Nach der Reform ist vor der Reform? Radfahrstreifen laut VG Düsseldorf unzulässig
Der Verordnungsgeber hat sich nach langem Hin- und Her endlich dazu durchgerungen, dem Fuß- und Radverkehr mehr Platz zu geben und den Kommunen mehr Spielräume. Was macht nun das Verwaltungsgericht Düsseldorf bei erster Gelegenheit? Es stellt in einer Eilentscheidung bei der Prüfung eines geschützten Radfahrstreifens auf das vorsintflutliche Kriterium der Unfallstatistik ab und entscheidet, dass der Radfahrstreifen rückgebaut werden muss (VG Düsseldorf, Beschluss vom 26.02.2025, Az 6 L 3858/24).
Das ist angesichts der Reformen der StVO unter mehreren rechtlichen Gesichtspunkten fragwürdig:
1) Schon die Herabstufung der qualifizierten zur einfachen Gefahr für Radfahrstreifen in § 45 Abs. 9 Satz 4 Nr. 3 StVO durch die vorhergehende Reform dürfte es erübrigen, einen Unfallschwerpunkt oder eine überdurchschnittlich hohe Anzahl an Radfahrenden zu ermitteln. Denn auch ohne ein erheblich über dem Durchschnitt liegende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts darf ein Radfahrstreifen von der Kommune angeordnet werden. Jedenfalls, wenn der Radweg im Bestand – unstreitig – zu schmal ist.
2) Erst Recht, nachdem in § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr 7 StVO den Kommunen Möglichkeiten zur Bereitstellung angemessener Flächen für den Fuß- und Radverkehr eingeräumt worden sind, dürfte sich die Entscheidung des VG Düsseldorf nicht halten lassen. Notfalls müsste die Stadt Mönchengladbach hier nachlegen und ein Konzept erstellen, aufgrund dessen deutlich wird, dass der Radfahrstreifen dem Umwelt‑, Gesundheitsschutz oder der geordneten städtebaulichen Entwicklung dient.
3) Auch das weitere Argument, dass die Trennelemente aus Beton nicht in der StVO vorgesehen seien geht fehl. Denn es handelt sich gerade nicht um Verkehrseinrichtungen mit Anordnungscharakter, sondern um bloß physisch wirkende straßenrechtliche Maßnahmen. So wie Bordsteine, die in der StVO auch nicht ausdrücklich vorkommen.
Gerichte haben im Rechts- und Verfassungsstaat eine wichtige Aufgabe. Sie müssen Gesetze nicht nur anwenden, sondern auch überprüfen. Zumal wenn es sich bei der Rechtsgrundlage um eine Verordnung handelt, müssen sie auf eine verfassungskonforme Auslegung achten. Dies darf aber nicht dazu führen, dass Gerichte sich über den Gesetz- und Verordungsgeber und seine Intentionen hinwegsetzen. Die Rolle der Gerichtsbarkeit ist im Rahmen der Gewaltenteilung eine dienende. Wenn sich Gerichte über Richtungsentscheidungen des Gesetz- und Verordnungsgebers offensichtlich hinwegsetzen, führt dies zu Frustrationen und einem Vertrauensverlust in den demokratischen Prozess.
Es ist zu hoffen, dass Beschwerde eingelegt wird und diese offensichtliche Fehlentscheidung vom Oberverwaltungsgericht aufgehoben wird. (Olaf Dilling)