Was ist eigentlich „grüner Stahl“?
An den Begriff des „grünen Wasserstoff“ haben wir uns gerade erst gewöhnt. Das ist Wasserstoff der aus Elektrolyse gewonnen wird, bei der unter Einsatz von regenerativ erzeugtem Strom Wassermoleküle aufgespalten werden in Sauerstoff und brennbaren Wasserstoff. Aber was ist das „grüner Stahl“?
Dazu muss man wissen, dass die Produktion von Stahl sehr energieintensiv ist und hierbei sehr oft noch große Mengen Kohle in Hochöfen verwendet werden um Eisenerz zu erhitzen. Dabei wird auch viel CO2 freigesetzt. Diese Hochöfen haben eine Lebensdauer von 15 – 20 Jahren und im aktuellen Jahrzehnt ist für schätzungsweise 70 Prozent dieser Öfen das Ende des Lebenszyklus erreicht.
In diesem natürlichen Zeitfenster bietet sich damit die Chance die künftige Stahlproduktion klimafreundlicher zu gestalten. Dies ist möglich durch den Einsatz von wahlweise Erdgas oder noch besser Wasserstoff, genauer gesagt „grünem Wasserstoff“. Hierbei wird allerdings nicht einfach nur der Brennstoff ausgetauscht, sondern es handelt sich um ein komplett anderes chemisches Verfahren bei dem das Eisenerz mit Gas reagiert und ihm dabei der Sauerstoff entzogen wird, so dass sog. Eisenschwamm entsteht. Dieser wird anschließend in einem Lichtbogen-Ofen, welcher mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben werden kann, zu Rohstahl verarbeitet. Das Ergebnis wird dann als „grüner Stahl“ bezeichnet.
(Christian Dümke)
Exkursion: Grüner Wasserstoff im Regelungslabyrinth von EnWG und EEG
Grüner Wasserstoff ist ein Rohstoff der Zukunft, davon geht jedenfalls der Gesetzgeber fest aus und hat daher in letzter Zeit viele neue Regelungen zu diesem Thema erlassen. Wir berichteten. Das Tückische daran ist, dass der Gesetzgeber mit den Begrifflichkeiten unterschiedlich umgeht, was bei schneller Betrachtung häufig zu Verwirrung oder Fehlschlüssen führen kann.
Folgen Sie uns daher in das Regelungslabyrinth und weichen Sie besser nicht vom Pfad ab.
Wasserstoff der durch Elektrolyse gewonnen wurde, bei der unter Einsatz von elektrischer Energie Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufgespalten wurde, gilt rechtlich als Biogas im Sinne des EnWG (§ 3 Nr. 10f EnWG) – sofern der zur Erzeugung eingesetzte Strom „nachweislich weit überwiegend aus erneuerbaren Energiequellen im Sinne der Richtlinie 2009/28/EG (ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 16) stammen“. Das bedeutet, sämtliche Regelungen des EnWG, die sich auf Biogas beziehen, gelten grundsätzlich auch für diesen „grünen“ Wasserstoff.
Daneben enthält das EnWG in seiner neuesten Fassung jetzt auch zahlreiche neue Regelungen, die sich konkret mit Wasserstoff befassen (§ 28j – 28 q EnWG – Regulierung von Wasserstoffnetzen), ohne dass hierfür erforderlich ist, dass es sich um speziell „grünen Wasserstoff“ handeln müsste.
Wasserstoff spielt aber nicht nur im EnWG eine Rolle, sondern ist auch Regelungsgegenstand des EEG und zugehöriger Rechtsverordnungen. Wie bisher schon beim Zusammenspiel von EnWG und EEG gilt es zu beachten, dass beide Gesetzessysteme zwar durchaus miteinander korrespondieren, aber stellenweise auch abweichende Definitionen und Anforderungen zu Grunde legen. So ist „Biogas“ im EEG abweichend vom EnWG definiert als „ jedes Gas, das durch anaerobe Vergärung von Biomasse gewonnen wird“ (§ 3 Nr. 11 EEG). Das hat zur Folge, dass „grüner Wasserstoff“ zwar als „Biogas“ im Sinne des EnWG, aber nicht des EEG gilt.
Das EEG wiederum kennt Wasserstoff durchaus auch, denn für stromkostenintensive Unternehmen auf dem Gebiet der Wasserstoffherstellung ist die EEG-Umlage nach § 64a EEG begrenzt und der für die Herstellung von „Grünem Wasserstoff“ eingesetzte Strom ist gem. § 69b EEG sogar vollständig von der EEG Umlage befreit. In § 69b EnWG wird dabei explizit von „Grünem Wasserstoff“ gesprochen – ohne dass im EEG überhaupt definiert wäre, wann rechtlich „Grüner Wasserstoff“ vorliegt. Dies soll sich aus einer zugehörigen Rechtsverordnung ergeben, deren Erlass in § 93 EEG als Ermächtigungsgrundlage vorgesehen ist.
In der zugehörigen Erneuerbare-Energien-Verordnung (EEV) wurde daher am 19. Juli 2021 durch die „Verordnung zur Umsetzung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2021 und zur Änderung weiterer energierechtlicher Vorschriften“ der Abschnitt 3b ergänzt, der sich in den §§ 12 h – 12 l explizit mit den Anforderungen an „Grünen Wasserstoff“ im Sinne des EEG befasst. Welche Anforderungen erfüllt sein müssen, damit es sich um „Grünen Wasserstoff“ im Sinne des EEG handelt, ist dabei in § 12i EEV ausführlich geregelt. Die dortigen Anforderungen gehen über die des EnWG weit hinaus.
Daraus ergibt sich derzeit folgende Systematik zum Wasserstoff:
- Jede Art von Wasserstoff unterfällt den allgemeinen Regelungen für Wasserstoff und Wasserstoffnetze im EnWG.
- Wasserstoff der unter überwiegendem Einsatz von erneuerbarer Energiequellen hergestellt wurde, gilt zusätzlich auch als „Biogas“ im Sinne des EnWG, aber nicht als Biogas im Sinne des EEG!
- Wasserstoff der die besonderen Anforderungen des § 12i EEV erfüllt, gilt als „Grüner Wasserstoff“ im Sinne des EEG
- „Grüner Wasserstoff“ im Sinne des EEG ist kein Biogas im Sinne des EEG, aber Biogas im Sinne des EnWG.
Haben wir Sie jetzt ausreichend verwirrt? Das ist nicht unsere Schuld, wenden Sie sich an den Gesetzgeber Ihres Vertrauens – bei Fragen aber auch gerne an uns.