„Zwischenmieter“ Natur
Rechtliche Regelungen verfehlen, auch wenn sie noch so gut gemeint sind, nicht selten ihr Ziel. Das ist mitunter auch im Naturschutzrecht so. Aus Angst vor strengen Auflagen des Arten- und Gebietsschutzes verhindern viele Eigentümer von Immobilien die Ansiedlung von Natur. Nicht nur im urbanen Bereich, sondern auch auf freiem Feld werden daher Brücken, die regelmäßig gewartet und renoviert werden müssen, oft mit Spikes oder Netzen ausgestattet, um Vögel am Brüten zu hindern.
Schließlich sind Vogelnester sogar außerhalb der Brutzeit geschützt, da es nach § 44 Absatz 1 Nr. 3 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) verboten ist, „Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten“ zu zerstören, zu denen auch alle heimischen Vogelarten zählen. Ähnlich werden Brachflächen, die später bebaut werden sollen, oft regelmäßig mit Planierraupen vom Aufwuchs oder von Senken befreit, in denen sich Kleingewässer bilden könnten, um die Ansiedlung seltener Arten im Keim zu ersticken.
Aber was nützt der beste Schutz von Bestehendem, wenn es gar nicht erst die Chance bekommt zu entstehen? Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung in § 14 ff. BNatschG schützt nämlich auch nur vor der Beeinträchtigung von bereits Bestehendem. Der Schutz vor Beeinträchtigungen zu erwartender Entwicklungen ist dagegen nicht vorgesehen. Vor diesem Hintergrund bringt die Politik und Verwaltung in Deutschland zunehmend Möglichkeiten für „Natur auf Zeit“ ins Spiel. Eigentümer bekommen für ihre Bereitschaft, ihre Grundstücke für einen definierten Zeitraum über das gesetzlich geforderte Maß ökologisch aufzuwerten, die Zusage, nach Ablauf der Zeit eine naturschutzrechtliche Ausnahme erteilt zu bekommen.
Rechtlich kann dies auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, der eine Art vorgezogener Ausgleichsmaßnahme für einen späteren Eingriff beinhaltet. Einige Länder wie Nordrhein-Westfalen oder Sachsen-Anhalt haben bereits speziellere gesetzliche Regelungen erlassen. Über eine Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes unter Einfügung eines § 44 Abs. 3a BNatSchG wird derzeit diskutiert.
Wie auch immer es rechtlich begründet wird, bietet Natur auf Zeit auf jeden Fall viele Möglichkeiten, wirtschaftliche Entwicklung und Naturschutz vereinbar zu machen. Dies gilt selbst in Zeiten, in denen brachliegende Grundstücke zumindest im urbanen Bereichen immer seltener werden.