Doch keine Beihilfe: EuGH stärkt das deutsche EEG
Es kommt nicht oft vor, dass bei Industrievertretern und den Freunden Erneuerbarer Energien gleichzeitig die Korken knallen. Und dass sich gleichzeitig auch noch die Bundesregierung freut, hat schon fast Seltenheitswert. Insofern lohnt es sich, sich den 28. März 2019 mit einem grünen Herz zu markieren. Die freudige Nachricht: Der europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass das Erneuerbare Energien Gesetz 2012 (EEG 2012) keine Beihilfen enthält (Rs. C‑406/16).
Diese Entscheidung klingt nur auf den ersten Blick wie eine der unter Juristen so beliebten Begriffsstreitigkeiten. Denn ob ein Förderinstrument eine Beihilfe darstellt oder nicht, hat weitreichende Bedeutung. Handelt es sich bei den Geldern, die die Erzeuger von Strom aus Erneuerbaren Quellen erhalten, um Beihilfen, greift das europäische Beihilfenrecht. Hier hat die Europäische Kommission das Sagen. Beihilfen müssen notifiziert (also von der Kommission genehmigt) werden, sie müssen den von der Kommission festgelegten Vorgaben genügen, und weil das Europarecht Beihilfen grundsätzlich missbilligt, ist es schwer, grünen Strom so zu fördern, wie ein Mitgliedstaat es für richtig hält. Zudem gilt: Handelt es sich bei der besonderen Vergütung für Strom aus erneuerbaren Quellen per Beihilfe oder Marktprämie um Beihilfen, so stellen auch die Sonderregeln für den an die Industrie gelieferten Strom Beihilfen dar. Stromintensive Unternehmen zahlen nämlich weniger als der ordinäre Haushaltskunde. Hier greift die besondere Ausgleichsregelung.
Vor diesem Hintergrund ist klar, dass Bundesregierung, Erzeuger erneuerbarer Energien und die Industrie gleichermaßen entsetzt waren, als die Europäische Kommission am 25.11.2014 einen Beschluss fasste, wonach das EEG 2012 staatliche Beihilfen umfasste, auch wenn diese weitgehend mit dem Unionsrecht vereinbar seien. Soweit die Kommission von unzulässigen Beihilfen ausging, forderte sie die Rückforderung von Teilbeträgen an, die der stromintensiven Industrie im Rahmen der besonderen Ausgleichsregelung nachgelassen worden waren. Deutschland erhob umgehend gegen diesen Beschluss Klage, die das Gericht der Europäischen Union am 10.5.2016 (T‑47/15) erstinstanzlich abwies.
Die zweite gemeinschaftsrechtliche Instanz, der Europäische Gerichtshof, gab Deutschland nun recht. Der EuGH wies darauf hin, dass Vergünstigungen nur dann Beihilfen darstellen, wenn sie unmittelbar oder mittelbar aus staatlichen Mitteln gewährt werden und dem Staat zurechenbar sind (Rn. 48). Die Förder- und Ausgleichsmechanismen nach dem EEG 2012 sind nach Ansicht des EuGH dem Staat nun durchaus zurechenbar. Der EuGH geht aber nicht davon aus, dass diese Gelder unmittelbar oder auch nur mittelbar aus staatlichen Mitteln gewährt werden. Das EEG wird nämlich über einen Umlagemechanismus finanziert. Die Netzbetreiber beaufschlagen gelieferte Strommengen. Aus dem auf diese Weise gefüllten Topf werden die Erzeuger erneuerbarer Energie bezahlt. Damit hatte nie die Bundesrepublik Deutschland das Geld in der Tasche. Das deutsche EEG-Sparschwein stand und steht stets bei den Übertragungsnetzbetreibern.
Diese Argumentation ist nicht neu. Schon 2001 hatte der EuGH über das Stromeinspeisungsgesetz zu entscheiden, den Vorläufer des heutigen EEG. Und schon damals stellte der EuGH in der Entscheidung Preussen Electra (C‑379/98) fest, dass ein Umlagesystem etwas anderes ist als eine Beihilfengewährung.
Was bedeutet diese Entscheidung nun? Kurzfristig ist nicht mit großen Änderungen des aktuellen Rechtsrahmens zu rechnen. Mittelfristig ist nunmehr aber (wieder) klar: Die Mitgliedstaaten haben mehr Freiheiten bei der Ausgestaltung von Förderinstrumenten, als die Europäische Kommission angenommen hat. Die mühsamen und zeitraubenden Verhandlungen mit Brüssel wie etwa zuletzt beim KWKG entfallen künftig wohl zumindest teilweise. Die Grundsätze dieser Entscheidung sind nämlich auch auf andere Umlagesysteme übertragbar. Zudem ist nun – ganz abseits von Windrädern, Papierfabriken und Netzbetreibern – klar: Der politische Zauberstab in Sachen Energiewende liegt ganz maßgeblich immer noch in Berlin.
Damit ist auch klar, wo heute kein Champagner fließt: Bei der Europäischen Beihilfenaufsicht dürfte man heute ein bisschen unglücklich sein.