Warten auf das Wärmenetz: Der neue § 71j GEG

Gesetzt der Fall, ein Gebäu­de­ei­gen­tümer erfährt aus der kommu­nalen Wärme­planung, dass für den Straßenzug, in dem sich sein Gebäude befindet, ein Fernwär­menetz geplant ist. Doch bis so ein Netz fertig ist, vergeht Zeit. Der Eigen­tümer beschließt also, erst einmal eine neue Gas- oder Ölheizung anzuschaffen. Das darf er, das steht in § 71j Abs. 1 des neuen GEG, das am 08.09.2023 den Bundestag passiert hat. Doch ganz ohne Bedin­gungen darf er das nicht: Da könnte ja jeder kommen, behaupten, auf das Wärmenetz zu warten, und dann gibt es auf einmal im ganzen Land neue Öl- und Gashei­zungen, die dann nie wieder abgebaut werden. Deswegen bestimmt § 71j Abs. 1 GEG, dass es schon einen zehnjäh­rigen Liefer­vertrag über Wärme, die zu mehr als 65% aus Erneu­er­baren Energien besteht, geben muss. Auch der Netzbe­treiber darf seine Pläne mit Zwischen­zielen nicht frei behaupten, sondern muss sie der zustän­digen Landes­be­hörde vorgelegt haben. Und es muss vertraglich geklärt sein, dass das Netz innerhalb von zehn Jahren nach Vertrags­schluss in Betrieb genommen wird.

Dann, aber auch nur dann, darf der Eigen­tümer auf das Wärmenetz mit seiner konven­tionell betrie­benen Heizung warten. Steht das Netz, muss er sich aber auch anschließen. Darauf zu beharren, seine Gas- oder Ölheizung gefalle ihm eigentlich besser und sei ja auch noch gar nicht so alt, kann er dann nicht.

Schwierig wird es, wenn er Plan für das Wärmenetz scheitert. Nach § 71j Abs. 2 GEG erlässt die zuständige Landes­be­hörde dann einen Bescheid, der feststellt, dass die Netzaus­bau­maß­nahme nicht weiter verfolgt wird. Das gilt nicht nur, wenn gar nicht gebaut, sondern auch, wenn nicht wie geplant dekar­bo­ni­siert werden kann. Wird dieser Bescheid unanfechtbar, hat der Eigen­tümer noch drei Jahre Zeit, die Anfor­de­rungen des GEG auf eigene Faust umzusetzen. Der geschei­terte Wärme­ver­sorger muss ihm die darauf entste­henden Mehrkosten ersetzen, es sei denn, das Scheitern lag nicht an ihm. Dann bleibt der Eigen­tümer auf dem Schaden sitzen (Miriam Vollmer).

 

2023-09-13T00:03:05+02:0013. September 2023|Energiepolitik, Wärme|

Was wenn der Wasser­stoff nicht kommt: Das neue GEG und die H2-ready Heizung

Es klingt fast zu schön, um wahr zu sein: Solange Erdgas noch günstig ist, könnte der Verbraucher auch in Zukunft eine neue Gasheizung einbauen, Erdgas verfeuern, und eines Tages fließt aus seinem Gasnetz­an­schluss auf einmal grüner Wasser­stoff. Die Wärme­wende wäre für ihn erledigt, Haupt­sache auf seiner neuen Gasheizung prangt „H2-ready“.

Doch ist das wirklich so einfach? Was sagt das neue, am 08.09.2023 im Bundestag verab­schiedete Gebäu­de­en­er­gie­gesetz (GEG) denn dazu?

Geregelt ist der Umgang mit H2-ready Heizungen im § 71k GEG. Der ist auch in der am 08.09.2023 verab­schie­deten Ausschuss­fassung recht lang. Schon Absatz 1, Satz 1 enthält für viele Inter­es­senten für angeblich H2-ready Heizungen eine Enttäu­schung: Es reicht nicht, dass der heute für das Siegel ausrei­chende Anteil von 20% Wasser­stoff verbrannt werden könnte. Nur Heizungen, die 100% Wasser­stoff verbrennen können, erfüllen die Voraus­set­zungen dieser Ausnahmeregelung.

Auch ist es nicht möglich, überall diesen Weg zu gehen, sondern nur in per Wärme­planung und landes­hörd­lichem Beschluss ausge­wie­senen Wasser­stoff­netz­aus­bau­ge­bieten, in denen spätestens Ende 2044 100% Wasser­stoff fließen sollen. Zudem muss der Gasnetz­be­treiber mit der im jewei­ligen Landes­recht zustän­digen Stelle einen Fahrplan für die Umstellung der Netzin­fra­struktur vorgelegt haben, der die techni­schen und zeitlichen Schritte für die Umstellung vorsieht, darlegt, wo der Wasser­stoff eigentlich herkommen soll, und wie das Ganze finan­ziert werden soll. Eine Darlegung, wie der Plan in die Klima­schutz­ziele des Bundes passt, und zwei- bis dreijähr­liche Meilen­steine, gehören auch dazu.

Doch mit diesem Plan für den Ausbau des Wasser­stoff­netzes vor Ort ist es nicht getan. Der erwähnte Trans­for­ma­ti­ons­fahrplan wird von der Bundes­netz­agentur alle drei Jahre geprüft. Läuft es nicht, wie vom Netzbe­treiber geplant, fällt der ganze Plan in sich zusammen. Denn für diesen Fall bestimmt Absatz 4, dass die Bundes­netz­agentur einen Bescheid erlässt, nach dem die Fahrplan­um­setzung nicht ausreicht. Heizungs­an­lagen, die bis spätestens ein Jahr nach Erlass dieses Bescheides eingebaut wurden sind, unter­fallen nach drei Jahren Übergangs­frist wieder den ganz normalen Regeln für Heizungs­an­lagen. Tritt dieser Fall ein, hat der enttäuschte Kunde übrigens Anspruch auf Kosten­er­stattung seiner Mehrkosten gegen den Gasnetz­be­treiber, außer, der hat das Scheitern nicht zu vertreten. Denkbar wäre das etwa, wenn der Fernlei­tungs­netz­be­treiber den Umbau der Infra­struktur nicht schafft. Oder einfach nicht genug Wasser­stoff da ist. In diesem Fall bleibt der Kunde auf seinen Mehrkosten sitzen. Di H2-ready Heizung ist also selbst dann, wenn der Netzbe­treiber vor Ort und der Kunde sie gleicher­maßen wollen, für beide keine ganz risikolose Sache (Miriam Vollmer).

2023-09-11T23:31:28+02:0011. September 2023|Gas, Wärme|

BFH bestätigt: Keine Umsatz­steuer auf „fiktive“ Stromlieferungen

Wir hatten es Ende letzten Jahres schon einmal kurz mitge­teilt: Die Finanz­ge­richts­barkeit geht – anders als bislang die Finanz­ämter – davon aus, dass bei dezentral gelie­fertem Strom, der nie physisch in das Netz einge­speist wurde, keine Umsatz­steuer anfällt. Inzwi­schen wurde diese Auffassung des Bundes­fi­nanzhofs (BFH) durch eine weitere Entscheidung bestätigt. Nunmehr vertritt neben dem XI. Senat auch der V. Senat diese Auffassung.

Eigentlich klingt es nach einer Selbst­ver­ständ­lichkeit, dass Strom­lie­fe­rungen, die nie in einem physi­ka­li­schen Sinn geflossen sind, auch nicht besteuert werden können. Aber die Finanz­ver­waltung, die ihre Auffassung sogar im Umsatz­steu­er­an­wen­dungs­erlass (unter Punkt 2.5 Absatz 2) festgelegt hat, geht wohl von dem Prinzip aus, dass jemand, der aus einem Grund bestimmte Rechte hat, auch die Pflichten tragen soll. Und immerhin war es im zu entschei­denden Fall so, dass gemäß § 4 Absatz 3a Satz 2 KWKG 2009 ein KWK-Zuschlag auch dann fällig war, wenn der Strom dezentral verbraucht und nicht ins Versor­gungsnetz einge­speist wird. Insofern spricht man von einer fiktiven Strom­lie­ferung oder von kaumän­nisch-bilan­zi­eller Einspeisung.

Aller­dings hat der BFH in seiner Begründung festge­stellt, dass die Zahlung des KWK-Zuschlags nicht zu einer Lieferung im Sinne von § 3 Abs. 1 UStG führen würde. Auch eine sonstige Leistung nach § 3 Abs. 9 UStG läge nicht vor. Er verweist in dieser Frage auf die Entscheidung des XI. Senats.

Letztlich ergab sich nämlich aus dem KWKG nur eine gesetz­liche Zahlungs­pflicht für den Netzbe­treiber. Der Zuschlag hat den Charakter einer energie­po­li­tisch bedingten Förderung, die über den Netzbe­treiber abgewi­ckelt wird. Daraus folgt weder, dass der Zahlende tatsächlich der Empfänger einer Lieferung ist und schon gar nicht, dass der Zahlende auch die sonstigen Pflichten einer solchen Lieferung tragen muss. Daher gilt für das Steuer­recht, dass eine Lieferung nur für Strom angenommen werden kann, der tatsächlich einge­speist und vom Netzbe­treiber vergütet wurde. (Olaf Dilling)

2023-09-08T14:59:37+02:008. September 2023|Energiepolitik, Rechtsprechung, Strom, Wärme|