Die neue 44. BImSchV: Regis­trie­rungs­pflicht für Feuerungsanlagen

Wenn eine neue Regelung erlassen werden soll, dann ist das Ziel oft klarer im Fokus als der Weg, der dafür beschritten werden muss. Auch bei der im Dezember vom Bundesrat mit Änderungen angenom­menen 44. Bundes-Immis­si­ons­schutz­ver­ordnung wird das deutlich. Wie wir bereits berichtet haben, soll damit vor allem die EU-Richt­linie über mittel­große Feuerungs­an­lagen (MCP) umgesetzt werden.

Nun wurde letztes Jahr viel darüber gestritten, dass einige in den Verord­nungs­ent­würfen festge­legten Emissi­ons­grenz­werte über die EU-Richt­linie hinaus­gehen. Dies sei ein sogenanntes „gold plating“, also eigentlich reiner Luxus. Dem wurde entge­gen­ge­halten, dass die Verordnung insgesamt eine Reduktion von Stick­stoff­ver­bin­dungen bewirken solle. Dadurch könnten auch andere Richt­linien besser einge­halten werden, nämlich die Luftqua­li­täts­richt­linie und die neue Richt­linie über nationale Emissi­ons­höchst­mengen (NEC). Angesichts der derzei­tigen Probleme mit Stick­oxiden also nachvoll­ziehbar, um keine weiteren Vertrags­ver­let­zungs­ver­let­zungs­ver­fahren auf EU-Ebene zu riskieren.

Was dabei aber in den Hinter­grund gerückt ist, ist die Tatsache, dass neben diesen – wie wir Juristen zu sagen pflegen – „materi­ellen“ Anfor­de­rungen auch ganz handfeste „formelle“ Pflichten auf die Betreiber von Feuerungs­an­lagen zukommen. Mit anderen Worten einiges an Bürokratie: In § 6 der 44. BImSchV ist eine Regis­trie­rungs­pflicht für Feuerungs­an­lagen vorge­schrieben. Dabei sollen den Behörden verschiedene Daten zur Verfügung gestellt werden, so etwa die Art der verwen­deten Brenn­stoffe und die voraus­sicht­lichen Betriebs­stunden. Zudem müssen Betreiber laut § 7 der Verordnung über den laufenden Betrieb Aufzeich­nungen führen.

Diese Pflichten betreffen nicht nur nach dem Bundes­im­mis­si­ons­schutz­gesetz geneh­mi­gungs­be­dürftige, sondern auch nicht-geneh­mi­gungs­be­dürftige Anlagen. Außerdem werden im Gegensatz zu vielen der neuen Emissi­ons­grenz­werte der 44. BImSchV für Bestands­an­lagen keine großzü­gigen Fristen bis 2025 oder sogar 2030 einge­räumt. Vielmehr muss die Regis­trierung bestehender Anlagen bis 2023 erfolgen. Für neue Anlagen gilt die Pflicht ab Inkraft­treten; dasselbe gilt für die Aufzeichnungspflicht.

2019-10-15T13:52:32+02:0015. April 2019|Allgemein, Energiepolitik, Strom, Umwelt|

Doch keine Verrin­gerung der Abwurfleistung

Noch im Februar hieß es, die Bundes­netz­agentur (BNetzA) wolle die abschalt­baren Lasten reduzieren. Die Beschluss­kammer 4 hatte hierzu einen Festle­gungs­entwurf vorgelegt, aus dem sich ergab, dass die Gesamt­ab­schalt­leistung von 1.500 MW auf 750 MW reduziert werden sollte. Begründung: Sowohl die Gebote für die ausge­schrie­benen Mengen als auf die tatsäch­lichen Abrufe lagen in der Vergan­genheit unter den zugelas­senen Höchstwerten. 

Aber worum geht es überhaupt bei diesem in der Öffent­lichkeit wenig bekannten Instrument? Strom­netze müssen bekanntlich stets ein stabiles Spannungs­niveau halten. Im Ergebnis bedeutet das, dass Einspeisung und Entnahme gleich hoch sein müssen. Da man Bürgern und Unter­nehmen schlecht vorschreiben kann, wann sie die Wasch­ma­schine (oder die Papier­fabrik) einschalten, wird dies in erster Linie über Einspeisung über die Strom­märkte und die dort gehan­delten unter­schied­lichen Produkte erreicht. Aller­dings werden in den letzten Jahren die Einspei­sungen immer schwerer steuerbar. Das beruht auf dem Umstand, dass gut regelbare Einspeiser (v. a. fossile Kraft­werke) auf dem Rückzug sind. Und die Energie aus Erneu­er­baren Quellen schlechter steuerbar. Schließlich kann man die Sonne nicht beliebig ein- und ausschalten, ein Gaskraftwerk dagegen schon.

Auf diese wachsenden Heraus­for­de­rungen hat der Gesetz­geber reagiert. Im EnWG und in der ABLaV ist geregelt, dass Übertra­gungs­netz­be­treiber besonders strom­in­tensive Indus­trie­pro­zesse abschalten oder drosseln können, wenn sich die Unter­nehmen hierfür präqua­li­fi­ziert haben und an Ausschrei­bungen teilnehmen. Für die Bereit­schaft, sich im Dienste der Netzsta­bi­lität notfalls kurzfristig abschalten zu lassen, bekommen sie eine Leistungs- und, kommt es zu diesem Fall, einen Arbeits­preis. Finan­ziert wird dies durch eine Umlage, die jeder, der schon mal auf seine Strom­rechnung geschaut hat, auf dieser findet. Eine Reduzierung der abschalt­baren Lasten hätte deswegen den Endpreis für Strom zwar nicht erheblich, aber doch ein bisschen reduziert.

Die Konsul­tation durch die BNetzA zu ihren Plänen hat aller­dings ergeben, dass eine solche Reduzierung derzeit nicht sinnvoll ist. In den letzten Monaten hat der Abruf von abschalt­baren Lasten zugenommen. Die BNetzA teilt nun mit, dass vom 1. Juli 2018 bis zum 4. April 2019 fast das fünffache an abschalt­baren Lasten gegenüber den Zeitraum von Januar 2017 bis Juni 2018 abgerufen wurde. Das Instrument wird also wichtiger. Die Behörde ist von ihren Plänen aus diesem Grunde erst einmal abgerückt. Es soll abgewartet werden, wie sich die Abwurf­lasten in den kommenden Monaten entwickeln.

2019-04-12T09:16:30+02:0012. April 2019|Energiepolitik, Industrie, Strom|

Erste Muster­fest­stel­lungs­klage im Mietrecht: Inter­essant auch für Energieverbraucher

Die Republik disku­tiert über hohe Mieten. Dass tatsächlich in Berlin enteignet wird, dürfte zwar als relativ unwahr­scheinlich gelten, da schon die zu zahlende Entschä­digung die Stadt überfordern dürfte. Doch die wachsende Sensi­bi­lität für steigende Wohnkosten lässt nicht nur in Tübingen die Kreati­vität wachsen. Auch aus dem teuren München gibt es etwas zu berichten. Hier hat der Münchner Mieter­verein beim Oberlan­des­ge­richt (OLG) München eine Muster­fest­stel­lungs­klage gegen eine Vermie­tungs­ge­sell­schaft gegen die Ankün­digung einer Mieterhöhung eingelegt.

Die Muster­fest­stel­lungs­klage ist neu in der ZPO. Sie wurde Ende letzten Jahres als §§ 606ff. in die Zivil­pro­zess­ordnung eingefügt. Sie erlaubt es bestimmten, gesetzlich näher quali­fi­zierten Verbrau­cher­schutz­ver­bänden auch ohne persön­liche Betrof­fenheit vor Gericht zu ziehen. Dabei geht es nicht um Zahlungen oder Unter­las­sungen, sondern (wie der Name schon sagt) um Feststel­lungen. Im konkreten Fall soll festge­stellt werden, dass die Mieterhö­hungen rechts­widrig sind.

Die Betrof­fenen – hier also die Mieter – müssen damit nicht selbst vor Gericht. Der klagende Verband muss aber schon zehn indivi­duelle Verbraucher hinter sich haben, nach Ablauf von zwei Monaten nach der öffent­lichen Bekannt­ma­chung der Muster­fest­stel­lungs­klage müssen weitere 50 Verbraucher ihre Rechte wirksam angemeldet haben. Diese Anmeldung als Betroffene im Klage­re­gister ist mit keinerlei Kosten­ri­siken verbunden, und in aller Regel dürften Verbraucher sich darauf verlassen dürfen, dass das beklagte Unter­nehmen nach einer Niederlage vor Gericht mindestens sehr vergleichs­bereit werden wird, außer, es gibt im indivi­du­ellen Fall Beson­der­heiten. Dies aller­dings ist nicht zu unter­schätzen. Wir können aus unserer eigenen Praxis bestä­tigen, dass die Frage, ob ein Fall wirklich 1:1 vergleichbar mit einem anderen ist, vom Laien oft kaum zutreffend beurteilt werden kann.

Auf insgesamt 60 Betroffene kommt man im Massen­ver­fahren schnell. Damit ist die Muster­fest­stel­lungs­klage keineswegs Fällen wie den Ansprüchen wegen Unregel­mä­ßig­keiten bei der Abgas­rei­nigung gegen die Volks­wagen AG vorbe­halten. Sondern kommt auch in mietrecht­lichen Fragen wie im erwähnten Fall in Betracht, wenn die betroffene Wohnanlage nicht nur klein ist. Und auch Energie­ver­sorger müssen früher oder später damit rechnen, dass die Verbrau­cher­schutz­ver­bände nicht nur wie bisher ihr Mandat nach dem Unter­las­sungs­kla­ge­gesetz nutzen, um Energie­lie­fer­ver­träge überprüfen zu lassen. Sondern dass auch die Muster­fest­stel­lungs­klage mit ihrer für den Verbraucher attrak­tiven verjäh­rungs­hem­menden Wirkung und der damit verbun­denen Öffent­lichkeit genutzt wird. Energie­ver­sorger sollten deswegen dem Vertrags­ma­nagement noch mehr Aufmerk­samkeit schenken als bisher.

2019-04-11T09:44:19+02:0011. April 2019|Gas, Strom, Vertrieb, Wärme|