Nun also: Das Energieeffizienzgesetz!
Energiewende heißt ja nicht nur, fossile Energieträger durch Erneuerbare zu ersetzen. Der Endenergieverbrauch soll bis 2045 auch um 45% gegenüber 2008 sinken. Das hat (im zweiten Anlauf) der Bundestag nun mit einem Energieeffiziengesetz (EnEfG) am 21.09.2023 beschlossen. Konkret will der Bund von 2024 bis 2030 jährlich 45 TWh einsparen. Zum Vergleich: Der jährliche Stromverbrauch Berlins beträgt rund 25 TWh.
Neben Vorgaben für die öffentliche Hand sollen künftig Unternehmen bereits ab einem Jahresendenergieverbrauch von 7,5 Gwh ein Energie- oder Umweltmanagementsystem unterhalten. Schon ab 2,5 GWh sollen Umsetzungspläne für Einsparmaßnahmen verpflichtend und veröffentlicht werden.
Neue Vorgaben für Rechenzentren
Ganz neu führt das EnEfG erstmals Vorgaben für Rechenzentren ein. Rechenzentren, die vor dem 01.07.2026 in Betrieb gehen oder gegangen sind, müssen ab dem 01.07.2027 Energieverbrauchseffektivität von kleiner oder gleich 1,5 und ab 2030 1,3 im Jahresdurchschnitt dauerhaft erreichen. Diese Kennzahl bezeichnet das Verhältnis des jährlichen Energiebedarfs des gesamten Rechenzentrums zum Energiebedarf, es gibt eine DIN-Norm, die die Berechnung definiert. Für neue Rechenzentren gilt 1,2, außerdem muss ein steigender Anteil Energie wiederverwendet werden, wenn nicht eine Abwärmenutzung konkret vereinbart ist oder ein Wärmenetzbetreiber in der Umgebung die angebotene Wärme zu Gestehungskosten nicht annimmt.
Auch ganz neu: Rechenzentren müssen ab 2024 bilanziell 50% Erneuerbaren Strom nutzen, ab 2027 100%. Abhängig von der Größe und Energieverbrauchsstruktur des Rechenzentrums muss ein Energie- oder Umweltmanagementsystem eingerichtet werden. Der Bund versucht auch über Veröffentlichungs- und Informationspflichten der Betreiber und ein Register mehr über die Energieeffizienz von Rechenzentren zu erfahren.
Abwärme
In Hinblick auf Abwärme geht die beschlossene Fassung nicht so weit wie der Entwurf: Nun soll nur noch im Rahmen des Zumutbaren Abwärme vermieden oder, wenn sie anfällt, genutzt werden müssen, was technische, wirtschaftliche und betriebliche Aspekte in eine Gesamtabwägung einstellt. Zudem gilt die Pflicht nicht für Unternehmen mit weniger als 2,5 GWh verbrauchen, und auch nicht für Anlagen, die dem BImSchG unterfallen, das sein eigenes, freilich nur eingeschränkt anwendbares Abwärmenutzungsgebot hat.
Diesem doch erkennbar zahnlosen Tiger hat der Gesetzgeber aber immerhin eine Auskunftspflicht von Abwärmeproduzenten gegenüber Wärmenetzbebtreibern zur Seite gestellt, wie auch eine gegenüber einer neu geschaffenen Bundesstelle für Energieeffizienz. Eine Kontrahierungspflicht gibt es zwar nicht, aber es ist klar, wohin die Reise gehen soll (Miriam Vollmer)
BGH kippt Erlösobergrenze der Gasnetzentgeltregulierung wegen fehlerhaftem Effizienzvergleich
Netznutzungsentgelte unterliegen in Deutschland der staatlichen Kontrolle, genauer gesagt der Kontrolle durch die Bundesnetzagentur. Diese legt jedoch nicht für jeden einzelnen Netzbetreiber das zulässige Entgelt in tatsächlicher Höhe vor, sondern legt für jede Regulierungsperiode im Rahmen der Anreizregulierung eine sog. Erlösobergrenze fest.
Wichtiger Bestandteil zur Festlegung dieser Erlösobergrenze ist nicht nur die beim jeweiligen Netzbetreiber vorliegende Kostenstruktur, die durch die Netznutzungsentgelte finanziert werden muss, sondern auch die jeweilige Effizienz des Unternehmens. Denn der Staat möchte die Netzbetreiber durch die Netzentgeltregulierung zu stetiger Effizienzsteigerung anhalten.
Zu diesem Zweck findet regelmäßig ein Effizienzvergleich der Netzbetreiber statt, den die Bundesnetzagentur vornimmt, um den jeweiligen Effizienzwert zu bestimmen.
Diese Bestimmung erfolgte jedoch fehlerhaft, stellte nun der Bundesgerichtshof mit Entscheidung vom 26.09.2023, Az. EnVR 37/21 fest. Die auf dieser Basis ermittelte Erlösobergrenze ist damit unwirksam und muss neu bestimmt werden. Der zentrale Fehler des Effizienzvergleiches ist nach Ansicht der klagenden Netzbetreiber und auch des BGH, dass auch Netzbetreiber mit einer abweichenden Versorgungsstruktur, die regionalen Fernleitungsversorger, einbezogen worden sind.
Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf als Vorinstanz hatte die Rechtsfrage noch anders beurteilt. und das Vorgehen der Bundesnetzagentur unter Verweis auf das bestehende „Regulierungsermessen“ als zulässig erachtet.
Es ist nicht das erste Mal, dass Netzbetreiber erfolgreich gegen die Festlegung der Erlösobergrenze vorgehen.
(Christian Dümke)
Preisbremsen: Die Bundesregierung und ihre Nichtbeanstandungsfrist
Dass Gesetze politisch höchst erfolgreich, aber juristisch und administrativ das schiere Grauen in Tüten sein können, zeigen die Preisbremsen ja einmal mehr. Einer nicht existierenden Behörde lauter Pflichten zu bescheren, dann festzustellen, dass man in den Reihen der Bundesverwaltung keine Struktur übrig hat, die den Job machen kann, auszuschreiben und schließlich eine aus zwei Privaten bestehende Prüfbehörde zu beleihen, ist natürlich insbesondere dann ganz großes Kino, wenn während dieses ganzes Prozesses gesetzliche Fristen ablaufen, nämlich die Nachweispflichten zur Arbeitsplatzerhaltungspflicht und zum Boni- und Dividendenverbot am 31.07.2023. Zudem soll die Prüfbehörde auch die Erklärungen zur 1. Mio-Grenze für Lieferanten und zur 2 Mio-Grenze für Entlastungsberechtigte erhalten.
Die Bundesregierung hatte die pwc deswegen zunächst E‑mailpostfächer einrichten lassen. Nun, nachdem pwc auch offiziell als Teil der Prüfbehörde beliehen ist, hat die Bundesregierung per FAQ (!) verlautbaren lassen, dass man trotz der eigentlich abgelaufenen gesetzlichen Fristen zum 31.07.2023 bis zum 30.09.2023 Gnade walten lassen wird: Höchste Zeit also für Last-Minute Meldungen, jetzt also wirklich an die Prüfbehörde (Miriam Vollmer)
Klimaklage vor dem EGMR
Wir hatten an dieser Stelle schon ein paar Mal über Klimaklagen berichtet. Aktuell wird in Straßburg vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte über eine weitere Klage (Duarte Agostinho and Others v. Portugal and Others – Application No. 39371/20) verhandelt. Eingereicht wurde sie 2020 von sechs portugiesischen Kindern und Jugendlichen aus Lissabon und Leiria. Gerichtet ist sie gegen 32 Staaten, die Mitgliedsstaaten der EU, aber daneben auch Norwegen, Russland, die Schweiz, die Türkei und Großbritannien. Geltend gemacht werden Verstöße gegen mehrere Artikel der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), u.a. die Verletzung ihrer Rechte auf Leben aus Art. 2 EMRK und auf Achtung des Privat- und Familienlebens aus Art. 8 EMRK. Da sie als Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene von einer bevorstehenden Klimakatastrope besonders betroffen seien, machen sie auch die Verletzung des Diskriminierungsverbots in Art. 14 EMRK geltend.
Anlass der Klage waren unter anderem verheerende Waldbrände in Leiria, die 2017 über hundert Menschenleben gefordert hatten. Die Kläger- und Klägerinnen habe dabei bereits gesundheitliche Probleme erlitten, etwa Atemwegsbeschwerden, Allergien und Schlafstörungen. Was wohl noch schwerer wiegt, sind die Zukunftsängste angesichts eines immer heißer werdenden Klimas und der steigenden Gefahr von Bränden dieser Art.
Von den Beklagten Staaten wird die Klage zum Teil an unzulässig angesehen. Den Klägern macht jedoch die Tatsache Mut, dass der Gerichtshof die Klage offensichtlich ernst nimmt. Denn anders als üblicherweise offensichtlich unzulässige Klagen wurde sie nicht einem Einzelrichter vorgelegt, der sie nach Art. 27 Abs. 1 EMRK für unzulässig erklären könnte. Sie wurde vielmehr prioritär behandelt und der Großen Kammer vorgelegt.
Verlangt wird von den Klägerinnen und Klägern, dass die Staaten effektive Maßnahmen ergreifen, um sich an die Emissionsreduktionsziele zu halten. Denn nur dann könne die globale Erwärmung unter 1,5° Celsius gehalten werden, so wie dies im Abkommen von Paris vereinbart ist. (Olaf Dilling)
Neues GEG: Handlungsbedarf für Wohnungseingentümergemeinschaften
Das neue Gebäudeenergiegesetz GEG auch als „Heizungsgesetz“ bekannt stellt mit § 71n GEG besondere Anforderungen an die Wärmeplanung von Wohnungseigentümergemeinschaften.
Diese sind müssen laut Gesetz zunächst bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 von dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger die Mitteilung der im Kehrbuch vorhandenen, für die Entscheidung über eine zukünftige Wärmeversorgung erforderlichen Informationen zu verlangen. Dies umfasst Informationen, die für die Planung einer Zentralisierung der Versorgung mit Wärme notwendig sind.
Eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist weiterhin verpflichtet, bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 von den Wohnungseigentümern der Wohnungen oder sonstigen selbständigen Nutzungseinheiten, in denen eine Etagenheizung zum Zwecke der Inbetriebnahme eingebaut oder aufgestellt ist, die Mitteilung von Informationen über die zum Sondereigentum gehörenden Anlagen und Ausstattungen zu verlangen, die für
eine Ersteinschätzung etwaigen Handlungsbedarfs zur Erfüllung der Anforderungen des § 71 Absatz 1 GEG dienlich sein können. Hierzu zählen insbesondere Informationen über den Zustand der Heizungsanlage, die die Wohnungseigentümer aus eigener Nutzungserfahrung oder aus der Beauftragung von Handwerkern erlangt haben, sämtliche weiteren Bestandteile der Heizungsanlage, die zum Sondereigentum gehören, etwa Leitungen und Heizkörper, sowie sämtliche Modifikationen, die die Wohnungseigentümer selbst durchgeführt oder beauftragt haben, und Ausstattungen zur Effizienzsteigerung, die im Sondereigentum stehen.
Die Wohnungseigentümer sind dazu verpflichtet, die genannten Informationen innerhalb von sechs Monaten nach der Aufforderung in Textform mitzuteilen.
Wohnungseigentümer haben die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer weiterhin unverzüglich über den Ausfall einer alten Etagenheizung, den Einbau oder die Aufstellung einer neuen Etagenheizung zum Zweck der Inbetriebnahme unverzüglich zu unterrichten, denn jeder Austausch einer solchen Etgagenheizung setzt nach § 71l GEG die gesetzliche Frist zum Austausch sämtlicher Anlagen oder zur Umstellung der Beheizung des Gebäudes mit Zentralheizung in Gang.
Sobald die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer davon Kenntnis erlangt, dass die erste Etagenheizung ausgetauscht und eine andere Heizungsanlage zum Zweck der Inbetriebnahme eingebaut oder aufgestellt wurde, hat der Verwalter unverzüglich die Wohnungseigentümerversammlung einzuberufen. In der Wohnungseigentümerversammlung ist über die Vorgehensweise zur Erfüllung der Anforderungen des § 71 Absatz 1 zu beraten und auf die Rechtsfolge des § 71l Absatz 4 hinzuweisen. Das bedeutet die WEG muss eine konkrete Entscheidung darüber treffen, ob eine Umstellung auf GEG konforme Zentralheizung erfolgen soll oder die Wärmeversorgung künftig weiterhin über – dann GEG konforme – Etagenheizungen erfolgen soll. Für die Erfüllung dieser Anforderungen ist ein Umsetzungskonzept zu erarbeiten, zu beschließen und auszuführen. Bis zur vollständigen Umsetzung ist min-
destens einmal jährlich in der Wohnungseigentümerversammlung über den Stand der Umsetzung der Erfül- lung der Anforderungen des § 71 Absatz 1 GEG zu berichten.
Die Beibehaltung mindestens einer Etagenheizung kann nur mit zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen werden.
(Christian Dümke)
Heizung bis zur Wärmeplanung
Verbreitet ist die Annahme, die Änderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) im Gesetzgebungsverfahren hätten die Pflicht zur Nutzung von 65% Erneuerbaren Energien für neue Heizungen bis 2026/2028 einfach komplett suspendiert. Denn solange sollen die Gemeinden Zeit für die Erstellung einer Wärmeplanung haben. An diesem verbreiteten Missverständnis ist zwar richtig, dass bis zu diesem Zeitpunkt auch der Einbau neuer Öl- und Gasheizungen legal ist. Doch vielfach wird übersehen, dass die Regelungen für Gas- und Ölheizungen, die am 01.01.2024 schon bestehen, nicht einfach länger gelten.
Statt dessen bestimmt ein neuer § 71 Abs. 9 GEG, dass fossile Heizungen, die nach Inkrafttreten des GEG, aber vor Fertigstellung der Wärmeplanung eingebaut werden, ab 2029 15% grüner oder blauer Wasserstoff oder Biomasse verwenden müssen, aber 2035 30% und ab 2040 60%. Ab 2045 wird die Verbrennung fossiler Brennstoffe bekanntlich ganz beendet.
Was heißt das nun für den Betreiber der neuen Gas- oder Ölheizung? Er braucht zumindest einen Plan, wie es mit seiner Heizung weitergeht, wenn er noch nicht weiß, wie die Wärmeplanung für sein Wohngebiet aussieht. Und er sollte gründlich durchgerechnet haben, ob sich die Heizung auch dann gelohnt haben wird, wenn es mit Wasserstoff oder Biomethan nicht hinhauen sollte (Miriam Vollmer).