re|Adventskalender Türchen 6: Gutes aus der Region, Umsetzung RED III und Windkraft

Im Rahmen des Advents­ka­lenders führt uns der Weg heute in meine alte Heimat­stadt – nach Hannover.

Die Klima­schutz­agentur Region Hannover GmbH hatte mich sehr freundlich einge­laden, um im Rahmen der Veran­stal­tungs­reihe „Akteurs­forum Windenergie“ recht­lichen Input zu liefern. Die Themen des Forums waren topak­tuell: In der Region Hannover steuert das Sachliche Teilpro­gramm Windenergie 2025 auf das Ende der Öffent­lich­keits­be­tei­ligung hin. Gerade auf der Planebene nimmt man den Ausbau der Windenergie sehr ernst, doch nicht nur die Recht­spre­chung (allen voran das OVG Lüneburg) und auch die Politik („ein Feder­strich des Gesetz­gebers und ganze Biblio­theken werden zur Makulatur“) machen es nicht einfach. Dies gilt besonders, wenn man den Ausbau und den Arten­schutz und die öffent­liche Meinung unter einen Hut bekommen will. Aus der Gemeinde Wedemark gab es ein inter­es­santes Beispiel zur kommu­nalen Positiv­planung und die Stadt Barsing­hausen (von Insidern auch „Basche“ genannt) zeigt, dass es beim Thema Energie­wende mit und durch die Bürge­rInnen ganz schön was drauf.

In diesem spannenden Rahmen durfte ich heute über die RED III berichten, zu Beschleu­ni­gungs­ge­bieten sprechen und den Blick in die Glaskugel wagen, was denn so noch im Bereich der Umsetzung kommen mag. Zwar mit Kanzleisitz in Berlin, so bin ich aus familiären Gründen des Öfteren in der Region und kann sogar beim Schreiben dieser Zeilen die Signal­feuer im Vorrang­gebiet Arpke-Dollbergen (fast) in der Ferne leuchten sehen.

Der Ausbau der Windenergie ist alter­na­tivlos. Diese Erkenntnis darf nicht verwässert werden, selbst wenn zuletzt bei einer Sachver­stän­di­gen­an­hörung zum RED-III-Umset­zungs­gesetz wieder breite Lügen über die Windkraft kolpor­tierte werden, dass einem die Haare zur Berge stehen. Klar, wenn man schon den Klima­wandel negiert und meint, dass mehr CO2 besser für die Umwelt sei… Die Alter­na­tiv­lo­sigkeit gilt nicht zuletzt auch, wenn man erkennt, dass der Ausbau erneu­er­barer Energien Klima­schutz ist und dies dann ebenso Arten­schutz darstellt. Lapidar könnte man sagen: irgendwo müssen die Windräder schließlich hin. Von einem Paradig­men­wechsel von der Negativ­planung zur Positiv­planung war bereits durch den Erlass des Windener­gie­flä­chen­be­darfs­ge­setzes (WindBG) die Rede. Die EU-Notfall­ver­ordnung brachte uns § 6 WindBG und erleich­terte Geneh­mi­gungen dank Verfah­rens­straffung (doch nur noch bis zum 30.06.2025!). Wie geht es nun nach der RED III weiter? Die Botschaft ist klar, wir müssen mehr tun und es muss schneller gehen. Es geht also sowohl um Quantität als auch um eine zeitliche Kompo­nente. Vorgaben der EU-Notfall­ver­ordnung sollen nun verstetigt werden. Im Grunde geht es darum, dass in Beschleu­ni­gungs­ge­bieten bei deren Ausweisung – also auf Planebene – eine Abarbeitung von Umwelt­be­langen erfolgt und Minde­rungs­maß­nahmen festge­setzt werden, damit es im Geneh­mi­gungs­ver­fahren dann schneller gehen kann. Im Geneh­mi­gungs­ver­fahren soll man in den Genuss einer Verein­bar­keits­ver­mutung mit bestimmten europäi­schen Umwelt­vor­gaben des Habitatschutz‑, des Arten­schutz- und des Wasser­rechts kommen. Unklar­heiten bei Auswei­sungs­kri­terien machen es schon auf Planebene nicht einfach. Dies gilt insbe­sondere für die Daten­grundlage. Zur Achil­les­ferne könnte sich dann auf der Projekt­ebene das vorge­sehene Screening (die Überprüfung) entwi­ckeln. Begriff­liche Ungetüme wie „höchst­wahr­scheinlich erheb­liche unvor­her­ge­sehene nachteilige Auswir­kungen“ müssen dann durchaus noch näher kontu­riert werden. Das Ziel ist schließlich die Beschleu­nigung. Schlimms­ten­falls könnten ansonsten Beschleu­ni­gungs­ef­fekte dann doch verpuffen. Hier ist der Gesetz­geber gefordert. Schauen wir mal, wie es hier weiter­gehen wird. (Dirk Buchsteiner)

2024-12-11T21:29:49+01:0011. Dezember 2024|Erneuerbare Energien, Windkraft|

Natur­schutz­recht­liche Ersatz­maß­nahmen für Windenergieanlagen

Der dringend benötigte Ausbau von erneu­er­baren Energien insbe­sondere auch von Windkraft­an­lagen – hakt und er bekommt an vielen Stellen umwelt­recht­lichen Gegenwind. Neben dem generellen Problem der Bewäl­tigung von Vogel­schutz­an­for­de­rungen bewirken Windkraft­an­lagen Beein­träch­ti­gungen des Landschafts­bilds. Ob und wie diese ersetzt werden können, hat das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt (Urteil vom 12. September 2024 – BVerwG 7 C 3.23 –) nun näher konturiert.

Hinter­grund ist ein Rechts­streit aus Brandenburg. Die Kläge­rinnen, die hier fünf Windener­gie­an­lagen betreiben, wehren sich gegen die Seitens des Landesamts für Umwelt (LfU) gefor­derten Ersatz­zah­lungen für Eingriffe in das Landschaftsbild. Die vorge­se­henen landschafts­pfle­ge­ri­schen Begleit­maß­nahmen, wie der Abriss leerste­hender Stall­ge­bäude und die Anlage neuer Gehölz- bzw. Hecken­pflan­zungen reichten dem LfU nicht. Grundlage ist hierfür die Erlasslage in Brandenburg, wonach Beein­träch­ti­gungen des Landschafts­bildes durch Windener­gie­an­lagen (nur) durch einen Rückbau von mastar­tigen Beein­träch­ti­gungen oder Hochbauten (Mindesthöhe 25 Meter) ersetzt werden. Wenn man nicht also noch ein paar große Schorn­steine findet, die man abreißen kann, wird es nichts mit dem Ersatz, auch nicht als Teilkom­pen­sation. Klagen vor dem Oberver­wal­tungs­ge­richt Berlin-Brandenburg blieben erfolglos. Die Revision zum Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt brachte nun Erfolg. Aus Sicht der Leipziger Bundes­richter geht der vom Oberver­wal­tungs­ge­richt zugrunde gelegte recht­liche Maßstab über die Anfor­de­rungen des Bundes­na­tur­schutz­ge­setzes und die hierzu ergangene Recht­spre­chung des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts hinaus. Hiernach genügt für den Ersatz von Beein­träch­ti­gungen des Landschafts­bildes in seiner Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie seines Erholungs­werts eine gleich­wertige Herstellung der betrof­fenen Funktionen. Anders als bei Ausgleichs­maß­nahmen ist eine gleich­artige Herstellung nicht erfor­derlich. Dem werden bei Windener­gie­an­lagen nicht von vornherein nur Ersatz­maß­nahmen gerecht, die auf die Besei­tigung verti­kaler Struk­turen zielen. Auch Maßnahmen, die auf anderem Wege Vielfalt, Eigenart und Schönheit oder Erholungswert einer Landschaft in dem betrof­fenen Naturraum steigern, kommen zur Kompen­sation in Betracht. Das BVerwG zeigt nun, dass nach dem  BNatSchG eben doch mehr möglich ist. Es muss also nicht immer nur das Ersatzgeld sein. Die Entscheidung wird die Praxis mit Dank quittieren. Zu hoffen ist, dass dies in Brandenburg und auch in anderen Bundes­ländern zum Umdenken führt. (Dirk Buchsteiner)

2024-09-27T15:34:59+02:0027. September 2024|Naturschutz, Umwelt, Windkraft|

Green Deal: Die neue Wieder­her­stel­lungs­ver­ordnung (EU) 2024/1991

Neben der Trans­for­mation und der Circular Economy geht es im Green Deal der EU auch um das Natur­ka­pital der Union, das geschützt und bewahrt und werden soll. So enthält die EU-Biodi­ver­si­täts­stra­tegie für 2030 die Zusage, mindestens 30 % der Landfläche, einschließlich der Binnen­ge­wässer, und 30 % der Meeres­fläche der Union gesetzlich zu schützen; mindestens ein Drittel davon sollte streng geschützt werden, einschließlich aller verblei­benden Primär- und Urwälder. Bisher sieht es noch nicht so gut aus: Trotz umfas­sender Bemühungen zeigt sich, dass es noch nicht gelungen ist, den Rückgang geschützter Lebens­raum­typen und Arten aufzu­halten. Die Kommission führt diesen Rückgang haupt­sächlich auf die Inten­si­vierung der Bewirt­schaftung und Verän­de­rungen im Wasser­haushalt, Verstäd­terung und die Umwelt­ver­schmutzung zurück. Dabei ist die Landnutzung ein entschei­dender Anknüp­fungs­punkt im Hinblick auf die Klima­re­si­lienz. Wir brauchen natür­liche und natur­ba­sierte Lösungen, wie Feucht­flächen und Moore als natür­liche Kohlen­stoff­speicher und ‑senken, um die Klima­krise zu bekämpfen und das Ziel der Netto-Null-Emissionen bis 2050 zu erreichen. Die Wieder­her­stellung von Ökosys­temen und biolo­gi­scher Vielfalt und die Bekämpfung des Klima­wandels gehen aus Sicht der EU daher Hand in Hand. Hier müssen die Mitglied­staaten aktiver werden.

Am 18.08.2024 ist die Verordnung (EU) 2024/1991 über die Wieder­her­stellung der Natur in Kraft getreten und verfolgt das überge­ordnete Ziel der Wieder­her­stellung von Ökosys­temen, um die biolo­gische Vielfalt in Europa langfristig zu erhalten. Dafür sind geschä­digte Ökosysteme wieder­her­zu­stellen und in einen guten Zustand zu versetzen. Für verschiedene Ökosysteme macht die EU konkrete Zielvor­gaben, die die Mitglied­staaten im Zeitraum von 2030 bis 2050 zu erreichen haben. Als EU-Verordnung bedarf sie keiner mitglied­staat­lichen Umsetzung und gilt damit bereits direkt in allen Mitglied­staaten. Wie jedoch die Durch­führung von Wieder­her­stel­lungs­maß­nahmen für Lebens­raum­typen und Habitate für Arten erfolgen soll, muss durch nationale Wieder­her­stel­lungs­pläne konkre­ti­siert werden. Diese Pläne sind der Kommission zum 01.09.2026 im Entwurf vorzu­legen, die sie dann im Anschluss bewertet. Hier wird es sicherlich spannend werden.

Nachhaltig Spannend werden die Anfor­de­rungen der Verordnung und der entspre­chenden Wieder­her­stel­lungs­pläne dann im Hinblick auf Vorha­ben­zu­las­sungen: „Kann mein Vorhaben einer Wieder­her­stellung des Ökosystems im Wege stehen?“ Wie sieht es mit dem Verschlech­te­rungs­verbot aus? Die Wieder­her­stellung der biolo­gi­schen Vielfalt der Einsatz steht zumindest nach dem Willen der EU dem notwen­digen Ausbau erneu­er­barer Energien nicht im Weg. Beides sollte aus Sicht der EU berück­sichtigt und, sofern möglich, kombi­niert werden. Die Verordnung enthält auch eine Privi­le­gierung für Erneu­erbare-Energie-Anlagen: Die Planung, der Bau und der Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von Energie aus erneu­er­baren Quellen sowie deren Netzan­schluss, das betref­fende Netz selbst und die Speicher­an­lagen liegen nach Art. 6 im überra­genden öffent­lichen Interesse. Dies kommt bei Ausnahmen von der Verpflichtung zu Wieder­her­stel­lungs­maß­nahmen und etwaigen Verschlech­te­rungen zum Tragen. (Dirk Buchsteiner)

2024-09-20T17:32:53+02:0020. September 2024|Allgemein, Erneuerbare Energien, Umwelt, Windkraft|