Die AfD als Prüffall: Was bedeutet die Entscheidung des VG Köln
Die AfD freut sich: Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf die Partei nicht länger als Prüffall bezeichnen. Doch was bedeutet die viel besprochene Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Köln (Az.: 13 L 202/19) wirklich?
Eindeutig steht fest: Eine inhaltliche Bewertung der Berechtigung des Verfassungsschutzes, der AfD in Sachen Verfassungsfeindlichkeit auf den Zahn zu fühlen, ist von dieser Entscheidung des VG Köln nicht betroffen. Die Partei ist also Prüffall, aber der Präsident des Verfassungsschutzes darf sie nicht öffentlich als solche bezeichnen.
Die Überlegungen des Gerichts in diesem Punkt sind auch durchaus überzeugend. Das Gericht meint, dass die Bezeichnung als Prüffall auf die Öffentlichkeit negativ wirke. Dies ist sicherlich der Fall: Die meisten Menschen finden die Vorstellung abschreckend, dass eine Partei möglicherweise nicht mit den verfassungsmäßigen Grundsätzen konform geht. Es ist damit nicht unwahrscheinlich, dass zumindest manche potentielle Wähler sich abgeschreckt fühlen. Damit stellt es einen Eingriff in die Rechte der AfD als Partei (aus Art. 21 GG) dar, wenn der Präsident des Bundesamtes sie so bezeichnet.
Nun ist nicht jeder Eingriff in grundrechtlich geschützte Positionen unzulässig. Wenn durch ein Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes in Rechte eingegriffen wird, können diese Eingriffe rechtmäßig sein. Das ist absolut alltäglich und rechtfertigt die Schulpflicht ebenso wie das Tempolimit. Der Präsident des Verfassungsschutzes muss eine Mitteilung also auf ein Gesetz stützen können.
Das Bundesamt sah für diese Maßnahme § 16 Abs. 1 BVerfSchG als Ermächtigungsgrundlage an. Diese Regelung bestimmt, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz die Öffentlichkeit über Bestrebungen und Tätigkeiten, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane zum Ziel haben, informiert, soweit hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte hierfür vorliegen. Zu deutsch: Über verfassungswidrige Bestrebungen darf der Verfassungsschutz berichten, wenn er gewichtige Anhaltspunkte hat, also einen ernsthaften Verdacht.
Dies sieht der Verfassungsschutz im Hinblick auf den sogenannten „Flügel“, also die innerhalb der rechten AfD ganz rechten Politiker um Björn Höcke, für gegeben an. In Hinblick auf die AfD insgesamt prüft er derzeit aber erst, ob es solche Anhaltspunkte gibt. Damit ist die Voraussetzung der Norm nicht erfüllt. Es ist aber gut möglich, dass der Verfassungsschutz im Zuge der Prüfung zum Ergebnis kommen wird, dass solche Anhaltspunkte bestehen. Das dürfte er dann auch berichten.
Die Entscheidung trifft damit nicht nur keine inhaltliche Bewertung über die AfD. Sie nimmt entsprechend auch nicht vorweg, zu welchem Ergebnis der Verfassungsschutz im Zuge seiner Prüfung kommen wird. Und es ergibt sich aus der Entscheidung auch ganz und gar nicht, dass andere Personen als der Verfassungsschutz die AfD nicht als Prüffall des Verfassungsschutzes bezeichnen dürfen. Denn anders als der Staat dürfen Privatpersonen sich auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit berufen. Das bedeutet: Private dürfen Tatsachen aussprechen. Nur der Staat muss sich in den Grenzen halten, die der Gesetzgeber ihm eingeräumt hat.