Die Republik diskutiert über hohe Mieten. Dass tatsächlich in Berlin enteignet wird, dürfte zwar als relativ unwahrscheinlich gelten, da schon die zu zahlende Entschädigung die Stadt überfordern dürfte. Doch die wachsende Sensibilität für steigende Wohnkosten lässt nicht nur in Tübingen die Kreativität wachsen. Auch aus dem teuren München gibt es etwas zu berichten. Hier hat der Münchner Mieterverein beim Oberlandesgericht (OLG) München eine Musterfeststellungsklage gegen eine Vermietungsgesellschaft gegen die Ankündigung einer Mieterhöhung eingelegt.
Die Musterfeststellungsklage ist neu in der ZPO. Sie wurde Ende letzten Jahres als §§ 606ff. in die Zivilprozessordnung eingefügt. Sie erlaubt es bestimmten, gesetzlich näher qualifizierten Verbraucherschutzverbänden auch ohne persönliche Betroffenheit vor Gericht zu ziehen. Dabei geht es nicht um Zahlungen oder Unterlassungen, sondern (wie der Name schon sagt) um Feststellungen. Im konkreten Fall soll festgestellt werden, dass die Mieterhöhungen rechtswidrig sind.
Die Betroffenen – hier also die Mieter – müssen damit nicht selbst vor Gericht. Der klagende Verband muss aber schon zehn individuelle Verbraucher hinter sich haben, nach Ablauf von zwei Monaten nach der öffentlichen Bekanntmachung der Musterfeststellungsklage müssen weitere 50 Verbraucher ihre Rechte wirksam angemeldet haben. Diese Anmeldung als Betroffene im Klageregister ist mit keinerlei Kostenrisiken verbunden, und in aller Regel dürften Verbraucher sich darauf verlassen dürfen, dass das beklagte Unternehmen nach einer Niederlage vor Gericht mindestens sehr vergleichsbereit werden wird, außer, es gibt im individuellen Fall Besonderheiten. Dies allerdings ist nicht zu unterschätzen. Wir können aus unserer eigenen Praxis bestätigen, dass die Frage, ob ein Fall wirklich 1:1 vergleichbar mit einem anderen ist, vom Laien oft kaum zutreffend beurteilt werden kann.
Auf insgesamt 60 Betroffene kommt man im Massenverfahren schnell. Damit ist die Musterfeststellungsklage keineswegs Fällen wie den Ansprüchen wegen Unregelmäßigkeiten bei der Abgasreinigung gegen die Volkswagen AG vorbehalten. Sondern kommt auch in mietrechtlichen Fragen wie im erwähnten Fall in Betracht, wenn die betroffene Wohnanlage nicht nur klein ist. Und auch Energieversorger müssen früher oder später damit rechnen, dass die Verbraucherschutzverbände nicht nur wie bisher ihr Mandat nach dem Unterlassungsklagegesetz nutzen, um Energielieferverträge überprüfen zu lassen. Sondern dass auch die Musterfeststellungsklage mit ihrer für den Verbraucher attraktiven verjährungshemmenden Wirkung und der damit verbundenen Öffentlichkeit genutzt wird. Energieversorger sollten deswegen dem Vertragsmanagement noch mehr Aufmerksamkeit schenken als bisher.
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