Über Miriam Vollmer

Dr. Miriam Vollmer ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Verwaltungsrecht. Sie vertritt seit 2006 Stadtwerke und andere Unternehmen rund um die Themen Klima, Umwelt und Energie. Frau Dr. Vollmer ist Lehrbeauftragte der Universität Bielefeld, Vortragsrednerin mit breiter Erfahrung von Fortbildungsveranstaltungen bis zur re:publica und Verfasserin zahlreicher Publikationen.

Gasspei­cher­umlage und KTF

Die Bundes­re­gierung will die Gasspei­cher­umlage künftig aus dem Klima- und Trans­for­ma­ti­ons­fonds (KTF) finan­zieren. Erdgas würde dadurch günstiger. Unter Klima­schutz­ge­sichts­punkten ist eine solche Entlastung jedoch nicht unpro­ble­ma­tisch, da sie den fossilen Energie­träger Erdgas gegenüber der Elektri­fi­zierung von Prozessen oder dem Einsatz von Wasser­stoff und biogener Brenn- und Treib­stoffe bevorzugt.

Der KTF soll eigentlich dazu dienen, Zukunfts­tech­no­logien zu fördern und die Abhän­gigkeit von fossilen Energie­im­porten zu verringern. Auch bisher werden aus dem KTF Maßnahmen zur Entlastung bei Energie­kosten finan­ziert, etwa bei der energe­ti­schen Haussa­nierung, beim Austausch von Heizsys­temen oder beim Ausbau von Wärme­netzen. Eine Verbil­ligung fossiler Energie­träger entspricht also nicht dem ursprüng­lichen Zweck dieses Fonds.

Doch was hat es mit dieser Umlage überhaupt auf sich?

Sie wurde im Oktober 2022 einge­führt, nachdem sich infolge des russi­schen Angriffs auf die Ukraine zeigte, dass die einge­spei­cherten Gasmengen für die Heizpe­riode mögli­cher­weise nicht ausreichen würden, um Deutschland sicher durch den Winter zu bringen. Um eine ähnliche Situation künftig zu vermeiden, wurde die Markt­ge­biets­ver­ant­wort­liche Trading Hub Europe (THE) gesetzlich verpflichtet, recht­zeitig ausrei­chende Vorräte anzulegen: Laut § 35b Absatz 1 Nummer 2 des Energie­wirt­schafts­ge­setzes sollen die Gasspeicher zum 1. November eines Jahres zu 90 Prozent gefüllt sein.

Die dabei entste­henden Kosten werden über eine Umlage auf die Gaskunden verteilt. Seitdem verteuert die Gasspei­cher­umlage den Gaspreis. Aktuell beträgt sie die erwähnten 0,299 Cent pro Kilowatt­stunde, ab dem 1. Juli 2025 wird sie auf 0,289 Cent pro Kilowatt­stunde gesenkt. Wenn der Bund die Kosten künftig übernimmt, würde der Gaspreis entspre­chend sinken.

Wie recht­fer­tigen Befür­worter den Plan?

Befür­worter dieser Maßnahme argumen­tieren, dass durch den europäi­schen Emissi­ons­handel keine höheren Gesamt­emis­sionen zu erwarten seien, da das Emissi­ons­budget insgesamt begrenzt sei. Diese Einschätzung ist im Hinblick auf Erdgas jedoch nur bedingt korrekt. Bis einschließlich 2026 unter­liegen die deutschen Emissionen aus Erdgas außerhalb des EU Emissi­ons­handels keinem festen Budget. Der nationale CO₂-Preis beträgt heute 55 EUR/t CO2, 2026 wird er auf maximal 65 Euro pro Tonne begrenzt. Zwar gibt es auf europäi­scher Ebene ein Budget, doch wenn Deutschland mehr emittiert, wird dies lediglich finan­ziell ausge­glichen. Erst ab 2027 greift mit dem EU Emissi­ons­han­dels­system ETS 2 eine echte mengen­mäßige Begrenzung. In diesem Jahr sollte die Umlage aber ohnehin wieder abgeschafft werden.

Was ist von dem Plan zu halten?

Dass Energie in Deutschland zu teuer ist, ist partei­über­greifend Konsens. Doch ausge­rechnet einen fossilen Brenn­stoff zu entlasten setzt ein schwie­riges Signal. Konsis­tenter wäre es, den Strom­preis anzugehen. Wie das aussehen könnte, ist im Koali­ti­ons­vertrag angelegt: Senkung der Strom­steuer und Entlastung der Netzent­gelte würde dieje­nigen honorieren, die ihre Prozesse und Heizungen schon umgestellt haben (Miriam Vollmer).

2025-06-20T21:35:49+02:0020. Juni 2025|Allgemein|

Landge­richt Frankfurt zur 3‑Jahres-Wider­spruchs­frist bei unwirk­samen Wärmepreisanpassungen

Wir hatten hier auf diesem Blog bereits in der letzten Woche über die richtungs­wei­sende Entscheidung des Landge­richts Frankfurt/Main zum Markt­element in Wärme­preis­klauseln berichtet.

Aber diese Entscheidung beinhaltet noch einen weiteren Gesichts­punkt, der einer kurzen Betrachtung verdient: Das Wider­spruchs­recht oder besser gesagt die Wider­spruchs­pflicht des Kunden gegen unzulässige Preisanpassungen.

Nach ständiger Recht­spre­chung des BGH hat der Kunde nämlich (nur) 3 Jahre Zeit einer unwirk­samen Preis­an­passung in der entspre­chenden Verbrauchs­ab­rechnung zu wider­sprechen. Aber was gilt hier als Wider­spruch und welche Freiheiten hat der Kunde bei der Ausübung seines Widerspruchsrechtes?

Im vorlie­genden Fall hatte der Kunde seinen Preis­wi­der­spruch ausdrücklich erstmals gegen die dortige Jahres­ver­brauchs­ab­rechnung 2021 erhoben und den Wärme­preis des vorhe­rigen Jahres 2020 akzep­tiert, wodurch diese Liefer­preise Grundlage der Diffe­renz­be­trachtung für den Rückfor­de­rungs­an­spruch des Kunden der Folge­jahre wurde.
Dem hielt der Versorger entgegen, dass der Kunde sich schon früher einmal mit einer Beschwerde gegen erhöhte Abschläge an den Versorger gewandt hatte. Dies sei als Wider­spruch zu werten und und der letzte gültige Preis durch automa­tische Rückrechnung von diesem Zeitpunkt um 3 Jahre zu ermitteln. Das Landge­richt sah das anders:

Es kam hierbei nicht in Betracht, die Klägerin auf den Arbeits­preis für das Jahr 2019 zu verweisen. Denn in recht­licher Hinsicht steht dem gerade die Dreijah­res­lösung des Bundes­ge­richtshofs entgegen. Diese ist nämlich nicht so zu verstehen, dass ab einer Beanstandung des Kunden von Rechts wegen eine Rückrechnung schema­tisch auf das dritt­letzte Verbrauchsjahr erfolgt, dessen Arbeits­preis für die Berechnung einer Rückfor­derung maßgeblich wäre. Vielmehr hat der Bundes­ge­richtshof dem Kunden insoweit eine Dispo­si­ti­ons­be­fugnis einge­räumt, selbst einen erklärten Wider­spruch aufgeben zu dürfen (vgl. BGH, Urteil vom 01.06.2022, VIII ZR 287/20, Rn. 64). Hätte die Klägerin also mit dem einzig als zeitlich voran­ge­gangen in Betracht kommenden Wider­spruch auf Grund ihres Schreibens vom 28.11.2022 einen solchen angebracht, wäre sie befugt gewesen, diesen zurück­zu­nehmen und mit Schreiben vom 28.09.2023 erneut anzubringen. Hierbei werden die Inter­essen des Versorgers auch nicht unberück­sichtigt gelassen, denn auch in solchen Fällen (Rücknahme und Neuan­bringung eines Wider­spruchs) wirkt die Dreijah­res­lösung begrenzend und kann den durch sie bezweckten Inter­es­sen­aus­gleich (vgl. vor allem BGH, Urteil vom 25.09.2024, VIII ZR 165/21) bewirken.“

LG Frankfurt, Urteil vom 09.06.2025, Az. 2–03 O 100/24

Das Landge­richt Franfurt stellt damit klar, dass die 3 Jahres­frist für den Kunden­wi­der­spruch insoweit der Dispo­sition des Kunden unter­steht, wann er erstmals einen Wider­spruch einlegt, ob er ihn auf kürzere Zeiträume als 3 Jahre beschränkt oder einen einge­legten Wider­spruch auch teilweise wieder zurückzieht.

(Christian Dümke)

2025-06-20T19:14:21+02:0020. Juni 2025|Rechtsprechung, Wärme|

Mieterhöhung bei ausge­blie­bener Verbrauchs­senkung: Zu BGH, v. 26.03.2025 (VIII ZR 283/23)

Die Wärme­wende läuft und wird in den nächsten 20 Jahren erheb­liche Inves­ti­tionen auch von Vermie­ter­seite auslösen. Diesen Inves­ti­tionen steht in aller Regel mittel­fristig eine erheb­liche Ersparnis bei den laufenden Kosten gegenüber. Schließlich sind die Betriebs­kosten von Wärme­pumpe niedriger als die – dazu künftig noch kräftig steigenden – eines Gaskessels. Damit lohnt sich für den Mieter der Heizungs­tausch norma­ler­weise auch dann, wenn der Vermieter aufgrund der Moder­ni­sierung die Miete erhöht.

Doch wie sieht es aus, wenn die erwartete Einsparung nicht eintritt? Mit dieser Frage hat sich der Bundes­ge­richtshof (BGH) in einer Entscheidung vm 26.03.2025 (VIII ZR 283/23) jüngst beschäftigt. Gegen­stand des Verfahrens war eine Mieterhöhung nach § 555b Nr. 1a BGB a. F. wegen energe­ti­scher Moder­ni­sierung, nachdem der Vermieter in eines Mehrfa­mi­li­en­hauses eine Gas-Zentral­heizung eingebaut hatte.

Norma­ler­weise sinkt durch eine solche Inves­tition der Verbrauch und damit auch die Betriebs­kosten, aber hier konnte der Vermieter dies nicht belegen. Die enttäuschten Mieter machten deswegen geltend, die Mieterhöhung wäre rechts­widrig gewesen und ihnen stünde eine Rückzahlung zu. Die ersten beiden Instanzen folgten dem auch. Das Landge­richt als Berufungs­ge­richt führte aus, dass es auf einen Vergleich der vier oder fünf Jahre vor und nach der Maßnahme ankomme.

Dann aber ging die Sache an den BGH, und der sah es anders: Nach Auffassung des höchsten deutschen Zivil­ge­richts kommt es nicht darauf an, ob durch die Maßnahme tatsächlich der Endener­gie­ver­brauch gesunken ist, sondern ob ob der Vermieter dies zum Zeitpunkt der Mieterhöhung erwarten durfte. Auch, wenn es später dann anders kommt, kann der Vermieter die Erhöhung behalten (Miriam Vollmer).

2025-06-14T00:21:17+02:0014. Juni 2025|Wärme|