Geld gegen Klima­schutz: Das Eckpunk­te­papier zur BEHG-Kompensation

Der nationale Emissi­ons­handel (nEHS) nach dem BEHG wird die Energie­preise deutlich verteuern. Deswegen hat die Bundes­re­gierung gem. § 11 Abs. 3 BEHG den Auftrag, per Verordnung ab 2022 eine Kompen­sation für dieje­nigen Unter­nehmen vorzu­sehen, die ansonsten abwandern könnten. Hierfür gibt es nun ein aktuelles Eckpunk­te­papier der Bundes­re­gierung, aus der hervorgeht, was sie für die betrof­fenen Unter­nehmen plant:

# Während im Gesetz von 2022 die Rede ist, sollen die Unter­nehmen nun doch schon 2021 entlastet werden.

# Die Regelung soll der Strom­kos­ten­kom­pen­sation im EU-Emissi­ons­handel ähneln. Es wird also auf eine Rückzahlung hinaus­laufen: Die Unter­nehmen zahlen erst einmal BEHG-Kosten ganz normal als Teil ihrer Brenn­stoff­kosten. Und im nächsten Jahr stellen sie einen Antrag und bekommen Geld zurück.

# Die Bundes­re­gierung plant, auf die Carbon-Leakage-Liste der EU zurück­zu­greifen. Auf dieser Liste stehen die Unter­nehmen, die von Klima­schutz­aß­nahmen so erheblich betroffen sind, dass sie unter­stützt werden sollen, damit sie in der EU bleiben, statt andernorts unregu­liert mehr zu emittieren.

# Wie bei der Strom­kos­ten­kom­pen­sation soll auch bei dieser Beihilfe auf Basis von Bench­marks gezahlt werden, so dass Unter­nehmen einen Anreiz haben, effizi­enter zu werden, weil die Beihilfe nur die Mehrkosten abdeckt, die ein energe­tisch optimal aufge­stelltes Unter­nehmen hätte.

# Einfach so gibt es kein Geld: Wer in den Genuss der Beihilfe kommen will, muss nachweisen, dass er Dekar­bo­ni­sie­rungs­maß­nahmen durch­führt oder Maßnahmen zur Energie­ef­fi­zienz ergreift.

Insgesamt macht das Eckpunk­te­papier einen vernünf­tigen Eindruck: Geld gibt es nur, wenn Unter­nehmen auch etwas tun, um klima­freund­licher zu werden. Das ist nicht nur fair gegenüber denen, die schon viel inves­tiert haben. Sondern wird es auch der Europäi­schen Kommission hoffentlich erleichtern, die Beihilfe zu notifi­zieren (Miriam Vollmer)

 

Von |2020-10-02T22:57:27+02:002. Oktober 2020|Allgemein, Emissionshandel, Industrie, Strom, Verwaltungsrecht|

Neues zum BEHG: Ausschuss­an­hörung im Bundestag

Das Brenn­stoff-Emissi­ons­handels-Gesetz (BEHG) wurde zwar bereits im Dezember verab­schiedet, aber weil es nach einer Einigung im Vermitt­lungs­aus­schuss umgehend wieder geändert werden soll, fand am 16. September nochmals eine Anhörung im Umwelt­aus­schuss des Bundes­tages statt. Zwar war der Anlass die Erhöhung der Zerti­fi­kat­preise von einer Spanne von 10 bis 35 EUR von 2021 bis 2025 auf 25 bis 55 EUR. Aber die Sachver­stän­digen beschränkten sich keineswegs auf diesen ja nun auch an sich wenig ergie­bigen Punkt. Statt dessen ging es um Folgendes:

Für viel Ärger sorgt die bestehende Rechts­un­si­cherheit rund um Siedlungs­ab­fälle und Klärschlamm. Hier gehen die Ansichten ausein­ander, ob und unter welchen Bedin­gungen es sich um Brenn­stoffe nach dem BEHG handelt oder eben nicht. Diese Rechts­un­si­cherheit wird als Problem empfunden, denn eine Kosten­wälzung setzt ja natur­not­wendig voraus, dass es überhaupt Einigkeit darüber gibt, ob Kosten entstehen. Zudem stellt auch die Bericht­erstattung ein Problem dar, weil nicht standar­di­sierte Brenn­stoffe stets aufwän­diger berichtet werden müssen als Standard­brenn­stoffe wie zB Erdgas. Innerhalb der Verbands­land­schaft wünscht man sich partiell zudem, dass nicht der, der den Brenn­stoff in Verkehr bringt, die Pflichten nach dem BEHG erfüllen muss, sondern (wie im EU-Emissi­ons­handel) der Emittent. Da dies mögli­cher­weise noch bei der Abfall­ver­brennung vorstellbar ist, nicht aber bei der Verbrennung praktisch aller anderen erfassten Brenn­stoffe wie Erdgas oder Benzin, ist aber kaum anzunehmen, dass der Gesetz­geber dies so aufgreift.

Der Trierer Professor Tappe äußert sich überra­schend positiv zur Frage der Verfas­sungs­kon­for­mität des BEHG. Diese wird in der Literatur bisher weitgehend verneint (hier auch), weil bis 2025 keine Knappheit an Zerti­fi­katen herrscht, die das BVerfG bisher als Voraus­setzung einer wirksamen nicht­steu­er­lichen Sonder­abgabe quali­fi­ziert hat. Tappe verweist hier auf einen weiten Gestal­tungs­spielraum des Gesetz­gebers und – etwas überra­schend – auf den Umstand, dass es bis 2025 gar keinen Markt­me­cha­nismus gebe. Aber spricht das wirklich für eine verfas­sungs­kon­forme nicht­steu­er­liche Sonder­abgabe und nicht etwa für eine verfas­sungs­wid­ri­ger­weise nicht gegen­leis­tungslose Steuer? Prof. Wernsmann, der für die FDP auch ein entspre­chendes Gutachten verfasst hat, vertrat – entspre­chend wenig überra­schend – die Gegen­po­sition.

Dass Teile der Industrie (viele aber auch nicht) den kommenden CO2-Preis für zu hoch halten, überrascht nicht. Auch die Gewerk­schaften wünschen sich eine in Summe gleich­blei­bende, besser kompen­sierte Belas­tungs­si­tuation. Dem gegenüber weist Dr. Graichen von der AGORA darauf hin, dass auch die erhöhten Zerti­fi­kat­kosten nicht ausreichen, auch nur den Wechsel von Heizöl auf Erdgas zu motivieren und regt an, die Zerti­fi­kat­kosten zu verdoppeln.

Doch wie wahrscheinlich ist es, dass die Politik die Positionen noch einmal aufgreift? Die Erhöhung der Zerti­fi­kat­preise ist vom Bundes­ka­binett beschlossen. Unwahr­scheinlich, dass die Koalition es sich noch einmal neu überlegt. Das bedeutet: Kleinere Korrek­turen wird es vielleicht noch auf Verord­nungs­ebene geben, vor allem rund um die Bericht­erstattung. Eine grund­le­gende Neuordnung sowohl des Mecha­nismus an sich als auch in Hinblick auf die Preise ist wohl erst frühestens nach der nächsten Bundes­tagswahl zu erwarten (Miriam Vollmer).

Von |2020-09-17T21:18:43+02:0017. September 2020|Emissionshandel, Umwelt|

Preis­ga­rantie im Gaslie­fer­vertrag und das BEHG

Im Sonder­kun­den­vertrag Gas sind sie alltäglich: Mehr oder weniger lange Preis­ga­rantien. Bei den Kunden sind sie beliebt, denn das Risiko plötz­licher Preis­sprünge liegt dann nicht bei Ihnen, sondern beim Versorger.

Oft – wenn auch nicht immer – gilt diese Preis­ga­rantie aber nicht unein­ge­schränkt. Änderungen der Umsatz­steuer etwa sind so gut wie immer von der Preis­ga­rantie ausge­nommen, auch andere Steuern und Umlagen werden meistens dem Kunden auferlegt. Doch wie sieht es mit den Kosten für Zerti­fikate aus, die der Gaslie­ferant für die ab dem 1. Januar 2021 ausge­lie­ferten Gasmengen nach dem neuen BEHG erwerben und bei der Deutschen Emissi­ons­han­dels­stelle (DEHSt) abgeben muss?

Überra­schend verbreitet ist der Irrtum, hoheitlich veran­lasste Belas­tungen dürften immer weiter­ge­reicht werden und Preis­ga­rantien bezögen sich stets nur auf den beein­fluss­baren Teil des Kosten­blocks eines Produkts. Dies trifft ganz eindeutig nicht zu. Hier übertragen offenbar viele die Rechtslage beim grund­ver­sorgten Kunden auf den Sonder­ver­trags­kunden, doch dessen Vertrag gehorcht anderen Gesetzen (zur generellen Weitergabe von BEHG-Kosten hier). Hier gilt die Vertrags­freiheit: Worauf Versorger und der Kunde sich geeinigt haben, das gilt.

Damit rückt der genaue Wortlaut des Vertrags in den Fokus. Was genau steht in der Steuer- und Abgabe­klausel? Gibt es vielleicht sogar eine Regelung, die sich mit neuen Belas­tungen beschäftigt? Bei Verträgen, die zu einem Zeitpunkt abgeschlossen wurden, bevor der neue nationale Emissi­ons­handel Gestalt annahm: Lässt das Gesamt­ge­präge des Vertrags einen Rückschluss darauf zu, wie sich die Parteien auch bezogen auf diese neue Belastung die Verteilung vorge­stellt haben?

Doch über die Vertrags­aus­legung hinaus ergibt sich bei den Lasten nach dem BEHG ein weiteres Problem: Worum handelt es sich eigentlich? Diese Frage ist hier keineswegs rein akade­mi­scher Natur. Wenn der Vertrag ausweist, dass Steuern stets beim Kunden bleiben, gilt das natürlich nur dann für das BEHG, wenn die Zerti­fikate nach dem BEHG als Steuern zu betrachten sind. Doch worum es sich beim BEHG eigentlich handelt, ist hochum­stritten. Das neue Instrument könnte eine verfas­sungs­widrige Steuer darstellen oder eine verfas­sungs­kon­forme nicht­steu­er­liche Sonder­abgabe (hierzu mehr hier), und damit ist zumindest bei manchen Verträgen nunmehr höchst unklar, ob die Kosten gewälzt werden dürfen oder nicht.

Was bedeutet das nun für Gasver­sorger, aber auch für Gaskunden? Sofern der Sonder­kun­den­vertrag nicht glasklar ausweist, wie mit den Kosten nach dem BEHG umzugehen ist, bedarf dies unbedingt der Prüfung, dies um so dring­licher, wenn der Gaskunde Vermieter ist. Hat der Versorger Zweifel, wie es mit seinem Sonder­kun­den­vertrag aussieht, sollte er zumindest für die Zukunft schleu­nigst seine AGB anpassen. Denn ist eine echte Festpreis­ver­ein­barung erst einmal in der Welt, bezahlt er für die Zukunft mögli­cher­weise das BEHG sonst in viel zu vielen Fällen aus der eigenen Tasche (Miriam Vollmer)

Von |2020-08-21T19:32:41+02:0021. August 2020|Emissionshandel, Gas, Vertrieb|

BEHG: Warum auch die Biogenen?

Irgendwann waren wir mal bei einer Veran­staltung, auf der ein Opposi­ti­ons­po­li­tiker sprach. Es ging um Umwelt­po­litik. Der Politiker sprach etwas länglich, es war sehr warm im Raum, kurz: Wir schauten versonnen aus dem Fenster, als der Politiker auf einmal konkret wurde und forderte, Umwelt­schutz müsse unbüro­kra­ti­scher werden, man müsse weg von der Verbots­po­litik, und deswegen sei der Emissi­ons­handel drastisch auszu­weiten. Schlag­artig waren wir wach.

Tatsächlich sieht es nämlich so aus: Wir mögen den Emissi­ons­handel. Aber unbüro­kra­tisch ist er nicht. Vom Überwa­chungsplan über die jährlichen Emissi­ons­be­richte, vom Zutei­lungs­ver­fahren mal ganz abgesehen, verlangt der Emissi­ons­handel den Adres­saten eine Menge ab. Man hat definitiv mehr mit der Behörde zu tun als in den meisten ordnungs­rechtlich geregelten Materien.

Derzeit spricht alles dafür, dass das auch für den neuen Brenn­stoff-Emissi­ons­handel gilt, der ab 2021 eine flächen­de­ckende Bepreisung von CO2 gewähr­leisten soll. Zwar werden in den ersten beiden Jahren erst einmal nur Standard­brenn­stoffe – vor allem Benzin und Erdgas – einbe­zogen, aber ab 2023 praktisch alles, was brennt. Wie die DEHSt in ihrem Hinter­grund­papier inzwi­schen klarge­stellt hat: Auch biogene Brenn­stoffe, wie etwa Holz. Wer Holzpellets in Verkehr bringt, muss also einen Überwa­chungsplan erstellen und auch Emissi­ons­be­richte abgeben. Emissi­ons­zer­ti­fikate muss er dagegen nicht abführen, denn abseh­ba­rer­weise werden biogene Kohlen­di­oxid­emis­sionen mit „null“ veran­schlagt, so, wie beim „großen Bruder“ EU-Emissi­ons­handel auch.

Gleichwohl: Viele kleine Händler wird das nicht freuen. Sie brauchen ab 2023 eine ganz neue Infra­struktur. Ökolo­gi­scher Nutzen? Nicht nur auf den ersten Blick nicht erkennbar. Dafür gibt es ein nicht unerheb­liches Risiko, etwas falsch zu machen und ein Sankti­ons­ver­fahren zu riskieren. Ob das wirklich sinnvoll ist, lassen wir mal dahin­stehen. Ganz sicher ist es aber nicht das, was erwähnter Politiker meinte, als er vom unbüro­kra­ti­schen, markt­wirt­schaft­lichen Umwelt­schutz­in­strument Emissi­ons­handel sprach (Miriam Vollmer).

Sie möchten sich über den natio­nalen Emissi­ons­handel infor­mieren? Wir wieder­holen unser Webinar zum BEHG am 23. Juni 2020 von 10.00 Uhr bis 12.15 Uhr. Mehr Infos und Anmeldung gibt es hier.

 

Von |2020-06-05T18:59:52+02:005. Juni 2020|Emissionshandel, Umwelt, Verwaltungsrecht|

BEHG: Was heisst der Kabinettsbeschluss?

Am 20. Mai 2020 hat das Bundes­ka­binett die im Vermitt­lungs­aus­schuss im Dezember 2019 gefundene Lösung für das Brenn­stoff-Emissi­ons­han­dels­gesetz (BEHG) beschlossen und so die Voraus­setzung für eine schnelle Verab­schiedung geschaffen. Die Preise für Emissi­ons­zer­ti­fikate sollen damit drastisch steigen, schon 2021 sind 25 EUR statt 10 EUR geplant. 2026, im ersten Verstei­ge­rungsjahr, sollen 55 – 65 EUR erlöst werden. Das Geld soll u. a. die EEG-Umlage senken. Die für diese Senkung erfor­der­liche Änderung der Erneu­erbare-Energien-Verordnung hat das Kabinett gleich­falls beschlossen, sie muss nun auch in den Bundestag.

Was heisst das nun für die Liefe­ranten von Gas und Fernwärme? Da es eine gefes­tigte Recht­spre­chung gibt, nach der nur solche hoheit­lichen Belas­tungen über allge­meine Steuer- und Abgabe­klauseln gewälzt werden können, die zum Zeitpunkt des Vertrags­schlusses noch nicht absehbar waren, ist es gerade für neue Gas-Sonder­kun­den­ver­träge nun aller­höchste Eisenbahn. Mit viel gutem Willen konnte bisher noch argumen­tiert werden, dass nach Inkraft­treten eines Gesetzes, aber vor einer schon politisch angekün­digten Änderung noch die endgültige Regelung abgewartet werden sollte, aber wer nicht am Ende bei Neuver­trägen aus dem laufenden Jahr auf Kosten für das BEHG sitzen­bleiben will, sollte nun spätestens seine Verträge angehen. Auch bei Bestands­kunden sollten die Verträge zumindest noch einmal gründlich daraufhin geprüft werden, wie die Weitergabe abgesi­chert ist.

Ähnlich sieht es in der Fernwärme aus. Hier gibt es kein gesetz­liches Recht, neuartige Kosten einfach ohne Vertrags­än­derung weiter­zu­reichen, weil weder das neue Gesetz noch die AVBFern­wärmeV eine solche Regelung enthält. Es bedarf also einer vertrag­lichen Änderung. Diese Änderung, die nach aktueller oberge­richt­licher Recht­spre­chung auch nicht ohne das Einver­ständnis der Kunden zustande kommen dürfte. Wenn die ab 2021 anfal­lenden Kosten nun weiter­ge­reicht werden sollen, bedarf es also einer Überar­beitung der Kunden­ver­träge mit erfah­rungs­gemäß einigem Vorlauf. Unter­nehmen, die neben BEHG-Kosten etwa aus nicht emissi­ons­han­dels­pflichtige Anlagen, auch TEHG-Wärme liefern, sollten zudem auch in Ansehung des Kosten­ori­en­tie­rungs­gebots nach § 24 Abs. 4 AVBFern­wärneV darüber nachdenken, auch das TEHG endlich in ihrer Formel unter­zu­bringen, weil eine asymme­trische Berück­sich­tigung der unter­schied­lichen Klima­schutz­in­stru­mente die Preis­ent­wicklung mindestens verzerrt (Miriam Vollmer).

Von |2020-05-22T10:38:13+02:0022. Mai 2020|Emissionshandel, Gas, Vertrieb, Wärme|

BEHG: Und wenn die ganze Welt zusammenfällt

Am 1. Januar 2021 geht der nationale Emissi­ons­handel nach dem Brenn­stoff-Emissi­ons­han­dels­gesetz (BEHG) los: Wer Brenn­stoffe in Verkehr bringt, muss im Jahr 2022 über die Vorjah­res­e­mis­sionen berichten und Emissi­ons­zer­ti­fikate abgeben. Das bedeutet, dass auch ab 2021 zusätz­liche Kosten ausgelöst werden, die weiter­ge­geben werden müssen, wenn der Versorger sie nicht selbst übernehmen möchte.

Doch bis jetzt ist von den vielen Durch­füh­rungs­ver­ord­nungen, die die Unter­nehmen für die Vorbe­reitung brauchen, nichts zu sehen. Das mag mit der durch die Corona-Pandemie bedingten Änderungen im Arbeits­alltag auch eines Minis­te­riums zu tun haben. Aber kann das wirklich allein den betei­ligten Unter­nehmen zur Last fallen? Die sind ohnehin gerade damit beschäftigt, den alltäg­lichen Betrieb aufrecht zu halten. Teilweise ist immer nur ein Teil der Mitar­beiter vor Ort, damit im Falle des Falles nicht die gesamte örtliche Versorgung zusam­men­bricht. Teilweise wird aus dem Home Office gearbeitet, was Abstim­mungen über so sensible Punkte wie Allge­meine Versor­gungs­be­din­gungen der Grund­ver­sorgung, Sonder­kun­den­ver­träge inklusive der Preis­ga­rantien und die interne Organi­sation der mit dem neuen Gesetz einher­ge­henden Verpflich­tungen deutlich erschwert. Schließlich muss nicht nur geklärt werden, wer künftig was zu erledigen hat, und wer ihn dabei vertritt. Die künftig zustän­digen Mitar­beiter müssen sich auch einar­beiten und fortbilden können, was schwierig ist, wenn parallel viele Fortbil­dungs­an­gebote auf Eis gelegt werden.

Planen Unter­nehmen, die künftigen Aufgaben mit einem Dienst­leister zu bewäl­tigen, wird die Sache erst recht schwie­riger als in gewöhn­lichen Zeiten. Es kann ja nicht einmal ein Ortstermin statt­finden. Abstim­mungen sind deutlich erschwert, wenn nur ein Teil der für die Abstimmung erfor­der­lichen Mitar­beiter überhaupt im Büro sein kann. Schon ohne die gerade für kritische Infra­struk­turen fordernde Corona-Krise war der Zeitplan für die Umsetzung des BEHG fordernd. Nun wäre es schön gewesen, wenn das BEHG um 12 Monate nach hinten verschoben werden würde. So bleibt es dabei: Unter­nehmen dürfen die Beschäf­tigung mit dem BEHG nicht nach hinten verschieben (Miriam Vollmer).

Wir unter­stützen Sie auch in schwie­rigen Zeiten: Am Mittwoch, den 8. April 2020 um 10.00 Uhr bis 12.00 Uhr gibt es ein Webinar zum BEHG. Der Teilnah­me­betrag beträgt 125 EUR zzgl. USt. (Mandanten 75 EUR zzgl. USt.). Anmeldung bitte per Mail.

Von |2020-03-30T11:51:44+02:0030. März 2020|Emissionshandel, Gas|

BEHG: Flucht in den Emissionshandel

Am 1.1.2021 geht es los: Der nationale Emissi­ons­handel nach dem Brenn­stoff-Emissi­ons­han­dels­gesetz (BEHG) belastet jede Tonne CO2 in Form eines vom Gaslie­fe­ranten (oder anderen Inver­kehr­bringer flüssiger oder gasför­miger Brenn­stoffe) mit zunächst 25 €. Die Zerti­fikate erwerben muss der Brenn­stoff­lie­ferant, am Ende landet die Kosten zumindest bis 2025 über Steuer– und Abgabe­klauseln beim Letzt­ver­braucher.

Von dieser flächen­de­ckenden Bepreisung klima­schäd­licher Emissionen sollen nur dieje­nigen ausge­nommen werden, die bereits über den „großen“ Europäi­schen Emissi­ons­handel belastet werden. Dies ergibt sich aus § 7 Abs. 5 BEHG. Der Gesetz­geber stellt sich hier vor, dass der Betreiber der EU–emissi­ons­han­dels­pflich­tigen Anlage seinem Liefe­ranten mithilfe seines Emissi­ons­be­richts nachweist, dass er den Brenn­stoff in einer ETS–Anlage verbrannt hat. Für diese Mengen sollen dann keine Zerti­fikate nach dem natio­nalen Emissi­ons­handel abgegeben werden.

Damit ist insgesamt (bzw. ab 2023, wenn alle Brenn­stoffe erfasst sind) eine an sich lückenlose Erfassung von Emissionen gewähr­leistet: Zerti­fikate abführen muss jeder. Trotzdem kann es sinnvoll sein, zwischen den beiden Welten zu wechseln. Denn im BEHG ist keine Zuteilung kosten­loser Zerti­fikate vorge­sehen. Es gibt zwar eine Härte­fall­klausel. Aber eine regel­mäßige Ausstattung von Teilnehmern mit Gratis­zer­ti­fi­katen kennt das BEHG nicht. Im TEHG sieht es aber anders aus.

Dies bietet Chancen für die Betreiber von Anlagen, die die Schwel­len­werte für die Teilnahme am Emissi­ons­handel bisher – absichtlich oder nicht – knapp verfehlen. Diese ergeben sich aus Anhang 1 zum TEHG. Insbe­sondere dann, wenn sie abwan­de­rungs­be­drohten Branchen angehören (etwa Papier) oder Fernwärme liefern, können sie von kosten­losen Zutei­lungen auf Grundlage der Zutei­lungs­ver­ordnung 2030 (ZuVO) auf Antrag profi­tieren. Vielen – nicht allen – Anlagen, die nach dem TEHG emissi­ons­han­dels­pflichtig sind, stehen danach nämlich kostenlose Zerti­fikate auf Antrag zu.

Doch wie wird man emissi­ons­han­dels­pflichtig? Hier kommt es nicht nur auf die schiere Größe der Anlage an, denn mit ausschlag­gebend ist gem. § 2 Abs. 4 TEHG die immis­si­ons­schutz­recht­liche Geneh­mi­gungslage. Es ist damit durchaus eine Prüfung im Einzelfall wert, ob durch geschickte Änderung der immis­si­ons­schutz­recht­lichen Geneh­migung die finan­zi­ellen Belas­tungen verringert werden können. Insbe­sondere angesichts der in den nächsten Jahren drastisch steigenden Preise für Emissi­ons­be­rech­ti­gungen ergibt es Sinn, diese Möglich­keiten zumindest einmal auszu­loten (Miriam Vollmer).

Von |2020-02-26T16:58:53+01:0026. Februar 2020|Emissionshandel, Industrie, Strom, Umwelt|

Emissi­ons­handel: BEHG-Änderung in letzter Minute

Hoppla: Hatte der Bundesrat nicht noch gerade beschlossen, wegen des Brenn­stoff-Emissi­ons­han­dels­ge­setzes (BEHG) nicht dem Vermitt­lungs­aus­schuss anzurufen, und diesen nur mit den steuerlich relevanten Teilen des Klima­pakets zu befassen? Wo kommt denn nun auf einmal die Erhöhung der Preise für Zerti­fi­kat­preise her?

Tatsächlich verhält es sich: Man unter­scheidet Zustim­mungs- und Einspruchs­ge­setze. Bei Zustim­mungs­ge­setzen muss der Bundesrat – die Länder­ver­tretung – aktiv zustimmen. Bei Einspruchs­ge­setzen kann der Bundesrat letztlich ein Gesetz nicht verhindern. Er kann nur Einspruch einlegen, der aber durch den Bundestag überstimmt werden kann. Bevor er zu diesem Mittel greift, muss er aber den Vermitt­lungs­aus­schuss anrufen (Artikel 77 Absatz 3 Satz 1 GG). Dieser besteht aus 32 Personen, die je zur Hälfte dem Bundestag und dem Bundesrat angehören. Der Vermitt­lungs­aus­schuss versucht nach seiner Anrufung – wie der Name schon sagt – zu vermitteln und eine Lösung zu finden, die alle zufrieden stellt. Oder zumindest alle gleich unzufrieden.

So ist es auch beim BEHG gelaufen: Angerufen wurde der Vermitt­lungs­aus­schuss wegen der – gar nicht vom BEHG erfassten – steuer­recht­lichen Regelungen, u. a. zur Pendler­pau­schale. Diese gehört nicht zu den „Lieblingen“ der Grünen, denn sie fördert Landschafts­zer­sie­delung und erhöht die gefah­renen Autoki­lo­meter. Die Grünen waren aber bereit, die ungeliebte Pauscha­len­er­höhung zu akzep­tieren, wenn sie dafür an anderer Stelle einen Wunsch frei hatten: Der CO2-Preis war ihnen zu niedrig, was viele in SPD und auch der Union ebenso sahen. Am Ende einigte man sich auf ein Mehr ist mehr: Eine höhere Pauschale und ein höherer CO2-Preis von 25 EUR im Jahr 2021 (statt nur 10 EUR), der dann bis 2025 auf 55 EUR (statt 35 EUR) steigt.

Damit ist die am 29.11.2019 im Bundesrat eigentlich schon geschlossene „Schatz­truhe“ der Gesetz­gebung für das BEHG also wieder offen. Dies ist auch möglich und läuft der Beschluss­fassung im Bundesrat, den Vermitt­lungs­aus­schuss nicht anzurufen, auch nicht zuwider. Denn durch erneute Beschluss­fas­sungen kann auch das einmal schon „durch­ge­wunkene“ Gesetz noch einmal geändert werden.

Und so soll nun noch morgen, am 19. Dezember um 13.15 Uhr, im Bundestag erneut über das BEHG abgestimmt werden (Miriam Vollmer).

Von |2019-12-20T20:48:37+01:0018. Dezember 2019|Emissionshandel, Energiepolitik, Umwelt|

Emissi­ons­handel: Wie Doppel­be­las­tungen aus BEHG und TEHG vermieden werden sollen

Es ist ein Dilemma: Weil der nationale Emissi­ons­handel (nEHS) nach dem am 15. November 2019 verab­schie­deten Brennstoff–Emissionshandels Gesetz (BEHG) das In-Verkehr-Bringen von Brenn­stoffen wie Erdgas oder Benzin mit einer Abgabe­pflicht belegt, gibt es Überschnei­dungen mit dem europäi­schen Emissi­ons­handel, der die Abgabe­pflicht an die Emission von Treib­haus­gasen, also an die Verbrennung, knüpft. Um zu verhindern, dass die selben Emissionen, einmal in Form von zur Verbrennung bestimmtem Kohlen­stoff, einmal in bereits oxidierter Gestalt, doppelt erfasst werden, hat der Gesetz­geber in BEHG mehrere Regelungen eingefügt, die dies verhindern sollen.

In § 7 Abs. 5 BEHG ist bestimmt, dass Doppel­be­las­tungen zu vermeiden sind. Der Gesetz­geber stellt sich hier vor, dass der Betreiber der EU–emissionshandelspflichtigen Anlage seinem Liefe­ranten mithilfe seines Emissi­ons­be­richts nachweist, dass er den Brenn­stoff in einer ETS–Anlage verbrannt hat. Für diese Mengen sollen dann keine Zerti­fikate nach dem natio­nalen Emissi­ons­handel abgegeben werden. Das genaue Procedere soll die Bundes­re­gierung im Laufe des nächsten Jahres mit Hilfe einer Rechts­ver­ordnung regeln. Wie hierüber gegenüber der Behörde zu berichten ist, wird nach § 7 Abs. 4 Nummer 5 BEHG ebenfalls per Verordnung geregelt.

Viele Fälle können so sicherlich befrie­digend gelöst werden. In direkten Liefer­ver­hält­nissen wüsste der Brenn­stoff­lie­ferant, in welchem Verhältnis die von ihm gelie­ferten Mengen eigene Abgabe­pflichten nach dem BEHG auslösen, in welchem Verhältnis aber sein Abnehmer schon zum 30. April Emissi­ons­be­rech­ti­gungen nach dem TEHG abgeführt hat. Je komplexer sich die Liefer­be­zie­hungen darstellen und je mehr Anlagen und Unter­nehmen beteiligt sind, umso eher ergeben sich aber Gemenge­lagen, die insbe­sondere im Hinblick auf die Weitergabe entste­hender Kosten nicht trivial sind. Schließlich soll nur derjenige Kosten weiter­reichen können, dem sie auch entstehen.

Spürbar sind immerhin die Bemühungen der Bundes­re­gierung, Ungerech­tig­keiten im System zu vermeiden. § 11 Abs. 2 BEHG sieht eine Verordnung vor, die eine finan­zielle Kompen­sation für dieje­nigen Anlagen­be­treiber regeln soll, bei denen das erwähnte Procedere eines Abzugs von der Abgabe­pflicht nicht greift. Doch auch wenn die beiden angekün­digten Verord­nungen tatsächlich lückenlos Doppel­be­las­tungen vermeiden: Es bleibt ein erheb­licher Aufwand sowohl im Hinblick auf eine präzise Bericht­erstattung als auch bei den Nachweis­pflichten, die voraus­sichtlich mit einem Antrag auf finan­zielle Kompen­sation verbunden sein werden. Hier ist auf eine pragma­tische Vorge­hens­weise des Verord­nungs­gebers zu hoffen, der im besten Fall auf ohnehin vorlie­gende Daten zurück­greift, und Korrek­tur­mög­lich­keiten einräumen sollte, wenn diese Daten aus irgend­welchen Gründen die Realität nicht zutreffend abbilden (Miriam Vollmer).

Von |2019-12-06T13:27:47+01:006. Dezember 2019|Emissionshandel, Industrie, Strom, Umwelt, Verwaltungsrecht|

Der nationale Emissi­ons­handel (nEHS): Was steht im BEHG-Entwurf?

Seit Samstag liegt der Entwurf eines Gesetzes über ein natio­nales Emissi­ons­han­dels­system für Brenn­stoff­emis­sionen (BEHG) auf dem Tisch. Erneut blieben den Verbänden nur zwei Tage Zeit, sich den Entwurf anzusehen. Schon Mittwoch soll er im Kabinett verab­schiedet werden. 

An der Konzeption des natio­nalen Emissi­ons­handels (nEHS) gibt es – aus unserer Sicht berech­tigte – Kritik. Wir halten das Risiko einer Aufhebung durch das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt (BVerfG) gleich­falls für hoch, weil das Instrument zwischen 2021 und 2026 in der aktuellen Entwurfs­fassung dem finanz­ver­fas­sungs­recht­lichen Steuerer­fin­dungs­verbot zuwider­laufen könnte. Abseits der Frage, ob das BVerfG den geplanten Emissi­ons­handel wider aufhebt, ist es aber inter­essant, was der Gesetz­geber genau plant. Der aktuell vorlie­gende Referen­ten­entwurf des BEHG vom Wochenende sieht in groben Zügen und mit vielen Leerstellen, in denen auf noch zu erlas­sende Verord­nungen verwiesen wird, Folgendes vor:

# Erfasst werden Erdgas, Heizöl, Flüssiggas, Benzin und Gasöle (Anlage 1 zum BEHG)

# Der Entwurf verknüpft die Abgabe­pflicht mit der Entstehung der Energie­steu­er­pflicht (§ 2 Abs. 2 BEHG. Das ist nachvoll­ziehbar, aber alle Vollzugs­fragen des – keineswegs trivialen – EnergieStG spielen damit auch in den nEHS.

# Es ist ein Cap vorge­sehen, das die Bundes­re­gierung berechnen soll. In den ersten Jahren bis 2026 wird das Cap aber aufge­füllt, wenn es ausge­schöpft sein sollte. Eine echte Knapp­heits­si­tuation existiert in dieser Phase noch nicht (§ 5 BEHG).

# Verant­wortlich sind dieje­nigen, die die Brenn­stoffe in den Verkehr bringen oder als Liefe­ranten fungieren, nicht die Unter­nehmen oder Verbraucher, die sie verbrennen. Auch hier kommt es auf das EnergieStG an.

# Die Verant­wort­lichen müssen einen Überwa­chungsplan erstellen, § 6 BEHG. Jedes Jahr muss danach bis zum 31. Juli ein Brenn­stoff­emis­si­ons­be­richt erstellt werden, § 7 BEHG. Für die berich­teten Emissionen muss bis zum 1. August eine entspre­chende Menge an Zerti­fi­katen abgegeben werden.

# Die Zerti­fikate sind handelbar. In der Einfüh­rungs­phase gelten sie nur für ein Kalen­derjahr, später gilt diese Beschränkung nicht mehr, § 9 BEHG. Die Zerti­fikate werden elektro­nisch in einem Register vorge­halten, das die Deutsche Emissi­ons­han­dels­stelle (DEHSt) betreibt, § 12 BEHG. Sie fungiert auch als zuständige Behörde, § 13 BEHG.

# 2021 bis 2025 werden die Zerti­fikate zu einem pro Jahr festge­legten Festpreis beginnend mit zehn und endend mit 35 EUR verkauft. Ab 2026 wird innerhalb eines Korridors versteigert, § 11 BEHG.

# § 11 Abs. 5 BEHG sieht eine Kompen­sa­ti­ons­mög­lichkeit bei Vorliegen einer unbil­ligen Härte vor. Eine solche Regelung kannte bereits der „alte“ Emissi­ons­handel in den ersten Handelsperioden.

# Die Bundes­re­gierung plant in § 11 Abs. 6 BEHG, Anlagen­be­treiber von TEHG-Anlagen zu kompen­sieren, wenn sie ansonsten zweimal für ihre Emissionen zahlen müssten. Die Abgrenzung wird absehbar ein erheb­liches Problem, der Entwurf bietet hierzu noch keine plausible Lösung.

# Um die Abwan­derung belas­teter Indus­trie­zweige zu verhindern, plant die Bundes­re­gierung Beihilfen, § 11 Abs. 7 BEHG.

# Die jährlichen Emissi­ons­be­richte sind durch Sachver­ständige zu verifi­zieren, § 15 BEHG.

# Das Sankti­ons­system ähnelt dem des europäi­schen Emissi­ons­handels nach dem TEHG: Bei fehler­haften Berichten wird das Konto gesperrt, § 20 BEHG. Bei Verlet­zungen der Abgabe­pflicht greift eine Zahlungs­pflicht, die pro fehlendem bzw, verspä­teten Zerti­fikat mit dem Dreifachen des Festpreises beginnt, später greift eine Zahlungs­pflicht wie beim TEHG-Emissionshandel.

# Verstoße werden mit scharfen Bußgeldern geahndet: Falsche oder fehlende Berichte ziehen bis zu 500.000 EUR Bußgeld nach sich, alle anderen Pflicht­ver­stöße können mit bis zu 50.000 EUR belegt werden.

Insgesamt ähnelt der neue nEHS – wie nicht weiter erstaunlich – dem bekannten Emissi­ons­handel, nur ohne die Zuteilung von Zerti­fi­katen. Mögli­cher­weise ändert sich das im Gesetz­ge­bungs­ver­fahren noch einmal. Viele praktische Fragen sind bisher noch völlig ungeklärt. Hier steht zu hoffen, dass der Gesetz­geber noch pragma­tische Lösungen nachliefert.

Sie haben Fragen rund um das neue Emissi­ons­han­dels­system? Bitte melden Sie sich per E‑Mail oder rufen Sie uns unter 030 403 643 62 0 an.

Von |2019-10-22T01:27:13+02:0022. Oktober 2019|Allgemein, Emissionshandel, Energiepolitik, Gas, Industrie, Umwelt, Verwaltungsrecht|

Landge­richt Düsseldorf verur­teilt gas.de zur Rückzahlung von Preis­an­pas­sungen an zwei Kunden

Das Landge­richt Düsseldorf hat gestern am 07.12.2023 den Energie­ver­sorger gas.de Versor­gungs­ge­sell­schaft mbH im Rahmen eines Versäum­nis­ur­teils (gericht­liches Akten­zeichen 37 O 18/23 [EnW] ) zur Rückzahlung von unberechtigt erhobenen Entgelten für Gaslie­fe­rungen verurteilt.

Geklagt hatte ein Rechts­dienst­leister aus abgetre­tenem Recht für zwei betroffene Kunden in den Tarifen „grüngas classic“ und „grüngas easy24“. Streitig waren Preis­an­pas­sungen vom 21.11.2018 im Tarif grüngas classic und vom 01.03.2019 und 01.11.2021 im Tarif grüngas easy24. Der Rechts­dienst­leister argumen­tierte, dass die von gas.de vorge­legten Preis­an­pas­sungs­mit­tei­lungen nach seiner Rechts­auf­fassung nicht den gesetz­lichen Anfor­de­rungen entsprachen, wie sie zuletzt vom BGH präzi­siert worden waren.

Zum Verhand­lungs­termin erschien der beklagte Versorger (und auch dessen Anwälte) nicht. Das Landge­richt Düsseldorf erlies daher ein Säumnis­urteil. Im Rahmen eines solchen Säumnis­ur­teils prüft das Gericht nur, ob der Vortrag der Kläger­seite schlüssig ist und die Forderung rechtfertigt.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

(Christian Dümke)

Von |2023-12-08T13:40:47+01:008. Dezember 2023|Rechtsprechung|

Verdammt der Überwachungsplan

In drei Tagen ist es soweit. Die Überwa­chungs­pläne nach § 6 Brenn­stoff-Emissi­ons­han­dels­gesetz (BEHG) müssen zum 31.10.2023 einge­reicht werden. Die Deutsche Emissi­ons­han­dels­stelle (DEHSt) hat hierfür Formulare bereit­ge­stellt, es gibt online zahlreiche Hilfen und Hinweise, wie Verant­wort­liche sich mit der elektro­ni­schen Infra­struktur der Behörde durch das Dickicht schlagen sollen. Immerhin: Verifi­ziert werden müssen die Überwa­chungs­pläne nicht.

Doch was, wenn der Verant­wort­liche Fehler macht? Was passiert, wenn ein Überwa­chungsplan nicht oder zu spät oder mit inhalt­lichen Fehlern abgegeben wird? Die Antwort findet sich in § 22 Abs. 3 BEHG. Hiernach ist es eine Ordnungs­wid­rigkeit, vorsätzlich oder auch fahrlässig einen Überwa­chungsplan nicht, nicht recht­zeitig, nicht vollständig oder nicht richtig abzugeben. Gem. § 22 Abs. 4 BEHG kann dies Geldbußen bis zu 50.000 EUR nach sich ziehen.

Immerhin: Die 50.000 EUR begrenzen das Bußgeld nach oben. Unterhalb dieses maximalen Bußgeld­rahmens setzt die DEHSt ein angemes­senes Bußgeld fest, für dessen Höhe § 17 OWiG maßgeblich ist. Hiernach beträgt das minimale Bußgeld 5 EUR. Da § 22 Abs. 3 Nr. 1 und Abs. 4 BEHG nicht nach Vorsatz und Fahrläs­sigkeit diffe­ren­zieren, gilt § 17 Abs. 2 OWiG, wonach dann fahrlässige Fehler im Umgang mit dem Überwa­chungsplan mit maximal 25.000 EUR geahndet werden können, vorsätz­liche mit maximal 50.000 EUR. Nach § 17 Abs. 3 OWiG sind ansonsten die Bedeutung der OWiG, die Verhält­nisse des Verant­wort­lichen und die näheren Umstände, also der Vorwurf, der den Täter trifft, maßgeblich. Zu deutsch: Hat er sich wirklich jede erdenk­liche Mühe gegeben oder hat er hart am Rande des Eventu­al­vor­satzes geschlampt? Insofern mag es sich also selbst wenn es am Ende schief geht, lohnen, den Überwa­chungsplan nicht auf die leichte Schulter genommen zu haben (Miriam Vollmer).

P.S.: Sie haben Last-Minute-Fragen rund um den Überwa­chungsplan? Mailen Sie uns, wir melden uns direkt bei Ihnen, um noch recht­zeitig abzugeben.

Von |2023-10-27T22:48:28+02:0027. Oktober 2023|Emissionshandel|

Wann ist man denn ein Härtefall?

Der nationale Emissi­ons­handel verteuert den Einsatz von Brenn- und Treib­stoffen. Das ist ein beabsich­tigter Effekt. Doch in manchen Fällen trifft die mit dem Emissi­ons­handel nach dem BEHG verbundene Kosten­be­lastung Unter­nehmen so, dass eine unzumutbare Härte entsteht, die der Gesetz­geber nach § 11 BEHG durch Direkt­zahlung an das betroffene Unter­nehmen ausgleichen will.

Ein erster Entwurf für eine Durch­füh­rungs­ver­ordnung schei­terte 2021. Doch nun hat das BMWK am 17. Juli 2023 eine Richt­linie über die finan­zielle Kompen­sation bei Härte­fällen im Bundes­an­zeiger veröf­fent­licht. Aus dieser Richt­linie ergibt sich, wann ein Unter­nehmen auf eine Ausgleichs­zahlung hoffen kann. Die DEHSt hat direkt Formulare online gestellt und erwartet Anträge für die Jahre 2021 und 2022 bis zum 31.10.2023. Für alle folgenden Jahre läuft die Frist für Härte­fall­an­träge jeweils am 31.07. des Folge­jahrs ab.

Kein Geld, Armut, Finanziell

Wichtig: Auf Zahlungen hoffen darf nicht der Verant­wort­liche, also der Lieferant, der auch die Zerti­fikate abführt, und auch kein Unter­nehmen in Schwie­rig­keiten. Sondern nur Unter­nehmen, die die CO2-Kosten als Bestandteil ihrer Brenn- und Treib­stoff­kosten treffen, ohne dass sie sie an Kunden weiter­wälzen können oder ansonsten eine Kompen­sation eintritt.

Die Ansprüche an Härte­fälle sind hoch: Die Belastung muss eine Höhe erreichen, die das Unter­nehmen erdrosseln würde. Die Kriterien sind genau bestimmt; beträgt der Anteil der Brenn­stoff­kosten weniger als 20% der Gesamt­kosten oder die Zusatz­kosten weniger als 20% der Brutto­wert­schöpfung, so bedarf einer beson­deren Darlegung, wieso eine unzumutbare Härte vorliegt. Vorzu­legen ist auch eine hypothe­tische Rechnungs­legung, aus der sich die drohende Pleite ergibt. Liegen alle Voraus­set­zungen vor, so erhält das Unter­nehmen auf Antrag eine Zahlung zum Ausgleich der Zusatz­kosten. Dieser Antrag ist durch eine schrift­lichen Prüfvermerk zB durch einen WP zu testieren. Wie immer bei der Behörde ist elektro­nisch über eine spezielle VPS (Signa­tur­karte recht­zeitig beantragen!) und formu­lar­ge­bunden zu kommu­ni­zieren. Angesichts der hohen Anfor­de­rungen an die Nachweis­führung und die Vielzahl der Infor­ma­tionen, die beizu­bringen sind, empfiehlt es sich unbedingt, frühzeitig anzufangen  (Miriam Vollmer).

Von |2023-08-29T23:49:52+02:0029. August 2023|Emissionshandel|

Eine Obergrenze, die keine ist: Änderung der BEHV

Schon seit 2021 gibt es in Deutschland einen Emissi­ons­handel, der die Emissionen der Sektoren Gebäude und Verkehr begrenzen soll, den natio­nalen Emissi­ons­handel nach dem Brenn­stoff-Emissi­ons­han­dels­gesetz (BEHG). Er verpflichtet die Inver­kehr­bringer – also die energie­steu­er­pflich­tigen Liefe­ranten – zur jährlichen Bericht­erstattung über die auf ihre Vorjah­res­lie­fe­rungen entfal­lenden Emissionen und zur Abgabe der entspre­chenden Zerti­fikate. Der Haken an der Sache aller­dings: Ob mit diesem Emissi­ons­handel die avisierten Minde­rungs­ziele erreicht werden, ist völlig offen, weil es keine Begrenzung der Zerti­fikate gibt, sondern diese für einen gesetzlich festge­schrie­benen Preis verkauft werden. Derzeit kostet ein Zerti­fikat 30 EUR.

Konse­quen­ter­weise gab es bisher im BEHG auch gar kein festes Budget, das hätte einge­halten oder überschritten werden können. Man konnte dies aber indirekt berechnen. Nun hat das Wirtschafts­mi­nis­terium per Änderung der Brenn­stoff-Emissi­ons­han­dels­ver­ordnung (BEHV)    das Budget im 4. Teil der Verordnung beziffert.

Geld, Geldscheine, Euro, Banknote

Doch ein „echter“ Emissi­ons­handel mit einer echten Beschränkung der Gesamt­menge Zahlen immer noch nicht. Bis 2026 bleibt es dabei, dass feste oder mindestens begrenzte Preise pro t CO2 gelten, so dass es eine Diskrepanz zwischen dem Budget und der Ausga­be­menge geben kann, die dann im Ausland gedeckt werden muss. Erst 2027, wenn die EU dies vorschreibt, fallen Ausga­be­menge und Budget zusammen, erst dann sind auch echte, markt­ge­triebene Preise zu erwarten (Miriam Vollmer).

Von |2023-06-28T00:54:40+02:0028. Juni 2023|Emissionshandel|

Jetzt ist er da! Der EU ETS II ab 2027

Letzte Woche das Europäische Parlament, heute die abschlie­ßende Abstimmung im Rat (Presse­mit­teilung): Die Verschärfung der Emissi­ons­han­dels­richt­linie (EHRL) kommt. Doch nicht nur für die bereits emissi­ons­han­dels­pflích­tigen großen Anlagen wie Kraft­werke und Industrie ändert sich Einiges. Wie angekündigt gibt es künftig auch für Brenn- und Treib­stoffe ein europa­weites System:

# Anders als bei Kraft­werken und Indus­trie­an­lagen nehmen nicht die eigent­lichen Emittenten, sondern die Liefe­ranten von Brenn- und Treib­stoffen teil und führen jedes Jahr für die auf das von ihnen gelie­ferte Benzin, Erdgas, Heizöl, Diesel etc. entfal­lende CO2 Zerti­fikate an die Deutsche Emissi­ons­han­dels­stelle (DEHSt) ab. Deutsche kennen dieses Prinzip schon: In Deutschland gibt es bereits einen solchen CO2-Preis. Er beträgt aktuell 30 EUR.

# In Zukunft gibt es aber keine festen Preise mehr, sondern sie bilden sich am Markt. Es gibt eine jährlich um 5,1%, ab 2028 um 5,38% gegenüber 2025 sinkende Mengen­be­grenzung, die das Angebot definiert. Die Nachfrage steuert also den Preis. Mit anderen Worten: Je mehr Europäer bis zum Startjahr 2027 auf Wärme­pumpen, E‑Autos oder Fahrräder umsteigen, um so entspannter wird der Preis.

Co2, Abgase, Verkehrszeichen, Auto, Klima, Klimawandel

# Anders als bei der Industrie ist keine kostenlose Verteilung der Zerti­fikate geplant, sondern eine Vollver­stei­gerung. Die Erlöse sollen für klima- und energie­be­zogene Zwecke ausge­geben werden, vor allem zum Ausgleich sozialer Aspekte.

# Deutschland kann seinen existie­renden Emissi­ons­handel fortführen, wenn dieser zu höheren Preisen führt als das neue EU-System. Wie hoch dieser Preis soll, ist aller­dings eine viel disku­tierte Frage. Die EU strebt einen Preis von 45 EUR/t CO2 an. Dieser soll reali­siert werden, indem bei Überschreitung weitere Zerti­fikate auf den Markt gebracht werden. Doch anders als im aktuellen deutschen System ist die verfügbare Menge an Zusatz­zer­ti­fi­katen begrenzt. Ist die Markt­sta­bi­li­täts­re­serve (MSR) erschöpft, hat die Kommission ihr Pulver verschossen und kann der Steigerung der Preise nur noch zusehen, weitere Maßnahmen sind nicht vorge­sehen. Insofern hängt es von der Schnel­ligkeit ab, in der Europa sich fossil­freien Techno­logien zuwendet, wie teuer ab 2027 die Tankfüllung oder das Heizgas werden. Das bedeutet: Je zöger­licher einge­spart wird, um so höher fallen die Preise aus, und um so steiler ist in den Jahren ab 2027 der weitere Anstieg.

# Was oft vergessen wird: Der Einstieg 2027 ist kein stabiler Zustand. Von 2027 bis 2050 sollen die fossilen Emissionen der EU auf nettonull sinken. Fossile Heizungen, Verbrenner, entspre­chende Prozesse im Gewerbe, werden also program­miert jedes Jahr teurer. Wer noch über eine letzte Gasheizung, einen letzten Verbrenner nachdenkt, sollte diese Dynamik in seine Planungen einbeziehen.

# Ein Punkt, über den man nachdenken sollte: Bislang wurden in Deutschland Preis­stei­ge­rungen oft durch Zuschüsse vom Fiskus abgemildert („Tankrabatt“). Europäische Regelungen praktisch durch gegen­läufige Regelungen auszu­hebeln, ist aber unzulässig und kann durch Europäische Gerichte unter­bunden werden („effet utile“). Die Hoffnung oder Befürchtung, dem CO2-Preis würden durch direkte Zuschüsse die Zähne gezogen, dürfte insofern spätestens in Luxemburg scheitern.

Nun muss die neue Richt­linie nur noch im EU-Amtsblatt veröf­fent­licht werden. Dann steht die Umsetzung in den Mitglied­staaten an. Und bis es 2027 richtig losgeht, regelt das deutsche BEHG (Miriam Vollmer).

 

 

Von |2023-04-25T23:34:48+02:0025. April 2023|Emissionshandel|

Wie teuer wird der ETS II?

Am 18. April stimmt das Europäische Parlament final über die novel­lierte Emissi­ons­han­dels­richt­linie (EHRL) ab. Damit wird nicht nur der Minde­rungspfad für die heute schon vom ES erfassen Anlagen noch einmal deutlich gestrafft. Sondern auch ein zweiter ETS für die Sektoren Verkehr und Gebäude einge­führt. Wie schon in Deutschland soll das Inver­kehr­bringen von fossilen Brenn- und Treib­stoffen Abgabe­pflichten von Emissi­ons­zer­ti­fi­katen auslösen. Die sukzessive Verknappung der Zerti­fikate soll einen wachsenden Druck auf Konsu­menten ausüben, Emissionen zu mindern, etwa durch einen Technologiewechsel.

Doch wie teuer werden die Zerti­fikate? Und wie verhält sich der EU-ETS II zum deutschen BEHG? Auch wenige Tage vor der Abstimmung sind beide Fragen noch offen. Kostenlose Fotos zum Thema Co2

Wie es mit dem natio­nalen Emissi­ons­handel weitergeht, muss – und kann – der deutsche Gesetz­geber klären. Doch selbst die Frage, wie teuer die Zerti­fikate maximal werden können, ist umstritten. Anders als im deutschen BEHG gibt es keine festen Preise, sondern von Anfang an ein Cap und eine korre­spon­die­rende Preis­bildung am Markt. Bericht­erstatter Peter Liese (EVP) veröf­fent­lichte nach der Einigung der Organe im Dezember, dass 45 EUR die Obergrenze darstellen würden. Tatsächlich enthält der Entwurf indes aber nur die Vorgabe, dass bei 45 EUR Markt­preis 20 Mio. zusätz­liche Zerti­fikate auf den Markt kommen. Doch wenn die Nachfrage das Angebot deutlich übersteigt und sich deswegen trotz dieser Inter­vention ein höherer Preis bildet, ist kein Instrument vorge­sehen, der die 45 EUR fixiert. Möglich ist damit auch ein viel höherer Preis, wenn nicht durch andere Inter­ven­tionen – wie etwa ordnungs­recht­liche Beschrän­kungen oder Anreize zum Techno­lo­gie­wechsel – die Nachfrage sinkt. Da aktuell unklar ist, ob es solche Maßnahmen gibt und wie wirksam sie sind, ist es durchaus möglich, dass die 275 EUR, die eine Studie des Ariadne-Projekts für 2030 ermittelt hat, Wirklichkeit werden.

Klar ist aber in jedem Falle: Bis 2045 steigen diese Preise stetig an (Miriam Vollmer).

Von |2023-04-14T22:06:19+02:0014. April 2023|Allgemein|

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