TEHG ohje
Ist ja nicht so, als hätte sich nichts geändert. Mit den Änderungsrichtlinien 2023/958 (Luftverkehr) und 2023/959 hat der Europäische Richtliniengeber die Grundlage für die Entwicklung der Jahre bis 2030 gelegt. Neu sind nicht nur viele Detailregelungen, sondern unter anderem auch umfangreiche Regelungen über die Emissionshandelspflicht von Anlagen an sich.
Diese Regelungen bedürfen der Umsetzung durch den Mitgliedstaat. Denn anders als bei den Durchführungsverordnungen wie etwa zur Zuteilung oder zum Monitoring, richtet sich die Emissionshandelsrichtlinie an den Staat. Dieser muss das deutsche Recht – in diesem Fall das TEHG – so abändern, wie die Richtlinie es vorgibt. Und, da das Zuteilungsverfahren ja in diesem Frühjahr bis zum 21. Juni 2024 laufen wird, nun einigermaßen schnell.
Doch bisher tut sich nichts. Das aktuelle TEHG ist das letztemal 2021 geändert worden. Bisher ist von der anstehenden Novelle weit und breit nichts zu sehen. Derweil gehen die Wochen ins Land, und die Branche fragt sich: Wo liegt das Problem? Die Europäische Kommission hat inzwischen sogar schon ein Vertragsverletzungsverfahren eröffnet, doch noch immer ist von einem TEHG-Entwurf nichts zu sehen (Miriam Vollmer).
Landgericht Hamburg zur Vorlagepflicht von Preisanpassungsschreiben im Prozess
Muss ein Versorger in einem Rechtsstreit über die Wirksamkeit einer von ihm vorgenommenen Preiserhöhung das entsprechende Preiserhöhungsschreiben vorlegen? Diese Frage stellte sich in einem Verfahren vor dem Landgericht Hamburg.
Streitig war dort sowohl der Zugang des Preisanpasungsschreibens beim Versorger, als auch der Inhalt. Der Kunde behauptete ihm sei kein Schreiben zugegangen und der Versorger versicherte, er habe dieses aber abgeschickt. Diese streitige Frage des Zugangs kann aber dahinstehen, wenn das Schreiben schon inhaltlich nicht die gesetzlichen Anforderungen erfüllt und daher die damit begründete Preisänderung schon deswegen möglicherweise unwirksam ist. Nun weigerte der Versorger sich aber, das entsprechende Schreiben überhaupt vorzulegen. Dazu sah er prozessual keine Veranlassung.
Dem machte jedoch das Landgericht Hamburg einen Strich durch die Rechnung. Wer sich zur Herleitung einer für ihn günstigen Rechtsfolge auf Urkunden oder andere Unterlagen in einem Gerichtsverfahren berufe, der müsse diese auch gem. § 142 ZPO vorlegen, wenn die andere Partei und das Gericht anderweitig keine Kenntnis vom Inhalt erhalten können.
Landgericht Hamburg, Beschluss vom 02.06.2023, 415 HKO 97/22
(Christian Dümke)
Q & A Kraftwerksstrategie
Die letztes Jahr groß geplante Kraftwerksstrategie ist in der Bundes-Waschmaschine eingelaufen: Statt 50 neuen Gaskraftwerken soll es jetzt nur noch rund 20 geben, insgesamt 10 GW. Doch warum? Und wie soll das aussehen?
Wieso jetzt noch neue Gaskraftwerke?
Umweltverbände sind unzufrieden: Gaskraftwerke seien aus der Zeit gefallen. Man solle keine neuen fossilen Kraftwerke mehr bauen, statt dessen auf Wind und Sonne setzen. Doch die liefern nicht über alle 8.460 Std. des Jahres. Für die Stunden, in denen Strom aus anderen Quellen fließen muss, aber weder aus dem Ausland noch aus Speichern zur Verfügung gestellt werden kann, und auch Lastmanagement nicht reicht, braucht es Reservekapazitäten. Die laufen dann nur wenige Stunden im Jahr, so dass auch die Emissionen dieser Anlagen sich in Grenzen halten dürften. Sie werden ohnehin über den Emissionshandel reguliert, so dass schon wegen der hohen Zertifikatpreise kein Anreiz bestehen dürfte, sie mehr laufen zu lassen als nötig.
Wieso eigentlich Erdgas?
Kraftwerk ist nicht gleich Kraftwerk. Nicht jede Technologie kann mehr oder weniger aus dem Stand Strom liefern, wenn er gerade gebraucht wird, und danach wieder Platz für Erneuerbare machen. Gaskraftwerke besitzen diese Fähigkeit, zudem ist Erdgas im Verhältnis zu Kohle wenig emissionsintensiv.
Am besten wäre es freilich, die Anlagen könnten direkt mit Wasserstoff laufen. Der verbrennt CO2-frei. Leider gibt es noch kein Wasserstoffnetz. Das soll erst entstehen und dazu v. a. das heutige Gasnetz nutzen. Es gibt bisher auch zu wenig Hersteller und Importeure. Diese Struktur muss überall erst wachsen. Deswegen werden Kraftwerke errichtet, die später hoffentlich umgerüstet werden können.
Wer betreibt die neuen Gaskraftwerke?
Wenn es heißt, dass „Deutschland baut“, ist das nicht ganz richtig. Deutschland lässt bauen, indem die Bundesnetzagentur Kapazitäten in Auktionen ausschreibt. Unternehmen der Privatwirtschaft (oder auch Staatsunternehmen aus Deutschland oder anderen Ländern) bewerben sich mit einem Betrag, den sie für die Förderung pro MW brauchen, und wer mit am wenigsten Förderung auskommt, gewinnt und baut. Die Förderung soll aus dem Klima- und und Transformationsfonds stammen.
Ist das alles?
Nope. Die neuen Kraftwerke sind nur ein Teil der Strategie für die künftigen grünen Netze. Die Bundesregierung sitzt derzeit an einem neuen Kapazitätsmechanismus einschließlich eines neuen Strommarktdesigns. Das soll Versorgungssicherheit bei vernünftigen Preisen gewährleisten. Außerdem werden auch Speicherkapazitäten ausgebaut. Und es wird geforscht, die Abscheidung von CO2 vorangebracht, es soll schneller geplant und genehmigt werden, und selbst für die Kernfusion gibt es in der Strategie ein paar gute Worte (und wohl etwas Geld).
Wie geht es weiter?
Nun muss aus der Einigung der Bundesregierung also ein Gesetzesentwurf werden. Viel Zeit bleibt nicht, denn schon nächstes Jahr wird ja wieder gewählt. Doch auch die nächste Bundesregierung wird nicht anders können, als zu bauen, denn selbst wenn das nächste Kabinett Klima nicht so prioritär ansehen sollte, wie der aktuelle Hausherr im BMWK gibt das EU-Recht einen zeitlichen Rahmen vor, mit dem eine Verlangsamung der Transformation hin zu Nettonull ausgeschlossen ist (Miriam Vollmer).
Landgericht Düsseldorf zur (Un)Wirksamkeit von Preisänderungsmitteilungen
Wie wir vor einiger Zeit schon berichtet hatten, hat der BGH im Jahr 2018 die rechtlichen Anforderungen an Preisanpassungsmitteilungen nach § 41 Abs. 5 EnWG, mit denen Energieversorger ihre Kunden über beabsichtigte Preisanpassungen informieren (müssen) präzisiert.
Erforderlich ist hierbei unter anderem laut BGH eine tabellarische Gegenüberstellung sämtlicher einzelnen Preisbestandteile in ihrer Höhe, sowohl vor als auch nach der Preisänderung.
Offen bzw streitig ist aber bisher die Frage, welche Rechtsfolgen es hat, wenn ein Versorger diese Anforderungen nicht eingehalten hat. Das Landgericht Düsseldorf hat sich hierzu nun im Rahmen eines Hinweisbeschlusses vom 09.01.2024, Az. 14d O 13/23 klar positioniert:
Die im Fall des Zedenten (…) mit Schreiben vom (…) tatsächlich vorgenommene Preisanpassung führt nicht dazu, dass für den Leistungszeitraum ab dem 01.01.2022 höhere Preise für den Ausgangsvertrag mit der Beklagten zugrunde zu legen wären. Das mit dem als Anlage (…) vorgelegten Schreiben erklärte Anpassung stellt sich aus Sicht der Kammer als nicht wirksam dar.
Dieses Schreiben erfüllt nicht die Anforderungen, die nach § 41 Abs. 5 EnWG an die Informationen der Kunden über die neuen Bedingungen zu stellen sind, da keine Aufschlüsselung in die einzelnen Preisbestandteile und eine Gegenüberstellung der jeweiligen Preise vor und nach der Preisänderung erfolgt. Die in diesem Schreiben lediglich vorgenommene Gegenüberstellung von altem und neuem Arbeits- und Grundpreis ist nicht ausreichend, die Transparenzanforderungen zu erfüllen. Im Hinblick auf das vertraglich sowie gesetzlich vorgesehene Kündigungsrecht des Kunden ist es von wesentlicher Bedeutung, dass diese Möglichkeit auch tatsächlich wahrgenommen werden kann. Hierzu ist wiederum erforderlich, dass der Kunde rechtzeitig vor Inkrafttreten der Änderung über deren Anlass, Voraussetzung und Umfang informiert wird. Der Kunde muss daher alle für seine diesbezügliche Entscheidungsfindung maßgeblichen Umstände kennen, was neben der Gegenüberstellung des alten und des neuen Preises auch eine Aufschlüsselung der einzelnen Preisbestandteile umfassen muss (BGH, Urteil vom 21.12.2022, Az. VIII ZR 199/20, Rn. 33, 35). Hierzu zählen insbesondere Netzentgelte und sonstige Steuern, Abgaben oder Umlagen. Auch wenn ein Preisvergleich im Energiebereich häufig bereits anhand des Arbeits- und des Grundpreises möglich sein kann, gehen die Transparenzanforderungen über diese Angabe dieser Parameter hinaus und sollen dem Kunden ein klareres Bild über die Preiszusammensetzung ermöglichen (BGH, aaO., Rn. 40 ff.).
Das Landgericht Köln hatte hierzu in einem vergleichbaren Verfahren noch eine andere Rechtsauffassung vertreten und angenommen, dass die Nichteinhaltung der Transparenzanforderungen bei Preisanpassungsmitteilungen die Wirksamkeit dieser Preisanpassung nicht berührt. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Das OLG Düsseldorf wird sich hiermit in der Mitte diesen Jahres noch einmal befassen.
(Christian Dümke)
Beschleunigung durch Verfahren
Klimaschutzziele und Fristen drängen (siehe auch hier). Bestrebungen zur Beschleunigung von Vorhabenzulassungen bekommen hierdurch besonderes Gewicht. Das hat auch der Gesetzgeber erkannt. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verbesserung des Klimaschutzes beim Immissionsschutz zielt darauf ab, die Genehmigungsverfahren für Erneuerbare-Energien-Anlagen zu vereinfachen und zu beschleunigen und auch den Klimagedanken im Immissionsschutzrecht stärker zu verankern (Hintergründe hier). Dies ist einerseits sehr zu begrüßen. Andererseits sind die geplanten neuen Pflichten womöglich auch hinderlich für eine effiziente Genehmigungspraxis. Die Praxis und die Erfahrung zeigen, dass die Komplexität der Genehmigungsverfahren und damit auch ihre Dauer vielfach am materiellen Recht liegt und an den zu prüfenden Anforderungen für die Errichtung und den Betrieb von Anlagen. Durch ständige Rechtsänderungen werden diese nicht weniger und auch dies mag die Kapazitäten von Behörden überfordern und die Leistungsfähigkeit und ‑bereitschaft von Antragstellern überspannen.
Zwar kennt die 9. BImSchV Genehmigungsfristen, doch beginnen diese erst ab Vollständigkeit der Antragsunterlagen zu laufen, über die die Behörde in eigenem Ermessen befindet. Nachforderungsschleifen um ihrer selbst willen können die Folge sein.
Antragsteller sind daher gut beraten, auch eine Beschleunigung durch Verfahren nach Möglichkeit auszunutzen. Empfohlene Maßnahmen umfassen unter anderem die Nutzung von Vorbescheiden nach § 9 BImSchG und der vorzeitige Beginn nach § 8a BImSchG oder auch Teilgenehmigungen nach § 8 BImSchG. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 25. Januar 2024 – 7 A 4.23 – die Teilgenehmigung, mit der bauvorbereitende Maßnahmen für die Errichtung und den Betrieb einer SuedLink-Konverteranlage zur Umwandlung von Gleichstrom in Wechselstrom gestattet worden sind, als rechtmäßig erachtet. Hiergegen hatte ein Umweltverband geklagt. Gerügt wurde insbesondere die sachliche Zuständigkeit der Immissionsschutzbehörde und das Fehlen einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Das waren harte Vorwürfe. Gerade das Fehlen einer UVP wäre ein Todesstoß gewesen. Die Leipziger Bundesrichter sahen die Sache anders. Die Konverteranlage erfüllt auch die Funktion einer Umspannanlage und ist deshalb immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtig. Gehandelt hat damit auch die richtige Genehmigungsbehörde. Die Genehmigung konnte zudem ohne Umweltverträglichkeitsprüfung erteilt werden. Das Gesetz sieht eine solche nur für Erdkabel, nicht jedoch für Konverteranlagen vor. Die materiellen Voraussetzungen für den Erlass einer Teilgenehmigung sind gegeben: Genehmigungshindernisse des Wasser‑, Artenschutz‑, Bau- und Immissionsschutzrechts stehen weder den schon jetzt erlaubten Baumaßnahmen noch dem künftigen Gesamtvorhaben entgegen. (Dirk Buchsteiner)