Emissionshandel: Die nächsten Schritte
Nun also doch: Es gibt eine Einigung im Europäischen Parlament. Die Abstimmung über die Novelle der Emissionshandelsrichtlinie ist wohl gesichert.
Die Menge der Emissionen insgesamt, damit die wichtigste Zahl des Emissionshandels, soll zunächst 2024 bis 2026 jährlich um 4,4% sinken, danach bis 2029 um jährlich 4,5% und sodann um 4,6% p. a. Gleichzeitig soll ein Teil der eingelagerten Zertifkate gelöscht werden: 70 Mio. nach Inkrafttreten, weitere 50 Mio. 2026.
Die kostenlose Zuteilung für die Industrie, der größte Zankapfel zwischen den Fraktionen, soll nun zwischen 2027 und 2032 beendet werden:
- 2027 sollen 93%;
- 2028 sollen 84%;
- 2029 sollen 69%;
- 2030 sollen 50%;
- 2031 sollen 25%; und
- 20032 dann 0%
einer Benchmarkzuteilung kostenlos zugeteilt werden. Diese Zuteilung ist nicht (das wird oft verwechselt) mit dem Bedarf verwechselt. Sie bildet vielmehr einen Benchmark ab, der best verfügbaren Techniken entspricht. Die Zuteilung soll künftig auch nicht mehr bedingungslos gewährt werden, sondern nur dann, wenn Unternehmen sich um Dekarbonisierung bemühen.
Die Beendigung der Zuteilung steht unter einem weiteren Vorbehalt: Die Zuteilungen laufen nur aus, sofern und soweit der Grenzsteuerausgleich für außerhalb der EU erzeugte Produkte (CBAM) erfolgreich implementiert ist. Er soll bis 2030 alle abwanderungsbedrohten Sektoren erfassen.
Wie geht es nun weiter? Heute, am 22. Juni 2022, soll das EP abstimmen. Dann geht das Paket an den Rat, die Vertretung der Mitgliedstaaten. (Miriam Vollmer)
Wie weiter, ETS?
Bäm! Keine Mehrheit für den in Verhandlungen vor der Plenarbefassung abgeschwächten Kompromiss zum Emissionshandel des Berichterstatters Peter Liese von EVP im Europäischen Parlament. Damit ist nun wieder völlig offen, wie es mit dem Europäischen Emissionshandel weitergeht. Weder ist klar, ob der deutsche nationale Emisisonshandel (nEHS) in einem EU-System für die Bepreisung des CO2 aus Treibstoffen und Brennstoffen wie Benzin und Erdgas aufgeht. Noch was aus dem EU-Emissionshandelssystem wird, dessen Grundlage, die Emissionshandelsrichtlinie 2003/87/EC weitergeschrieben werden muss.
Doch woran ist der Bericht nun gescheitert? Offenbar können sich die Lager nicht auf eine Vorgehensweise zur kostenlosen Zuteilung von Zertifikaten einigen. Einig ist man sich zwar, dass die Zuteilung auslaufen soll. Aber wann das der Fall sein soll, ist umstritten. Die Kommission will ab 2026 abschmelzen. Berichterstatter Liese schlug in seinem Bericht eine Verringerung der freien Zuteilungen erst ab 2028 beginnend vor. Das Ende der freien Zuteilungen sollte zwischen 2030 (Progressive), 2032 (S&D und Liberale) und 2034 (v. a. EVP) stattfinden. Hier fand man letztlich nicht zueinander. Gleichzeitig soll die europäische Industrie durch den CBAM, also einen Aufschlag auf lastenfrei produzierte und importierte Mengen an der EU-Grenze geschützt werden. Hier ist schon problematisch, ob ein früher Einstieg in den Grenzmechanismus bei gleichzeitig noch stattfindender Zuteilung nicht gegen WTO-Recht verstößt.
Doch wie geht es nun weiter? Das EP hat nicht endlos Zeit, denn schon in den nächsten Jahren sollte der Einstieg in den Emissionshandel für Gebäude und Verkehr stattfinden. Auch bezieht sich die derzeit laufende Zuteilung von Zertifikaten nur auf die Zeit bis 2025, wenn 2024 ein Zuteilungsverfahren für die Folgejahre stattfinden soll, muss also schnell geklärt werden, was nun kommt. Deswegen sollte schon diese Woche weitergesprochen werden und am 23. Juni im Plenum abgestimmt werden. Doch schon heute, am 13. Juni 2022, gab es erneut Irritationen: Der Umweltausschuss würde nicht noch einmal befasst, der Bericht aus dem Umweltausschuss mit den Änderungen, die das progressive Lager zurückgewiesen hatte, solle erneut zur Abstimmung gestellt werden. Wie es nun weitergeht, ist also weiter unklar. Die nächsten Wochen werden also auch klimaschutzpolitisch spannend (Miriam Vollmer).