Eigentlich hatten wir letztes Jahr ja gedacht, zur Frage der Verjährung von Beitragsbescheiden sei das allerletzte Wort gesprochen: Nach dem VGH Mannheim mit einer Entscheidung zu einem spät gestellten Abwasserbescheid hatte sich das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) – im anderen Fall eines Erschließungsbeitrags – mit der Thematik befasst. In diesem Verfahren wurde auch dem Bundesverfassungsgericht eine Frage vorgelegt. Alle Gerichte hatten im Sinne einer Verjährung entschieden.
Anfang diesen Jahres hatte das BVerwG dann doch wieder einen ähnlichen Fall aus Brandenburg auf dem Tisch. Wie schon vor dem VGH Mannheim ging es um einen Beitragsbescheid, der mehr als 20 Jahre nach dem Anschluss ans Abwassernetz ergangen war. Es ist also kein Einzelfall… Anders als im baden-württembergischen Fall waren die Klägerinnen kommunale Wohnungsgesellschaften in Form von GmbHs. Bei den Gesellschaftern handelte es sich ausschließlich um Gemeinden.
Die Grundstücke waren bereits am 3. Oktober 1990 an eine Einrichtung der zentralen Schmutzwasserentsorgung angeschlossen. Für beide Grundstücke setzte der Beklagte im Jahr 2014 (!) Beiträge für die Herstellung seiner Entwässerungsanlage fest.
Aber noch mal der Reihe nach: Nach dem Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg in der zunächst geltenden Fassung hatte die Festsetzungsfrist zunächst mit dem Inkrafttreten der ersten Beitragssatzung begonnen.
Offenbar war es in den Wirren der Nachwendezeit nicht so einfach, gültige Satzungen zu erstellen. Jedenfalls wurde Anfang 2004, nachdem die Frist bereits abgelaufen gewesen wäre, das Gesetz dahingehend geändert, dass erst eine rechtswirksame Satzung die Frist zum Laufen bringt. Das BVerwG hat dies als Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot angesehen, denn die Gültigkeit der ersten Beitragssatzung war zuvor nicht gesetzlich gefordert gewesen.
Zudem gelte die Festsetzungsverjährung im Abgabenrecht für alle Schuldner gleichermaßen. Das in Artikel 20 Absatz 3 Grundgesetz verankerte Rückwirkungsverbot gelte ebenfalls allgemein. Daher können auch juristische Personen des Privatrechts, die nicht grundrechtsfähig sind, weil sie wie die Klägerinnen von der öffentlichen Hand beherrscht werden, von der Verjährung profitieren.
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