Der selbständige Unternehmensteil

Die besondere Ausgleichs­re­gelung im § 64 Erneu­erbare-Energien-Gesetz (EEG 2017) birgt manche Fallstricke. In vielen Fällen folgt die Realität nämlich nicht der schema­ti­schen Vorstellung, nach der Unter­nehmen entweder zu den ganz besonders strom­kos­ten­in­ten­siven Branchen gehören und deswegen Anspruch auf eine Reduzierung der EEG-Umlage haben. Oder eben nicht. Unter­nehmen sind oft vielge­staltig, und nur einzelne Unter­neh­mens­teile erfüllen die Kriterien, die zur Reduzierung der Umlage berech­tigen. Deswegen hat der Gesetz­geber in § 64 Abs. 5 EEG 2017 eine Sonder­re­gelung für selbst­ständige Unter­neh­mens­teile geschaffen. Danach liegt ein selbst­stän­diger Unter­neh­mens­teilen vor, wenn es sich um einen Teilbe­trieb mit eigenem Standort oder einen vom übrigen Unter­nehmen am Standort abgegrenzten Betrieb mit den wesent­lichen Funktionen eines Unter­nehmens handelt, der Unter­neh­mensteil jederzeit als rechtlich selbst­stän­diges Unter­nehmen seine Geschäfte führen könnte, seine Erlöse wesentlich mit externen Dritten erzielt und über eine eigene Abnah­me­stelle verfügt.

Wann dies der Fall ist, ist nicht in jedem Fall ganz eindeutig festzu­stellen. In zwei grund­le­genden Entschei­dungen vom 22.07.2015 hat das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt (BVerwG) bezogen auf die Vorgän­gernorm einige Leitplanken aufge­stellt, an denen sich die Praxis bis heute orien­tiert. Besonders wichtig: Die in dem Unter­neh­mens­be­reich herge­stellten Produkte dürfen nicht einfach an die anderen Unter­neh­mens­teile „weiter­ver­kauft“ werden, sondern müssen am Markt platziert werden. Außerdem forderte das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt, dass für den Unter­neh­mens­be­reich eine Leitung vorhanden sein muss, die über eine vom Unter­nehmen abgrenzbare eigen­ständige Kompetenz zu unter­neh­me­ri­schen und plane­ri­schen Entschei­dungen verfügt. Mit anderen Worten: Dass es sich beim selbstän­digen Unter­neh­mensteil und dem Rest nicht um mehrere Unter­nehmen handelt, sollte reiner Zufall sein. 

Auch das aktuelle Merkblatt des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhr­kon­trolle für strom­kos­ten­in­tensive Unter­nehmen verweist auf diese Entschei­dungen. Auf Seite 45 heißt es auch hier, es müsse eine mit hinrei­chenden Entschei­dungs­be­fug­nissen ausge­stattete Werks-oder Nieder­las­sungs­leitung vorhanden sein, die sich deutlich von der Leitung etwa einer Unter­neh­mens­ab­teilung unter­scheiden. Diffe­ren­zie­rungs­kri­terium hiernach: Die Weisungs­ge­bun­denheit gegenüber der Unternehmensleitung.

Soweit, so gut, so bekannt. Probleme scheint es in der Praxis jedoch dann zu geben, wenn die Leitung des selbst­stän­digen Unter­neh­mens­teils mit der der Unter­neh­mens­leitung insgesamt perso­nen­iden­tisch ist. Gerade im Mittel­stand kommt so etwas bekanntlich häufiger vor. Hier gibt es nicht wenige Unter­nehmen, in denen eine Abteilung vom Chef selbst geleitet wird. Ist ausge­rechnet diese nun der selbst­ständige Unter­neh­mens­teile, so fallen die Leitung des Unter­nehmens insgesamt mit der des selbst­stän­digen Unter­neh­mens­teils eben auch einmal zusammen.

Doch kann das ein Problem sein? Schließlich gibt es auch nicht wenige Geschäfts­führer, die gleich mehreren rechtlich selbstän­digen Unter­nehmen vorstehen. An deren Selbst­stän­digkeit ist jedoch auch nicht zu zweifeln. Und wer wo was zu sagen hat, hängt mit vertraglich verein­barten oder organ­schaft­lichen Befug­nissen zusammen. Nicht dagegen mit der Frage, ob eine Person mehrere der vorge­se­henen Funktionen bekleidet. Auch nach den Entschei­dungen des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts aus 2015 muss es auf das Unter­nehmen, seine Entschei­dungswege und den Markt­bezug seiner Produkte ankommen. Dies zu prüfen und zu bewerten mag im Einzelfall diffizil sein. Der einfache Blick auf die Zahl der Namen beant­wortet die manchmal komplexe Frage nach dem Vorliegen selbst­stän­diger Unter­neh­mens­teile aber jeden­falls nicht.

2018-10-10T23:59:09+02:0010. Oktober 2018|Allgemein, Erneuerbare Energien, Industrie, Verwaltungsrecht|

Wo der Bär steppt fährt

Das war nach der Entscheidung des BVerwG über die grund­sätz­liche Zuläs­sigkeit von Fahrver­boten absehbar: In der Ausein­an­der­setzung zwischen der Deutschen Umwelt­hilfe (DUH) und dem Land Berlin um Fahrverbote für Diesel­fahr­zeuge hat sich die DUH in wesent­lichen Teilen durch­ge­setzt. Vor der 10. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts (VG) Berlin unterlag der klagende Umwelt­verband zwar mit dem weiter­ge­henden Antrag, für Diesel-Pkw bis zur Schad­stoff­klasse Euro fünf die gesamte Berliner Umweltzone zu sperren. Dies wäre für viele betrof­fenen Autofahrer einer fast vollstän­digen Entwertung ihrer Kraft­fahr­zeuge gleich­ge­kommen. Denn die Umweltzone in Berlin umfasst rund 88 km², also das Gebiet innerhalb des S‑Bahn Ringes. Das ist im Grunde die gesamte innere Stadt.

Immerhin dieser Kelch ist an den Betrof­fenen vorbei gegangen. Doch auf vorerst elf Strecken­ab­schnitten muss Berlin bis zum 31. März 2019 Fahrverbote anrordnen. Diese sollen dann bis Ende Juni 2019 in Kraft treten. Auf weiteren 15 km Strecke ist noch zu prüfen, ob Fahrverbote erfor­derlich sind.

Damit zeichnet sich ab, dass es wohl über kurz oder lang in fast allen Metro­pol­re­gionen Fahrverbote für ältere Diesel-PKW geben wird. Zwar hat das VG Berlin die Berufung gegen die Entscheidung eröffnet. Angesichts der normativ vorge­ge­benen Jahres­grenz­werte für Stick­oxide, auch für Feinstaub, dürften die Möglich­keiten eines anderen Ausgangs dieser Verfahren indes durchaus überschaubar sein. Anders als etwa Bayern vermittelt Berlin auch nicht den Eindruck, als wolle es die Gerichts­ent­scheidung nicht umsetzen.

Kommt den betrof­fenen Autofahrern mögli­cher­weise die Politik zu Hilfe? Die Bundes­re­gierung wollte ja gerade aktuell Fahrverbote auf jeden Fall vermeiden. Doch darauf sollten Autofahrer nicht bauen. Die Grenz­werte fußen auf Europa­recht, die Bundes­re­gierung kann hieran also nichts im Alleingang ändern. Flankie­rende alter­native Maßnahmen bringen also nur dann etwas, wenn sie dazu führen, dass auch ohne Fahrverbote die Grenz­werte einge­halten werden.

2018-10-09T23:21:04+02:009. Oktober 2018|Allgemein|

Was wird aus dem KWKG?

Schlechte Nachrichten für die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK): Obwohl ein Evalua­ti­ons­be­richt des Beratungs­un­ter­nehmens Prognos empfiehlt, den Anteil der KWK an der Strom­erzeugung auch im nächsten Jahrzehnt weiter auf 35% bis 40% zu steigern, folgt der Bericht nicht der Forderung der Branchen­ver­bände, das KWKG bis 2030 zu verlängern und so auch künftig Zuschläge für die Strom­erzeugung in KWK und den Ausbau von Wärme­netzen und Speichern zu gewähren. Nach 2025 soll Schluss sein.

Hinter­grund dieser für viele Unter­nehmen schwie­rigen Empfehlung sind zwei Punkte. Zum einen geht Prognos davon aus, dass die Anreiz­wirkung der KWK-Förderung in ihrer gegen­wär­tigen Form ausreicht, um die Ausbau­ziele für die KWK zu erreichen. Und zum anderen sieht das Unter­nehmen angesichts der anste­henden Dekar­bo­ni­sierung nicht nur in der Kohle-KWK ein Auslauf­modell, sondern auch in der Verstromung von Gas. Selbst Holz wird kritisch gesehen.

Für viele Unter­nehmen, die angesichts der 2021 auslau­fenden Frist für die Einhaltung der neuen, schär­feren Grenz­werte für Großfeue­rungs­an­lagen über Erset­zungen ihres Kraft­werks­parks nachdenken müssen, kommt diese Empfehlung sehr ungelegen. Überdies  ist es angesichts der langen Unsicher­heiten bei der Notifi­zierung des aktuellen KWKG nach wie vor ausge­sprochen fraglich, welche Haltung die Europäische Kommission nach 2022 einnimmt, wenn sie erneut über Förder­struk­turen für die deutsche KWK entscheiden müsste. Insgesamt bedeutet das: Vor allem die kommunale Energie­wirt­schaft muss sich auf eine Zukunft ohne KWKG einstellen. Und mit einiger Wahrschein­lichkeit: Ohne KWK generell.

2018-10-09T09:20:52+02:009. Oktober 2018|Strom, Wärme|