Nordstream 2 hat’s auch nicht leicht
Nicht nur der Naturschutzbund hat etwas gegen Nordstream 2. Die Pipeline von Russland nach Mecklenburg-Vorpommern durch die Ostsee steht im Verdacht, die Meeresumwelt der Ostsee zu schädigen. Zwar hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Greifswald die vom Umweltverband beantragte Zwischenverfügung auf einen vorläufigen Baustopp im Sommer letzten Jahres abgelehnt. Auch das Bundesverfassungsgericht wollte den Bau im Juli 2018 nicht stoppen. Doch wie der Rechtsstreit in der Hauptsache ausgeht, weiß heute noch keiner.
Aber nicht nur der Umweltschutz stellt ein Risiko für die Gaspipeline aus Russland dar. Am Montag dieser Woche, dem 15.04.2019, hat der Europäische Rat die Änderung der Gasrichtlinie förmlich angenommen, um mehr Wettbewerb auf dem Gasmarkt zu schaffen. Damit ging ein langes Tauziehen zwischen Deutschland und anderen Mitgliedstaaten sowie der europäischen Kommission mit einer deutschen Niederlage zu Ende. Die Kommission hatte von Anfang an geplant, dass die Vorschriften, die den Gasbinnenmarkt der EU regeln, künftig auch für Fernleitungen zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittland bis zur EU-Außengrenze gelten. Damit müssen Fernleitungen ab Grenzübergang entflochten werden, Dritten ist der Netzzugang zu gewähren. Es gelten die Diskriminierungsverbote und Transparenzanforderungen, wie sie innerhalb der EU schon seit 2009 zu beachten sind. Diesen Anforderungen genügt die Planung für Nordstream 2 bisher nicht, denn Gazprom will sowohl die Pipeline betreiben, als auch das Gas liefern.
Bis vor einigen Wochen hatte die Bundesregierung angenommen, gemeinsam mit Frankreich die Kommissionspläne noch verhindern zu können. Dann jedoch hatte Frankreich seine Position verändert. Auch die letzte Rückfallposition, frei zwischen Eintritts- und Drittstaat aushandelbare Ausnahmevorschriften, war zuletzt noch gefallen. In der nun angenommenen Fassung heißt es, dass zwar der Staat, in dem die Leitung aus einem Drittland ankommt, mit diesem über Ausnahmen verhandeln darf, am Ende entscheidet aber die Kommission. Und die hat nicht vor, für Nordstream 2 Deutschland eine Extrawurst zu braten.
Für die Kommission bedeutet das einen echten politischen Sieg. In Hinblick auf die Energiewende sind die vielfachen Schwierigkeiten für das politisch sicherlich zu recht umstrittene Vorhaben allerdings skeptisch zu sehen. Auch wenn es zunehmend Stimmen gibt, die meinen, auch auf Erdgas in Zukunft schnell verzichten zu können, ist aktuell nur schwer vorstellbar, wie der geforderte schnelle Kohleausstieg ohne eine Steigerung der Erdgasimporte aussehen soll. Zwar erwarten die meisten Akteure, dass Gazprom sich wohl oder übel auf die veränderten Rahmenbedingungen einlässt. Einfacher wird es für das Großprojekt aber nun sicherlich nicht.