Der sondervertragslose Kaufmann
Eine interessante Entscheidung zum Grundversorgungstarif hat im vergangenen Oktober das OLG München (Urteil v. 06.06.2018 – 7 U 3836/17) gefällt:
Normalerweise befinden sich im Grundversorgungstarif diejenigen Kunden, die noch nie ihren Stromversorger gewechselt haben. Wie § 1 Abs. 1 StromGVV zu entnehmen ist, geht es um die Versorgung von Haushaltskunden in Niederspannung. In der Entscheidung des OLG München geht es aber nicht um einen Haushaltskunden. Sondern um ein Unternehmen. Diese sind vom § 36 EnWG, der die Grundversorgung regelt, auf den ersten Blick gar nicht erfasst. Das OLG München kam gleichwohl auf letztlich nachvollziehbarem Wege zur Anwendung der Grundversorgungstarife.
In dem entschiedenen Fall hatte nämlich ein Restaurant ohne Vertragsschluss Strom bezogen. Dass der Betreiber damit Kunden der Stadtwerke München geworden war, erfuhr er über die Hausverwaltung. Da kein abweichender Tarif vereinbar wurde, gilt die vereinbarte Taxe, und als solche bestätigte das OLG München die Grundversorgung. Dabei verwies es auf die „Üblichkeit“ dieser Taxe und auf den Umstand, dass nach § 3 Nr. 22 EnWG als Haushaltskunde auch derjenige gilt, der zwar gewerblich oder freiberuflich Strom bezieht, aber nicht mehr als 10.000 kWh pro Jahr.
Der Restaurantbetreiber zahlte Abschläge und erhielt Rechnungen, in denen auf die StromGVV hingewiesen wurde. Es hätte ihm also klar sein können, dass er sich im Gurndversorgungstarif befand, aber wenn wir ehrlich sind: Wer kann als Laie mit diesem Begriff etwas anfangen? Und wer schaut sich überhaupt seine Stromrechnungen genauer an? Wie auch immer, irgendwann endete das Lieferverhältnis und der Restaurantbetreiber erhielt eine Schlussrechnung. Um die ging es gerichtlich.
Der beklagte Restaurantbetreiber hatte zwar argumentiert, er sei nicht grundversorgt, sondern ersatzversorgt worden. Und überhaupt hätte das Stadtwerk ihn darüber aufklären müssen, dass man sich günstiger versorgen kann. Dies verneinte das OLG aber zumindest unter Kaufleuten.
Das Ergebnis – es gilt der Grundversorgungstarif – überzeugt. Offen bleibt, wie es aussehen würde, würde der Restaurantbetreiber mehr Strom beziehen. Oder er wäre kein Kaufmann, sondern ein Freiberufler, ein Verband oder ähnliches.