Beschleu­nigung des Ausbaus von Geothermie

Verfah­rens­be­schleu­nigung beim Ausbau von erneu­er­baren Energien ist das Gebot der Stunde. Bedenken Sie, 2045 und die bis dahin erreichte Klima­neu­tra­lität ist so weit in die Zukunft, wie 2003 nun von uns in der Vergan­genheit liegt. Zur Erinnerung: 2003 wurde noch vertreten, dass Erneu­erbare Energien unseren zukünf­tigen Bedarf an Strom, Wärme und Treib­stoffen nur zu einem geringen Teil decken können. Damals hieß es noch, wir brauchen eine sinnvolle Mischung aus Energie von fossilen Brenn­stoffen, Kernenergie und erneu­er­barer Energie. The Times They Are A‑Changing, sang schon Bob Dylan.

Zur Errei­chung der Klima­ziele ist es erfor­derlich, die Treib­haus­gas­emis­sionen in der Wärme­ver­sorgung deutlich zu senken und den Ausbau der Erneu­er­baren Energien in diesem Bereich deutlich zu steigern. Das Bundes­mi­nis­terium für Wirtschaft und Klima­schutz sieht Geothermie hierbei in einer wichtigen Rolle. Und ja, Geothermie ist eine klima­neu­trale, unerschöpf­liche und zugleich zuver­lässige und über das gesamte Jahr verfügbare Energie­quelle, mit der auch hohe Wärme­be­darfe gedeckt werden können. Wärme­pumpen können die Tempe­ratur der Erdwär­me­quelle noch anheben. Gleich­zeitig werden bisher nur weniger als zwei Prozent der Wärme aus Geothermie und Umwelt­wärme gewonnen.

Mit dem Gesetz zur Beschleu­nigung von Geneh­mi­gungs­ver­fahren für Geother­mie­an­lagen, Wärme­pumpen und Wärme­spei­chern sowie weiterer recht­licher Rahmen­be­din­gungen prescht nun das BMWK vor. Die Frist zur Einrei­chung von Stellung­nahmen endete am 17. Juli 2024. Ziel des noch nicht innerhalb der Bundes­re­gierung abgestimmten Gesetz­ent­wurfs ist es, geneh­mi­gungs­recht­liche Hemmnisse bei der Erschließung der Geothermie sowie dem Ausbau von Wärme­pumpen und Wärme­spei­chern abzubauen. Die Änderungen betreffen die unter­schied­lichen Geneh­mi­gungs­ver­fahren, die zum Aufbau der Anlagen durch­laufen werden. Dabei geht es sowohl um tiefe Geothermie (ab 400 m Boden­tiefe) als auch um die oberflä­chennahe Geothermie (bis 400 m). Auf Beschleu­ni­gungs­ef­fekte zielen die kurzen Regelungen im Stamm­gesetz (kurz GeoWG). So wird das überra­gende öffent­liche Interesse an der Geothermie statuiert (§ 4 GeoWG). Wider­spruch und Anfech­tungs­klage gegen eine Zulas­sungs­ent­scheidung für Geother­mie­vor­haben sowie gegen die Entscheidung über den vorzei­tigen Beginn einer Maßnahme haben keine aufschie­bende Wirkung (§ 8). Der Rechtsweg wird verkürzt. Zuständig ist das Oberver­wal­tungs­ge­richt ist im ersten Rechtszug.

Spannend sind auch die weiteren, mit dem GeoWG verbun­denen Änderungen im Bergrecht, Wasser­recht und Natur­schutz­recht. So sieht die Novel­lierung des Bundes­berg­ge­setzes durch das GeoWG u.a. vor, die Betei­ligung anderer Behörden zu beschleu­nigen, indem deren Stellung­nahmen nach einem Monat ohne Antwort als nicht geäußert gelten. Die Geltungs­dauer von Haupt­be­triebs­plänen kann verlängert werden. Zudem können Betriebe von geringer Gefähr­lichkeit künftig von der Betriebs­plan­pflicht ausge­nommen werden. Auf eine geringe Bedeutung soll es nicht ankommen. Wichtigste Neuerung ist die Änderung des § 57e BBergG, die eine ausschließlich elektro­nische Abwicklung der Betriebs­plan­zu­lassung für Geothermie-Vorhaben über eine einheit­liche Stelle vorschreibt. (Dirk Buchsteiner)

2024-07-26T21:58:24+02:0026. Juli 2024|Erneuerbare Energien, Umwelt, Wärme|

Ökode­sign­an­for­de­rungen durch die ESPR

Mit der neuen Ökodesign-Verordnung (Ecodesign for Sustainable Products Regulation – ESPR) vollzieht die EU im Rahmen des Green Deal einen weiteren Meilen­stein mit Blick auf den ambitio­nierten Kreis­lauf­wirt­schafts-Aktionsplan (Circular Economy action plan – CEAP). Die neue Verordnung wurde am 28.06.2024 im EU-Amtsblatt veröf­fent­licht und tritt 20 Tage nach ihrer Veröf­fent­li­chung und damit zum 18.07.2024 in Kraft.

Das Ziel dieses neuen, unmit­telbar in allen EU-Mitglied­staaten geltenden Rechtsakts (System­wechsel von Richt­linie zur Verordnung!) ist kurz wie folgt zu beschreiben: Mittels Mindest­an­for­de­rungen an die „Umwelt­ver­träg­lichkeit“ von Produkten sollen im Ergebnis weniger Produkte wegge­worfen werden. Unter­nehmen sollen weniger „Müll“ produ­zieren und auf den Markt bringen. Hierfür sollen Produkte nachhal­tiger werden. Betroffen sind nahezu alle Arten von Waren, ausge­nommen sind Lebens­mittel, Futter­mittel, Arznei­mittel und lebende Organismen sowie Kraft­fahr­zeuge. Im Vergleich zur Vorgänger-Richt­linie geht es nun um mehr als „nur“ energie- und ressour­cen­ef­fi­ziente Produkte: Die EU setzt einen harmo­ni­sierten Rahmen für die Festlegung von Anfor­de­rungen an bestimmte Produkt­gruppen hinsichtlich ihrer Haltbarkeit, Zuver­läs­sigkeit, Wieder­ver­wend­barkeit, Nachrüst­barkeit und fördert damit die Reparier­barkeit von Produkten. Zudem soll das Recycling verein­facht werden. Ein Problem stellt oft das Vorhan­densein chemi­scher Stoffe dar, die die Wieder­ver­wendung und das Recycling von Materialien verhindern. Auch hierbei geht es folglich um ein Phase-out von bestimmten Stoffen (siehe auch die Chemi­ka­li­en­stra­tegie der EU) und um die Substitution.

Ein Knack­punkt der neuen Verordnung ist der digitale Produktpass, als digitale Identität eines physi­schen Produkts. Hierin sollen Daten aus allen Phasen des Produkt­le­bens­zyklus zusam­men­ge­tragen und ebenso in all diesen Phasen für diverse Zwecke genutzt werden (Design, Herstellung, Nutzung, Entsorgung). Wie eine Struk­tu­rierung umwelt­re­le­vanter Daten in einem standar­di­sierten, vergleich­baren Format geschehen soll, damit ein Daten­aus­tausch möglich wird, bleibt abzuwarten. Der Testballon des digitalen Batte­rie­passes soll hier erste Antworten bringen. Zweck des Produkt­passes ist es, dem Verbraucher verläss­liche Konsu­men­ten­in­for­ma­tionen geben, damit Konsu­menten nachhaltige Konsum­entschei­dungen treffen können – und das beginnt nun mal schon beim Design von Produkten. (Dirk Buchsteiner)

2024-07-08T23:38:59+02:008. Juli 2024|Abfallrecht, Industrie, Umwelt|

Klima­neutral“ im Wettbewerb

Der Bundes­ge­richtshof hat heute über die Zuläs­sigkeit von Werbung mit dem Begriff „klima­neutral“ entschieden (Urteil vom 27. Juni 2024 – I ZR 98/23 -). Ein bekannter Hersteller von Süsswaren aus Frucht­gummi und Lakritz warb in einer Fachzeitung der Lebens­mit­tel­branche mit der Aussage: „Seit 2021 produ­ziert [das Unter­nehmen] alle Produkte klima­neutral“ und einem Logo, das den Begriff „klima­neutral“ zeigt und auf die Inter­net­seite eines „Clima­te­Partner“ hinweist. Der Herstel­lungs­prozess der Produkte des Herstellers läuft aber gar nicht CO2-neutral ab. Das Unter­nehmen unter­stützt indes über den „Clima­te­Partner“ Klimaschutzprojekte.

Hiergegen klagte die die Zentrale zur Bekämpfung unlau­teren Wettbe­werbs und rügte, dass dieser „Green Claim“ (siehe auch hier: Wenn die Kaffee­ma­schine nach zwei Jahren kaputt geht“), als Werbe­aussage irreführend sei. Dem Leser der Fachzeit­schrift müsse sich aufdrängen, dass hier auch der Herstel­lungs­prozess selbst klima­neutral ablaufe. Zumindest müsse die Werbe­aussage dahin­gehend ergänzt werden, dass die Klima­neu­tra­lität erst durch kompen­sa­to­rische Maßnahmen herge­stellt werde. Rechtlich geht es um die Unter­lassung dieser Aussage und Ersatz vorge­richt­licher Abmahn­kosten. Über zwei Instanzen war die Klägerin erfolglos. Der BGH entschied nun in der Revision im Sinne der Klägerin, dass die Werbung mit einem mehrdeu­tigen umwelt­be­zo­genen Begriff (hier: „klima­neutral“) regel­mäßig nur dann zulässig ist, wenn in der Werbung selbst erläutert wird, welche konkrete Bedeutung diesem Begriff zukommt.

Die beanstandete Werbung ist vorliegend irreführend im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG. Die Werbung ist mehrdeutig, weil der Begriff „klima­neutral“ von den Lesern der Fachzeitung – nicht anders als von Verbrau­chern – sowohl im Sinne einer Reduktion von CO2 im Produk­ti­ons­prozess als auch im Sinne einer bloßen Kompen­sation von CO2 verstanden werden kann. Eine Erläu­terung des Begriffs „klima­neutral“ war hier insbe­sondere deshalb erfor­derlich, weil die Reduktion und die Kompen­sation von CO2-Emissionen keine gleich­wer­tigen Maßnahmen zur Herstellung von Klima­neu­tra­lität darstellen, sondern die Reduktion gegenüber der Kompen­sation unter dem Gesichts­punkt des Klima­schutzes vorrangig ist. Die Irreführung ist auch wettbe­werblich relevant, da die Bewerbung eines Produkts mit einer vermeint­lichen Klima­neu­tra­lität für die Kaufent­scheidung des Verbrau­chers von erheb­licher Bedeutung ist.

Die Themen Umwelt­aus­sagen, „Green Claims“ und irrefüh­rende Nachhal­tig­keits­siegel stehen auch bei der EU im Rahmen des Green Deals auf der Agenda. Kunden sollen besser infor­miert bessere Produkte kaufen können. Adres­siert werden diese Themen durch die Green­wa­shing-Richt­linie (Directive on Empowering Consumers for the Green TransitionECGT) vom 26.03.2024 und in der alsbald erwar­teten Green Claims Directive (GCD). Dies bedeutet für Unter­nehmen zukünftig, dass sie die Beweislast für ihre Aussagen tragen. Sie müssen ihre Umwelt­angaben mit soliden, wissen­schaft­lichen Methoden belegen und die Ergeb­nisse durch unabhängige Prüfer verifi­zieren lassen. Umwelt­angaben (und auch Werbe­aus­sagen) müssen klar, genau und verständlich formu­liert sein. Ansonsten kann es Probleme auch im Wettbewerb geben. (Dirk Buchsteiner)

 

2024-06-27T20:32:29+02:0027. Juni 2024|Umwelt|