von etwa 30 Metern, was die Errichtung der Anlagen zu einer ingenieur­tech­ni­schen Heraus­for­derung machte. Der Windpark besteht aus zwölf Windener­gie­an­lagen mit einer Gesamt­leistung von 60 Megawatt (MW). Errichtet wurden zwei unter­schied­liche Anlagen­typen: 6 Multibrid M5000-Anlagen (5 MW je Turbine) von Areva/REpower und 6 Adwen/AREVA-Anlagen von Senvion (ehemals REpower). Die Funda­mente wurden als Tripod-Konstruk­­tionen im Meeres­boden verankert – eine damals neuartige Technik für Offshore-Projekte in dieser Tiefe.

Der Bau begann im Jahr 2008 unter Leitung der Projekt­ge­sell­schaft Deutsche Offshore-Testfeld und Infra­struktur GmbH & Co. KG (DOTI), einem Konsortium der Energie­un­ter­nehmen EWE, E.ON und Vattenfall. Die Bauphase war von schwie­rigen Wetter­be­din­gungen und logis­ti­schen Heraus­for­de­rungen geprägt. Trotzdem wurde das Projekt erfolg­reich abgeschlossen – und diente anschließend als Blaupause für viele weitere Offshore-Windparks in der Nord- und Ostsee. Im Jahr 2010 ging Alpha Ventus vollständig ans Netz und speiste erstmals Strom in das deutsche Übertra­gungsnetz ein.

Alpha Ventus war nicht nur ein Energie­projekt, sondern auch ein groß angelegtes Forschungsfeld. Im Rahmen des RAVE-Programms (Research at Alpha Ventus) wurden zahlreiche wissen­schaft­liche Unter­su­chungen durch­ge­führt – etwa zu Wind- und Wellen­ver­hält­nissen, Materi­al­be­lastung und Korrosion, Auswir­kungen auf Meeres­tiere, Vögel und Ökosysteme, Betriebs­si­cherheit und Wartung in Offshore-Umgebungen. Die dabei gewon­nenen Erkennt­nisse trugen maßgeblich dazu bei, die Technik und Wirtschaft­lichkeit späterer Offshore-Projekte zu verbessern.

Mit einer jährlichen Strom­pro­duktion von rund 250 Gigawatt­stunden (GWh) kann Alpha Ventus rechne­risch etwa 70.000 Haushalte mit klima­freund­lichem Strom versorgen. Dadurch werden jährlich rund 220.000 Tonnen CO₂ im Vergleich zu fossilen Energie­quellen einge­spart. Trotz hoher Kosten und techni­scher Risiken legte das Projekt den Grund­stein für eine ganze Industrie.

Das Betrei­ber­kon­sortium (EWE, RWE und Vattenfall) hat im Mai 2025 beschlossen, den 60 MW-Windpark nicht weiter in seiner bishe­rigen Form zu betreiben, sondern auf eine Rückbau-Lösung hinzuarbeiten.Mit dem Programm RAVE („Research at Alpha Ventus“) wird bereits intensiv an Forschung zu diesem End-of-Life-Prozess gearbeitet – das Projekt dient damit nicht nur dem Rückbau, sondern als Lernfeld für die gesamte Branche

(Christian Dümke)

Von |31. Oktober 2025|Kategorien: Allgemein|0 Kommentare