Ökode­sign­an­for­de­rungen durch die ESPR

Mit der neuen Ökodesign-Verordnung (Ecodesign for Sustainable Products Regulation – ESPR) vollzieht die EU im Rahmen des Green Deal einen weiteren Meilen­stein mit Blick auf den ambitio­nierten Kreis­lauf­wirt­schafts-Aktionsplan (Circular Economy action plan – CEAP). Die neue Verordnung wurde am 28.06.2024 im EU-Amtsblatt veröf­fent­licht und tritt 20 Tage nach ihrer Veröf­fent­li­chung und damit zum 18.07.2024 in Kraft.

Das Ziel dieses neuen, unmit­telbar in allen EU-Mitglied­staaten geltenden Rechtsakts (System­wechsel von Richt­linie zur Verordnung!) ist kurz wie folgt zu beschreiben: Mittels Mindest­an­for­de­rungen an die „Umwelt­ver­träg­lichkeit“ von Produkten sollen im Ergebnis weniger Produkte wegge­worfen werden. Unter­nehmen sollen weniger „Müll“ produ­zieren und auf den Markt bringen. Hierfür sollen Produkte nachhal­tiger werden. Betroffen sind nahezu alle Arten von Waren, ausge­nommen sind Lebens­mittel, Futter­mittel, Arznei­mittel und lebende Organismen sowie Kraft­fahr­zeuge. Im Vergleich zur Vorgänger-Richt­linie geht es nun um mehr als „nur“ energie- und ressour­cen­ef­fi­ziente Produkte: Die EU setzt einen harmo­ni­sierten Rahmen für die Festlegung von Anfor­de­rungen an bestimmte Produkt­gruppen hinsichtlich ihrer Haltbarkeit, Zuver­läs­sigkeit, Wieder­ver­wend­barkeit, Nachrüst­barkeit und fördert damit die Reparier­barkeit von Produkten. Zudem soll das Recycling verein­facht werden. Ein Problem stellt oft das Vorhan­densein chemi­scher Stoffe dar, die die Wieder­ver­wendung und das Recycling von Materialien verhindern. Auch hierbei geht es folglich um ein Phase-out von bestimmten Stoffen (siehe auch die Chemi­ka­li­en­stra­tegie der EU) und um die Substitution.

Ein Knack­punkt der neuen Verordnung ist der digitale Produktpass, als digitale Identität eines physi­schen Produkts. Hierin sollen Daten aus allen Phasen des Produkt­le­bens­zyklus zusam­men­ge­tragen und ebenso in all diesen Phasen für diverse Zwecke genutzt werden (Design, Herstellung, Nutzung, Entsorgung). Wie eine Struk­tu­rierung umwelt­re­le­vanter Daten in einem standar­di­sierten, vergleich­baren Format geschehen soll, damit ein Daten­aus­tausch möglich wird, bleibt abzuwarten. Der Testballon des digitalen Batte­rie­passes soll hier erste Antworten bringen. Zweck des Produkt­passes ist es, dem Verbraucher verläss­liche Konsu­men­ten­in­for­ma­tionen geben, damit Konsu­menten nachhaltige Konsum­entschei­dungen treffen können – und das beginnt nun mal schon beim Design von Produkten. (Dirk Buchsteiner)

2024-07-08T23:38:59+02:008. Juli 2024|Abfallrecht, Industrie, Umwelt|

Novelle der IED – die Krux mit den Transformationsplänen

Die IED-Novelle ist eigentlich durch. Am 12.04.2024 hatte der Minis­terrat die im Trilog erarbeitete Fassung der Novelle der Indus­trie­emis­si­ons­richt­linie (Indus­trial Emissions Directive – IED) angenommen (siehe hier). Seitdem ist es jedoch ruhig geworden. Die Veröf­fent­li­chung im Amtsblatt der EU ist unseres Wissens immer noch nicht erfolgt. Zeit, um noch einmal reinzu­schauen. Die neuen Vorschriften zielen auf einen besseren Schutz der mensch­lichen Gesundheit und der Umwelt ab, da schäd­liche Emissionen aus Indus­trie­an­lagen verringert und gleich­zeitig Energie­ef­fi­zienz, Kreis­lauf­wirt­schaft und Dekar­bo­ni­sierung gefördert werden. Schärfere Grenz­werte und strengere Geneh­mi­gungen sind die Losung und zudem ein breiterer Anwen­dungs­be­reich für weniger Indus­trie­emis­sionen. Die EU zielt auch auf eine Reduzierung der Bürokratie durch elektro­nische Geneh­mi­gungen ab. Beschleu­ni­gungs­ten­denzen gibt es auch national (siehe hier), aber die Erfahrung zeigt, dass es sicherlich nicht an der elektro­ni­schen Antrag­stellung liegt, dass Verfahren zu lange dauern.

Bei mehreren Themen gab es in der Industrie zum Novel­lie­rungs­prozess Bauch­schmerzen. Ein kriti­scher Aspekt sind für die Praxis die Trans­for­ma­ti­ons­pläne. Zwar wurden zwischen­zeitlich kolpor­tiert, sie wären gar nicht mehr drin, doch stimmt dies im Ergebnis nicht: Sie werden verpflichtend.

Für Unter­nehmen, die dem Anwen­dungs­be­reich der IED unter­fallen, gilt zukünftig, Trans­for­ma­ti­ons­pläne in ihre Umwelt­ma­nage­ment­systeme (die auch verpflichtend sind) aufzu­nehmen. Das Umwelt­ma­nage­ment­system muss dann anlagen­be­zogen sein und Angaben enthalten wie in der Anlage Abfälle vermieden, der Ressourcen‑, Energie- und Wasser­ver­brauch optimiert und der Gebrauch und die Emission von Gefahr­stoffen verhindert oder minimiert werden sollen. Im Trans­for­ma­ti­onsplan sollen dann die Infor­ma­tionen zu den Maßnahmen, die der Betreiber im Zeitraum 2030–2050 in der Anlage ergreifen wird, um bis zum Jahr 2050 zur Entwicklung einer nachhal­tigen, sauberen, kreis­lauf­ori­en­tierten, ressour­cen­ef­fi­zi­enten und klima­neu­tralen Wirtschaft beizu­tragen, einschließlich gegebe­nen­falls durch tiefgrei­fenden indus­tri­ellen Wandel. Diese Trans­for­ma­ti­ons­pläne werden auch die Anfor­de­rungen an die Nachhal­tig­keits­be­richt­erstattung von Unter­nehmen gemäß der Richt­linie 2013/34/EU ergänzen, da sie ein Mittel zur Umsetzung dieser Anfor­de­rungen auf Anlagen­ebene sind. Zunächst sind die energie­in­ten­siven Tätig­keiten dran: Betreiber von energie­in­ten­siven Anlagen sollen bis zum 30. Juni 2030 entspre­chende Trans­for­ma­ti­ons­pläne erstellen. Zwar sollen diese Trans­for­ma­ti­ons­pläne „indikative Dokumente“ – also wohl nicht bindende Dokumente – bleiben, die unter der Verant­wortung der Betreiber erstellt werden. Durch die Verpflichtung zur Veröf­fent­li­chung stellt sich das Problem des Schutzes von Betriebs- und Geschäfts­ge­heim­nissen. Zudem wird es wohl nicht ohne die Behörden, Umwelt­gut­achter und Audits gehen. Mangels klarer Vorgaben und Leistungs­kri­terien könnten sich die Trans­for­ma­ti­ons­pläne zu einer reinen Fleiß­arbeit entwi­ckeln und auch hier steht womöglich die Bürokratie der Trans­for­mation auf den Füßen. Wir dürfen also gespannt bleiben. (Dirk Buchsteiner)

2024-07-01T15:40:31+02:001. Juli 2024|Immissionsschutzrecht, Industrie|

Beschleu­nigung von Genehmigungsverfahren

Ja, Sie lesen richtig: Immis­si­ons­schutz­recht­liche Geneh­mi­gungs­ver­fahren werden maßgeblich beschleunigt. Falls Sie nun ein Déjà-vu zu haben glauben, sind Sie sicherlich nicht allein. Dass Geneh­mi­gungs­ver­fahren zu lange dauern, ist schließlich kein Geheimnis. Bestre­bungen, Verfahren zu straffen und zu verkürzen, gibt es daher schon länger bzw. immer wieder. So richtig gefruchtet hat alles bisher nicht. Die Anfor­de­rungen setzt das materielle Recht und dessen Komple­xität bestimmt die Machbar­keits­grenze. Vielfach liegt es auch an der Überlastung der Geneh­mi­gungs­re­ferate bei den Immis­si­ons­schutz­be­hörden. Des Öfteren besteht ein gewisser Unwillen zu pragma­ti­schen Entschei­dungen. Manchmal liegt es auch an schlechten Anträgen und undurch­dachten Vorhaben (dann sind die Probleme hausge­macht). Doch auch das Verfah­rens­recht bremst.

Nun ist eine aktuelle Novelle des BImSchG (und der 9. BImSchV) durch. Am 14.06.2024 hat auch der Bundesrat dem „Gesetz zur Verbes­serung des Klima­schutzes beim Immis­si­ons­schutz, zur Beschleu­nigung immis­si­ons­schutz­recht­licher Geneh­mi­gungs­ver­fahren und zur Umsetzung von EU-Recht“ (ursprüng­licher Entwurf: BT-Drs. 20/7502, Fassung der Beschluss­emp­fehlung BT-Drs. 20/11657) zugestimmt.

Kern der Novelle sind insbe­sondere Erleich­te­rungen für die Geneh­migung von EE-Anlagen, aber auch andere immis­si­ons­schutz­recht­liche Geneh­mi­gungs­ver­fahren sollen beschleunigt werden. Hierfür sind die Verkürzung von Rückmelde- und Entschei­dungs­fristen anderer Behörden, der Einsatz eines Projekt­ma­nagers, mehr Digita­li­sierung im Verfahren und eine Stärkung des vorzei­tigen Beginns vorge­sehen. Liest sich alles erstmal ganz inter­essant. Im Detail kommen dann wieder Fragen auf. Ein Projekt­ma­nager – § 2a der 9. BImSchV-Neu – mag zwar auf den ersten Blick eine gute Idee sein. Doch Profes­sio­na­li­sierung ist auch heute schon möglich – gerade in der Öffent­lich­keits­be­tei­ligung. Woher nehmen wir den Projekt­ma­nager und was macht er? Zu befürchten sind indes weitere Kosten und nur noch mehr Abstim­mungs­runden – nicht weniger.

Mit der Überar­beitung von § 8a BImSchG sollen wir erleich­terte Voraus­set­zungen für die Zulassung des vorzei­tigen Beginns für Vorhaben auf einem bereits bestehenden Standort und bei Änderungs­ge­neh­mi­gungen bekommen. Bisher kommt es auf die Prognose an, dass mit einer Entscheidung zugunsten des Antrag­stellers gerechnet werden kann. Der auf Antrag (!) erfol­gende Wegfall dieser Progno­se­ent­scheidung soll nun das Verfahren nachhaltig beschleu­nigen. Es ist eher unklar, wie es in der Praxis funktio­nieren soll, wenn Behörden ohne eine Progno­se­ent­scheidung über die Geneh­mi­gungs­fä­higkeit den vorzei­tigen Beginn zulassen, gleichwohl natürlich das Prüfpro­gramm im Rahmen der Zulassung vollum­fänglich beachten sollen. Warten wir’s ab. 

Mit straf­feren Fristen sollen Geneh­mi­gungs­be­hörden angehalten werden, schnellere Entschei­dungen zu treffen. Die bishe­rigen Fristen aus § 10 Abs. 6a BImSchG sind da eher stumpfe Schwerter, da die Behörde den Frist­beginn zum einen selbst in der Hand hat und zum anderen die Fristen auch verlängern kann. Dies soll nun nicht mehr so einfach gehen, bzw. die Zustimmung des Antrag­stellers bedürfen. Ob auch dies in der Praxis funktio­niert, bleibt abzuwarten. Ach ja, die neue IED kommt schließlich auch bald… (Dirk Buchsteiner)

2024-06-21T13:47:41+02:0021. Juni 2024|Immissionsschutzrecht, Industrie, Kommentar|