Emissionshandel und Brexit: Was plant die KOM, was können Sie tun?
Nachdem das britische Unterhaus das Verhandlungsergebnis der Regierung May nicht annehmen wollte, steigt das Risiko, dass Großbritannien am 30.03.2019 ungeordnet die Europäische Union verlässt. Während auch führende britische Politiker noch immer meinen, dies sei unproblematisch möglich, sind die britischen Wirtschaftsverbände nicht so optimistisch. Um zumindest den völligen Zusammenbruch des Zusammenspiels über den Ärmelkanal hinweg zu verhindern, hat die Europäische Kommission nun immerhin einen Notfallplan vorgelegt. Dieser umfasst auch Regelungen für den Emissionshandel.
Dies ist auch bitte nötig. Denn das Austrittsdatum am 30.03.2019 birgt Sprengstoff. Der Mechanismus des Emissionshandels sieht es nämlich vor, dass am 28.02.2019 alle Anlagenbetreiber der EU (außer Stromerzeugern) ihre kostenlosen Zuteilungen bekommen. Und am 30.04.2019 alle abgeben. Da zum Ausschüttungszeitpunkt die Briten noch Mitgliedstaat der EU sind, die also ihre Berechtigungen bekämen, zum Abgabezeitpunkt aber nicht mehr abgeben müssten, weil mit der Mitgliedschaft der Briten im Club der dann nicht mehr 27 naturgemäß auch die Teilnahme am europäischen Emissionshandel endet, würde sonst eine komplette Jahrestranche frei. Bekanntlich sind Emissionsberechtigungen handelbar. Der Preisverfall durch Überangebot – nur teilweise kompensiert durch die Marktstabilitätsreserve – wäre vorprogrammiert.
Die einfachste Lösung wäre es, an die Briten einfach schon im Februar nichts mehr zuzuteilen. Doch da sind sie noch Mitglied. Und überdies hofft wohl ganz Europa, dass sich im letzten Moment doch noch eine bessere Lösung als ein No-deal ergibt. Deswegen plant die Kommission nun eine Zuteilung. Die Zertifikate, die in Großbritannien zugeteilt oder umgetauscht oder auktioniert werden, werden aber markiert.
Nun existieren Zertifikate nur noch elektronisch. Ein „roter Punkt“ verbietet sich also. Ein elektronischer Punkt muss her. Zertifikate, die diesen „Punkt“ aufweisen, könnten dann nicht mehr zur Abgabe genutzt werden. Charme an der Sache: Wenn die Briten doch in der EU, oder zumindest im Emissionshandel blieben, könnte die Maßnahme umgehend suspendiert werden, so dass das ETS weiterliefe wie bisher. Auch, wenn die Briten die Abgabe schlicht (was wohl diskutiert wird) um einige Wochen vorziehen, wäre dies denkbar.
Wie die Markierung ausgestaltet werden soll, ist noch nicht bekannt. Doch auch wenn erkennbar ist, wie britische unverwertbare Zertifikate aussehen, sind die Anlagenbetreiber in den verbleibenden EU-Mitgliedstaaten nicht sicher. Denn bis jetzt gibt es keine technische Möglichkeit, beim Kauf von Zertifikaten einzelne Berechtigungen an- oder abzuwählen. Dann nützt es natürlich auch nichts, wenn man die „faulen Eier“ erkennt.
Es ist anzunehmen, dass die Kommission für dieses Problem eine Lösung suchen und hoffentlich auch finden wird. Ansonsten besteht die Gefahr, dass letztlich nicht zur Abgabe verwertbare Berechtigungen an gutgläubige Dritte verkauft werden. Angesichts der Kürze der Zeit, die nur noch für belastbare technische Lösungen zu Verfügung steht, sollten Anlagenbetreiber sich über das Vertrauen in die Funktionalität des Systems hinaus absichern. Und bei Kaufverträgen, die nach dem 28.02.2019 zu erfüllen sind, ausdrücklich regeln, dass das Risiko, britische nicht zur Abgabe geeignete Zertifikate zu erhalten, nicht ihnen zur Last fällt.