Seevögel und Offshore-Windpark

Vor dem Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt wurde vor kurzem die Klage eines Umwelt­ver­bands auf Anordnung von Sanie­rungs­maß­nahmen nach dem Umwelt­scha­dens­gesetz entschieden. Was so verwal­tungs­rechtlich-trocken klingt, ist eigentlich ganz anschaulich und betrifft einen sehr maritimen Sachverhalt:

Es geht um den Offshore-Windpark Butendiek, der in dem Vogel­schutz­gebiet „Östliche Deutsche Bucht“ vor der Insel Sylt errichtet wurde. In dem Gebiet rasten viele Seevögel, vor allem Stern- und Pracht­taucher, die dort ihre Fettre­serven für den Vogelzug mit Fisch auffüllen.

Sterntaucher

Diese Vögel sind bekann­ter­maßen sehr empfindlich gegenüber Störungen. Vor der Errichtung des Windparks war man davon ausge­gangen, dass sich die Störung nur bis zu einer Entfernung von zwei Kilometern auswirkt. Tatsächlich meiden die Tiere die Windener­gie­an­lagen in einem Umkreis von bis zu 16 km.

Der NABU klagt gegen das Bundesamt für den Natur­schutz (BfN) auf die Anordnung von Sanie­rungs­maß­nahmen durch den Betreiber des Windparks. Sowohl vor dem Verwal­tungs­ge­richt Köln als auch vor dem Oberver­wal­tungs­ge­richt Münster war es damit gescheitert. Das OVG Münster hatte sich auf den Stand­punkt gestellt, dass der Kläger gegenüber dem Bundesamt den Schaden nicht ausrei­chend plausibel gemacht hätte. Daher wurde die Berufung zurück­ge­wiesen. Das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt hat in der Revision die Sache an das OVG zurück­ver­wiesen. Ob ein Schaden vorliege, müsse zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung geprüft werden. (Olaf Dilling)

 

 

2023-05-10T16:01:54+02:0010. Mai 2023|Naturschutz, Windkraft|

Agrar­recht: Unwirksame digitale Verkündung

Digita­li­sierung ist im Rechts­wesen weiterhin eine Heraus­for­derung. Ein Beispiel aus Baden-Württemberg zeigt das. Vor ein paar Wochen hat der Verwal­tungs­ge­richtshof in Mannheim  Landwirten recht gegeben, die mit einem Normen­kon­troll­antrag gegen eine Verordnung zum Gewäs­ser­schutz vorge­gangen sind. Erfolg hatten sie, weil Teile der Verordnung nicht wie gewohnt im Geset­zes­blatt verkündet wurden: Vielmehr waren die detail­lierten Karten zur Ausweisung bestimmter Schutz­ge­biete nur im Internet verfügbar gewesen.

Güllewage auf Grünland

Es ging um die Verordnung der Landes­re­gierung zu Anfor­de­rungen an die Düngung in bestimmten Gebieten zum Schutz der Gewässer vor Verun­rei­ni­gungen (VODüV­Ge­biete). Diese Verordnung dient zum Schutz der Gewässer vor Nährstoff­ein­trägen, insbe­sondere durch Nitrat- und Phosphat­ver­bin­dungen. In ihr werden sogenannte Nitrat­ge­biete und eutro­phierte Gebiete ausge­wiesen, in denen Beschrän­kungen für die landwirt­schaft­liche Nutzung bestehen. Vor allem dürfen dort Dünge­mittel nur in begrenztem Umfang ausge­bracht werden.

Die Antrag­steller machten in der Klage vor dem Verwal­tungs­ge­richtshof, der erstin­stanzlich für die Kontrolle unter­ge­setz­licher Normen zuständig ist, unter­schied­liche Verstöße geltend. Unter anderem würde es der Ermäch­ti­gungs­grundlage für den Erlass der Verordnung nicht den verfas­sungs­recht­lichen Anfor­de­rungen an die Bestimmtheit genügen.

Letztlich drangen sie beim Verwal­tungs­ge­richtshof mit einem anderen Grund durch: Die Verordnung sei nur teilweise im Gesetz­blatt verkündet worden, insbe­sondere würden die Karten im Maßstab von 1 : 5 000 ausschließlich online zur Verfügung gestellt. Die der Verkündung beigefügten Karten im Maßstab 1 : 1.250.000 reichten nicht, um eine auch nur grobe Umschreibung des Geltungs­be­reichs darzustellen.

Insofern war ein entsprach ein wesent­licher Teil der Verordnung nicht den gesetz­lichen Anfor­de­rungen an die Verkündung von Verord­nungen. Es wäre zwar möglich, entspre­chende Karten auch digital zu verkünden. Aller­dings ist dafür eine gesetz­liche Grundlage erfor­derlich. Vermutlich wäre das eine gute Idee, denn immerhin ist auch auf dem Land eine Verordnung im Internet besser verfügbar als im Geset­zes­blatt in der nächsten juris­ti­schen Bibliothek. (Olaf Dilling)

 

 

 

2023-04-06T22:03:32+02:006. April 2023|Allgemein, Naturschutz, Wasser|

Urteil gefällt, Eiche bleibt!

In Berlin-Mitte tobt seit einiger Zeit ein verwal­tungs­ge­richt­licher Kampf: Die Protago­nisten sind eine 220 Jahre alte Eiche und eine Tiefgarage, der sie Platz machen soll. Nun, hinter der Tiefgarage steht ein Hamburger Investor und hinter der Eiche eine Nachbar­schaft in der Dresdner Straße an der Grenze zwischen den Bezirken Mitte und Fried­richshain-Kreuzberg, genau dort, wo vor gut einer Generation noch die Mauer die Kieze trennte.

Juris­tisch ist die Sache eigentlich nicht so schwer: Der Investor hat als Eigen­tümer ein Baurecht und kann sich auf die Ausnahme nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit Abs. 4 BaumSchVO berufen. Bei einem ansonsten zuläs­sigen Bauvor­haben, für das die Fällung des Baumes die Voraus­setzung ist, könnte die sonst zulässige Nutzung des Grund­stücks nicht oder nur unter wesent­lichen Beschrän­kungen verwirk­licht werden. In diesem Fall ist eine Ausnahme von dem ansonsten nach § 4 Abs. 1 BaumSchVO bestehenden Fällverbot zu gewähren. Die entspre­chende Geneh­migung erfolgt bei geneh­mi­gungs­pflich­tigen Bauvor­haben zugleich mit der Bauge­neh­migung durch die dafür zuständige Behörde.

Inzwi­schen hat auch die Berufungs­in­stanz, also das Oberver­wal­tungs­ge­richt Berlin-Brandenburg vor wenigen Tagen entschieden, dass der Baum gefällt werden darf. Die Mitglieder der Bürger­initiative hat das nicht überzeugt. Sie sind weiterhin der Meinung, dass der alte Baum schon zur Bewahrung eines angenehmen Stadt­klimas nicht weichen darf. Zumal es um eine Tiefgarage geht, in der nur sechs Pkws Platz finden. Zur Fällung blieben nur wenige Tage, da Anfang März die Schonzeit aufgrund des Vogel­schutzes anfängt und eine Fällung vorher erfolgen müsste.

Nun gab es eine Art „Plot-Change“, also eine unvor­her­ge­sehene Wendung der Geschichte: Der Investor soll – nachdem der Protest erheb­liche Resonanz auch in der überre­gio­nalen Presse gefunden hat – inzwi­schen mitge­teilt haben, dass der Baum nun doch nicht gefällt werden soll. Das zeigt, dass Fälle nicht immer nur vor Gericht entschieden werden. Warum die Entscheidung des Investors erst kurz nach Obsiegen in der Berufung fiel, ist unklar, könnte aber an strate­gi­schen Überle­gungen hinsicht­liche der Verfah­rens­kosten liegen. (Olaf Dilling)

2023-02-27T19:55:12+01:0027. Februar 2023|Naturschutz, Rechtsprechung|