Kommt das Erdgasheizungsverbot?
In Deutschland gibt es derzeit noch ca. 19 Millionen mehr oder minder alte Öl- und Gasheizungen. Und denen soll es bald schon angeblich an den Kragen gehen. Was ist dran an Habecks Plänen?
Ganz so überraschend kommt der Vorstoß nicht, denn die Regierungskoalition hatte bereits Anfang 2022 vereinbart, dass ab dem 1. Januar 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Diese Vorgabe soll künftig im Gebäudeenergiegesetz verankert werden. Bisher liegt dazu lediglich ein Gesetzentwurf vor, der aber bereits in der Öffentlichkeit schon heiß diskutiert wird. Wir haben ihn daher mal gelesen (und Sie können das hier auch)
Sollen Öl- und Gasheizungen verboten werden?
Der Gesetzentwurf sieht ein Verbot für den Einbau neuer Öl- und Erdgasheizungen vor. Bestehende Heizungen könnten weiter betrieben werden. Kaputte Heizungen können repariert werden. Ziel ist der klimaneutrale Gebäudebestand bis spätestens 2045. Hierfür sollen in den nächsten 20 Jahren alle Heizungen schrittweise auf erneuerbare Energien umgestellt werden.
Dürfen dann nur noch Wärmepumpen eingebaut werden?
Die vorgesehene Regelung ist technologieoffen. In bestehenden Gebäuden können auch weiterhin Gasheizungen eingebaut werden, wenn sie mit 65% grünen Gasen oder in Kombination mit einer Wärmepumpe betrieben werden. Es gibt also mehrere Möglichkeiten mit verschiedenen Technologien die Vorgabe für das Heizen mit erneuerbaren Energien zu erfüllen.
Was ist noch geregelt?
Zum Beispiel die Pflicht, dass bestehende fossile Heizungen regelmäßig geprüft und wenn möglich optimiert werden müssen. Auch Pflichten zur künftigen Prüfung von Wärmepumpen sieht der der Gesetzesentwurf vor.
Wie sicher ist die Umsetzung?
Habeck scheint derzeit entschlossen das Projekt durchzubringen. Die FDP dagegen zeigt Widerstand, obwohl die geplante Umstellung bereits im Koalitionsvertrag vereinbart wurde.
Es bleibt also spannend.
(Christian Dümke)
Bergmannstraße bleibt verkehrsberuhigt
Der Bergmannkiez in Kreuzberg zählt zu den beliebtesten Wohn- und Ausgehquartieren in Berlin. Seit 2021 hat der Bezirk die zentrale, namensgebende Bergmannstraße verkehrsberuhigt. Dafür wurde in einem Abschnitt der Bergmannstraße eine Einbahnstraße und ein Zweirichtungsradweg eingerichtet, auf denen ein Tempolimit von 10 km/h gilt.
Vor dem Verwaltungsgericht Berlin waren gegen die Anordnungen zwei Klagen anhängig, die nun beide entschieden wurden:
- Der Anwohner einer Querstraße hatte gegen die Anordnung der Einbahnstraße geklagt, da insbesondere der Lieferverkehr auf die weiterhin in beide Richtungen befahrbare mit Kopfsteinen gepflasterte Straße ausweiche und dies zu erheblichen Lärmbelastungen führen würde.
- Ein Fahrradfahrer, selbst Anwalt, hatte gegen die auch auf dem Zwei-Richtungs-Radweg auf der Bergmannstraße geltende Geschwindigkeitsbeschränkung auf 10 km/h geklagt.
Laut der inzwischen vorliegenden Pressemitteilung des Gerichts wurden beide Klagen abgewiesen. Bezüglich des Klage des Anwohners der benachbarten Straße sei die qualifizierte Gefahrenlage als Voraussetzung einer Anordnung nach § 45 StVO durch die Unfallstatistik nachgewiesen. Unter anderem habe es in den vier Jahren vor der Anordnung mehrere Unfälle gegeben, davon allein vier schwer und 13 leicht verletzte Radfahrer. Auch die Ermessensausübung bezüglich des Ausweichverkehrs auf die Querstraße sei nicht rechtsfehlerhaft, die Belange der dortigen Bewohner seien berücksichtigt worden. Außerdem seien die Angaben zu der zusätzlichen Lärmbelastung zu vage.
Auch die Klage des Radfahrers wurde abgewiesen. Für die einheitliche Geschwindigkeitsbegrenzung auch für Radfahrer sei zu berücksichtigen, dass das aufgrund der verkehrsberuhigenden Maßnahmen mehr Fußgänger als früher den Radweg queren würden. Dies führe zu einer komplexen Gemengelage von Fuß‑, Rad‑, Liefer- und Durchgangsverkehr, bei der die Fußgänger besonders schutzbedürftig seien. Zudem sei die vom Kläger geäußerte Auffassung, dass sich Radfahrer nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten würden, für die Erforderlichkeit der Maßnahme ohne Belang. (Olaf Dilling)
eFuels: Notwendig zur Erreichung der Klimaziele?
In der Ampelkoalition tobt zur Zeit ein Kampf um den richtigen Weg zu den Klimazielen im Wärme- und Verkehrssektor. Denn bei allen Unterschieden im Einzelnen fühlen sich alle drei Koalitionspartner dem Klimaschutz verpflichtet. Ohnehin ist Deutschland durch EU-Recht an die Klimaziele gebunden. Seit dem Einstieg in den Emissionshandel im Bereich Brennstoffe im Wärme- und Verkehrssektor ist auch klar, dass die Spielräume für die Verwendung fossiler Brenn- und Treibstoffe auch aus ökonomischen Gründen kontinuierlich enger werden.
Der Streit konzentriert sich daher aktuell auf die Frage, ob bestimmte Technologieoptionen auf dem Weg zur Klimaneutralität durch ordnungsrechtliche Verbote ausgeschlossen werden sollen. Die FDP befürwortet eine technologieoffene Strategie, bei der unterschiedliche Möglichkeiten zur klimaneutralen Wärmeerzeugung und Mobilität konkurrieren. Das klingt erst einmal gut. Die technologische Möglichkeit, die von der FDP ins Spiel gebracht wird, nämlich die Nutzung sogenannter eFuels oder synthetischer Kraft- bzw. Brennstoffe hat aber zwei entscheidende Charakteristika:
- Sie erlaubt es, Technologien weiter zu nutzen, die auf der Verbrennung von fossilen Brennstoffen beruhen und lediglich auf Ebene der Brennstoffe auf Klimaneutralität umzustellen – auch das ist erst mal ein Vorteil;
- Allerdings – und darin liegt der Knackpunkt, sind die Umwandlungsprozesse, die erforderlich sind, um eFuels herzustellen, mit enormen Verlusten verbunden. Dies ist wegen der Umwandlungsprozesse aus physikalischen Gründen nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft so. Derzeit könnten mit dem EE-Strom für einen Verbrenner mit eFuel alternativ etwa 5 – 6 E‑Autos angetrieben werden.
Die Lösung, über eFuels Kfz mit Verbrennungsmotoren, Öl- und Gasheizungen weiterbetreiben zu können, bietet scheinbar geringere Anschaffungs- und Umstellungskosten. Allerdings zahlt sich der Umstieg auf längere Sicht nicht aus: Wir bleiben weiter abhängig von Brennstoffen, die zwar nicht mehr CO2, aber dafür mehr Stromeinsatz kosten. Auch ohne eFuels wird es schwierig, den Strombedarf vollständig durch erneuerbare Energien zu decken.
Zudem stellt sich durch eFuels ein soziales Problem. Die scheinbar günstigere Option verleitet viele Verbraucher dazu, die Umstellung auf E‑Mobilität und Wärmepumpen zu vermeiden und so Investitionskosten zu sparen. Dadurch bleibt es bei der Abhängigkeit von Brennstoffen, mit dem Ruf nach Subventionen oder einen wachsenden Druck, die Klimaziele und den Brennstoffemissionshandel politisch aufzuweichen.
Insofern ist der Staat in der Verantwortung zu verhindern, dass viele Bürger in diese individuell und kollektiv kostspieligen Sackgasse laufen. Dies kann entweder über ein Verbrenner-Aus und ein Verbot neuer Öl- und Gasheizungen erfolgen, wie bereits im Koalitionsvertrag und auf EU-Ebene vereinbart. Zumindest aber müssten die Verbraucher beim Kauf neuer Fahrzeuge oder Heizungsanlagen über die steigenden laufenden Kosten aufgeklärt werden. Oder umgekehrt darüber, dass sich über die geringeren laufenden Kosten von E‑Autos oder Wärmepumpen die höheren Investitionskosten auf lange Sicht wieder reinholen lassen. Für entsprechende Anschubfinanzierung zur energetischen Sanierung oder Bau von E‑Ladesäulen ist oft bereits über entsprechende Programme der KfW gesorgt.
eFuels scheinen aufgrund ihrer mangelnden Energieeffizienz kaum geeignet zu sein, um einen entscheidenden Beitrag zu den Klimazielen zu leisten. Gleichzeitig hält die Hoffnung, die mit ihnen verbunden wird, von notwendigen strukturellen Veränderungen ab. Die Bundesregierung müsste sich da klarer positionieren. (Olaf Dilling)
Preisbremsen: Drei Monate März?!?
Okay, Preisfrage: Kunde bezieht im Januar und Februar 2023 von den Stadtwerken Unterhaltsheim AG Erdgas zu 20 Cent/kWh. Zum 01.03.2023 findet er einen neuen Versorger, die Stadtwerke Oberaltheim GmbH, der ihn zu 11,5 Cent/kWh versorgt. Zum 01.03.2023 greift nun die Gaspreisbremse.
Nach § 3 Abs. 1 EWPBG i. V. m. § 9 Abs. 3 Nr. 1 EWPBG beträgt der Referenzpreis für diesen Kunden nun 12 Cent/kWh. Da sein Märzpreis unter dem Referenzpreis liegt, beträgt seine Entlastung für den März null. Aber wie sieht es mit Januar und Februar aus? Nach § 5 Abs. 1 EWPBG muss der Lieferant vom 01.03.2023 auch für die Monate Januar und Februar 2023 entlasten. Die Stadtwerke Oberaltheim GmbH sind also zuständig.
Doch wie hoch ist nun dieser Anspruch? Die Tagesschau hat gestern in einem Beitrag viele überrascht: Der Anspruch für Januar und Februar beträgt im dargestellten Fall nämlich null. Denn maßgeblich ist laut § 5 Ans. 1 EWPBG der für den Monat März 2023 ermittelte Entlastungsbetrag. Und der war ja null. Umgekehrt ist das übrigens genauso. Hat jemand im Januar und Februar also noch recht günstig bezogen, weil etwa ein älterer Gasliefervertrag aus 2021 noch lief, und erst im März stiegen die Preise, so erhält der Kunde die hohe Entlastung auch für die Monate zuvor, in denen er noch gar keine Belastung tragen musste. Für Wärme (§ 13 Abs. 1 EWPBG) sieht es übrigens genauso aus.
Doch wird dann im Rahmen der Jahresabrechnung die Entlastung wieder glattgezogen und den tatsächlichen Belastungen angepasst? § 20 Abs. 1 EWPBG, der die Jahresendabrechnung regelt, ordnet dies nicht an. Offenbar bleibt es tatsächlich bei der Märzentlastung auch für die Monate Januar und Februar 2023. Der Gesetzgeber scheint hier entweder auf radikale Vereinfachung gesetzt zu haben, oder er hat das Problem schlicht übersehen (Miriam Vollmer)
Lösungsmöglichkeiten bei ungewöhnlich hoher Verbrauchsabrechnung
Es gibt Fälle, in denen die Strom- oder Gasrechnung für den Kunden überraschend hoch ausfällt. Der Kunde und der Versorger fragen sich in dieser Situation, ob möglicherweise ein Fehler vorliegen könnte. In dieser Situation bieten sich folgende Klärungsmöglichkeiten an:
In der Verbrauchsabrechnung muss der Versorger gem. § 40 Abs. 2 Nr. 7 EnWG auch den Verbrauch des Vorjahres ausweisen, so dass durch einen Vergleich festgestellt werden kann, ob und in welchem Umfang aktuell ein höherer Verbrauch abgerechnet wurde. Weiterhin muss in der Abrechnung dargestellt werden, inwieweit der aktuell abgerechnete Verbrauch des Kunden vom Verbrauch typischer Vergleichsgruppen abweicht.
Hat der Kunde Zweifel an der Richtigkeit der Zählerstände hilft ein Blick in die Abrechnung um herauszufinden, ob der Verbrauch auf abgelesenen oder geschätzten Zählerständen beruht. Eine Schätzung ist dabei nur in bestimmten Fällen zulässig.
In der Praxis können ungewöhnlich hohe Verbräuche auch auftreten, wenn die Abrechnung über längere Zeiträume nur auf Basis von (zu geringen) Schätzwerten erfolgt ist und jetzt erstmals wieder eine messwertbezogene Abrechnung erfolgt.
Hat der Kunde weiterhin Zweifel, kann er eine Nachprüfung der Messeinrichtung verlangen, hierbei fallen ihm allerdings die Kosten zur Last, wenn sich erweist, dass kein Fehler vorlag.
Nach der Rechtsprechung kann zudem eine enorme, nicht plausible Abweichung der Verbrauchsmengen von früheren Verbräuchen für die ernsthafte Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers der Rechnung sprechen OLG Celle, Urteil vom 20.11.2015 – 13 U 9/15). Der Einwand der offensichtlichen Unrichtigkeit der Rechnung durch den Kunden führt dazu, dass diese bis zu einer Klärung nicht fällig wird.
(Christian Dümke)
Ja wann denn nun die Selbsterklärung?!?
Der § 22 EWPBG besagt, dass
„Ein Letztverbraucher oder Kunde, der ein Unternehmen ist und dessen Entlastungsbetrag an sämtlichen Entnahmestellen einen Betrag von 150 000 Euro in einem Monat übersteigt,“
zum 31.03.2023 eine Selbsterklärung abgeben muss. Hat die Heiner Müller AG also 100.000 EUR im Monat an Entlastung zu erwarten, die ihr verbundenen 1. bis 4. Heiner Müller GmbH indes nur jeweils 15.000 EUR monatliche Entlastung, so können sich alle fünf Unternehmen an sich beruhigt zurücklehnen: Dieser Kelch geht an ihnen vorbei. Da 160.000 EUR monatliche Entlastung im Konzern auch insgesamt die Grenze von 2 Mio. EUR nicht überschreiten (zumindest, wenn es sonst nichts gibt), greift auch die Informationspflicht nach § 22 Abs. 2 EWPBG nicht.
Auf den zweiten Blick indes sieht die Sache anders aus. Denn in den FAQ des Bundeswirtschaftsministeriums wird auf S. 5 dringend empfohlen, „sich von vornherein an den für den Unternehmensverbund zu erwartenden Entlastungen zu orientieren und die Selbsterklärung entsprechend zu bemessen“. Erwartet man hier nun doch von den erwähnten Heiner Müller Gesellschaften, jeweils Selbsterklärungen vorzulegen, weil der Konzern insgesamt mehr als 150.000 EUR pro Monat erwarten kann? Oder kann der Konzern sich entspannen, weil die Gesamtsumme 2 Mio. nicht überschreitet? Was hat das eigentlich alles zu bedeuten, was das Ministerium da schreibt?
Denn kann das wirklich sein? Maßgeblich ist doch immer noch das Gesetz, nicht die FAQ des Ministeriums, denen keinerlei normative Wirkung zukommt. In diesem Falle kann das BMWK noch nicht einmal darauf pochen, der Gesetzgeber hätte sich hier vielleicht vertan, denn wäre dem so, würde der Gesetzgeber nun die Gelegenheit beim Schopfe packen, im Reparaturgesetz den § 22 EWPBG neu zu fassen. Dem ist aber nicht so: Der Entwurf lässt die Norm bisher wie sie ist.
Der Heiner Müller Konzern muss sich also entscheiden: Versucht er es, dem Ministerium recht zu machen? Oder geht er streng nach dem Buchstaben des Gesetzes? Der Aufwand ist ja nun nicht so ganz unerheblich. Fest steht in jedem Falle: Der 31.03.2023 rückt näher und näher. Und vielleicht denkt das Ministerium doch noch einmal darüber nach, ob es in einer ohnehin verworrenen Gesetzeslage nicht noch mehr Unruhe stiftet, indem es offene Widersprüche zwischen seinen Auskünften und dem Gesetz, auf das sie sich beziehen sollen, produziert (Miriam Vollmer)