Die Widerspruchsfrist des Kunden gegen unwirksame Energiepreisanpassungen erklärt
Ist der Kunde eines Energieverbrauchers mit seiner Verbrauchsabrechnung, genauer gesagt mit den dort vom Versorger abgerechneten Lieferpreisen nicht einverstanden, hat er eine Frist von 3 Jahren, der Rechnung zu widersprechen. Nach Ablauf dieser Zeit gilt der dort abgerechnete Preis automatisch als rechtmäßig.
Diese Frist findet sich nicht im Gesetz, sondern wurde vom Bundesgerichtshof entwickelt. Zunächst für den Bereich der Strom- und Gasversorgung nach dem EnWG (BGH, 14.03.2012, VIII ZR 93/11) und dann später auch auf den Bereich der Fernwärmeversorgung übertragen (BGH, 24.09.2014, VIII ZR 350/13, BGH,10.03.2021, VIII ZR 200/18).
Der BGH begründet diese Frist mit einer jeweils vorzunehmenden ergänzenden Vertragsauslegung des Energieversorgungsvertrages. Enthält dieser Vertrag eine unwirksame Preisanpassungsklausel ist nämlich grundsätzlich zunächst jede darauf gestützte Preisanpassung unwirksam und es gilt der vertraglich vereinbarte Anfangspreis unverändert fort. Macht der Kunde in diesem Rückforderungsansprüche für die Vergangenheit geltend, bestimmt sich die höhe seines Anspruches aus der Differenz zwischen dem bei Vertragsschluss vereinbartem Preis und dem später vom Versorger aufgrund unwirksamer Preiserhöhungen tatsächlich abgerechnetem Preis.
Handelt es sich um einen Vertrag, der vor längerer zeit abgeschlossen wurde, kann diese Differenz zwischen dem vertraglichen Anfangspreis und dem gegenwärtig abgerechneten Preis enorm hoch ausfallen. In dem Fall, den der BGH 2012 zu entscheiden hatte, lag der Anfangspreis bei 4,86 Pfennig (!) je kWh. Hier nahm der BGH dann eine Einschränkung vor, in dem er entschied, dass jeder vom Versorger abgerechnete Preis als neu vereinbarter (und damit wirksamer) Preis gilt, wenn der Kunde nicht innerhalb einer Frist von 3 Jahren widersprochen hat.
Auf diese Weise wird das Risiko des Versorgers deutlich begrenzt. Die 3 Jahresfrist gilt (anders als bei der Verjährung) direkt ab Zugang der jeweiligen Rechnung.
Aber Moment – gilt nicht ohnehin eine gesetzliche Verjährungsfrist von 3 Jahren, die Rückforderungsansprüche von Kunden auf diesen Zeitraum begrenzt? Hier muss man genau unterscheiden: Die gesetzliche Verjährung bestimmt den Zeitraum, für den der Kunde seine Zahlungen bei unwirksamen Preisänderungen teilweise zurückfordern kann. Die Widerspruchsregelung des BGH dagegen bestimmt die Höhe des Anspruches in diesem Zeitraum, denn der Anspruch berechnet sich der Höhe als Differenz zwischen dem bezahlten Preis und dem vertraglich geltenden Preis. Und der vertraglich geltende Preis ist der letzte Preis, den der Kunde dadurch akzeptiert hat, dass er ihm nicht innerhalb von 3 Jahren nach Rechnungszugang widersprochen hat.
(Christian Dümke)