4 Dinge die am Rechts­rahmen für Mieter­strom nerven! Teil 2

Wir hatten in der letzten Woche darüber gesprochen, was uns am Rechts­rahmen für Mieter­strom nervt. Hier geht es zu Teil 1. Heute die Fortsetzung:

Gesetz­liche Preisobergrenze
Strom aus erneu­er­baren Energien wird (gerne unter der Bezeichnung Ökostrom oder Grünstrom) am Markt immer beliebter. Viele Kunden sind bereit, hierfür auch etwas höhere Preise zu zahlen, als für konven­tio­nellen Strom. Trotzdem hat der Gesetz­geber für den Mieter­strom in § 42a Abs. 4 EnWG einen gesetz­lichen Höchst­preis festgelegt. Der vom Kunden/Mieter zu zahlende Preis darf 90 Prozent des in dem jewei­ligen Netzgebiet geltenden Grund­ver­sor­gungs­tarifs, auf Basis des Grund- und Arbeits­preises, nicht übersteigen. Wird trotzdem ein höherer Preis vereinbart, wird dieser durch das Gesetz automa­tisch herabgesetzt.

Der Sinn dieser Preis­kon­trolle ist unklar. Kein Mieter ist gezwungen den Mieter­strom in Anspruch zu nehmen. Er muss also nicht vor mögli­cher­weise überhöhten Mieter­strom­preisen geschützt werden, insbe­sondere da der Vermieter den Abschluss eines Mieter­strom­ver­trages nicht mit dem Mietvertrag verknüpfen darf (§ 42a Abs. 2 EnWG).

Höchst­laufzeit
Die zulässige Höchst­laufzeit von Dauer­schuld­ver­hält­nissen ist gerade in der Diskussion. Aber bisher und derzeit darf die verein­barte Erstlaufzeit eines Vertrages mit einem Verbraucher maximal 2 Jahre betragen (§ 309 Nr. 9 BGB). Das gilt auch für jeden Energie­lie­fer­vertrag. Für jeden konven­tio­nellen Energie­lie­fer­vertrag besser gesagt – denn bei Mieter­strom­ver­trägen schreibt § 42a Abs. 3 EnWG eine Höchst­laufzeit von max. 1 Jahr vor. Der Anbieter von Mieter­strom wird hier also wesentlich schlechter gestellt, als ein belie­biger Strom­an­bieter der seinen Produkt über das Netz der allge­meinen Versorgung anbietet. Dabei ist gerade der Mieter­strom­an­bieter auf eine möglichst stabile Kunden­bindung angewiesen, weil er für sein Angebot ein konkretes Anfangs­invest durch Errichtung der Erzeu­gungs­anlage leisten musste.

Fazit

Wir halten diese 4 genannten Regelungen des Gesetz­gebers für überflüssig. Was meinen Sie dazu?

(Christian Dümke)

2021-04-20T15:35:30+02:0019. April 2021|Energiepolitik, Erneuerbare Energien, Mieterstrom|

Mal wieder: Die Kunden­anlage (OLG Dresden, Beschl. v. 16.09.2020 – Kart 9/19)

Die Abgrenzung von Netz und Kunden­anlage ist ein Dauer­brenner des Eenrgie­rechts. Das ist nicht erstaunlich, denn der Status als Kunden­anlage erspart ihrem Betreiber nicht nur viel Aufwand, sondern oft auch viel Geld (hierzu etwa hier).

Im vorver­gan­genen Jahr hat nach langem Hin und Her der BGH endlich ein paar wesent­liche Leitplanken zur Frage geklärt, was unter einer Kunden­anlage eigentlich zu verstehen ist. Doch § 3 Nr. 24a EnWG bietet noch einige offene Fragen mehr, wie eine Entscheidung des OLG Dresden vom 16. September 2020 (Kart 9/19) zeigt.

Sachverhalt

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt geht es um zwei Wohnan­lagen jeweils bestehend aus mehreren Häusern, getrennt durch eine Straße. Die eine weist 160 Wohnein­heiten auf, die andere 96. Beide gehören demselben Eigen­tümer, beide sollen jeweils durch dasselbe Unter­nehmen (die Beschwer­de­füh­rerin) mit Energie aus einem jeweils zu errich­tenden BHKW versorgt werden. Dies haben der Betreiber der BHKW und der Eigen­tümer – und Vermieter – per Vertrag vereinbart. Wärme sollte der BHKW-Betreiber an den Eigen­tümer liefern, den Strom dagegen sollte er den Bewohnern anbieten, die aller­dings frei bleiben sollten, dieses Angebot anzunehmen. Die Strom­lei­tungen sollte laut Vertrag der BHKW-Betreiber übernehmen, aber keine Netzent­gelte berechnen. Wichtig: Beide Strom­lei­tungs­an­lagen auf beiden Straßen­seiten sind technisch nicht mitein­ander verbunden.

Der BHKW-Betreiber betrachtete sich deswegen als Betreiber einer Kunden­anlage, der örtliche Netzbe­treiber sah das anders. Die Sache ging vor Gericht.

Was sagt das OLG Dresden?

Die erhoffte Klarstellung, dass hier zwei Kunden­an­lagen betrieben werden, gab es von den Richtern nicht. Das OLG Dresden geht von einem Netz aus. Dass das angeb­liche Netz keine technische Verbindung hat, störte die sächsi­schen Richter dabei nicht. Dem OLG Dresden reichte der Vertrag zwischen dem Eigen­tümer und dem Betreiber der BHKW.

Weiter führte das OLG Dresden aus, dass auch ohne berechnete Netznut­zungs­ent­gelte hier keine unent­gelt­liche Netznutzung vorliegen würde, weil dieselbe Person die Kunden­an­lagen betreiben und die Energie­ver­sorgung gewähr­leisten würde. Das Unter­nehmen hätte anhand der Kalku­lation offen­legen müssen, dass der Strom­preis keine Infra­struk­tur­kosten enthalten würde. Hier an sich unerheblich, gleichwohl inter­essant, ist zudem die Feststellung des OLGDresden, dass es schon ab 200, nicht erst ab 300 Wohnein­heiten (wie das OLG Düsseldorf) von „mehreren hundert“ Wohnein­heiten ausgeht, die nicht mehr unbedeutend für den Wettbewerb und damit auch keine Kunden­anlage mehr sind.

Dresden, Elbe, Frauenkirche, Sonnenuntergang

Was halten wir von der Entscheidung?

Um es direkt zu sagen: Wir sind nicht überzeugt.

Zwar spricht auch die amtliche Begründung des § 3 Nr. 24a EnWG davon, dass für die Frage, ob die Kunden­anlage „unbedeutend“ ist, auch auf die Vertragslage abgestellt werden kann. Aber auf die Verträge mit den Letzt­ver­brau­chern, aus denen sich ergibt, welche Rolle der Betreiber der Leitungs­struktur hat. Nicht – wie hier – auf den Vertrag mit dem Vermieter und Eigentümer.

Auch die Frage der Einpreisung von Infra­struk­tur­kosten ist aus unserer Sicht nicht befrie­digend gelöst. Der Senat legt den Begriff der verbrauchs­ab­hän­gigen Nutzungs­ent­gelte ausge­sprochen weit aus, wenn er Infra­struk­tur­kosten als Teil des Strom­preises als faktische Netzent­gelte bewertet. Ob das noch von der Norm gedeckt ist? Wir haben Zweifel. Um so bedau­er­licher, dass der Senat die Rechts­be­schwerde nicht zugelassen hat. Es läuft wohl eine Nicht­zu­las­sungs­be­schwerde (Miriam Vollmer).

 

2021-04-20T14:17:03+02:0016. April 2021|Strom|

Einmal Poller „rot-weiß“, bitte!

Dass Hinder­nisse auf Gehwegen insbe­sondere für mobili­täts­ein­ge­schränkte oder sehbe­hin­derte Menschen ein Problem sein können, hatten wir schon einmal in einem Beitrag zur Barrie­re­freiheit thema­ti­siert. Vor ein paar Tagen hatten wir nun die Frage auf dem Tisch, ob die rot-weiße Markierung von Pollern eigentlich Ämtern vorbe­halten ist. Und zwar plant ein Verband seit einiger Zeit eine groß angelegte Aktion, bei der in vielen Städten Deutsch­lands unzählige, bisher graue Poller auf Gehwegen kontrast­reich markiert werden sollen. Denn bisher besteht wegen dieser Poller oft die Gefahr einer Kollision, die durch eine entspre­chende Farbgebung verhindert werden könnte. Die Idee war, den Pollern Mützen zu häkeln, die sie quasi in rot-weiß gestreifte Mini-Leucht­türme verwandeln würden.

Aller­dings kamen, nachdem bereits viele dieser Mützen gestrickt worden waren, Zweifel auf: Könnte es sein, dass durch diese rot-weiße Markierung die Poller quasi zu amtlichen Verkehrs­ein­rich­tungen befördert würden? Was bei den tatsächlich dafür zustän­digen Behörden mögli­cher­weise für Verstimmung sorgen könnte. Daher also die Frage, ob die rot-weiße Markierung amtlich sei.

Die Antwort, die wir zwischen­zeitlich auf diese Frage gefunden haben: Die Markierung war amtlich. Aber nur bis Sommer 2009. Denn da wurde die Straßen­ver­kehrs­ordnung dahin gehend geändert, dass die Liste aller amtlichen Verkehrs­ein­rich­tungen in die Anlage 4 zur StVO ausge­lagert wurde. Und in dieser Anlage finden sich Sperr­pfosten schlicht nicht mehr. Lediglich für die Kennzeichnung mobiler Gefahren- und Unfall­stellen gibt es weiterhin Baken und Kegel, die rot-weiß markiert sind. Aber eine Verwechs­lungs­gefahr mit rot-weiß markierten ortsfesten Pollern ist dabei ausgeschlossen.

Insofern: Bahn frei für die rot-weiße Bemützung der Gehweg-Poller! (Olaf Dilling)

 

2021-04-16T01:00:51+02:0016. April 2021|Verkehr|