Preis­ga­rantie im Gaslie­fer­vertrag und das BEHG

Im Sonder­kun­den­vertrag Gas sind sie alltäglich: Mehr oder weniger lange Preis­ga­rantien. Bei den Kunden sind sie beliebt, denn das Risiko plötz­licher Preis­sprünge liegt dann nicht bei Ihnen, sondern beim Versorger.

Oft – wenn auch nicht immer – gilt diese Preis­ga­rantie aber nicht unein­ge­schränkt. Änderungen der Umsatz­steuer etwa sind so gut wie immer von der Preis­ga­rantie ausge­nommen, auch andere Steuern und Umlagen werden meistens dem Kunden auferlegt. Doch wie sieht es mit den Kosten für Zerti­fikate aus, die der Gaslie­ferant für die ab dem 1. Januar 2021 ausge­lie­ferten Gasmengen nach dem neuen BEHG erwerben und bei der Deutschen Emissi­ons­han­dels­stelle (DEHSt) abgeben muss?

Überra­schend verbreitet ist der Irrtum, hoheitlich veran­lasste Belas­tungen dürften immer weiter­ge­reicht werden und Preis­ga­rantien bezögen sich stets nur auf den beein­fluss­baren Teil des Kosten­blocks eines Produkts. Dies trifft ganz eindeutig nicht zu. Hier übertragen offenbar viele die Rechtslage beim grund­ver­sorgten Kunden auf den Sonder­ver­trags­kunden, doch dessen Vertrag gehorcht anderen Gesetzen (zur generellen Weitergabe von BEHG-Kosten hier). Hier gilt die Vertrags­freiheit: Worauf Versorger und der Kunde sich geeinigt haben, das gilt.

Damit rückt der genaue Wortlaut des Vertrags in den Fokus. Was genau steht in der Steuer- und Abgabe­klausel? Gibt es vielleicht sogar eine Regelung, die sich mit neuen Belas­tungen beschäftigt? Bei Verträgen, die zu einem Zeitpunkt abgeschlossen wurden, bevor der neue nationale Emissi­ons­handel Gestalt annahm: Lässt das Gesamt­ge­präge des Vertrags einen Rückschluss darauf zu, wie sich die Parteien auch bezogen auf diese neue Belastung die Verteilung vorge­stellt haben?

Doch über die Vertrags­aus­legung hinaus ergibt sich bei den Lasten nach dem BEHG ein weiteres Problem: Worum handelt es sich eigentlich? Diese Frage ist hier keineswegs rein akade­mi­scher Natur. Wenn der Vertrag ausweist, dass Steuern stets beim Kunden bleiben, gilt das natürlich nur dann für das BEHG, wenn die Zerti­fikate nach dem BEHG als Steuern zu betrachten sind. Doch worum es sich beim BEHG eigentlich handelt, ist hochum­stritten. Das neue Instrument könnte eine verfas­sungs­widrige Steuer darstellen oder eine verfas­sungs­kon­forme nicht­steu­er­liche Sonder­abgabe (hierzu mehr hier), und damit ist zumindest bei manchen Verträgen nunmehr höchst unklar, ob die Kosten gewälzt werden dürfen oder nicht.

Was bedeutet das nun für Gasver­sorger, aber auch für Gaskunden? Sofern der Sonder­kun­den­vertrag nicht glasklar ausweist, wie mit den Kosten nach dem BEHG umzugehen ist, bedarf dies unbedingt der Prüfung, dies um so dring­licher, wenn der Gaskunde Vermieter ist. Hat der Versorger Zweifel, wie es mit seinem Sonder­kun­den­vertrag aussieht, sollte er zumindest für die Zukunft schleu­nigst seine AGB anpassen. Denn ist eine echte Festpreis­ver­ein­barung erst einmal in der Welt, bezahlt er für die Zukunft mögli­cher­weise das BEHG sonst in viel zu vielen Fällen aus der eigenen Tasche (Miriam Vollmer)

2020-08-21T19:32:41+02:0021. August 2020|Emissionshandel, Gas, Vertrieb|

Kohle­aus­stiegs­gesetz: BVerfG weist STEAG ab

Das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt (BVerfG) hat mit Datum vom18. August 2020  einen Eilantrag der STEAG gegen das Kohle­aus­stiegs­gesetz zurück­ge­wiesen. Das Unter­nehmen hatte Eilantrag gestellt, weil schon in wenigen Wochen – also zu schnell für eine Verfas­sungs­be­schwerde – die im Gesetz vorge­se­henen Auktio­nie­rungen für die Still­legung von Erzeu­gungs­ka­pa­zi­täten aus Kohle erstmals vollzogen werden. Da die Höchst­preise im Laufe der Auktionen von jetzt bis 2027 stetig sinken, spielt der Zeitfaktor eine erheb­liche Rolle (zum Kohle­aus­stiegs­gesetz hier).

Was kriti­siert die STEAG konkret? Nach Ansicht des Unter­nehmens verletzt die Ausge­staltung des Kohle­aus­stiegs den Gleich­be­hand­lungs­an­spruch des Stein­koh­le­ver­stromers STEAG, weil mit Betreibern von Braun­koh­le­kraft­werken gesprochen wurde und über einver­nehm­liche, verhan­delte Verträge ausge­stiegen werden soll, mit der Stein­kohle aber nicht (das finden auch wir schwierig). Dies für unwirksam zu erklären ist aber kein geeig­neter Gegen­stand für ein verfas­sungs­ge­richt­liches Eilver­fahren, deswegen hatte STEAG „nur“ eine Ausweitung des Volumens der ersten Stein­koh­le­still­le­gungs­auktion um etwa 20% beantragt sowie eine Feststellung des BVerfG, dass die Höhe der Zuschläge vorläufig ist, bevor sie im Verfas­sungs­be­schwer­de­ver­fahren überprüft wird.

Doch wie es mit der Verfas­sungs­kon­for­mität des Kohle­aus­stiegs aussieht, hat das BVerfG nun leider offen gelassen. Denn nach Ansicht der Karls­ruher Richter darf die STEAG sich gar nicht über eine Grund­rechts­ver­letzung beschweren, weil sie aufgrund von mehr 50% öffent­licher Inves­toren, insgesamt 85,9%, nicht beschwer­de­befugt ist. Nach Ansicht des BVerfG ist die STEAG deswegen nicht Grund­rechts­trä­gerin, sondern quasi der Staat selbst mit einem privat­recht­lichen Mäntelchen. Darauf, dass die STEAG hier auch nicht anders agiert als eine Vattenfall SE oder eine E.ON komme es nicht an.

Die STEAG hatte sich in Anlehnung an die Entscheidung „Recht auf Vergessen II“ auch auf die EU-Grund­rechts­charta berufen (zu dieser Entscheidung hier). Doch auch dies hat die Richter nicht überzeugt. Denn dem Kohle­aus­stiegs­gesetz liegen keine EU-Regelungen zugrunde. Nur dann, wenn das deutsche Recht, um das es geht, durch Gemein­schafts­recht deter­mi­niert ist, will das BVerfG entlang der EU-Grund­rechte prüfen. Damit hat die STEAG nicht nur das Eilver­fahren verloren, sondern danach ist es auch sinnlos, noch eine Verfas­sungs­be­schwerde einzulegen.

Ist das Kohle­aus­stiegs­gesetz damit also sicher? Natürlich nicht. Es gibt viele andere Akteure, die klagen könnten, weil sie keine öffent­lichen Anteils­eigner haben. Was schade ist: Es wird nun länger dauern, bis wir wissen, ob die konkrete Ausge­staltung des Kohle­aus­stiegs­ge­setzes so in Ordnung ist (Miriam Vollmer),

 

2020-08-20T21:55:00+02:0020. August 2020|Allgemein, Energiepolitik, Strom|

Schul­den­bremse erfordert Straßenausbaubeitrag

Dass die beim Bau von Straßen gefor­derten Straßen­aus­bau­bei­träge unter Bürgern und Politikern zunehmend umstritten sind, hatten wir schon einmal berichtet. Daher verzichten Kommunen in viele Bundes­länder zunehmend auf ihre Erhebung, die für einzelne Anlieger – gerade an Eckgrund­stücken – eine besondere Härte darstellen können.

Doch ein aktuell vom Oberver­wal­tungs­ge­richt (OVG) Lüneburg entschie­dener Fall zeigt, dass der Verzicht nicht immer im Ermessen der Gemeinde steht: Die Stadt Laatzen bei Hannover hatte beschlossen, die Satzung zur Erhebung von Straßen­aus­bau­bei­trägen aufzu­heben. Dagegen hatte sich die Region Hannover als Kommu­nal­auf­sichts­be­hörde gewandt. Zunächst hatte das Verwal­tungs­ge­richt Hannover der Gemeinde recht gegeben: Denn es stehe es der Gemeinde frei, Straßen­aus­bau­bei­träge nach § 6b Abs. 1 des Nieder­säch­si­schen Kommu­nal­ab­ga­ben­ge­setzes zu erheben. 

Dagegen entschied das OVG, dass die Gemeinde zur Erhebung der Beiträge verpflichtet sei. Denn angesichts der aktuellen Finanzlage der Gemeinde könne sie den Wegfall der Straßen­aus­bau­bei­träge nur über Kredite finan­zieren. Die verstoße aber gegen § 111 Abs. 6 des Nieder­säch­si­schen Kommu­nal­ver­fas­sungs­ge­setzes. Demnach dürfen Kommunen Kredite nur aufnehmen, wenn eine andere Finan­zierung nicht möglich ist oder wirtschaftlich unzweck­mäßig wäre.

Tatsächlich ist es aus Sicht des Landes wichtig, dass Kommunen nicht über ihre Verhält­nisse leben und „ungedeckte“ Geschenke an ihre Bürger verteilen. Aller­dings gäbe es auch Alter­na­tiven, wie wieder­keh­rende Beiträge für festzu­le­gende Beitrags­ge­biete, die verhindern würden, dass mit einem Mal sehr hohe Beiträge fällig werden. Dafür wären sie öfter zu zahlen. 

Mitunter wird auch eine Erhöhung der Grund­steuer vorge­schlagen. Daraus resul­tiert aller­dings das Problem, dass Steuer­ein­nahmen nicht zweck­ge­bunden erhoben werden. Es kann dann mit anderen Worten nicht sicher­ge­stellt werden kann, dass die Grund­steu­er­erhöhung dem Straßenbau zugute kommt (Olaf Dilling).

 

2020-08-19T15:08:32+02:0019. August 2020|Verkehr, Verwaltungsrecht|