Geneh­mi­gungs­be­dürftig: Sportkurs im Park

Seit Beginn der Pandemie haben immer mehr Stadt­be­wohner die öffent­lichen Parks wieder­ent­deckt. Gerade in den mehr oder weniger strengen Lockdowns war das für viele die einzige Möglichkeit täglich ein bisschen Bewegung zu bekommen. Angesichts der beim Homeoffice wegfal­lenden Wegstrecken, die zwar manchmal lästig sind, aber für viele auch den Neben­effekt der Leibes­er­tüch­tigung erfüllen.

Pilateskurs im Park

Da auch die Sport­studios lange Zeit geschlossen hatten und Yoga, Pilates und Gymnastik nicht mehr in Innen­räumen statt­finden konnte, haben auch Sport­ver­an­stalter und Coaches die öffent­lichen Grünflächen für sich entdeckt. Die Yogastunden wurden kurzerhand nach draußen verlegt, so dass mitter­weile nicht nur in chine­si­schen, sondern auch in deutschen Großstädten Thai Chi unter freiem Himmel prakti­ziert wird.

Bis irgendein Mitar­beiter eines Berliner Straßen- und Grünflä­chenamts sich die sehr deutsche Frage gestellt hat: Dürfen die das überhaupt? Anlass waren kosten­pflichtige Freiluft-Gruppen-Fitness­trai­nings mit bis zu 20 Teilnehmern, die unter anderem im Gleis­dreieck-Park in Kreuzberg statt­ge­funden hatten. Das Amt hatte die Kurse wiederholt verboten, daraufhin hatte der Veran­stalter einen formellen Antrag auf Geneh­migung einer Sonder­nutzung gestellt. Dieser Antrag war dann abgelehnt worden.

Das Verwal­tungs­ge­richt Berlin stellte klar, dass es sich bei den Kursen um keine Ausübung des Gemein­ge­brauchs handelt, dass sie also nicht im Rahmen der Widmung des Parks unpro­ble­ma­tisch erlaubt seien. Es bedürfe einer Geneh­migung nach § 6 Abs. 5 Berliner Grünan­la­gen­gesetz. Zwar seien nach diesem Gesetz eine Reihe von Veran­stal­tungen und Tätig­keiten, etwa Kunst- oder Kultur­ver­an­stal­tungen mit Live-Musik, erlaub­nisfrei. Dies gelte jedoch nicht für Veran­stal­tungen mit kommer­zi­ellem Charakter. Die öffent­lichen Grünan­lagen würden der „erholungs­be­dürf­tigen und erholung­su­chenden Bevöl­kerung“ dienen, nicht kommer­zi­ellen Sport­ver­an­staltern. Der selbst­or­ga­ni­sierte Lauftreff oder die nicht-profit­ori­en­tierte Yogagruppe dürften damit nicht von der Entscheidung betroffen sein. Angesichts der drohenden Nutzungs­kon­flikte und des exklu­siven Charakters kommer­zi­eller Veran­stal­tungen ist es eine nicht nur juris­tisch zutref­fende, sondern auch sachge­rechte Entscheidung (Olaf Dilling).

 

2022-06-07T17:21:28+02:007. Juni 2022|Allgemein, Rechtsprechung, Sport, Verwaltungsrecht|

Wie das BMWK den Speicher Rehden zurück­geholt hat

Ganze vier Paragrafen hat die brandneue Gasspei­cher­be­fül­lungs­ver­ordnung, abgekürzt GasSpBe­füllV, die vorgestern im Bundes­an­zeiger veröf­fent­licht wurde. Sie soll den nächsten Winter retten, wenn mögli­cher­weise kein Erdgas mehr nach Deutschland fließt. Doch wie will das Bundes­wirt­schafts­mi­nis­terium das anstellen?

Die neue Verordnung fußt auf den jüngst ins Energie­wirt­schafts­gesetz (EnWG) einge­fügten §§ 35a EnWG bis § 35h EnWG. Mit diesen Neure­ge­lungen vom März 2022 hat der Gesetz­geber Vorgaben für die Füllstände der deutsche Gasspeicher gemacht, nachdem im letzten Winter die Gasspeicher die niedrigsten Füllstände seit 15 Jahren hatten, was auch kurzfristige Abhän­gigkeit von der russi­schen Gasver­sorgung natur­gemäß erhöht. Die Gasspeicher sollen nun nach § 35b Abs. 1 EnWG am 1.2. zu 40% gefüllt sein, am 1.10. zu 80% und am 1.11. zu 90%. Wenn das nicht einge­halten wird, eröffnet das Gesetz die Möglichkeit, dem Betreiber des Speichers die Verfü­gungs­macht über seinen Speicher zu entziehen und den neu einge­führten Markt­ge­biets­ver­ant­wort­lichen die Gasspei­cher­ka­pa­zität ausschreiben zu lassen.

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(Foto: Axel Hindemith / Lizenz: Creative Commons CC-by-sa‑3.0 de)

Doch das Gesetz verur­teilt das Wirtschafts­mi­nis­terium nicht, bis zum Herbst zuzuwarten. Es enthält Verord­nungs­er­mäch­ti­gungen in § 35b Abs. 3 und 7 EnWG, die der Verord­nungs­geber nun ausge­nutzt hat. Anlass ist, dass Deutsch­lands größer Gasspeicher in Rehden derzeit nur zu rund 2% gefüllt ist. Zwar hat die Bundes­netz­agentur (BNetzA) als Treuhän­derin über die Gazprom Germania nun die Hand auf dem Speicher. Aber die Gazprom Export (keineswegs unter Treuhän­der­schaft der BNetzA) hat vertraglich verein­barte Speicher­ka­pa­zi­täten, die sie nicht nutzt.

Diese Kapazi­täten werden ihr nunmehr entzogen. § 2 der neuen GasSpBe­füllV ergänzt die kalen­da­ri­schen Pflichten des § 35b Abs. 1 EnWG: Wenn zum 1.5. keine 5% und am 1.6. keine 10% der Gasspei­cher­ka­pa­zität genutzt werden (2022 gilt der 2.6., da die GasSpBe­füllV erst ab diesem Tag gilt), sind die ungenutzten Kapazi­täten dem Markt­ge­biets­ver­ant­wort­lichen umgehend zur Verfügung zu stellen. Das ist die „Trading Hub Europe“ (THE). Die THE kann nun nach § 35c EnWG die Kapazi­täten ausschreiben und so dafür sorgen, dass sie auch genutzt werden. Gazprom kann den Speicher Rehden damit nicht mehr blockieren.

2022-06-03T21:29:32+02:003. Juni 2022|BNetzA, Energiepolitik, Gas|

VG Berlin: Keine Ladestation im Hinterhof

Unbestritten muss der Ausbau der Ladeinfra­struktur voran­ge­trieben werden. Aller­dings ohnehin bereits ein Großteil des urbanen Raums in Deutschland parkenden Kfz vorbe­halten. Daher muss bei der Planung von Ladesäulen die nachhaltige Stadt­ent­wicklung und Bedürf­nisse aller Bewohner beachtet werden. Instrument dafür kann auch das baurecht­liche Rücksichts­nah­me­gebot sein, wie ein kürzlich vom Verwal­tungs­ge­richt (VG) Berlin entschie­dener Fall zeigt.

Eine Grund­stücks­ei­gen­tü­merin wollte im Hinterhof eines Mehrpar­teien-Wohnhauses am Prenz­lauer Berg fünf Parkplätze einrichten und zwei Elektro­an­schlüsse legen. Im Hinterhof befindet sich eine bis 2019 als Autowerk­statt genutzte Remise. Einen Bebau­ungsplan gibt es nicht.

Aus Sicht der Eigen­tü­merin und Klägerin ist die geplante Nutzung mit dem gemischten Wohnumfeld kompa­tibel, denn aufgrund der Werkstatt gäbe es ohnehin Fahrzeug­verkehr. Von den Elektro­mo­bilen gingen keine erheb­lichen Fahrge­räusche aus, Geräusche durch Türen­schlagen sei bei modernen Fahrzeugen kein Problem mehr.

Die Baube­hörde hat den 2016 gestellten Bauantrag abgelehnt. Denn die die geplante Nutzung vertrage sich aufgrund des in § 15 Abs. 1 BauNVO und § 34 Abs. 2 BauGB geregelten Gebots der Rücksicht­nahme nicht mit der bestehenden Wohnbe­bauung. Dass es nachts zu Ruhestö­rungen komme lasse sich nämlich nicht ausschließen.

Dies wurde in der Entscheidung des VG Berlin bestätigt. Es sei nicht auszu­schließen, dass die Geräusche des Türen- und Koffer­raum­schlagens die zuläs­sigen nächt­lichen Werte überschreiten. Zwar verfügen einzelne Elektro­fahr­zeuge inzwi­schen über elektrisch verschlie­ßende Türen und Koffer­raum­klappen. Dies sei jedoch überwiegend noch nicht der Fall. Eine wirksame Auflage, lautes nächt­liches Türen­schlagen zu vermeiden, sei lebensfern.

Die Entscheidung zeigt, dass auch bei der Planung von Ladesta­tionen baurecht­liche Vorschriften, insbe­sondere das Rücksichts­nah­me­gebot, zu beachten sind (Olaf Dilling).

2022-06-02T12:13:21+02:002. Juni 2022|Strom, Verkehr|