Die geplante Neure­gelung zur Unter­bre­chung der Versorgung mit Strom oder Gas

Wir hatten bereits gestern darüber berichtet, dass ein neuer Referen­ten­entwurf mit Änderungen des EnWG vorliegt, der unter anderem das Recht des Versorgers zur Unter­bre­chung der Energie­ver­sorgung neu regelt. Aber was steht dort jetzt genau drin?

Bisher sind die Anfor­de­rungen in § 41b Abs. 2 EnWG geregelt. Der Gesetz­geber plant hierzu jedoch nun die Einfügung eines völlig neuen eigen­stän­digen Paragraphen § 41f EnWG.

Höhe der offenen Rückstände

Eine Versor­gungs­un­ter­bre­chung soll künftig möglich sein, wenn der Haushalts­kunde nach Abzug etwaiger Anzah­lungen mit Zahlungs­ver­pflich­tungen in Höhe des Doppelten der rechne­risch auf den laufenden Kalen­der­monat entfal­lenden Abschlags- oder Voraus­zahlung oder für den Fall, dass keine Abschlags- oder Voraus­zah­lungen zu entrichten sind, mit mindestens einem Sechstel des voraus­sicht­lichen Betrages der Jahres­rechnung Verzug sein. Der Betrag muss dabei mindestens 100 Euro betragen.

Bei der Berechnung der Höhe des Betrages bleiben  nicht titulierten Forde­rungen außer Betracht, die der Kunde form- und frist­ge­recht sowie schlüssig begründet beanstandet hat. Weiter bleiben dieje­nigen Rückstände außer Betracht, die wegen einer Verein­barung zwischen Energie­lie­fe­ranten und Haushalts­kunde noch nicht fällig sind oder die aus einer strei­tigen und noch nicht rechts­kräftig entschie­denen Preis­er­höhung des Energie­lie­fe­ranten resultieren.

Anfor­de­rungen an die Sperrandrohung

Eine Sperrung der Energie­ver­sorgung muss – wie schon bisher – dem Kunden zunächst vorher vom Versorger angedroht werden. Der Energie­lie­ferant kann mit der Mahnung der Forderung zugleich auch die Unter­bre­chung der Energie­ver­sorgung androhen. Die einzu­hal­tende Frist zwischen Androhung und Unter­bre­chung beträgt 4 Wochen.

Nach der Androhung erfolgt dann im zweiten Schritt die Ankün­digung der Unter­bre­chung. Der Beginn der Unter­bre­chung der Energie­lie­ferung ist dem Haushalts­kunden 8 Werktage im Voraus durch brief­liche Mitteilung anzukün­digen. Zusätzlich soll die Ankün­digung nach Möglichkeit auch auf elektro­ni­schem Wege in Textform erfolgen.

Der Energie­lie­ferant ist verpflichtet, den betrof­fenen Haushalts­kunden mit der
Androhung einer Unter­bre­chung der Energie­lie­ferung in Textform über Möglich­keiten zur Vermeidung der Unter­bre­chung zu infor­mieren, die für den Haushalts­kunden keine Mehrkosten verursachen.Weiterhin ist der Kunde darauf hinzu­weisen, dass er eine Abwen­dungs­ver­ein­barung mit dem Versorger abschließen kann und dass die möglichkeit besteht, Gründe für eine Unver­hält­nis­mä­ßigkeit der Unter­bre­chung, insbe­sondere eine Gefahr für Leib und Leben, in Textform mitzuteilen

Abwendung der Sperrung

Es gibt verschiedene Möglich­keiten, wie der betroffene Haushalts­kunde eine angedrohte Unter­bre­chung der Versorgung abwenden kann:

  • Er bezahlt die offene Forderung.
  • Er legt überzeugend dar, dass dass hinrei­chende Aussicht besteht, dass er seinen Zahlungs­ver­pflich­tungen nachkommt
  • Er legt dar, dass die Sperrung unver­hält­nis­mäßig ist, weil Gefahr für Leib oder Leben der dadurch Betrof­fenen zu befürchten ist und kann dies auf Verlangen des Versorgers glaubhaft machen
  • Er schließt eine Abwen­dungs­ver­ein­barung (die der Versorger anbieten muss)

Was ist Inhalt einer Abwendungsvereinbarung?

Der betroffene Haushalts­kunde kann ab dem Erhalt einer Androhung der Unter-
brechung berechtigt, vom Energie­lie­fe­ranten ein Angebot für eine Abwen­dungs­ver­ein­barung zu verlangen. Der Versorger muss eine solche Abwen­dungs­ver­ein­barung dann innerhalb einer Woche und ansonsten spätestens mit der Ankün­digung einer Unter­bre­chung der Energie­lie­ferung anbieten.

Das Angebot für die Abwen­dungs­ver­ein­barung hat zu beinhalten

  • eine Verein­barung über zinsfreie monat­liche Raten­zah­lungen zur Tilgung der Zahlungsrückstände
  • eine Verpflichtung des Energie­lie­fe­ranten zur Weiter­ver­sorgung nach Maßgabe
    der mit dem Haushalts­kunden verein­barten Vertrags­be­din­gungen, solange der
    Kunde seine laufenden Zahlungs­ver­pflich­tungen erfüllt, und
  • allgemein verständ­liche Erläu­te­rungen der Vorgaben für Abwendungsvereinbarun-
    gen.

Es bleibt abzuwarten, ob dieser Entwurf tatsächlich in dieser Form vom Gesetz­geber beschlossen wird. Falls ja steigen damit die Hürden für eine Unter­bre­chung der Energieversorgung.

(Christian Dümke)

2024-08-30T14:48:26+02:0030. August 2024|Allgemein, Vertrieb|

Was ist eigentlich „Energy Sharing“?

Nach Mieter­strom und Gebäu­de­ver­sorgung ist „Energy Sharing“ ein neues Schlagwort im Rahmen dezen­traler Energie­ver­sor­gungs­kon­zepte. Aber was versteht man eigentlich genau darunter?

Nach EU-Recht bezeichnet der Begriff „Energy Sharing“ (Energie teilen) eine Praxis, bei der mehrere Akteure gemeinsam Energie erzeugen, verbrauchen, speichern oder verkaufen, um die Energie­ef­fi­zienz zu steigern, die Kosten zu senken und die Nutzung erneu­er­barer Energien zu fördern. Diese Praxis kann verschiedene Formen annehmen und wird durch verschiedene EU-Richt­linien und Verord­nungen unter­stützt, insbe­sondere durch die Richt­linie (EU) 2018/2001 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneu­er­baren Quellen (Erneu­erbare-Energien-Richt­linie II) und die Richt­linie (EU) 2019/944 über gemeinsame Regeln für den Elektri­zi­täts­bin­nen­markt (Strom­markt­richt­linie).

Hier sind einige wesent­liche Aspekte des „Energy Sharing“ nach EU-Recht:

  1. Erneu­erbare-Energien-Gemein­schaften (Renewable Energy Commu­nities, REC): Diese Gemein­schaften bestehen aus einer Gruppe von Akteuren (z. B. Bürger, lokale Behörden, kleine und mittlere Unter­nehmen), die gemeinsam Projekte zur Erzeugung erneu­er­barer Energie entwi­ckeln und betreiben. Ziel ist es, die lokale Erzeugung und Nutzung erneu­er­barer Energie zu fördern und den Energie­ver­brauch nachhal­tiger zu gestalten.
  2. Bürger­en­er­gie­ge­mein­schaften (Citizen Energy Commu­nities, CEC): Diese Gemein­schaften können neben der Erzeugung erneu­er­barer Energien auch andere Energie­formen und ‑dienste umfassen. Sie können Energie erzeugen, verteilen, speichern, liefern oder Energie­dienst­leis­tungen anbieten. Sie haben das Ziel, Bürgern mehr Einfluss auf die Energie­ver­sorgung zu geben und lokale Gemein­schaften zu stärken.
  3. Gemeinsame Nutzung von Energie­infra­struk­turen: Dies beinhaltet die gemeinsame Nutzung von Infra­struktur zur Energie­er­zeugung, ‑speicherung und ‑verteilung, um Kosten zu senken und die Effizienz zu erhöhen. Beispiele sind gemeinsame Photo­vol­ta­ik­an­lagen, Batte­rie­speicher oder Wärmenetze.
  4. Recht­licher Rahmen und Anreize: Die EU hat einen recht­lichen Rahmen geschaffen, der solche Gemein­schaften unter­stützt und fördert. Dazu gehören Regelungen, die den Zugang zum Netz, die Abrechnung und die Einspei­se­tarife für gemein­schaftlich erzeugte Energie erleichtern.
  5. Finan­zielle Unter­stützung und Förder­pro­gramme: Es gibt verschiedene EU-Förder­pro­gramme und finan­zielle Unter­stüt­zungen, die darauf abzielen, Energie-Sharing-Initia­tiven zu fördern. Diese Programme bieten finan­zielle Anreize und technische Unter­stützung für die Gründung und den Betrieb von Energie-Gemeinschaften.

Der Ansatz des „Energy Sharing“ zielt darauf ab, die Energie­ver­sorgung dezen­traler und parti­zi­pa­tiver zu gestalten, die Integration erneu­er­barer Energien zu fördern und den Bürgern mehr Kontrolle über ihre Energie­quellen und ‑kosten zu geben.

(Christian Dümke)

2024-06-14T14:17:51+02:0014. Juni 2024|Energiepolitik, Grundkurs Energie, Vertrieb|

Erleich­terte Anfor­de­rungen an die „Gebäu­de­strom­lie­ferung“ nach § 42b EnWG

Wie wir hier schon kurz berichtet hatten, hat der Gesetz­geber im Rahmen des Solar­pa­ketes 1 einige Erleich­te­rungen und Neuerungen rund um das Modell Mieter­strom vorge­nommen. Eine Neuerung ist hierbei der sog. „Gebäu­de­strom­nut­zungs­vertrag“ der jetzt in § 42b EnWG geregelt ist. Das Konzept des Gebäu­de­strom­nut­zungs­ver­trages bietet einige Erleich­te­rungen und Ausnahmen von recht­lichen Anfor­de­rungen, die sonst für Strom­lie­fer­ver­träge gelten:

Keine Vollver­sor­gungs­pflicht

Bei der Gebäu­de­strom­lie­ferung besteht keine Pflicht den versorgten Letzt­ver­sorgern eine Vollver­sorgung anzubieten. Der Letzt­ver­braucher benötigt in dieser Situation noch einen zweiten (konven­tio­nellen) Strom­lie­fe­ranten, der ihn klassisch aus dem Netz beliefert, wenn der Ertrag der Gebäu­de­so­lar­anlage nicht ausreicht, seinen Bedarf zu decken.

 

Einfa­chere Vertrags­ge­staltung und Rechnungsgestaltung

Der Gebäu­de­strom­lie­ferant unter­liegt bei der Gestaltung des Liefer­ver­trages und dem Pflicht­inhalt der Abrech­nungen nicht den Anfor­de­rungen der §§ 40, 41 Abs. 1 – 4 EnWG, was die Vertrags­ge­staltung und Abrechnung erleichtert. Auch genügt es, wenn dem Letzt­ver­braucher nur eine jährliche Abrechnung seines Strom­ver­brauches angeboten wird.

Keine Pflicht zur Stromkennzeichnung

Die nach § 42 Abs. 1 EnWG vorge­schriebene Pflicht zur Strom­kenn­zeichnung besteht im Rahmen der Gebäu­de­strom­lie­ferung nicht. Auch dies stellt eine erheb­liche Erleich­terung für den Liefe­ranten dar.

(Christian Dümke)

 

2024-06-05T22:46:32+02:005. Juni 2024|Erneuerbare Energien, Strom, Vertrieb|