Thru.de. Kraftvoll zum gläsernen Anlagenbetreiber

Kennen Sie eigentlich Thru.de? So heißt das Schad­stoff­emis­si­ons­re­gister, also das PRTR „Pollutant Release and Transfer Register“ inzwi­schen. Zugegeben, so griffig ist der Name nicht. Geht es um „truth“ oder „true“ oder tatsächlich thru (also „durch“)? Spricht man das tee-aitch aus? Erst auf den zweiten Blick erkennt man, dass es sich um Thrude handeln soll. Laut den eigenen FAQs steht der Name Thru.de nämlich für „Klarheit, Trans­parenz, Verläss­lichkeit und Glaub­wür­digkeit“. So war Thrude in der nordi­schen Mytho­logie die Göttin der Bäume und Blumen; der Name bedeutet „Kraft“. Das Internet-Portal infor­miert daher verlässlich, trans­parent und „kraftvoll“ mit glaub­wür­digen Daten über Emissionen von Schad­stoffen in die Umwelt – und geht mittler­weile weit über PRTR hinaus.

Bereits seit 2007 werden auf der Plattform jährlich aktua­li­sierte Daten zu Emissionen von Indus­trie­be­trieben in Luft, Wasser und Boden, ins Abwasser sowie deren entsorgte Abfall­mengen veröf­fent­licht. Es handelt sich dabei um einen wesent­lichen Baustein für Trans­parenz über die indus­tri­ellen Anlagen in Deutschland dar, die der IED unter­liegen und die somit auch im europäi­schen Stamm­da­ten­re­gister indus­tri­eller Anlagen, dem sogenannten EU Registry, geführt werden. Darüber hinaus findet man hier ausge­wählte Daten zu Emissionen aus diffusen Quellen, also bspw. aus dem Verkehr oder Haushalten.

Die Plattform bietet der Öffent­lichkeit, aber auch der Industrie und den Behörden sowie Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tionen, der Wissen­schaft, Versi­che­rungs­ge­sell­schaften und vielen anderen die Möglichkeit, trans­pa­rente Vergleiche und Entschei­dungen in Umwelt­fragen vornehmen zu können. Es ist also auch ein wesent­licher Baustein hin zum „Gläsernen Anlagen­be­treiber“. Im Sinne eines „naming & shaming“, weil die Unter­neh­mens­daten öffentlich sind und jeder (also die inter­es­sierte Öffent­lichkeit aber auch der Mitbe­werber) diese einsehen kann, soll diese Plattform dazu beitragen, dass Unter­nehmen ihre Umwelt­leis­tungen verbessern. Anhand der Thru.de-Daten können auch Trends und Fortschritte bei der Verrin­gerung von Umwelt­be­las­tungen von einzelnen oder mehreren Unter­nehmen abgeleitet, verfolgt, vergleichen und bewerten werden, sowie eigene Auswer­tungen zu Schad­stoff­frei­set­zungen und Abfall­ver­brin­gungen aus indus­tri­ellen Tätig­keiten erstellen.

Auf thru.de können Sie die Daten des Schad­stoff­frei­set­zungs- und ‑verbrin­gungs­re­gisters, auch PRTR genannt, einsehen. Es enthält Daten zu Indus­trie­be­trieben, zu kommu­nalen Kläran­lagen und auch zu Emissionen aus diffusen Quellen, etwa des Verkehrs, der Haushalte und der Landwirtschaft.

Falls Sie sich betei­ligen mögen: Bis zum 31. Januar 2025 läuft noch eine Nutzer­um­frage zum Portal, siehe Link (hier).

(Dirk Buchsteiner)

2025-01-17T16:01:32+01:0017. Januar 2025|Immissionsschutzrecht, Industrie, Naturschutz, Umwelt|

re|Adventskalender Türchen 12: Aus der Praxis des Anlagenbetriebs

Wo gehobelt wird, da fallen Späne, sagt der Volksmund. Ob diese Späne Abfall darstellen oder gegebe­nen­falls ein Neben­produkt sind, ist eine Frage des Rechts und mitunter des Einzel­falls. Im übertra­genen Sinne bedeutet dieser Spruch jedoch auch, dass im Rahmen von Verfahren und Prozessen Dinge passieren können. Diese haben mitunter (auch recht­liche) Konse­quenzen. Hierfür braucht es dann auch mal einen Anwalt, der sich mit Fragen des Anlagen­zu­las­sungs­rechts, des materi­ellen Umwelt­rechts und mit dem Haftungs­recht auskennt. „Die Haftung lauert überall“, ist ein geflü­gelter – und von mir oft verwen­deter – Ausdruck. Doch oftmals stimmt es: Die Probleme, die sich in und mit dem Anlagen­be­trieb ergeben können, sind vielseitig und die Lösungen hierfür stets individuell.

Dies beginnt schon im Vorfeld bei der Frage, „wohin mit einer Anlage?“. Das Planungs­recht spielt hierbei eine entschei­dende Rolle. So kann es passieren, dass für ein geplantes Vorhaben erst die planungs­recht­lichen Rahmen­be­din­gungen (umständlich und zeitin­tensiv) geschaffen werden müssen. Die Rahmen­be­din­gungen können sich auch vermehrt – sogar mal zum Guten! – ändern. Dies sieht man gerade im Bereich der Beratungs­praxis beim Ausbau von Windener­gie­an­lagen und im Themenfeld der Solar­energie. Doch selbst wenn planungs­rechtlich alles passt, heißt dies nicht, dass es dem Umfeld auch passt. Schutz­würdige Inter­essen, Immis­si­onsorte und Nachbarn, die meinen „überall – nur nicht hier“ („not in my backyard“) gilt es abzuar­beiten. So kommt es, dass indivi­duell auf Parti­ku­lar­in­ter­essen einge­gangen werden muss. Dies gestaltet sich mitunter gar nicht so einfach. Öffent­lich­keits­be­tei­ligung verlangt ein hartes Fell und Durchhaltevermögen.

Wichtig ist auch, als prospek­tiver Anlagen­be­treiber selbst zu wissen, wo die Reise hingehen soll. Es sind schon Geneh­mi­gungs­ver­fahren daran gescheitert, dass man der Behörde nicht erklären konnte, was in der Anlage eigentlich passieren soll. Mitunter kann es aber auch sein, dass sie es einfach nicht verstehen will, weil der technische Sachver­stand fehlt. Dann ist es geboten, dezidiert und auf den Punkt rechtlich nachzu­legen. Zwar ist das Ziel das Ziel, doch darf man den Weg dahin nicht unter­schätzen. Hat man dann mal die Geneh­migung in Händen, kann es dann endlich losgehen – doch auch nicht immer (siehe oben: Nachbar). Vielleicht gilt es dann auch noch mal näher zu schauen, wer eigentlich noch Nachbar ist und wer (zum Glück des Anlagen­be­treibers) dann doch weit genug weg wohnt, dass ihn z.B. der LKW-Verkehr zur und von der Anlage von Rechts­wegen nicht mehr betrifft. Apropos LKW: Sozial­vor­schriften im Straßen­verkehr, Lenk- und Ruhezeiten – ich weise aus gegebenem Anlass darauf hin.

Im Anlagen­prozess selbst ist zu bedenken, dass Abwei­chungen und Verän­de­rungen im Anlagen­be­trieb dann auch rechtlich Probleme machen können – insbe­sondere dann, wenn man vergessen haben sollte, die Behörden mitzu­nehmen. Was nun eine Änderung ist und wann diese tatsächlich wesentlich sein sollte, sind Fragen, die rechtlich ergründet werden müssen. Auch Anzeigen können mehr Aufwand machen, als man meinen mag. Manchmal drohen auch die fiesen Fristen des Immis­si­ons­schutz­rechts. Geneh­mi­gungen sind schließlich nichts, was es auf Vorrat gibt, könnte es auch noch so schön sein. Mitunter gilt es daher Fristen zu verlängern, sofern man wichtige Gründe findet. Manchmal kommt es auf die letzten Tage des Jahres an, um ein Erlöschen einer Geneh­migung zu verhindern. Dann trifft man sich noch kurz vor Weihnachten auf der Anlage und schaut (gemeinsam mit der Behörde), ob dann die Anlage tatsächlich läuft. Manchmal gibt es dann auch ein kleines Weihnachts­wunder. Nach anfäng­lichen Kinder­krank­heiten springt die Anlage dann doch an – spät zwar, aber noch recht­zeitig. Wussten Sie, dass die EU etwas gegen einge­baute Obsoles­zenzen tut? Sie kennen es doch? Geräte, die nur zwei Jahre halten, oder? Auch mit Blick auf das bevor­ste­hende Weihnachtsfest heißt es, Augen auf beim Gerätekauf.

Nicht immer lässt es sich verhindern, dass auch andere Dinge schief­laufen. Eine leichte Überla­gerung oder nicht angezeigte Änderung mögen da noch nicht so ins Gewicht fallen. Schlimms­ten­falls droht jedoch Zwang und Still­legung und das Ende eines Anlagen­be­triebs. Hier gilt es mit aller Kraft und allen Regeln der Kunst zu kämpfen. Mitunter droht Ungemach sogar aus unerwar­teter Ecke. Das Umwelt­straf­recht hat durchaus einige Überra­schungen parat. Das reicht vom Abfall­ver­brin­gungs­recht, dem illegalen Anlagen­be­trieb hin zu Themen wie Verstößen gegen die F‑Gas-Verordnung oder der Vorwurf der Sachbe­schä­digung, weil man Bäume gefällt hat, die auf das Anlagen­grund­stück zu fallen drohten. Ein Glück das es Anwälte gibt. In diesem schönsten aller Berufe war auch in diesem Jahr allerhand los. Es gibt es dann doch viel zu tun. Und das sind doch auch mal gute Nachrichten für den Jahres­aus­klang. (Dirk Buchsteiner)

Alles Abfall oder? Das Ende vom Abfal­lende für minera­lische Abfälle?

Kreis­lauf­wirt­schaft ist Klima­schutz, weil Ressour­cen­schutz Klima­schutz ist. Die Circular Economy ist daher auch eine der beiden Säulen des Green Deal der EU, um Europa bis 2050 zu einem klima­neu­tralen Kontinent zu machen. Für eine funktio­nie­rende Kreis­lauf­wirt­schaft muss es als wesent­lichen Baustein „Neben­pro­dukte“ geben dürfen, also der Weg am Abfall­recht vorbei muss tatsächlich offen­stehen. Der Weg ist oftmals entweder zu oder in der Praxis so steinig, dass man ihn kaum zu beschreiten wagt. Zudem müssen für eine funktio­nie­rende Kreis­lauf­wirt­schaft Abfälle auch das Ende der Abfall­ei­gen­schaft erreichen können. Dies sollte zudem dem Hof des Behandlers möglich sein. Diese einfache Erkenntnis ist jedoch in der Praxis oft getrübt. So ist Interesse daran, Stoffe und Gegen­stände schnell ins Abfall­recht gelangen und in diesem System so lange wie möglich verbleiben zu lassen stärker, als die klare Zielvorgabe der Abfall­rah­men­richt­linie und § 4 und 5 KrWG. Dabei heißt es doch eigentlich Kreis­lauf­wirt­schafts­gesetz und nicht mehr Abfall­gesetz? Jährlich fallen in Deutschland mehr als 200 Millionen Tonnen minera­lische Abfälle an. Insbe­sondere im Lichte der doch ziemlich verqueren Ersatz­bau­stoff­ver­ordnung und teuren minera­li­schen Ersatz­bau­stoffen, die nicht einmal öffent­liche Auftrag­geber wollen, inter­es­siert die Praxis, wann minera­lische Abfälle, mit Abstand größte Massestrom an Abfällen das Ende der Abfall­ei­gen­schaft erreichen können. § 5 Abs. 2 KrWG enthält eine bisher ungenutzte Verord­nungs­er­mäch­tigung, um die Bedin­gungen näher zu bestimmen, unter denen für bestimmte Stoffe und Gegen­stände die Abfall­ei­gen­schaft endet. Dabei hatte es Anfang des Jahres noch ganz gut ausgesehen.

Die nun schei­dende Bundes­re­gierung hatte sich im Koali­ti­ons­vertrag das Ziel gesetzt, konkre­ti­sierte Kriterien zur Errei­chung des Abfal­lendes für bestimmte Sekun­där­stoff­ströme zu erarbeiten. In Umsetzung dieses Ziels hatte sich das BMUV dazu entschlossen, entspre­chende Kriterien für minera­lische Ersatz­bau­stoffe festzu­legen, die aus der Aufbe­reitung minera­li­scher Abfälle stammen und bei deren weiterer bestim­mungs­ge­mäßer Verwendung die Abfall­ei­gen­schaft ausge­schlossen werden kann. Diese Abfal­lende-Verordnung sollte im Einklang mit der Ersatz­bau­stoff­ver­ordnung dazu beitragen, dass minera­lische Ersatz­bau­stoffe effek­tiver im Kreislauf geführt werden. Wir erinnern uns: auch die Ersatz­bau­stoff­ver­ordnung war als Charme­of­fensive für minera­lische Ersatz­bau­stoffe gestartet. Endlich mehr Akzeptanz! Gleich­zeitig sollte die Vermarktung von MEB als hochwertige und quali­täts­ge­si­cherte Recycling-Produkte gefördert werden. Das BMUV hatte im Januar 2024 ein Eckpunk­te­papier zur Abfal­lende-Verordnung für bestimmte minera­lische Ersatz­bau­stoffe vorgelegt. Seitdem war nichts weiter passiert. Zumindest ging es nicht weiter. Mit dem gestrigen Aus der Bundes­re­gierung ist zu erwarten, dass auch dieses Projekt (wie einige andere) auf der Strecke bleiben wird.

In der Rubrik „stecken­ge­bliebene Verfahren“ wird eine solche End-of-Waste-Verordnung natürlich keinen vorderen Platz einnehmen. Andere Themen sind für die Zwischenzeit im parla­men­ta­ri­schen Limbus sicherlich wichtiger. Eine zukünftige Bundes­re­gierung sollte dieses Thema jedoch auf die Agenda setzen, damit auch hier dringend benötigt Hilfe­stellung und Klarheit für die Praxis erzielt werden kann. (Dirk Buchsteiner)

2024-11-07T18:11:55+01:007. November 2024|Abfallrecht, Industrie, Umwelt|