Klima­mo­bi­li­täts­planung: Frischer Wind aus Südwest?

Nach dem refor­mierten Straßen­ver­kehrs­gesetz soll Klima­schutz in Zukunft eine größere Rolle im Straßen­ver­kehrs­recht spielen. Aber die Einzel­heiten sind bislang noch offen. Denn noch ist von der Verord­nungs­er­mäch­tigung noch nicht abschließend Gebrauch gemacht worden, auch wenn schon ein Kabinetts­entwurf der refor­mierten StVO existiert.

Unklar ist auch noch, wie die Begrün­dungs­an­for­de­rungen für Klima­schutz­maß­nahmen aussehen könnten. Vielleicht könnte hier das sprich­wört­liche Muster­ländle, Baden-Württemberg, Pate stehen. Denn hier gibt es bereits eine gesetzlich veran­kerte Klima­mo­bi­li­täts­planung. Sie ergibt sich aus § 28 des Baden-Württem­ber­gi­schen Klima­schutz­ge­setzes.  Demnach können Gemeinden und Gemein­de­ver­bände im Rahmen ihrer Zustän­dig­keiten Klima­mo­bi­li­täts­pläne aufstellen. In ihnen können sie Maßnahmen der Verkehrs­wende zur dauer­haften Vermin­derung von Treib­haus­gas­emis­sionen festlegen. Zu berück­sich­tigen sind dabei die Mobili­täts­be­dürf­nisse der Bevöl­kerung und der Wirtschaft.

Das ist nicht so weit von dem, was auch in der Straßen­ver­kehrs­rechts­reform vorge­sehen ist. Auch da sollen die neuen Ziele Umwelt­schutz, insbe­sondere Klima­schutz, Gesund­heits­schutz und geordnete städte­bau­liche Entwicklung mit den Erfor­der­nissen des Verkehrs in Ausgleich gebracht werden. Es läge insofern nahe, das in einem Bundesland bereits erprobte Instrument mit den neuen Möglich­keiten des Straßen­ver­kehrs­rechts zu verschränken: Die Klima­mo­bi­li­täts­planung könnte, ähnlich wie bereits das städte­bau­liche Verkehrs­konzept bei dem Anord­nungs­grund der geord­neten städte­bau­lichen Entwicklung, helfen, Klima­schutz im Verkehr nachvoll­ziehbar und konsistent zu begründen. Insofern könnten Kommunen ihre Gestal­tungs­spiel­räume vergrößern, wenn sie sich recht­zeitig um eine klima­freund­liche Verkehrs­planung kümmern. (Olaf Dilling)

2023-11-02T22:20:45+01:002. November 2023|Umwelt, Verkehr|

Die Vorteile von Busspuren bei Stau

Wir hatten in diesem Blog schon einmal über ein verwal­tungs­ge­richt­liches Verfahren berichtet, in dem die Anordnung einer Busspur in der Clayallee für rechts­widrig erklärt wurde. Das Gericht begründete dies mit dem nicht ausrei­chendem Aufkommen an Linien­bussen auf dieser Straße. Angeordnet werden Busspuren auf Grundlage des § 45 StVO. Die demnach erfor­der­liche Gefah­renlage wird nach den Verwal­tungs­vor­schriften zur StVO (Zu Zeichen 245 Busson­der­fahr­streifen) in der Regel nur dann angenommen, wenn „mindestens 20 Omnibusse des Linien­ver­kehrs pro Stunde der stärksten Verkehrs­be­lastung verkehren“. Das heißt, es muss zu Stoßzeiten durch­schnittlich alle 3 Minuten ein Bus verkehren. Das ist an vielen mehrspu­rigen Straßen tatsächlich nicht der Fall.

Ob diese starke Einschränkung der Anordnung von Busspuren wirklich sinnvoll ist, darüber lässt sich trefflich streiten: Zum einen ist inzwi­schen aus der Verkehrs­planung bekannt, dass im Verkehr das Angebot Bedarf weckt. Dies vor allem in Städten, wo der Platz für den fließenden und ruhenden Verkehr der begren­zende Faktor ist. Diese Orien­tierung am Angebot gilt sowohl für den Pkw-Verkehr als auch für den Busverkehr: Nur wenn es möglich ist, mit dem ÖPNV verlässlich, mit guten Verbin­dungen und zügig durch die Stadt zu kommen, ist er eine attraktive Alter­native, die von vielen genutzt wird. Genau dazu leisten Busspuren einen essen­ti­ellen Beitrag. Aber nicht nur für den Busverkehr ist das von Vorteil: Da der Platz­bedarf des ÖPNV und des Fußver­kehrs viel geringer ist als der Platz­bedarf des indivi­du­ellen Kfz-Verkehrs, ist die Förderung des ÖPNV zugleich die nachhal­tigste Prävention von Staus im Stadtverkehr.

Dazu kommt, dass die Busson­der­fahr­streifen nicht nur der Flüssigkeit des ÖPNV dienen. Sie können in vielen Fällen u.a. auch von Fahrrad­fahrern und Kranken­wagen genutzt werden. Dadurch wird sicher­ge­stellt, dass das Verkehrs­mittel mit dem größten Platz­bedarf pro Fahrgast, der Pkw, den Weg nicht für alle anderen Verkehrs­mittel und Mobili­täts­be­dürf­nisse blockiert. Busspuren sind nicht nur für die Passa­giere der Linien­busse von Vorteil, sondern für alle, die in die Notlage geraten mit dem Kranken­wagen durch die Stadt gefahren werden zu müssen. Die aktuelle Diskussion über das Blockieren von Straßen durch Klima­pro­teste zeigt, dass Stau nicht nur lästig ist, sondern auch Gefahren für Rettungs­ein­sätze mit sich bringt.

Das Thema der Passier­barkeit von Straßen für Einsatz­fahr­zeuge ist jedoch von genereller Bedeutung. Sonder­fahr­streifen, die für Busse freige­halten werden, können ein Beitrag dazu sein, auch dieses Problem, das sich aus der Überlastung der Straßen durch Kfz-Verkehr ergibt, zu lösen. Schon bei der Anordnung von Busspuren sollte dies bedacht werden. (Olaf Dilling)

2023-04-24T13:44:08+02:0024. April 2023|Kommentar, Verkehr, Verwaltungsrecht|

Deutsch­land­ticket

Bis morgen gibt es noch die Chance ein Deutsch­land­ticket zum 1. Mai zu erwerben, also zum Start dieses neuen Stamm­kun­den­tarifs. Das ist nach vielen Querelen innerhalb der Ampel im Sektor Verkehr grund­sätzlich mal ein Licht­blick. Denn bisher mussten sich Menschen, die in mehreren Städten oder Regionen den öffent­lichen Verkehr nutzen wollten, sich durch einen kaum zu durch­schau­enden Tarif­dschungel zu kämpfen. Das wird nun einfacher: Für 49 Euro kann im digitalen Abonnement ein Ticket erworben werden, das im Prinzip im gesamten deutschen ÖPNV gelten soll. Das Ticket ist monatlich kündbar.

Laut Geset­zes­be­gründung heißt es, dass das Deutsch­land­ticket die Attrak­ti­vität des Regio­nal­ver­kehrs zu steigern, einen Anreiz zum Umstieg auf den öffent­lichen Nahverkehr zu schaffen, Energie zu sparen – und Bürge­rinnen und Bürger finan­ziell zu entlasten soll. Tatsächlich wird das Deutsch­land­ticket nach einem neuen Entwurf der Eisenbahn-Verkehrs­ordnung (EVO) als Fahrausweis mit erheblich ermäßigtem Beför­de­rungs­entgelt einge­stuft. Dies würde bedeuten, dass ab 01.07.2023 die bisher geltenden Fahrgast­rechte bei Verspä­tungen nicht mehr gelten. Dann könnten etwa bei mehr als 20 Minuten Verspätung eines Regio­nalzugs am Zielbahnhof keine ICs oder ICEs als Ersatz genommen werden können, wie das bisher bei vergleich­baren Angeobten möglich war.

Was die Finan­zierung des Deutsch­land­ti­ckets angeht, soll der Bund für dieses Jahr die Hälfte der Mehrkosten tragen, die den Ländern durch das neue Ticket entstehen. Bis 2025 soll sich der Bund mit 1,5 Milli­arden Euro jährlich betei­ligen. Der Bundesrat hat Ende März in einer Entschließung gefordert, dass der Bund auch in den kommenden beiden Jahren einen mindestens hälftigen Nachschuss leisten soll, falls die tatsäch­lichen Kosten des Deutsch­land­ti­ckets höher ausfallen als angenommen. Auch am Ausbau des ÖPNV-Angebots solle sich der Bund durch Aufsto­ckung der Regio­na­li­sie­rungs­mittel betei­ligen. Dies würde auch dem Klima­schutz zugute kommen. (Olaf Dilling)

 

 

2023-04-19T20:27:51+02:0019. April 2023|Allgemein, Kommentar, Verkehr|