Die Auswahl des Netzver­knüp­fungs­punktes für EEG Anlagen – einfach erklärt

Beim Netzan­schluss einer Anlage zur Erzeugung von regene­ra­tivem Strom (EEG-Anlage) nach dem Erneu­erbare-Energien-Gesetz besteht in der Praxis immer wieder Unsicherheit über die geset­zes­kon­forme auswahl des „richtigen“ Netzver­knüp­fungs­punktes nach § 8 EEG. Dabei ist die gesetz­liche Syste­matik eigentlich gut durch­dacht und in sich logisch.

Das Gesetz geht zunächst von dem Grundsatz aus, dass der beste und geeignete Netzver­knüp­fungs­punkt in kürzester Entfernung Luftlinie zur Anlage liegt (§ 8 Abs. 1 Satz 1 EEG). Der Grundatz ist sinnvoll, da der Anlagen­be­treiber die Kosten des Netzan­schlusses tragen muss und man dabei davon ausgeht, dass grund­sätzlich ein möglichst kurzer Weg zum Netz wirtschaftlich ist.

Von diesem Grundsatz kann jedoch im Einzelfall abgewichen werden, da die kürzeste Entfernung Luftlinie natürlich nicht in jedem Fall den wirtschaft­lichsten Weg zum Netz zeigt. Zum Beispiel wenn auf dem Weg dorthin Hinder­nisse wie etwa Bahnlinien zu überqueren wären. Weiterhin kann der Netzbe­treiber im Rahmen seiner Gesamt­planung auch das Bedürfnis haben einen anderen Punkt zuzuweisen, auch wenn dieser im Einzelfall zunächst zu höheren Anschluss­kosten führt.

Der Netzbe­treiber darf daher einen abwei­chenden Verknüp­fungs­punkt als „kürzeste Entfernung Luftlinie“ zuweisen, wenn dieser gesamt­wirt­schaftlich betrachtet zu einem günsti­geren Ergebnis führt – auch wenn hierdurch die indivi­du­ellen Netzan­schluss­kosten des Anlagen­be­treibers steigen.

Der Netzbe­treiber darf weiterhin auch einen abwei­chenden Netzver­knüp­fungs­punkt als „kürzeste Entfernung Luftlinie“ zu weisen, auch wenn dieser nicht gesamt­wirt­schaftlich günstiger ist – muss in diesem Fall aber die entste­henden Mehrkosten des Netzan­schlusses übernehmen (§ 16 Abs. 2 EEG).

Und zuletzt darf auch der Anlagen­be­treiber seiner­seits einen anderen Verknüp­fungs­punkt  als „kürzeste Entfernung Luftlinie“ wählen, es sei denn, die daraus resul­tie­renden Mehrkosten des Netzbe­treibers sind nicht unerheblich (§ 8 Abs. 2 EEG).

(Christian Dümke)

Wer ist denn hier der Letzt­ver­braucher? Zu LG Bayreuth, Urt. v. 30.11.2023 – 1 HK O 30/23

Die Konstel­lation ist eigentlich simpel: Ein Unter­nehmen kauft Strom bei einem anderen, verkauft diesen an ein drittes Unter­nehmen, und zwar mit Erfül­lungsort an der Netzent­nah­me­stelle des Dritten. Im Anwen­dungs­be­reich des EnWG ist damit auch alles tutti: Der Zwischen­händler ist Lieferant, sein Kunde Letzt­ver­braucher. Nur im StromPBG gibt es Zweifel, wie die Rechtslage zu beurteilen ist, denn die Defini­tionen im StromPBG sind nicht ganz deckungs­gleich mit der im EnWG: Der Letzt­ver­braucher kann im StromPBG auch für den fremden Verbrauch entnehmen, der Begriff des Elektri­zi­täts­ver­sor­gungs­un­ter­nehmens ist mit der Lieferung „über ein Netz“ verbunden.

Doch was heißt das nun für die beschriebene Konstel­lation der Versorgung über einen Zwischen­händler, der nicht selbst einen Netznut­zungs­vertrag unterhält, sondern durch seinen Vorlie­fe­ranten liefern lässt? Das Wirtschafts­mi­nis­terium und mit ihm auch die Übertra­gungs­netz­be­treiber meinen, dass der Zwischen­händler der Letzt­ver­braucher sei. Er sollte also die Entlstung bekommen, die Erstattung stünde dem Vorlie­fe­ranten zu.

Für die betrof­fenen Unter­nehmen ist das keine rein technische Frage. Denn wenn es auf das Vertrags­ver­hältnis zwischen Vorlie­ferant und Lieferant ankommt, ist Ausgangs­punkt der Entlastung nicht der Strom­preis des Kunden, der den Strom am Ende physi­ka­lisch verwendet. Selbst wenn er die Entlastung vom Zwischen­händler durch­ge­reicht bekommt, fällt seine Entlastung geringer aus als in „klassi­schen“ Versor­ger­ver­hält­nissen. Und zu alledem sind BMWK und ÜNB auch noch davon überzeugt, dass der Kunde am Ende der Kette eigentlich gar keinen Entlas­tungs­an­spruch hat. Sein Zwischen­händler bekäme also die Entlastung, ohne sie weiter­geben zu müssen. 

Nicht nur deswegen ist diese Rechts­an­sicht umstritten. Kann das wirklich sein? Wird „über ein Netz“ wirklich nur dann geliefert, wenn der Lieferant selbst einen Netznut­zungs­vertrag abgeschlossen hat? Schließlich steht davon gar nichts im Gesetz. Entspre­chend ist es nicht überra­schend, dass ein erstes Urteil in dieser Sache die Lage nun anders beurteilt: Das LG Bayreuth hat mit Urt. v. 30.11.2023, 1 HK O 30/23, entschieden, dass das StromPBG nur Netze gegen Kunden­an­lagen abgrenzt, den Netzbe­griff also voraus­setzt und keinen eigenen kreiert. Letzt­ver­braucher sei das Unter­nehmen am Ende der Liefer­kette, das auch im EnWG Letzt­ver­braucher ist. Sein Lieferant entlas­tungs­ver­pflichtet und erstattungsberechtigt.

Wir finden: Das LG Bayreuth liegt richtig. Es geht auch aus der amtlichen Begründung hervor, dass der Gesetz­geber keineswegs Kunden, die nichts von der Rollen­ver­teilung zwischen ihrem Versorger und dessen Vorlie­fe­ranten wissen, den Entlas­tungs­an­spruch vorent­halten wollte. Auch syste­ma­tisch spricht alles dafür, dass das StromPBG auf die Struk­turen und Begriff­lich­keiten des EnWG aufsetzt. Wir sind gespannt, wie andere Gerichte und der Instan­zenzug entscheidet (Miriam Vollmer).

2024-03-01T19:31:08+01:001. März 2024|Allgemein, Energiepolitik, Strom|