Im Zweifel ist Asbest drin: Die LAGA M 23

Asbest – ein Wort, das Bauherren, Entsorger und Recycling­un­ter­nehmen aufhorchen lässt. Jahrzehn­telang galt das Material als Wunder­werk­stoff in der Baubranche, bis seine verhee­renden gesund­heit­lichen Folgen bekannt wurden. Die Vorteile lagen dereinst auf der Hand: Das Material ist hitze­be­ständig, feuerfest, wider­stands­fähig gegen Chemi­kalien, nicht elektrisch leitend und zudem sehr langlebig. Dadurch wurde es in unzäh­ligen Produkten verar­beitet – von Dach- und Fassa­den­platten über Isolie­rungen bis hin zu Fliesen­klebern und Boden­be­lägen. Gerade im Brand­schutz und bei der Wärme­dämmung galt Asbest als nahezu unver­zichtbar. Erst mit der Zeit wurde klar, dass die einge­at­meten Fasern schwere Lungen­er­kran­kungen wie Asbestose und Lungen­krebs verur­sachen können. Diese Erkenntnis führte schließlich zum Asbest­verbot in Deutschland im Jahr 1993. In der EU besteht schließlich seit 2005 für Asbest ein weitge­hendes Herstellungs‑, Inver­kehr­bringens- und Verwendungsverbot.

Bislang wurden Asbest­be­las­tungen vor allem in typischen Produkten wie Asbest­ze­ment­platten oder Dachein­de­ckungen vermutet. Doch neue Erkennt­nisse zeigen: Asbest steckt oft dort, wo man es nicht erwartet – in Spach­tel­massen, Putzen, Fliesen­klebern oder Farban­strichen. Diese versteckten Gefah­ren­quellen sind mit bloßem Auge nicht erkennbar und stellen ein ernst­haftes Risiko für Arbeiter, Entsorger und die Umwelt dar. Genau hier setzt die aktua­li­sierte LAGA M 23 seit November 2022 an. In Brandenburg wurde die Beachtung der LAGA M 23 durch den Erlass vom 26.11.2024 im abfall­recht­lichen Vollzug – auch im Zusam­menhang mit immis­si­ons­schutz­rechtlich geneh­mi­gungs­be­dürf­tigen Abfall­ent­sor­gungs­an­lagen mit weiteren Hinweise bei der Umsetzung angeordnet. Damit ist die LAGA M 23 in Brandenburg nicht nur ein antizi­piertes Sachver­stän­di­gen­wissen, sondern unmit­telbar von den Behörden zu beachten. Hiermit haben wir nun die ersten Erfah­rungen in der Praxis. Doch worum geht’s eigentlich?

Das Ziel: Mehr Sicherheit durch klare Vorgaben

Die überar­beitete LAGA M 23 verfolgt zwei zentrale Ziele: Erstens, Asbest konse­quent aus dem Stoff­kreislauf auszu­schleusen, um Gesund­heits- und Umwelt­ri­siken zu minimieren. Zweitens, das Recycling von minera­li­schen Bau- und Abbruch­ab­fällen zu fördern – aller­dings nur, wenn nachge­wiesen ist, dass diese frei von Asbest sind.

Eine der wichtigsten Neuerungen: Gebäude, die vor dem 31. Oktober 1993 errichtet wurden, müssen vor Abriss oder Umbau auf asbest­haltige Materialien unter­sucht werden. Dabei gilt ein mehrstu­figes Verfahren: Zunächst wird geprüft, ob ein begrün­deter Verdacht auf Asbest besteht. Falls ja, sind Materi­al­proben erfor­derlich, die nach festge­legten Methoden analy­siert werden. Liegt der Asbest­gehalt über einem bestimmten Schwel­lenwert, ist eine geson­derte Entsorgung notwendig.

Heraus­for­derung für Bau- und Recyclingbranche

Die neuen Anfor­de­rungen bedeuten mehr Aufwand für Bauun­ter­nehmen und Recycling­be­triebe. Abfälle werden künftig in drei Kategorien einge­teilt: eindeutig asbestfrei, verdächtig (unter­suchen!) oder nachweislich asbest­haltig. Nur Material ohne Asbest­nachweis darf recycelt werden. Wer auf Nummer sicher gehen will, muss also genau hinschauen und lückenlos dokumentieren.

Doch der Aufwand lohnt sich: Durch die stren­geren Vorgaben werden nicht nur Menschen geschützt, sondern auch die Qualität des Bauschutt­re­cy­clings verbessert. Denn eins ist klar: Keiner will, dass asbest­hal­tiges Material unbemerkt in neuen Baupro­jekten landet.

Fazit: Mehr Aufwand, aber auch mehr Schutz?

Mit der neuen LAGA M 23 wird der Umgang mit asbest­hal­tigen Bauab­fällen klar geregelt. Im Zweifel ist Asbest drin und das kostet dann. Zwar erfordert die Umsetzung mehr Sorgfalt und Dokumen­tation, doch soll sie sicher­stellen, dass gefähr­liche Stoffe nicht unkon­trol­liert in den Stoff­kreislauf gelangen. Bauun­ter­nehmen, Entsorger und Recycling­firmen müssen sich mit den neuen Vorgaben vertraut machen – denn wer hier auf Prävention setzt, spart langfristig Kosten und sorgt für eine sichere Zukunft. Ob diese Botschaft jedoch auch beim Ottonor­mal­bürger ankommt, der sein Haus in Eigenhand saniert oder seinen Kanin­chen­stall abreißt, bleibt fraglich. Dann mag womöglich der Weg in den Wald kürzer sein, als zum Entsorger. Ob beim Abriss oder im Recycling: Wer auf Nummer sicher geht, schützt nicht nur sich selbst, sondern auch kommende Genera­tionen. Doch teurer wird es allemal. (Dirk Buchsteiner)