Seit einiger Zeit entstehen in Frankreich, Österreich und inzwischen auch in Deutschland sogenannte Schulstraßen. Das sind Straßenabschnitte oder Straßen rund um Schulen, die (zumindest zu manchen Zeiten) ganz dem Fuß- und Fahrradverkehr gewidmet sind. In Österreich gibt es für Schulstraßen sogar ein offizielles Verkehrszeichen, nachdem der neue § 76d vor weniger als zwei Jahren in die Österreichische StVO aufgenommen worden ist.
In Deutschland dagegen müssen die Verkehrsbehörden mit dem altbekannten-berüchtigten eingeschränkten Möglichkeiten arbeiten, die das Straßenrecht und das Straßenverkehrsrecht so zur Verfügung stellt.
Es muss jedoch in einer Straße nicht immer erst zu schweren Verkehrsunfällen gekommen sein, damit die Einrichtung einer Schulstraße möglich ist. Zum Beispiel gibt es in Berlin-Mitte seit letztem Jahr eine erste Schulstraße, die dort „Schulzone“ genannt wird. Das passt insofern, als der entsprechende Abschnitt der Singerstraße für Kraftfahrzeuge dauerhaft und rund um die Uhr gesperrt wurde, so dass dort aktuell eine Art Fußgängerzone besteht. Perspektivisch soll sie Teil einer Fahrradstraße werden, was bei der Ausweisung der Fußgängerzone bereits berücksichtigt wurde.
Vor ein paar Tagen hat das Verwaltungsgericht (VG) Berlin den Eilantrag eines an der Straße liegenden Betriebs abgelehnt (Beschluss vom 10.01.2024, Az VG 1 L 408/23). Der Antrag scheiterte bereits an der Zulässigkeit. Denn der Betrieb hatte sich auf seinen Anliegergebrauch und private Parkplätze berufen. Er hatte aber von einer anderen, nicht gesperrten Straße einen Zugang zu den auf seinem Betriebsgelände vorhandenen Stellplätzen. Das Verwaltungsgericht begründete seine Ablehnung damit, dass ein weiterer, bloß der Bequemlichkeit oder der Leichtigkeit dienender Zugang nicht durch den sogenannten Anliegergebrauch geschützt sei. Nur der notwendige Zugang zu einem Grundstück sei davon umfasst.
Auch der Gemeingebrauch von Straßen, also die allgemeine Benutzung für den fließenden und ruhenden Verkehr, insbesondere die Nutzung öffentlicher Parkplätze, ist ebenfalls nicht vor Einschränkungen durch das Straßenrecht geschützt. Das geht bereits aus dem Wortlaut des § 10 Abs. 2 Satz 2 Berliner Straßengesetz (BerlStrG) hervor.
Die Fußgängerzone wurde vom Bezirksamt Mitte im Wege einer Teileinziehung eingerichtet. Diese straßenrechtliche teilweise Entwidmung hat gegenüber straßenverkehrsrechtlichen Anordnungen den Vorteil, dass keine Gefahrenlage begründet werden muss. Vielmehr kann die Einrichtung der Fußgängerzone durch eine Teileinziehung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 BerlStrG mit überwiegenden Gründen des öffentlichen Wohls begründet werden.
Die Entscheidung zeigt, dass eine Einrichtung von Schulstraßen rechtlich zulässig sein kann und sich notfalls auch vor Gericht verteidigen lässt. (Olaf Dilling)
Gibt es Landesstraßengesetze, die eine zeitliche Differenzierung der Widmung zulassen? M. E. macht das bei Widmungen keinen Sinn, sind die doch nicht dazu da Details zu regeln.
Wenn ich § 76d StVO (AT) schaue, heißt es in Absatz 2:
VZ 260 + Ver- und Entsorgung frei + Bus frei zzgl. Ausnahmegenehmigung für Anwohner und ich habe das ohne neues VZ gelöst, von dem die Mehrheit wieder nicht weiß, was damit gemeint ist.
in Absatz 3 heißt es:
Dafür gibt es das ZZ „Spielstraße“.
Ich bin kein Fan davon, die StVO noch unübersichtlicher zu machen.
Ein neues Verkehrszeichen – so wie in Österreich – muss es nicht unbedingt geben. In Berlin wurde beispielsweise eine Fußgängerzone eingerichtet (die Teileinziehung ermöglicht auch, in Zukunft eine Fahrradstraße einzurichten). Was die zeitliche Einschränkung angeht, kann ich aus systematischer Sicht die Zweifel verstehen, aber letztlich entscheiden die Länder über das Straßenrecht und z.b. in Bayern ist die Möglichkeit explizit eingeräumt.
Danke für den Hinweis auf das bay. Recht. Eine ungewöhnliche Option. In den meisten Fällen dürfte das gleiche gelten wie für detaillierte Festsetzungen in B‑Plänen für untergeordnete Aspekte: Man tut sich damit langfristig keinen Gefallen als Kommune.
Es ist meist mehr möglich, als behauptet wird, aber meist anderes als gemacht wird. ;-) (oder eher : -( ). Man muss halt seine Instrumente beherrschen („sich durch die Gesetze und Verordnungen wühlen“ klingt nicht so gut).
So ein neues VZ schafft mehr Probleme als es löst.
Daher kann man gerne im verkehrsplanerischen Kontext von Schulstraßen sprechen. Wenn’s die Leute glücklich macht. Entscheidend ist, das hinter was brauchbares rauskommt, das rechtlich sauber ist. Finde ich. Art. 20 Abs. 3 GG vermutlich auch.