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BVerwG zum Klima­schutz beim Autobahnbau

Bei der Planung von Verkehr­wegen wie Autobahnen muss der Klima­schutz berück­sichtigt werden. Das ergibt sich aus dem Berück­sich­ti­gungs­gebot des § 13 des Bundes-Klima­­schut­z­­ge­­setzes (KSG). Nun könnten Spötter behaupten, dass der Bau von Autobahnen immer klima­schädlich sei, jeden­falls solange die Kraft­fahr­zeuge mit fossilen Brenn­stoffen getankt werden.

Dennoch gibt es beim Bau von Autobahnen deutliche Unter­schiede. Dies liegt vor allem an der Boden­be­schaf­fenheit: Es gibt in Deutschland kohlen­stoff­haltige Böden, die CO2 dauerhaft binden können, sogenannte Torf- oder Moorböden. Aller­dings verlieren sie diese Eigen­schaft, wenn abgetorft wird oder wenn der Grund­was­ser­spiegel abgesenkt wird. Denn dann wird der Kohlen­stoff durch Mikro­or­ga­nismen zersetzt, so dass CO2 freige­setzt und der Boden minera­li­siert. Typischer­weise ist dies beim Bau von Straßen und insbe­sondere Autobahnen der Fall, zum einen, weil der Torfboden ausge­koffert werden muss, zum anderen weil die Drainage und der Eingriff in tiefere Boden­schichten den Wasser­haushalt irrever­sibel verändert.

Foto von norddeutscher Niedermoorlandschaft mit Feldern, Gewerbegebiet und einer Autobahnbaustelle.

Rübker Moor bei Buxtehude nahe dem geplanten A26-Abschnitt (Foto: Aeroid, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons)

In Norddeutschland stellt sich dieses Problem bei der Erwei­terung der Küsten­au­tobahn A26 im Nordwesten zwischen Bremer­haven und Hamburg. Zwei Umwelt­ver­bände hatten dort gegen den Planfest­stel­lungs­be­schluss geklagt. Inzwi­schen wurde diese Klage vom Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt in Leipzig entschieden. Es hat der Klage zum Teil statt­ge­geben (BVerwG 9 A 2.24 – Urteil vom 08. Oktober 2025). Der Autobahnbau wird dadurch nicht verhindert. Das fordert das Klima­schutz­gesetz auch nicht. Aller­dings hätte der Träger eine alter­native Trasse prüfen sollen, die nicht in Moorböden eingreift und daher vermutlich weniger starke negative Auswir­kungen auf das Klima hat. Sie ist auch unter Biodi­ver­si­täts­ge­sichts­punkten vorteil­hafter, kürzer und daher vermutlich kostengünstiger.

Die Entscheidung zeigt, dass umwelt­recht­liche Gesichts­punkte, insbe­sondere Belange des Klima‑, Natur­­schutz- und Wasser­rechts bei der Planung und dem Bau von Straßen immer wichtiger werden und von den Träger der Straßen­baulast oft unter­schätzt werden. Am Ende kann die Planung teuer und langwierig werden, wenn diese Aspekte am Anfang nicht ausrei­chend beachtet wurden (Olaf Dilling)

Von |30. Oktober 2025|Kategorien: Allgemein|0 Kommentare

Wie weiter mit dem ETS II?

Jetzt rächt sich, dass es vielen Mitglied­staaten in den vergan­genen Jahren nicht gelungen ist, die Emissionen in den Sektoren Gebäude und Verkehr wirksam zu reduzieren. Ob aus Überzeugung oder aus Angst, die durch die Gaspreis­krise ohnehin gebeu­telten Verbraucher zusätzlich mit ordnungs­recht­lichen Maßnahmen dazu zu zwingen, sich vom Verbrenner sowie von Gas- oder Ölhei­zungen zu verab­schieden: Fakt ist jeden­falls, dass die Emissionen längst nicht dort sind, wo sie plangemäß hätten sein sollen.

Für den Start des ETS 2 im Jahr 2027 ist das ein erheb­liches Problem, denn die Gesamt­menge der Zerti­fikate ist gedeckelt. Es droht somit ein Preis­sprung in Dimen­sionen, von denen viele Regie­rungen in der EU glauben, sie seien den Verbrau­chern politisch nicht zu vermitteln oder für viele schlicht nicht zu bezahlen.

Entspre­chend haben bislang nicht alle Regie­rungen in der EU die Emissi­ons­han­dels­richt­linie umgesetzt. Für ein europa­weites System ist das natürlich kein kleines Problem. Daher ist es wenig überra­schend, dass sich der EU-Minis­­terrat in dieser Woche mit der Frage befasst hat, wie nun weiter verfahren werden soll. Manche Mitglied­staaten hatten auf eine Verschiebung gehofft, andere auf eine feste Preis­bremse, wie sie in Deutschland im natio­nalen Emissi­ons­handel ab 2026 gelten soll.

Das Ergebnis ist zunächst überschaubar: Der Ball liegt nun bei der Kommission. Es zeichnet sich aller­dings ab, dass es wohl nicht zu einer Verschiebung kommen wird, was anlass- und kompen­sa­ti­onslos angesichts der völker­recht­lichen und unions­recht­lichen Verpflich­tungen der EU auch schwierig wäre. Der Fall ist zwar in der Emissi­ons­han­dels­richt­linie vorge­sehen, aber nur unter engen Voraus­set­zungen. Aller­dings soll mehr Geld für Anpas­sungs­maß­nahmen bereit­ge­stellt werden, also für Mittel, die den EU-Bürge­rinnen und ‑Bürgern den Umstieg auf fossil­freie Techno­logien erleichtern sollen. Denkbar sind verschiedene Maßnahmen, etwa direkte Zuschüsse für den Kauf von E‑Autos, Förder­pro­gramme wie die BEG oder die Bundes­för­derung für effiziente Wärme­netze BEW zur Umrüstung im Gebäu­de­be­reich oder Hilfen beim Aufbau der Ladeinfrastruktur.

Disku­tiert wird außerdem, den Markt­sta­bi­li­täts­me­cha­nismus zu stärken. Dies ist in der Tat sinnvoll. Hinter diesem Begriff verbirgt sich eine Art Reserve an Zerti­fi­katen, die von der Europäi­schen Kommission verwaltet wird. Steigen die Preise für Zerti­fikate zu stark, kann die Kommission zusätz­liche Zerti­fikate auf den Markt bringen, ähnlich einer Zentral­bank­in­ter­vention. Bereits von Anfang an war jedoch kriti­siert worden, dass die Ausstattung der Markt­sta­bi­li­täts­re­serve keines­falls ausreiche, um die von der Kommission seit 2021 genannte politische (aber rechtlich unver­bind­liche) Zielgröße von etwa 45 € pro Tonne CO₂ zu gewähr­leisten. Im Raum stehen vielmehr Preise zwischen 80 und 200 €.

Ebenfalls disku­tiert wird das sogenannte Front­loading, also eine zeitliche Vorver­la­gerung der Ausgabe von Zerti­fi­katen, sodass 2027 zunächst mehr Zerti­fikate auf dem Markt wären, die später wieder einge­spart werden müssten. Kritiker fürchten hier lediglich eine Verschiebung des Preis­schocks, während Optimisten auf die Fortschritte im Bereich der Elektro­mo­bi­lität verweisen: Sinkende Anschaf­fungs­preise ermög­lichen immer mehr Menschen den Umstieg auf Elektro­fahr­zeuge. Zudem dauert es insbe­sondere im trägen Gebäu­de­sektor einige Jahre, bis der Ausbau von Fernwär­me­netzen und die geplanten Umrüs­tungen im Gebäu­de­be­stand tatsächlich greifen. Es kann also gut sein, dass die Emissionen ab Anfang der Dreißiger Jahre wirklich so schnell sinken, wie erfor­derlich wäre. Ob dies allein der Emissi­ons­handel bewerk­stel­ligen kann, dürfte aber zweifelhaft sein. Mögli­cher­weise kommen die Mitglied­staaten um mehr von den ungeliebten ordnungs­recht­lichen Mitteln – wie dem GEG – am Ende doch nicht herum (Miriam Vollmer).

Sie inter­es­sieren sich für den Übergang vom BEHG zum ETS II? Dann kommen Sie zu unserer Online-Schulung am 5. November 2025 gemeinsam mit der BEHG 2020 GmbH.

Von |24. Oktober 2025|Kategorien: Allgemein|Schlag­wörter: , |0 Kommentare

Zur Eichung von Wärmemengenzählern

Wärme­men­gen­zähler messen die gelie­ferte Wärme­en­ergie aus Heizungs­an­lagen oder Fernwär­me­net­zenund dienen  als Abrech­nungs­grundlage zwischen V zwischen Wärme­lie­fe­ranten und Endkunden. Damit diese Abrech­nungen rechtlich korrekt und für alle Betei­ligten nachvoll­ziehbar sind, müssen die Geräte verläss­liche und überprüfbare Messergeb­nisse liefern.Die Eichung stellt dabei sicher, dass der Zähler: mit ausrei­chender Genau­igkeit misst, den gesetz­lichen Anfor­de­rungen entspricht und Manipu­la­tionen oder syste­ma­tische Fehler ausge­schlossen sind.

Die Eichpflicht ergibt sich in Deutschland aus dem Mess- und Eichgesetz (MessEG) sowie der Mess- und Eichver­ordnung (MessEV). Wichtige Regelungen sind hier § 37 MessEG (Eichpflicht für Messgeräte, die im geschäft­lichen Verkehr verwendet werden), § 41 MessEG (Bestim­mungen über die Eichfrist und das Inver­kehr­bringen von Messge­räten) und Anhang 7 zur MessEV (beschreibt die techni­schen Anfor­de­rungen an Wärme­men­gen­zähler). Nach diesen Vorschriften dürfen nur geeichte Zähler zur Ermittlung der Wärme­menge verwendet werden, wenn die Messwerte für Abrech­nungs­zwecke (z. B. Heizkos­ten­ab­rechnung) genutzt werden. Dies wird zudem auch noch einmal ausdrücklich in § 3 Abs. 1 der FFVAV angeordnet.

Die Eichung selbst erfolgt durch staatlich anerkannte Prüfstellen (Eichämter) oder herstel­ler­seitig im Rahmen einer Konfor­mi­täts­be­wertung nach europäi­schen Richt­linien (z. B. MID – Measuring Instru­ments Directive 2014/32/EU).

In der Praxis bedeutet das, ein Hersteller darf neue Wärme­men­gen­zähler in Verkehr bringen, wenn sie die MID-Anfor­­de­rungen erfüllen und eine Konfor­mi­täts­er­klärung vorliegt. Nach Ablauf der Eichfrist (in der Regel 5 Jahre) muss der Zähler neu geeicht oder ersetzt werden. Die Eichung selbst umfasst eine technische Prüfung, Kalibrierung und Kennzeichnung (z. B. mit Eichsiegel und Jahreszahl). Die Dauer der Eichung ist durch ein Eichsiegel auf dem Zähler gekennzeichnet.

Fehlt die gültige Eichung, ergeben sich mehrere recht­liche Konse­quenzen: Eine Verbrauchs­ab­rechnung auf Basis eines nicht geeichten Zählers kann als formell fehlerhaft gelten. Mieter oder Kunden können die Abrechnung beanstanden oder Zahlungen verweigern. Nur wenn das Versor­gungs­un­ter­nehmen aus Gründen, die es nicht zu vertreten hat, den tatsäch­lichen Verbrauch für einen bestimmten Abrech­nungs­zeitraum nicht ermitteln kann, darf die Verbrauchs­er­fassung auf einer Schätzung beruhen, die unter angemes­sener Berück­sich­tigung der tatsäch­lichen Verhält­nisse zu erfolgen hat (§ 3 Abs. 1 S. 4 FFVAV)

Der Einsatz eines nicht geeichten Messgeräts im geschäft­lichen Verkehr stellt gemäß § 60 MessEG eine Ordnungs­wid­rigkeit dar. Es drohen Bußgelder bis zu 50.000 €.

(Christian Dümke)

Von |24. Oktober 2025|Kategorien: Messwesen, Wärme|0 Kommentare

♻️ Circular Economy Act: Umwelt­ver­bände fordern echten Wende­punkt in der EU-Ressourcenpolitik

Gerade noch läuft die öffent­liche Konsul­tation (bis 06.11.2025): Man darf gespannt sein, was der für 2026 angekün­digte Circular Economy Act (CEA) als neuer EU-Rechts­­rahmen zur Kreis­lauf­wirt­schaft für die Praxis bereit­halten wird.

Acht deutsche Umwelt­ver­bände unter Feder­führung des DNR mahnen zu mehr Ambitionen (siehe auch hier und hier). Viele Kreis­lauf­po­ten­ziale bleiben ungenutzt, und zentrale Kennzahlen wie der Ressour­cen­ver­brauch pro Kopf zeigen: Europa steckt noch in der linearen Wirtschafts­logik fest. Von der Hand zu weisen ist dies sicherlich nicht Doch was machen wir draus? 

Im Kern fordern die Verbände sieben konkretere und verbind­li­chere Ansatz­punkte: Die Abfall­hier­archie muss wirksam verankert werden, um die Abfall­ver­meidung (Design – Rethink, Reduce oder Refuse.) tatsächlich zu stärken und damit dann auch das Wieder­ver­wenden klappt. Gleich­zeitig sollen verbind­liche Ziele für Primär­res­sour­cen­nutzung und Abfall­ver­meidung einge­führt werden, denn ohne Ressour­cen­ein­sparung bleibt jeder Kreis­lauf­ansatz fragmen­ta­risch. Steuer­recht und Finan­zierung müssen den Wandel aktiv unter­stützen: Lineare Verwer­tungs­mo­delle dürfen nicht weiter privi­le­giert bleiben, und Kreis­lauf­mo­delle brauchen Planungs­si­cherheit und Förderung. Die Herstel­ler­ver­ant­wortung (EPR) muss weiter­ent­wi­ckelt und EU-weit harmo­ni­siert werden – etwa durch höhere Vorgaben für Reparatur, Wieder­ver­wendung und Recycling­fä­higkeit. Auch bei Elektro- und Elektronik­ge­räten herrscht aus Sicht der Verbände noch eine Regelungs­lücke, die den Rezykla­teinsatz und die Rückführung von Materialien behindert. Schließlich fordert das Bündnis eine klare Quali­täts­po­litik für Rezyklate: Nur hochwertige, sichere und verläss­liche Sekun­där­roh­stoffe machen Kreis­lauf­mo­delle marktfähig.

Der Circular Economy Act könnte das Instrument sein, das Kreis­lauf­wirt­schaft in den Mittel­punkt der Industrie- und Rohstoff­po­litik rückt – weg vom Nachsorgen („Abfall“) hin zur voraus­schau­enden Ressour­cen­stra­tegie („abfall­freies Europa“). Wenn die EU also tatsächlich bis 2030 die „Zirku­la­ri­tätsrate“ verdoppeln will (derzeit bei rund 12 %), dann braucht es aber mehr als Recycling­quoten – es braucht syste­mische Verän­de­rungen und handhabbare recht­liche Regelungen. Dies gilt auch gerade für die minera­li­schen Abfälle. Zudem müssen wir Ängste überwinden – nicht nur beim Verbraucher sondern auch bei Behörden. (Dirk Buchsteiner)

Von |22. Oktober 2025|Kategorien: Abfall­recht|Schlag­wörter: |0 Kommentare

Vom Baument­scheid zum Berliner Klimaanpassungsgesetz

In Berlin wird demnächst vom Abgeord­ne­tenhaus über ein Klima­an­pas­sungs­gesetz abgestimmt. Der Entwurf dafür wurde maßgeblich durch ein Bürger­be­gehren, dem „Baument­scheid“ initiiert und entwi­ckelt. Aller­dings kommt es jetzt mögli­cher­weise gar nicht zum Bürger­ent­scheid. Das ist für die Initiative keine Enttäu­schung, sondern ein Grund zu feiern: Sie haben bei den Regie­rungs­frak­tionen mit ihrem Anliegen offene Türen einge­rannt. Der Entwurf wurde von ihnen im Wesent­lichen übernommen, so dass die Chancen gut stehen, dass er vom Landes­par­lament verab­schiedet wird.

Für eine Geset­zes­in­itiative, die Klima­an­passung voran­treibt und daneben auch die Stadt „grüner“ macht, ist es tatsächlich höchste Zeit. Angesichts der geringen Bereit­schaft der Bundes­re­gierung, noch etwas Substan­ti­elles für Klima­schutz zu tun, und der politi­schen Großwet­terlage weltweit wird Anpassung immer wichtiger. Hitze­sommer und Stürme, Dürre und Stark­regen werden immer öfter und wir müssen uns darauf einstellen. Bund, Länder und Kommunen müssen dafür sorgen, dass dieses Extrem­wetter die Bevöl­kerung nicht unvor­be­reitet trifft. Klima­schutz und Klima­an­passung dürfen nicht als sich ausschlie­ßende Alter­na­tiven verstanden werden. Sie sollten sich vielmehr ergänzen. 

Schließlich ist der menschen­ge­machte Klima­wandel bereits voll im Gange. Zugleich ist die Stadt­fläche, in der die höchste Bevöl­ke­rungs­dichte herrscht, auch der Teil des Terri­to­riums, in der die Effekte des Klima­wandels am stärksten zu spüren sind: Dies ist so, weil die meisten Flächen versiegelt sind und kein Wasser aufnehmen und speichern können. Außerdem heizen sich Stein‑, Beton und Asphalt­flächen in der Sonne stärker auf als begrünte oder baumbe­standene Flächen. Auch nachts kühlen sie sich kaum ab.

Das Berliner Klima­an­pas­sungs­gesetz ist nicht das erste einschlägige Gesetz zu dem Thema. Vielmehr hat sich auch der Bund schon mit dem Thema befasst und das Bundes-Klima­an­­pas­­sungs­­­gesetz (KAnG) erlassen. Warum braucht es also überhaupt ein Gesetz für Berlin? Das KAnG des Bundes fordert bisher vor allem eine vorsor­gende Klima­an­pas­sungs­stra­tegie durch die Bundes­re­gierung bzw die zustän­digen Minis­terien, weiterhin Risiko­ana­lysen sowie einen Monito­ring­be­richt. Auf Bundes­ebene sollen alle Behörden Klima­an­pas­sungs­kon­zepte erstellen. Schließlich sollen alle Behörden bei ihren Planungen und Entschei­dungen das Ziel der Klima­an­passung berück­sich­tigen. Dies bleibt jedoch alles etwas abstrakt – zudem viele der Maßnahmen ohnehin in der Verwal­tungs­kom­petenz der Länder und Gemeinden liegen.

Luftbild von Parkanlage in einer Stadt

In § 9 KAnG lässt der Bund insofern die Möglichkeit offen, dass Länder eigene Klima­an­pas­sungs­ge­setze erlassen, die mit den Vorgaben des Bundes im Einklang sind. Ein Blick in den Entwurf des KAnG Bln demons­triert, dass es auf Ebene eines Stadt­staats durchaus konkreter geht: Dort werden nach mikro­kli­ma­ti­schen Parametern sogenannten Hitze­viertel definiert, die von der Senats­ver­waltung per Beschluss ausge­wiesen werden sollen und in denen Maßnahmen ergriffen werden sollen, um Klima­an­pas­sungs­ziele zu erreichen. Beispiel­weise sollen auf „jeder Straßen­seite und auf allen ausrei­chend breiten Mittel­streifen (…) je Straßen­ab­schnitt im Durch­schnitt mindestens alle 15 Meter ein gesunder Straßenbaum gepflanzt sein“. Weitere Klima­an­pas­sungs­ziele beziehen sich auf die Erreich­barkeit wohnort­naher Grünan­lagen und Regen­was­ser­ver­si­ckerung und auf die Absenkung der Tempe­ratur um mindestens 2°C durch Maßnahmen der blau-grünen Infrastruktur. 

Nun ist Papier bekanntlich geduldig und bei den Maßnahmen handelt es sich um Soll-Vorgaben. Wie wird dafür gesorgt, dass diese Ziele tatsächlich erreicht werden? Das Klima­an­pas­sungs­gesetz sieht in § 5 eine Zustän­digkeit der Senats­ver­waltung für die jährliche Erstellung eines Maßnah­men­ka­talogs für die jewei­ligen Hitze­viertel vor und die schritt­weise Umsetzung durch die Bezirks­ämter vor. Stadt­viertel mit niedrigem sozialen Status sollen dabei vorrangig bedient werden, da hier die Bedin­gungen oft besonders schlecht und die Vulnerabi­lität besonders groß ist.

Über die Hitze­viertel hinaus soll im gesamten Stadt­gebiet ein Mindest­be­stand an Bäumen herge­stellt und erhalten werden. Bei der Flächen­ver­teilung sollen Fahrrad- und Gehwege erhalten bleiben, dagegen ist es nach dem Geset­zes­entwurf zulässig, Parkplätze zu opfern. Dies ist vermutlich auch notwendig, denn ansonsten wäre es kaum realis­tisch, die im Gesetz vorge­sehene Anzahl von Bäumen pro Straßen­ab­schnitt zu pflanzen. Es ist voraus­sehbar, dass es hier zu politi­schen Vertei­lungs­kämpfen kommen wird. Letztlich kann Berlin ein für Menschen erträg­liches Stadt­klima aber nur erhalten, wenn Parkplätze in Baumscheiben umgewandelt werden. Alles andere wäre angesichts des deutlichen Anstiegs der Durch­schnitts­tem­pe­ra­turen und der Häufung von Hitze­sommern kurzsichtig. (Olaf Dilling)

Von |22. Oktober 2025|Kategorien: Allgemein, Klima­schutz, Kommentar, Umwelt|Schlag­wörter: , , , , |0 Kommentare

Aktionsplan Kreis­lauf­wirt­schaft

Nun tut sich wohl doch was in Sachen Kreislaufwirtschaft:

Das Bundes­um­welt­mi­nis­terium hat mit dem Aktions­pro­gramm Kreis­lauf­wirt­schaft einen konkreten Schritt zur Umsetzung der Natio­nalen Kreis­lauf­wirt­schafts­stra­tegie (NKWS) vorge­stellt. Ziel ist es, kurzfristig Maßnahmen zu reali­sieren, mit denen bis Ende 2027 substan­zielle Fortschritte beim Schließen von Stoff­kreis­läufen erzielt werden sollen. Kern ist, den Verbrauch von Primär­roh­stoffen zu senken, die Ressour­cen­ef­fi­zienz zu erhöhen und gleich­zeitig die ökolo­gische und wirtschaft­liche Resilienz Deutsch­lands zu stärken.
Zu den wichtigsten Maßnahmen des Programms gehören unter anderem die Reform gesetz­licher Regelungen wie dem Kreis­lauf­wirt­schafts­gesetz und der Ersatz­bau­stoff­ver­ordnung (wir dürfen gespannt sein!) sowie Anpas­sungen im Verpa­ckungs­gesetz (nun ja, wir müssen auch die EU-Verpa­­ckungs­­­ver­­­ordnung berück­sich­tigen), um den Einsatz von Rezyklaten zu erleichtern und verbind­licher zu gestalten. Dazu gehört auch eine Stärkung der öffent­lichen Beschaffung als Hebel: Ausschrei­bungen sollen früher und stärker ökolo­gische und kreis­lauf­ori­en­tierte Kriterien enthalten. Wir brauchen z.B. weniger Angst vor MEB!

Ein weiterer Schwer­punkt liegt auf Digita­li­sierung und Infor­ma­ti­ons­in­fra­struktur. Das Programm sieht unter anderem vor, ein Circular Economy Infor­mation System (CEIS) aufzu­bauen sowie Produkt­pässe und Daten­räume zur Nachver­folgung von Stoff‑ und Waren­strömen zu entwi­ckeln. Mit solchen digitalen Instru­menten sollen Prozesse trans­pa­renter, Kreis­läufe effizi­enter und Innova­tionen beschleunigt werden.
Förder­pro­gramme und Innova­ti­ons­an­reize sind zentrale Bausteine: Geplant sind Pilot‑ und Demons­tra­ti­ons­pro­jekte, insbe­sondere bei kriti­schen und strate­gi­schen Rohstoffen sowie bei Recycling­ver­fahren etwa für Batterien oder Photo­vol­ta­ik­module. Auch der Mittel­stand soll gezielt unter­stützt werden. Zudem sind Maßnahmen zur Beratung, Vernetzung und Quali­fi­zierung in Planung sowie ein Ausbau der Kapazi­täten in Recycling und Infrastruktur.

Die Reaktionen aus der Branche zeigen ein geteiltes Bild: Viele begrüßen das Programm als wichtigen Impuls, etwa im Bereich Digita­li­sierung oder Förderung. Gleichwohl wird bemängelt, dass Verbind­lichkeit und Tempo noch nicht ausreichen. Kritik­punkte sind unter anderem fehlende Rezyklat­quoten, zu langsame Geneh­mi­gung­ver­fahren und unklare Rechts­rahmen. Es wird erwartet, dass aus den angekün­digten Maßnahmen bald konkrete gesetz­liche Schritte werden, die Planungs­si­cherheit und Inves­ti­ti­ons­an­reize bieten.

Entscheidend wird sein, ob die Zusagen in prakti­kable Regelungen überführt werden und wie schnell Erwei­te­rungen und Anpas­sungen erfolgen, und ob sich dann auch Behörden, Wirtschaft und Kommunen gemeinsam auf die neuen Rahmen­be­din­gungen einstellen.

(Dirk Buchsteiner)

Von |17. Oktober 2025|Kategorien: Abfall­recht|0 Kommentare