re|Adventskalender Türchen 12: Aus der Praxis des Anlagenbetriebs
Wo gehobelt wird, da fallen Späne, sagt der Volksmund. Ob diese Späne Abfall darstellen oder gegebenenfalls ein Nebenprodukt sind, ist eine Frage des Rechts und mitunter des Einzelfalls. Im übertragenen Sinne bedeutet dieser Spruch jedoch auch, dass im Rahmen von Verfahren und Prozessen Dinge passieren können. Diese haben mitunter (auch rechtliche) Konsequenzen. Hierfür braucht es dann auch mal einen Anwalt, der sich mit Fragen des Anlagenzulassungsrechts, des materiellen Umweltrechts und mit dem Haftungsrecht auskennt. „Die Haftung lauert überall“, ist ein geflügelter – und von mir oft verwendeter – Ausdruck. Doch oftmals stimmt es: Die Probleme, die sich in und mit dem Anlagenbetrieb ergeben können, sind vielseitig und die Lösungen hierfür stets individuell.

Dies beginnt schon im Vorfeld bei der Frage, „wohin mit einer Anlage?“. Das Planungsrecht spielt hierbei eine entscheidende Rolle. So kann es passieren, dass für ein geplantes Vorhaben erst die planungsrechtlichen Rahmenbedingungen (umständlich und zeitintensiv) geschaffen werden müssen. Die Rahmenbedingungen können sich auch vermehrt – sogar mal zum Guten! – ändern. Dies sieht man gerade im Bereich der Beratungspraxis beim Ausbau von Windenergieanlagen und im Themenfeld der Solarenergie. Doch selbst wenn planungsrechtlich alles passt, heißt dies nicht, dass es dem Umfeld auch passt. Schutzwürdige Interessen, Immissionsorte und Nachbarn, die meinen „überall – nur nicht hier“ („not in my backyard“) gilt es abzuarbeiten. So kommt es, dass individuell auf Partikularinteressen eingegangen werden muss. Dies gestaltet sich mitunter gar nicht so einfach. Öffentlichkeitsbeteiligung verlangt ein hartes Fell und Durchhaltevermögen.
Wichtig ist auch, als prospektiver Anlagenbetreiber selbst zu wissen, wo die Reise hingehen soll. Es sind schon Genehmigungsverfahren daran gescheitert, dass man der Behörde nicht erklären konnte, was in der Anlage eigentlich passieren soll. Mitunter kann es aber auch sein, dass sie es einfach nicht verstehen will, weil der technische Sachverstand fehlt. Dann ist es geboten, dezidiert und auf den Punkt rechtlich nachzulegen. Zwar ist das Ziel das Ziel, doch darf man den Weg dahin nicht unterschätzen. Hat man dann mal die Genehmigung in Händen, kann es dann endlich losgehen – doch auch nicht immer (siehe oben: Nachbar). Vielleicht gilt es dann auch noch mal näher zu schauen, wer eigentlich noch Nachbar ist und wer (zum Glück des Anlagenbetreibers) dann doch weit genug weg wohnt, dass ihn z.B. der LKW-Verkehr zur und von der Anlage von Rechtswegen nicht mehr betrifft. Apropos LKW: Sozialvorschriften im Straßenverkehr, Lenk- und Ruhezeiten – ich weise aus gegebenem Anlass darauf hin.
Im Anlagenprozess selbst ist zu bedenken, dass Abweichungen und Veränderungen im Anlagenbetrieb dann auch rechtlich Probleme machen können – insbesondere dann, wenn man vergessen haben sollte, die Behörden mitzunehmen. Was nun eine Änderung ist und wann diese tatsächlich wesentlich sein sollte, sind Fragen, die rechtlich ergründet werden müssen. Auch Anzeigen können mehr Aufwand machen, als man meinen mag. Manchmal drohen auch die fiesen Fristen des Immissionsschutzrechts. Genehmigungen sind schließlich nichts, was es auf Vorrat gibt, könnte es auch noch so schön sein. Mitunter gilt es daher Fristen zu verlängern, sofern man wichtige Gründe findet. Manchmal kommt es auf die letzten Tage des Jahres an, um ein Erlöschen einer Genehmigung zu verhindern. Dann trifft man sich noch kurz vor Weihnachten auf der Anlage und schaut (gemeinsam mit der Behörde), ob dann die Anlage tatsächlich läuft. Manchmal gibt es dann auch ein kleines Weihnachtswunder. Nach anfänglichen Kinderkrankheiten springt die Anlage dann doch an – spät zwar, aber noch rechtzeitig. Wussten Sie, dass die EU etwas gegen eingebaute Obsoleszenzen tut? Sie kennen es doch? Geräte, die nur zwei Jahre halten, oder? Auch mit Blick auf das bevorstehende Weihnachtsfest heißt es, Augen auf beim Gerätekauf.
Nicht immer lässt es sich verhindern, dass auch andere Dinge schieflaufen. Eine leichte Überlagerung oder nicht angezeigte Änderung mögen da noch nicht so ins Gewicht fallen. Schlimmstenfalls droht jedoch Zwang und Stilllegung und das Ende eines Anlagenbetriebs. Hier gilt es mit aller Kraft und allen Regeln der Kunst zu kämpfen. Mitunter droht Ungemach sogar aus unerwarteter Ecke. Das Umweltstrafrecht hat durchaus einige Überraschungen parat. Das reicht vom Abfallverbringungsrecht, dem illegalen Anlagenbetrieb hin zu Themen wie Verstößen gegen die F‑Gas-Verordnung oder der Vorwurf der Sachbeschädigung, weil man Bäume gefällt hat, die auf das Anlagengrundstück zu fallen drohten. Ein Glück das es Anwälte gibt. In diesem schönsten aller Berufe war auch in diesem Jahr allerhand los. Es gibt es dann doch viel zu tun. Und das sind doch auch mal gute Nachrichten für den Jahresausklang. (Dirk Buchsteiner)
re|Adventskalender Türchen 11: Die große Freiflächenanlage
In den letzten Jahren sind Solarparks stetig gewachsen. Auch in unserem Portfolio werden die Projekte immer größer. Wenn also ein Projektierer eine Anlage über 80 ha in Niedersachsen plant, und die Klosterkammer Hannover auf einem Teilstück von 20 Ha 22 MW Freiflächen-PV errichten lassen will, ist das auf der einen Seite durchaus Routine, aber anders als in den meisten anderen Fällen sind wir in diesem Fall für den Investor aktiv geworden: Die Klosterkammer Hannover gibt es bereits seit 1818, heute ist sie eine Landesbehörde. Sie verwaltet und verpachtet die kulturhistorisch bedeutenden Liegenschaften und die dazu gehörigen Klostergüter, deren Energiebedarf zum Teil aus der geplanten Anlage gedeckt werden soll.

Wir haben die Vertragsverhandlungen mit dem Projektierer seit Juli dieses Jahres fortlaufend begleitet. Was schuldet der Projektierer bis zur schlüsselfertigen Übergabe, wie geht man mit den Unwägbarkeiten um, die sich im Laufe der Genehmigungs- und Bauphase ergeben können, was kann man gegen unerwünschte Nachunternehmer tun, und was passiert eigentlich, wenn die eigentlich vorgesehenen Komponenten nicht mehr zu beschaffen, zu teuer oder durch bessere Nachfolgemodelle überholt sind? Stets, auch hier, stellt sich die Frage der Gewährleistung, der Haftung und Versicherung, und nicht zuletzt wird immer über Preise und Zahlungspläne gesprochen.
In diesem Fall gingen die Verhandlungen recht glatt und reibungslos durch mehrere intensive Runden bis Ende Oktober. Diese Woche wurde nun unterzeichnet. Und in einigen Jahren, wenn wir durch Niedersachsen fahren, kommen wir vielleicht am Solarpark vorbei oder an den Liegenschaften der Mandantschaft, und werden uns freuen, dass auch wir eine kleine Rolle bei der Realisierung dieses Projekts hatten.
Das Mandat wird betreut von Dr. Miriam Vollmer.
re|Adventskalender Türchen 10: Die unwillige Landeskartellbehörde
Es begab sich in einer Kleinstadt in Mecklenburg-Vorpommern, dass ein Mandant von uns für eine größere einen Wärmeliefervertrag mit dem örtlichen Fernwärmeversorger abschließen wollte.
re|Adventskalender Türchen 9: Kindgerechte Mobilität auf Schulstraßen
Chaos durch sogenannte Elterntaxis vor Schulen ist seit einiger Zeit ein viel diskutiertes verkehrspolitisches Thema in der Öffentlichkeit. Insofern haben wir uns gefreut, als ein Bündnis verschiedener Verbände, Kidical Mass Aktionsbündnis, das Deutsche Kinderhilfswerk, der Verkehrsclub Deutschland e.V. auf uns zu kam, um der Frage auf den Grund zu gehen, ob es rechtliche Möglichkeiten gibt, Kindern durch sogenannte „Schulstraßen“ mehr eigenständige Mobilität auf dem Schulweg zu ermöglichen.

Das Konzept der Schulstraße wird in Frankreich und Österreich schon länger erfolgreich angewandt. In Österreich gibt es in der StVO sogar eigens ein Verkehrszeichen dafür. Unter einer „Schulstraße“ versteht man eine Straße, deren Fahrbahn zumindest zu Zeiten, zu denen Kinder auf dem Weg zur oder von der Schule sind, für den Fuß- und Radverkehr freigegeben und für den Kfz-Verkehr gesperrt ist.
Aufgrund der ziemlich restriktiven Vorgaben im deutschen Straßenverkehrsrecht haben sich Verkehrsverwaltungen in Deutschland bisher oft quergestellt oder Schulstraßen höchstens als Pilotprojekt ausprobiert. Wir haben jedoch in unserem Gutachten Wege aufzeigen können, wie Schulstraßen auf Grundlage des Straßenrechts rechtssicher ausgewiesen werden können. Das Rechtsgutachten hat große Resonanz gefunden. Zwischenzeitlich, kurz nach Veröffentlichung der ersten Fassung, hat das Ministerium in NRW auch in einem Erlass die Möglichkeiten zur Einrichtung von Schulstraßen anerkannt.
In einem weiteren Schritt haben wir, beauftragt von dem genannten und um Changing Cities und Campact erweiterten Bündnis, einen Leitfaden zur Einrichtung von Schulstraßen entwickelt. Inzwischen ist die Idee in vielen Städten Deutschlands aufgegriffen worden. (Olaf Dilling)
re|Adventskalender Türchen 8: Die Wärmewende in Eutin
Schleswig-Holstein ist schneller als fast alle anderen Bundesländer: Der Norden sieht schon seit 2021 eine Pflicht zur Wärmeplanung für größere Kommunen vor.
Eutin in Ostholstein hat diesen Stier früh und beherzt bei den Hörnern ergriffen. Die Kreisstadt des Landkreises Ostholstein plant eine THG-neutrale Versorgung mit Raumwärme schon für das Jahr 2040. Anhand eines digitalen Zwillings haben die mit der kommunalen Wärmwende beauftragten Stadtwerke Haus für Haus die Bedarfslage und die technisch/wirtschaftlichen Versorgungsalternativen identifiziert. Auf dieser Basis wurde ermittelt, wo Eigentümer auf einen Fernwärmeanschluss hoffen dürfen, und wo sich ein Fernwärmenetz nicht lohnt. Hier müssen Bewohner selbst eine Lösung finden, die mit dem Gebäude-Energiegesetz (GEG) konform ist wie etwa eine eigene Wärmepumpe.
Der Entwurf der Wärmeplanung sieht drei Fernwärmegebiete vor. Die Wärme soll dabei aus unterschiedlichen Quellen fließen. Geplant sind eine Solarthermieanlage mit einem Erdbeckenspeicher (PTES), die Nutzung von Abwärme, eine Flusswasserwärmepumpe, Biomasseanlagen und Luftwärmepumpen.

Geschäftsführer Marc Mißling zeigt die geplanten Fernwärmeversorgungsgebiete in Eutin
Wie viele andere Kommunen diskutiert auch Eutin, den Übergang in eine THG-freie Wärmeversorgung per Fernwärmesatzung zu moderieren. Fernwärmesatzungen waren noch vor wenigen Jahren unbeliebt. Doch die Neufassung des regulatorischen Umfeldes hat sich in dieser Beziehung als Gamechanger erwiesen. Dabei geht es Kommunen und ihren Stadtwerken – auch in Eutin – nicht darum, emissionsfreie „Konkurrenz“ aus dem Weg zu räumen. Wärmepumpen, auch andere emissionsfreie Heizungssysteme, selbst die zeitweise Nutzung von Kaminen, bleiben möglich.
Wir helfen mit, die Grenzen und Möglichkeiten von solchen Satzungen auszuloten, Verfahrensfragen zu klären und die Fragen der örtlichen Stakeholder rund um das Instrument zu beantworten. Nachdem wir in Sachen Wärmewende zuletzt viel im Südwesten des Landes aktiv waren, freuen wir uns über dieses reizvolle Mandat im hohen Norden.
Das Mandat führt Dr. Miriam Vollmer
re Adventskalender Türchen Nr. 7: Erfolgreiche Klage gegen Vattenfall Europe Sales GmbH
Mit unserem re Adventskalender geben wir Ihnen in der Vorweihnachtszeit ein wenig Einblick in echte Fälle, die wir in diesem Jahr bearbeitet haben:
Ein Mandant von uns und Immobilieneigentümer hatte in Berlin immer wieder Streit mit dem örtlichen Grundversorger Vattenfall Europe Sales GmbH. In einem Objekt befanden sich zwei stillgelegte Zähler, über die seit vielen Jahren kein Strom mehr abgenommen wurde. Trotzdem erhielt unser Mandant regelmäßig Rechnungen und Abschlagsfestlegungen für seinen vermeintlichen Stromverbrauch. Dieser Verbrauch wurde in den Rechnungen zwar korrekt mit Null kWh ausgewiesen, aber unser Mandant sollte trotzdem die Grundgebühr und Messentgelte zahlen oder aber die Zähler kostenpflichtig ausbauen lassen. Unser Mandant wollte beides nicht und wandte sich an uns.
Wir waren hier der Rechtsauffassung, dass der Grundversorger die Grundgebühr seines Grundversorgungstarifes nur dann in Rechnung stellen darf, wenn auch ein Grundversorgungsvertrag nach § 36 EnWG und § 2 StromGVV geschlossen worden war. Und ein solcher Vertragsschluss erfordert nach § 2 StromGVV entweder einen Vertragsschluss in Textform oder faktische Stromentnahme aus dem Netz. Beides war nicht gegeben.
Wir wandten uns daher zunächst außergerichtlich an Vattenfall, stießen dort aber auf wenig Verständnis. Nachdem unser Mandant gleichzeitig weiterhin Mahnungen, Mahngebühren und vermeintliche Abschlagsforderungen gefolgt von Inkassoandrohungen erhielt, reichten wir schließlich beim Landgericht Berlin eine negative Feststellungsklage ein.
Bei der negativen Feststellungsklage wird vom Kläger nicht auf Zahlung geklagt oder auf Feststellung eines Vertrages, sondern gerade umgekehrt auf feststellung, dass man dem Beklagten das geforderte Geld gerade nicht schulde oder der vom Beklagten behauptete vertrag gerade nicht besteht. In der Praxis ist die Art der Klage eher selten aber hat seine Berechtigung.

Der gerichtliche Schlagabtausch war dann denkbar kurz. Nachdem Vattenfall sich zunächst auf die Klageschrift gar nicht weiter äußerte und wir uns kurz vor der mündlichen Verhandlung schon fragten, ob es zu einem Säumnisurteil kommen würde, erklärte Vattenfall dann kurz vor der Verhandlung das Anerkenntnis unserer Klage – mit der Folge, dass das Landgericht Berlin ein Anerkenntnisurteil erlies.

Manchmal kann auch alles ganz einfach sein.
(Christian Dümke)