Nun läuft der nationale Emissionshandel, der Brenn- und Treibstoffe verteuert, seit fast einem Jahr. Auf 2021 noch verhältnismäßig niedrigem Niveau soll die Belastung dazu führen, dass Unternehmen und Verbraucher*innen einen Anreiz haben, ihre Emissionen zu senken, etwa durch einen Technologiewechsel, eine verbesserte Gebäudeeffizienz oder schlicht sparsameres Verhalten.
Doch schon das BEHG selbst erkennt an, dass in atypischen Einzelfällen der Emissionshandel zu unerwünschten Folgen führen kann. Nun soll der Emissionshandel Klimaschutz fördern, aber niemanden erdrosseln. Deswegen beauftragt § 11 Abs. 2 BEHG den Verordnungsgeber damit, die Details für einen finanziellen Ausgleich unzumutbarer Härten zu regeln. Dieser Entwurf einer Verordnung, technisch eine Änderung der bereits geltenden Brennstoff-Emissionshandelsverordnung (BEHV), liegt nun auf dem Tisch. Die Konkretisierung der Härtefallregelung ist hier als Abschnitt 5 enthalten. Gleichzeitig soll ein neuer Abschnitt 4 der BEHV das bisher noch fehlenden jährlichen Emissionsmengen ausweisen, die aus dem EU-Klimaschutzgesetz abgeleitet sind. Für die Härtefälle gilt danach künftig voraussichtlich Folgendes:
# Beantragt werden soll jeweils bis zum 31. Juli des zweiten Jahres eines Zweijahreszeitraums für diesen Zweijahreszeitraum, oder im Folgejahr nur für dessen zweites Jahr. Für 21/22 gilt dies nicht, hier haben Unternehmen bis zum 30.09.2022 Zeit.
# Wichtig: Unternehmen in Schwierigkeiten sind ausgeschlossen. Auch Unternehmen, die einem Carbon-Leakage-Sektor angehören, sind raus. Dies reduziert die potentiellen Anspruchsteller natürlich, das BMU erwartet aber trotzdem rund 100 Anträge pro Jahr.
# Erforderlich sind verhältnismäßig umfassende Angaben zum Unternehmen, testieren muss ein/e Wirtschaftsprüfer*in.
# Kernstück des Antrags ist natürlich die „unzumutbare Härte“. Hier ist nach dem § 41 BEHV-Entwurf darzulegen, dass dass die durchs BEHG „verursachte zusätzliche und unvermeidbare finanzielle Belastung eine Höhe erreicht, die eine unternehmerische Betätigung unmöglich macht.“ Sprich: Die BEHG-Kosten bringen das Unternehmen um. Entlastungen sind gegenzurechnen. Was in die Berechnung einfließen darf, ist im Folgeparagraph dargelegt.
# In welchen Dimensionen sich diese Belastung bewegen muss, um einen Antrag zu rechtfertigen, ergibt sich aus § 41 BEHV-Entwurf, wenn von mehr oder weniger als 20% BEHG-Kosten der betriebswirtschaftlichen Gesamtkosten oder der Bruttowertschöpfung die Rede ist. Zwar ist ein Antrag auch unterhalb dieser Größenordnung möglich (aber zusätzlich begründungsbedürftig), aber vermutlich dürfte es einem Unternehmen schwer fallen, bei deutlich kleineren anteiligen Belastungen die Behörde zu einem positiven Entscheid zu bewegen.
# Weiter ist darzulegen, dass die Zusatzbelastung unvermeidbar ist, also weder gewälzt werden kann, noch Kosten gemindert werden können und auch keine energiesteuerlichen Privilegierungen geltend gemacht werden können. Ab 2023 muss ein Unternehmen auch darlegen, dass es wirklich nichts tun kann, um effizienter zu werden und Kosten so einzusparen. Hier dürfte es für viele potentiell Betroffene eng werden.
# Für Unternehmen, die über einen solchen Antrag nachdenken, lohnt sich ein Blick in die neue Anlage 6, die sehr genau darlegt, was man für den Antrag braucht.
Ob viele Unternehmen diesem sehr strengen Kriterienkatalog standhalten werden? Wir sind skeptisch, auch mit Blick auf die restriktive Praxis, die die DEHSt – auch hier wieder Vollzugsbehörde – in der Vergangenheit bei Anwendung der damals noch geltenden Härtefallregelung im EU-Emissionshandel angewandt hat. Doch auch wenn der Härtefall alles andere als ein offenes Scheunentor darstellen dürfte, ist es aus Verhältnismäßigkeitsgründen doch gut und richtig, dass es diese Ausnahmeregelung gibt (Miriam Vollmer).
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