Ihr Beitrag zum Straßenausbau … zahlbar bis …
So selbstbestimmt und rational die heutige Welt manchmal scheint: Am Ende ist doch niemand gegen Schicksalsschläge gefeit. Dabei muss es nicht immer gleich um Krankheit und Tod gehen. Manchmal reicht auch ein einfacher Gebührenbescheid. Da lebt ein Bauer im schleswig-holsteinischen Lütjenburg, der bekam 2012 ein Schreiben vom Amt. Für die Erneuerung der Straße entlang seines Grundstücks seien 217.000 Euro fällig. Als Straßenausbaubeitrag. Das zuständige Verwaltungsgericht hat die Summe 5 Jahre später auf „nur noch“ 189.000 Euro reduziert. Bislang ist unklar, ob die Berufung zugelassen wird. Da die aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten entfällt, musste der Landwirt einen Kredit bei der Bank aufnehmen.
Der Fall ist offenbar eine Ausnahme, aber trotzdem sind Straßenausbaubeiträge in Höhe von über 10.000 Euro keine Seltenheit. Betroffen sind nur Anliegerstraßen. Bei Bundes- und Landesstraßen wird die Straßenbaulast direkt vom öffentlichen Haushalt getragen. Ob und in welcher Form Beiträge erhoben werden, hängt vom Bundesland oder der Kommune ab. Wer in Hamburg, Bayern, Berlin, Baden-Württemberg oder Stadt Bremen (ohne Bremerhaven) wohnt, hat Glück. Hier wird kein Straßenausbaubeitrag erhoben. In Schleswig-Holstein, Sachsen, Hessen und dem Saarland hängt es von kommunalen Satzungen ab.
Verfahren wegen Straßenausbaubeiträge belasten in einigen Bundesländern die Gerichte erheblich. Zudem gibt es in einigen Bundesländern Proteste und Bürgerinitiativen, zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen, wo 400.000 Unterschriften für eine Abschaffung gesammelt wurden. Daher sind etwa in NRW, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen entsprechende Novellen der kommunalen Abgabengesetze in der Diskussion. Eine Alternative wären wiederkehrende Beiträge oder eine Finanzierung über die Grundsteuer.
Das Leben wird ohne bürokratische Fährnisse wie Straßenbaubeiträge vermutlich ein bisschen berechenbarer. Aber es gibt ja noch genug andere Überraschungen. Solange öffentliche Güter verwaltet werden müssen, wird es uns vermutlich nie langweilig.