WWF-Studie zur Reform des Emissionshandels
Immerhin: Ein CO2-Preis von nur 5 EUR, wie es ihn in den Anfangsjahren des Instruments gab, ist dank des Marktstabilitätsmechanismus heute ausgeschlossen (hier erläutert). Bevor so viele ungenutzte Zertifikate den Markt überschwemmen, werden sie auf einem Kommissionskonto „geparkt“.
Gleichwohl entfaltet der Emissionshandel nicht die Wirkung, die sich die Kommission erhofft hat. Erneut zeigt sich: Das Instrument ist auch aufgrund seiner lange Planungszyklen für unvorhergesehene Entwicklungen – wie aktuell die Pandemie – zu schwerfällig. Das Öko-Institut hat deswegen nun im Auftrag des WWF untersucht, wie das Instrument ertüchtigt werden könnte. Dabei hat der Think Tank zum einen untersucht, wie der Emissionshandel aussehen müsste, wenn das Klimaziel nicht mehr nur 55% gegenüber 1990 (wie aktuell diskutiert), sondern das ETS-Ziel 65% bzw. 70% gegenüber 2005 betragen würde, zum anderen, wie die Marktstabilitätsreserve ausgestaltet werden könnte.
Ausgangspunkt der Überlegungen sind nicht nur steigende Einsparziele, sondern auch Überschüsse, die wegen der Corona-Pandemie anfallen, weil die Emissionen pandemiebedingt niedriger sind als gewöhnlich. Um zu verhindern, dass diese Überschüsse den ETS lähmen, schlägt das Gutachten vor, ab 2023 das Cap – also die verfügbaren Zertifikate – zu verringern („Rebasing“) und den linearen Faktor, um den die Zertifikate verringert werden, so zu senken. Heute beträgt er 2,2%, er würde je nach Szenario kräftig steigen, schon 2023 auf bis zu 5,15% je nach unterschiedlichem Ausgangsniveau.
Die Studie schlägt weiter vor, statt einer Verringerung der Aufnahmerate bei Überschreitung von 833 Mio. Umlaufzertifikaten auf 12% statt 24% im Jahre 2024 wie aktuell geplant auszusetzen und entweder bei 24% zu bleiben oder auf 36% zu erhöhen. Zudem soll es aber auch nicht bei 833 Mio. bleiben. Vielmehr müsste hier die Menge dem verringerten Cap angepasst werden, die Studie schlägt sogar vor, 2030 die Schwelle auf null festzusetzen, was zu einer radikalen Abschmelzung der Mengen führen würde. Zudem sollten Zertifikate, die 5 Jahre in der Marktstabilitätsreserve liegen, gelöscht werden. Zuletzt schlägt das Gutachten einen ergänzenden CO2-Mindestpreis vor.
Was bedeutet das nun für die Praxis? Es ist schwer absehbar, wie sich diese Pläne auf die Kurse auswirken würden. Das hängt an vielfachen externen Faktoren. Doch klar ist schon: Es wird zunehmend eng und teuer, selbst für die bisher recht glimpflich behandelte Industrie. Wer in der 2. Hälfte dieses Jahrzehnts in der EU produzieren will, muss sich auf Rahmenbedingungen einstellen, die deutlich andere sein werden als aktuell. Nun ist der WWF nicht die EU. Doch das Gutachten zeigt, in welche Richtung sich die Diskussion über die ab Sommer anstehende Reform der Emissionshandelsrichtlinie 2003/87/EU entwickeln könnte.