Entwurf des Luftreinhalteprogramms nach der NEC-Richtlinie
In den letzten Jahren wurde vorwiegend über Treibhausgasemissionen diskutiert. Doch spätestens seit der Diskussion um Dieselfahrzeuge ist klar: Auch in Bezug auf andere Schadstoffemissionen wie Feinstaub und Stickoxide hat die Bundesrepublik Deutschland noch einige Hausaufgaben zu erledigen.
Wie so oft in den letzten Jahren kommt der Druck aus Brüssel. Hier wurde 2016 die EU-Richtlinie über die nationale Emissionsreduktion bestimmter Luftschadstoffe erlassen, die NEC-Richtlinie 2016/2248. Sie wurde im Sommer 2018 mit der 43. Bundes-Immissionsschutzverordnung umgesetzt.
Die übernommenen Verpflichtungen sind teilweise ambitioniert. Verringert werden müssen Schwefeldioxid, Stickstoffoxide, flüchtige organische Verbindungen, Ammoniak und Feinstaub. Und zwar in erheblichem Maße. Wie die Bundesrepublik diese Ziele erreichen will, hat sie nun sehr kurzfristig Brüssel mitzuteilen: Schon im Frühjahr 2019 muss die Bundesregierung der europäischen Kommission ihr Luftreinhaltungsprogramm vorlegen. Für dieses Luftreinhaltungsprogramm gilt ein enges Korsett: Mit Beschluss 2018/1522 hat die Kommission den Mitgliedstaaten ein allgemeines Berichtsformat vorgegeben.
Der auf der Homepage des Umweltministeriums veröffentlichte Entwurf des Luftreinhaltungsprogramms ist innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgestimmt. Es handelt sich „nur“ um einen Diskussionsentwurf, der kurz nach Weihnachten publiziert wurde. Die Öffentlichkeit ist nun aufgerufen, bis zum 28. Februar 2019 zum Entwurf Stellung zu nehmen. Es ist auch zu erwarten, dass Unternehmen und Verbände hiervon in ganz erheblichem Maße Gebrauch machen werden. Die vorgeschlagenen Maßnahmen haben es schließlich teilweise in sich. Der interessanteste Teil beginnt auf Seite 115. Zu den augenfälligsten Punkten:
» Auf Seite 117 findet sich die Aussage, dass über die bereits feststehenden Überführungen von Kraftwerksblöcken in Sicherheitsbereitschaft weitere Kraftwerke faktisch stillgelegt werden müssen. Doch nicht nur die Braunkohle muss weitere Beiträge leisten. Es soll auf jeden Fall verhindert werden, dass statt Braunkohle Steinkohle verstromt wird.
» Im Abschnitt zu Stickoxiden wird vorgeschlagen, bei der Umsetzung der BVTSchlussfolgerungen (EU) 2017/1442 quasi ans Limit zu gehen und die 13. Bundesimmissionsschutz entsprechend zu ändern. Diese Ankündigung hat es in sich: Die Grenzwerte aus den BVT-Schlussfolgerungen für Großfeuerungsanlagen sind bis 2021 umzusetzen. Schon eine Verschärfung der Grenzwerte im an sich moderaten Bereich überfordern viele Anlagen, so dass ohnehin erhebliche Umrüstungen anstehen. Bei weiteren Verschärfungen in den unteren Grenzwertbereich stellt sich die Frage, ob viele Anlagen überhaupt noch betrieben werden können. Zwar heißt es in diesem Abschnitt, dass nur Anlagen mit mehr als 1.500 Betriebsstunden pro Jahr betroffen sein sollen. Das bedeutet aber, dass alle Kraftwerke in Grundlast oder Mittellast durchweg mit erheblich verschärften Grenzwerten rechnen müssen. Doch ganz konkret wird der Plan zu Großfeuerungsanlagen nicht: Hier sollen die Ergebnisse der Kohlekommission abgewartet werden, obwohl die Änderung der 13. BImSchV schon überfällig ist.
» Im Hinblick auf die mittelgroßen Feuerungsanlagen bezieht sich der Plan auf den vorliegenden Umsetzungsentwurf vom August letzten Jahres.
» Aber auch der Verkehr soll seinen Beitrag leisten. Zum einen fließen bereits beschlossene Maßnahmen im Hinblick auf Diesel-Pkw und Busse, eine Fortschreibung der CO2-Grenzwerte und ein höherer Anteil von EE-Fahrzeugen ein. Ausdrücklich heißt es im Plan allerdings, dass weiterführende Maßnahmenoptionen wie die Einführung von Tempolimits auf Autobahnen, die blaue Umweltplakette und einige andere Maßnahmen mehr nicht in das Maßnahmenpaket Straßenverkehr aufgenommen wurden.
» In Hinblick auf Schwefelverbindungen heißt es im Entwurf, dass Industrieanlagen, unter anderem Glas‑, Zement-und Stahlproduktion, erheblich mindern könnten. Als konkrete Maßnahmen werden die Förderung eines Wechsels der eingesetzten Brennstoffe hin zu schwefelärmeren Brennstoffen oder effizientere Technologien zur Abgasreinigung genannt. Bei Großkraftwerken wird auch hier auf die Kohlekommission verwiesen.
» Erheblicher Handlungsbedarf besteht in der Landwirtschaft in Bezug auf Ammoniak. Die Tabellen auf Seite 122ff. enthalten eine ganze Reihe von Maßnahmen, die viele Bauern zu einer grundlegenden Veränderung ihrer Wirtschaftsweise zwingen würden.
Auf Seite 126 findet sich eine Zusammenstellung der Minderungsbeiträge, die die Entwurfsverfasser sich von der Umsetzung der Einzelmaßnahmen versprechen. Klar ist: Viel Luft ist nicht im Maßnahmenpaket. Es gibt also wenig Spielräume für Erleichterungen der teilweise wirtschaftlich durchaus schmerzhaften Maßnahmen.