Wirft die EU den Turbo an?

Die Geneh­migung vor allem von Windkraft­an­lagen dauert zu lange, auch in Deutschland. Deswegen hat nun die EU in ihrer am 12.09.2023 vom Europäi­schen Parlament beschlos­senen Novelle der Erneu­er­baren Energien Richt­linie Vorgaben gemacht, wie lange die Geneh­mi­gungs­ver­fahren für Anlagen der Erneu­er­baren Energie­er­zeugng maximal dauern dürfen: Laut Art. 16a Abs. 1 der RED III 12 Monate plus maximal sechs Monate Verlän­gerung in den nun neu vorge­se­henen Beschleu­ni­gungs­ge­bieten. Nur für Offshore gelten 24 Monate, ebenfalls um sechs Monate verlän­gerbar. Außerhalb der Beschleu­ni­gungs­ge­biete sind nicht mehr als zwei Jahre vorge­sehen, wiederum mit sechs Monaten Verlän­ge­rungs­frist. Kleine Anlagen sollen noch einmal schneller genehmigt werden.

Das wäre jeden­falls deutlich schneller als aktuell oft in Deutschland. Doch ist das wirklich schon ein Grund zum Jubeln? Schließlich enthält auch schon das deutsche Recht eine maximale Verfah­rens­dauer: Sieben Monate im förmlichen, drei im verein­fachten Verfahren. Verlängert werden kann jeweils um drei Monate. Die Frist beginnt, wenn die Antrags­un­ter­lagen vollständig vorliegen. Für die Vollstän­dig­keits­prüfung sieht die 9. Bundes-Immis­si­ons­schutz­ver­ordnung nur einen Monat vor. Die Praxis entspricht dieser Rechtslage indes leider häufig nicht. Oft verzögern auch Klagen die Verfahren weiter.

Dass die Fristen oft nicht viel nützen, liegt am Regelungs­me­cha­nismus: Es gibt keine Geneh­mi­gungs­fiktion, wenn die Behörde sich zu viel Zeit lässt. Die Verzö­gerung ist dann rechts­widrig, aber das nützt dem Vorha­ben­träger nicht viel. Hier setzt die RED III nun an: Sie enthält eine solche Geneh­mi­gungs­fiktion in Art. 16a Abs. 6 RED III. Schaut man indes genauer hin, so trübt sich das Bild: Die Geneh­mi­gungs­fiktion gilt nur, wenn das Vorhaben keiner UVP unter­liegt, und der Grundsatz der still­schwei­genden Geneh­migung im natio­nalen Rechts­system vorge­sehen ist. Und vor allem: Die Geneh­mi­gungs­fiktion gilt nur für verwal­tungs­tech­nische Zwischen­schritte, nicht für das endgültige Ergebnis, also die Geneh­mi­gungs­er­teilung. Insofern muss der deutsche Gesetz­geber wohl weiter selbst versuchen, Verfahren zu beschleu­nigen, wie er es zuletzt im Wind-an-Land-Gesetz versucht hat (Miriam Vollmer).

 

2023-09-15T23:07:30+02:0015. September 2023|Energiepolitik, Erneuerbare Energien, Umwelt|

Warten auf das Wärmenetz: Der neue § 71j GEG

Gesetzt der Fall, ein Gebäu­de­ei­gen­tümer erfährt aus der kommu­nalen Wärme­planung, dass für den Straßenzug, in dem sich sein Gebäude befindet, ein Fernwär­menetz geplant ist. Doch bis so ein Netz fertig ist, vergeht Zeit. Der Eigen­tümer beschließt also, erst einmal eine neue Gas- oder Ölheizung anzuschaffen. Das darf er, das steht in § 71j Abs. 1 des neuen GEG, das am 08.09.2023 den Bundestag passiert hat. Doch ganz ohne Bedin­gungen darf er das nicht: Da könnte ja jeder kommen, behaupten, auf das Wärmenetz zu warten, und dann gibt es auf einmal im ganzen Land neue Öl- und Gashei­zungen, die dann nie wieder abgebaut werden. Deswegen bestimmt § 71j Abs. 1 GEG, dass es schon einen zehnjäh­rigen Liefer­vertrag über Wärme, die zu mehr als 65% aus Erneu­er­baren Energien besteht, geben muss. Auch der Netzbe­treiber darf seine Pläne mit Zwischen­zielen nicht frei behaupten, sondern muss sie der zustän­digen Landes­be­hörde vorgelegt haben. Und es muss vertraglich geklärt sein, dass das Netz innerhalb von zehn Jahren nach Vertrags­schluss in Betrieb genommen wird.

Dann, aber auch nur dann, darf der Eigen­tümer auf das Wärmenetz mit seiner konven­tionell betrie­benen Heizung warten. Steht das Netz, muss er sich aber auch anschließen. Darauf zu beharren, seine Gas- oder Ölheizung gefalle ihm eigentlich besser und sei ja auch noch gar nicht so alt, kann er dann nicht.

Schwierig wird es, wenn er Plan für das Wärmenetz scheitert. Nach § 71j Abs. 2 GEG erlässt die zuständige Landes­be­hörde dann einen Bescheid, der feststellt, dass die Netzaus­bau­maß­nahme nicht weiter verfolgt wird. Das gilt nicht nur, wenn gar nicht gebaut, sondern auch, wenn nicht wie geplant dekar­bo­ni­siert werden kann. Wird dieser Bescheid unanfechtbar, hat der Eigen­tümer noch drei Jahre Zeit, die Anfor­de­rungen des GEG auf eigene Faust umzusetzen. Der geschei­terte Wärme­ver­sorger muss ihm die darauf entste­henden Mehrkosten ersetzen, es sei denn, das Scheitern lag nicht an ihm. Dann bleibt der Eigen­tümer auf dem Schaden sitzen (Miriam Vollmer).

 

2023-09-13T00:03:05+02:0013. September 2023|Energiepolitik, Wärme|

BFH bestätigt: Keine Umsatz­steuer auf „fiktive“ Stromlieferungen

Wir hatten es Ende letzten Jahres schon einmal kurz mitge­teilt: Die Finanz­ge­richts­barkeit geht – anders als bislang die Finanz­ämter – davon aus, dass bei dezentral gelie­fertem Strom, der nie physisch in das Netz einge­speist wurde, keine Umsatz­steuer anfällt. Inzwi­schen wurde diese Auffassung des Bundes­fi­nanzhofs (BFH) durch eine weitere Entscheidung bestätigt. Nunmehr vertritt neben dem XI. Senat auch der V. Senat diese Auffassung.

Eigentlich klingt es nach einer Selbst­ver­ständ­lichkeit, dass Strom­lie­fe­rungen, die nie in einem physi­ka­li­schen Sinn geflossen sind, auch nicht besteuert werden können. Aber die Finanz­ver­waltung, die ihre Auffassung sogar im Umsatz­steu­er­an­wen­dungs­erlass (unter Punkt 2.5 Absatz 2) festgelegt hat, geht wohl von dem Prinzip aus, dass jemand, der aus einem Grund bestimmte Rechte hat, auch die Pflichten tragen soll. Und immerhin war es im zu entschei­denden Fall so, dass gemäß § 4 Absatz 3a Satz 2 KWKG 2009 ein KWK-Zuschlag auch dann fällig war, wenn der Strom dezentral verbraucht und nicht ins Versor­gungsnetz einge­speist wird. Insofern spricht man von einer fiktiven Strom­lie­ferung oder von kaumän­nisch-bilan­zi­eller Einspeisung.

Aller­dings hat der BFH in seiner Begründung festge­stellt, dass die Zahlung des KWK-Zuschlags nicht zu einer Lieferung im Sinne von § 3 Abs. 1 UStG führen würde. Auch eine sonstige Leistung nach § 3 Abs. 9 UStG läge nicht vor. Er verweist in dieser Frage auf die Entscheidung des XI. Senats.

Letztlich ergab sich nämlich aus dem KWKG nur eine gesetz­liche Zahlungs­pflicht für den Netzbe­treiber. Der Zuschlag hat den Charakter einer energie­po­li­tisch bedingten Förderung, die über den Netzbe­treiber abgewi­ckelt wird. Daraus folgt weder, dass der Zahlende tatsächlich der Empfänger einer Lieferung ist und schon gar nicht, dass der Zahlende auch die sonstigen Pflichten einer solchen Lieferung tragen muss. Daher gilt für das Steuer­recht, dass eine Lieferung nur für Strom angenommen werden kann, der tatsächlich einge­speist und vom Netzbe­treiber vergütet wurde. (Olaf Dilling)

2023-09-08T14:59:37+02:008. September 2023|Energiepolitik, Rechtsprechung, Strom, Wärme|