Evaluierungsbericht zum CCS-Gesetz
Erinnern Sie sich noch? Mit großem Tamtam erließ die europäische Union 2009 eine Richtlinie für die geologische Speicherung von CO2, „CCS“. Bei dieser Technologie wird Kohlendioxid, das ansonsten in die Atmosphäre gelangen würde, abgeschieden, verpresst und in flüssiger Form in den Untergrund eingeleitet und dort (hoffentlich) dauerhaft gespeichert. Die Technologie ist, gelinde gesagt, umstritten, weil viele (wie etwa das Büro für Technikfolgenabschätzung des Bundestages) fürchten, dass das Grundwasser leidet, es zu erdbebenartigen Eruptionen kommt, und CO2 zudem auch wieder austritt. Es gibt aber auch seriöse Forschungen, wonach CCS eine sichere Möglichkeit darstellt, ohne abrupten Kohleausstieg Wirtschaftswachstum und Klimaschutz zu vereinen.
Parallel zur EU bemühte sich auch die Bundesrepublik um eine Grundlage für CCS. Doch ein erster Entwurf 2009 scheiterte am Widerstand der Bevölkerung und einer geschlossenen Phalanx der Umweltverbände. 2012 erst wurde dann das heutige CCS-Gesetz dann verabschiedet. Anders als der Ursprungsentwurf ist die Speichermenge begrenzt, es gibt eine inzwischen abgelaufene Antragsfrist für Projekte, und das Gesetz enthält eine Länderklausel, wonach Bundesländer CCS in bestimmten Gebieten für zulässig bzw. unzulässig erklären können.
Die Unpopularität der Technologie führte dazu, dass flugs die Länder Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern von der Länderklausel Gebrauch machten und CCS für ihr Landesgebiet vollständig ausgeschlossen. Bremen schloss sich an. Brandenburg, traditionell für den Braunkohlebergbau und seine Folgen offener, will erst dann CO2 speichern, wenn das überall in Deutschland möglich ist. Verständlich: Wer will schon das CO2 der ganzen Republik speichern, weil sonst niemand mitzieht.
Nun liegt mit Datum vom 21.12.2018 die Vorabfassung des Evaluierungsberichts der Bundesregierung über das Gesetz und Erfahrungen mit der CCS-Technologie auf dem Tisch. Angesichts des Umstandes, dass es bisher kein deutsches großtechnisches Projekt gibt, fällt der Bericht mit über 50 Seiten überraschend umfangreich aus. Er enthält aber nicht nur eine Zusammenfassung des derzeitigen Standes der Technik und wissenschaftlicher Erkenntnisse über die Technologie und ihre Auswirkungen. Sondern auch eine Zusammenfassung der derzeit großen laufenden Projekte in aller Welt. Denn CCS mag in Deutschland zumindest auf der Basis des derzeitigen Gesetzes faktisch tot sein. Weltweit sieht das anders aus. Aktuell existieren 18 größere Projekte, die meisten davon in den USA.
Doch auch der gegenüber CCS grundsätzlich eher positiv gestimmte Evaluierungsbericht kommt zu dem Schluss, dass trotz der steigenden Zertifikatspreise für Emissionsberechtigungen erste europäische Projekte auf absehbare Zeit keine Rentabilität erwarten lassen. Möglich wäre dies wohl nur, wenn öffentliche Gelder dazukommen, zum Beispiel aus dem Innovationfonds des Emissionshandel.
Auch vor diesem Hintergrund sieht die Bundesregierung derzeit keine Chance für CCS in Deutschland und damit auch keine Notwendigkeit, dass CCS-Gesetz so zu ändern, dass Raum für künftige Projekte bestünde. Interessant ist, dass der Evaluierung sich aber nicht auf die Speicherung im Untergrund beschränkt, sondern auch auf die Möglichkeit der Nutzung von Kohlendioxid als Rohstoff hinweist. Diese Technologien fasst man mit dem Begriff CCU zusammen. Dies mag in Hinblick auf technologische Lösungen des Klimawandels optimistisch stimmen: Es wird wohl so schnell keine Lagerung von CO2 unter unseren Füßen geben. Aber die Möglichkeiten, CO2 als Ressourcen zu nutzen, werden weiter erforscht und können möglicherweise eines Tages ihren Beitrag leisten.