Kein Wildwest: BNetzA geht gegen prima­strom GmbH und Voxenergie GmbH vor

Viele Vebraucher bemerken die gestie­genen Preise für Energie erst jetzt, weil Festpreis­ver­ein­ba­rungen auslaufen oder weil ihre Versorger sich zu „alten“ Preisen einge­deckt hatten. Doch gerade manche neue Energie­an­bieter, die über Jahre mit einer oft sehr kurzfris­tigen Beschaf­fungs­po­litik gut gefahren waren, standen schon seit 2021 auf einmal vor Problemen. Teilweise versuchten die Unter­nehmen, Verträge zu kündigen. Teilweise wurden Preise mit dem Argument, die Umstände hätten sich eben geändert, trotz entge­gen­ste­hender vertrag­licher Regelungen angehoben.

Dass Preis­an­pas­sungen nicht auf § 313 BGB wegen gestie­gener Bezugs­preise gestützt werden können, hat inzwi­schen die Recht­spre­chung zumindest erstin­stanzlich bestätigt (hierzu mehr hier). Doch das ist noch nicht alles. Mit Datum vom 1. September 2022 hat nun die Bundes­netz­agentur (BNetzA) die Unter­nehmen prima­strom GmbH und Voxenergie GmbH verpflichtet, ihre Preis­er­hö­hungen aus dem Dezember 2021 zurück­zu­nehmen. Grund: Die Unter­nehmen hatten die Frist von einem Monat nicht beachtet, die sich aus § 41 Abs. 5 Satz 2 Energie­wirt­schafts­gesetz ergibt, wo es heißt:

Über Preis­än­de­rungen ist spätestens zwei Wochen, bei Haushalts­kunden spätestens einen Monat, vor Eintritt der beabsich­tigten Änderung zu unter­richten.“

Für die Unter­nehmen bedeutet das: Sind die Preis­an­pas­sungen unwirksam, gelten die alten Preise weiter. Wenn Kunden zwischen­zeitlich mehr gezahlt haben, sind die überschüs­sigen Beträge rechts­grundlos geflossen und können zurück­ge­fordert werden. Da die BNetzA auf Missachtung ihrer Verfügung ein Zwangsgeld von 100.000 EUR angedroht hat, empfiehlt es sich auch aus diesem Grunde nicht, die Angele­genheit nun zu ignorieren oder darauf zu setzen, dass die Kunden nicht vor Gericht ziehen. Kostenlose Fotos zum Thema Rodeo

Abzuwarten bleibt, ob die Unter­nehmen die Angele­genheit gerichtlich überprüfen lassen, aber insgesamt wird deutlich: Die BNetzA ist immerhin bemüht, kein Wildwest im Energie­ver­trieb zu dulden, auch wenn sich besonders die rechts­treuen Wettbe­werber bisweilen ein schnel­leres Eingreifen wünschen würden (Miriam Vollmer).

2022-09-09T18:51:49+02:009. September 2022|Vertrieb|

Mit heißer Nadel gestrickt: Rechts­un­si­cher­heiten bei Umsetzung der EnSikuMaV

Über die Kurzfris­t­ener­gie­ver­sor­gungs­si­che­rungs­maß­nah­men­ver­ordnung – EnSikuMaV
und die darin enthal­tenen neue Infor­ma­ti­ons­pflicht für Gas- und Wärme­ver­sor­gungs­un­ter­nehmen hatten wir bereits berichtet. Und wie das häufig der Fall ist bei Gesetzen und Verord­nungen die der Gesetz­geber mit heißer Nadel verfasst, ist uns bereits direkt die erste Unstim­migkeit aufgefallen.

Nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 EnSikuMaV müssen Gas- und Wärme­ver­sorger Kunden die in Wohnein­heiten versorgt werden Infor­ma­tionen über die Höhe der voraus­sicht­lichen Energie­kosten des Gebäudes oder der Wohneinheit für eine vergleichbare Abrech­nungs­pe­riode unter Berück­sich­tigung des am 1. September 2022 in dem jewei­ligen Netzgebiet geltenden Grund­ver­sor­gungs­tarifs für Erdgas auf Basis des Grund- und Arbeits­preises, berechnet unter Zugrun­de­legung des Energie­ver­brauchs der letzten voran­ge­gan­genen Abrech­nungs­pe­riode übermitteln

Die Pflicht richtet sich ausdrücklich an Gas- UND Wärme­lie­fe­ranten. Gaslie­fe­ranten können auf Basis eines Progno­se­ver­brauches relativ einfach die gewünschte Berechnung auf Basis des im Netzgebiet des Kunden geltenden Gas-Grund­ver­sor­gungs­ta­rifes erstellen. Auch wenn Sie selbst nicht der örtliche Grund­ver­sorger sind, denn dieser muss die Preise der Grund­ver­sorgung auf seiner Website veröf­fent­licht haben.

Was aber soll hier ein Wärme­lie­ferant tun? Eine Grund­ver­sorgung für Wärme existiert nicht. Das Instrument der Grund­ver­sorgung gibt es nur für die Strom- und Gasver­sorgung. Zudem wird in § 9 Abs. 2 Nr. 2 ausdrücklich eine Berechnung auf Basis des „Grund­ver­sor­gungs­preis Erdgas“ verlangt.

Man könnte hier argumen­tieren, dass Wärme­lie­fe­ranten, die die gelie­ferte Wärme unter Verwendung des Einsatz­stoffes Erdgas erzeugen, im Rahmen der gefor­derten (Wärme)preisberechnung eigene Gasbe­zugs­kosten zu den Preisen der Grund­ver­sorgung ansetzen müssten und daraus einen fiktiven Wärme­preis errechnen, der dann dem Kunden mitzu­teilen ist.

Aber was sollen Wärme­lie­fe­ranten berechnen, deren Wärme­er­zeugung gar nicht auf Erdgas beruht? Eine Berechnung auf Basis eines Einsatz­stoffes durch­führen, der gar nicht verwendet wird? Das Ergebnis dürfte eine für den Kunden gänzlich unbrauchbare Progno­se­be­rechnung sein.

Hier besteht aus unserer Sicht Klärungs- und Nachbesserungsbedarf.

(Christian Dümke)

2022-09-09T01:12:04+02:009. September 2022|Energiepolitik, Gas, Wärme|

LG Köln zu Rennrad­fahrer vs Fahrertür

Bei einem Unfall gibt es oft klare Vorstel­lungen darüber, wer verant­wortlich dafür ist. Dabei gibt es oft mehrere, deren Verhalten ursächlich ist und erst in ihrem Zusam­men­wirken hat sich der Schaden reali­siert. Ein Beispiel dafür sind die sogenannten „Dooring-Unfälle“: Ein Fahrrad­fahrer fährt an einem parkenden Auto vorbei, dessen Fahrertür just in diesem Moment geöffnet wird.

Schuld ist dann grund­sätzlich der Kraft­fahrer, der seine Tür geöffnet hat. Denn nach § 14 Abs. 1 StVO heißt es ausdrücklich: „ Wer ein- oder aussteigt, muss sich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer am Verkehr Teilneh­mender ausge­schlossen ist“. Häufig hört man in letzter Zeit, seitdem der Radver­kehrs in den Städten zunimmt, aber auch, dass doch die Radfahrer Sicher­heits­ab­stand halten müssten. Da Fahrer­türen im geöff­neten Zustand etwa 1,50 m in die Fahrbahn herein­ragen könnten, sei dies der Abstand, der gehalten werden müsse.

Über diese Frage hat nun das Landge­richt (LG) Köln (Urt. Vom 02.08.2022, Az. 5 O 372/20) entschieden. Ein Kfz-Fahrer sowie dessen Versi­cherung hatten sich nach einem solchen Unfall geweigert, 100% des Schadens zu übernehmen und waren von 25% Mitschuld des Radfahrers ausge­gangen. Der sei auf seinem Rennrad überra­schend schnell an dem Kfz vorbei­ge­fahren und war dabei gegen die Fahrertür geprallt. Dabei hatte er sich eine Rippe gebrochen und mehrere schwere Prellungen an Schädel, Knien und Ellen­bogen erlitten.

Das Gericht hat entschieden, dass den Radfahrer kein Mitver­schulden trifft. Der Seiten­ab­stand soll es zwar ermög­lichen, dass ein gering­fügige Öffnen der Tür möglich sei. Einen Seiten­ab­stand, der so großzügig bemessen sei, dass die Fahrertür vollständig geöffnet werden könne, ohne dass es zu einer Kollision komme, sei dagegen nicht nötig.

Die Entscheidung ist deshalb relevant, weil sie nicht nur die Kosten­teilung im Schadensfall betrifft, sondern auch allge­meine Abstands­re­ge­lungen. Die wiederum entscheiden, wie der öffent­liche Raum zwischen den Verkehrs­teil­nehmern aufge­teilt wird. Eine großzügige Abstands­pflicht würde letztlich den Raum, der durch parkende Kfz in Anspruch genommen wird, noch weiter vergrößern. Zusätzlich zu den Parkflächen selbst gäbe es einen Streifen, den die Halter der Kfz exklusiv als „Sicher­heits­streifen“ für sich in Anspruch nehmen könnten. Das wird durch die Entscheidung verhindert. Es ist weiterhin die volle Verant­wortung der Kraft­fahrer, auf andere Verkehrs­teil­nehmer Rücksicht zu nehmen, die ihnen nahe kommen (Olaf Dilling).

2022-09-07T18:35:14+02:007. September 2022|Verkehr|