Der lange Weg zum GEG
Nun ist es wieder nicht im Kabinett: Offenbar können sich die Ministerien für Bau, Wirtschaft und Umwelt nicht über das Ambitionsniveau des neuen Gebäudeenergiegesetzes (GEG) einigen. Das Umweltministerium ist nicht damit einverstanden, dass der derzeit vorliegende Referentenentwurf den schon aktuell geltenden Standard der EnEV von 56 kWh/qm, also dem KfW-Standard 70, zum Niedrigstenergieestandard erklären und nach Brüssel melden will. Die anderen beteiligten Häuser dagegen möchten Bauherren auch in Ansehung der Wohnraumknapppheit und der steigenden Wohnkosten Zumutungen ersparen. Entsprechend zeigt sich die Bauwirtschaft mit dem Entwurf zufrieden. Umwelt- und Klimaschützer dagegen sind überzeugt, dass angesichts des hohen Anteils der Gebäudeemissionen von rund 35% die nationalen Klimaziele nur einzuhalten sind, wenn der KfW-Standard 40 maßgeblich würde, der nur noch 40 kWh/qm erlaubt.
Doch können die Deutschen dies überhaupt allein politisch entscheiden? Oder setzt die Richtlinie 2010/31/EU nicht nur eine – jetzt schon verstrichene – Frist für die Meldung nach Brüssel, sondern auch strengere qualitative Maßstäbe, als vom Referentenentwurf vorgesehen? Hier sind zumindest Zweifel an dem Optimismus des federführenden Ministeriums erlaubt, das kein Vereinbarkeitsproblem mit der Richtlinie sieht. Denn Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie 2010/31/EU definiert das Niedrigstenergiegebäude folgendermaßen:
„ein Gebäude, das eine sehr hohe, nach Anhang I bestimmte Gesamtenergieeffizienz aufweist. Der fast bei Null liegende oder sehr geringe Energiebedarf sollte zu einem ganz wesentlichen Teil durch Energie aus erneuerbaren Quellen — einschließlich Energie aus erneuerbaren Quellen, die am Standort oder in der Nähe erzeugt wird — gedeckt werden;“
„Fast null“ klingt nun deutlich ambitionierter als der KfW-Standrad 70. Und unter „ganz wesentlichen“ Teilen versteht der allgemeine Sprachgebrauch möglicherweise mehr als den aktuellen Standard. Es darf also keineswegs als ausgeschlossen gelten, dass die Europäische Kommission auch dann, wenn die Bundesregierung den aktuellen Entwurf schnell und damit mit nur wenigen Wochen Verzögerung verabschiedet und durchs Parlament bringt, über ein Vertragsverletzungsverfahren nachdenkt.