Fotos und Datenschutz

Darf man eigentlich auch nach Scharf­schaltung der DSGVO am 25.05.2018 noch Personen ohne deren ausdrück­liche Einwil­ligung fotogra­fieren und diese Bilder zur Schau stellen, wenn das Kunst­ur­he­ber­gesetz, also vor allem § 23 KUG, das erlaubt? Schließlich ging das KUG früher dem deutschen BDSG vor, so dass beispiels­weise Fotografien von Personen als Teil von Versamm­lungen, Aufzügen und ähnlichen Veran­stal­tungen, und als Beiwerk auch ohne Einwil­ligung abgelichtet und die Bilder verwendet werden durften. Ob das aber auch für das Verhältnis von DSGVO und KUG gilt, hat der Gesetz­geber nicht ausdrücklich klarge­stellt. Von der Möglichkeit, gem. Art. 85 Abs. 2 und 3 DSGVO Ausnah­me­vor­schriften von der DSGVO für u. a. künst­le­rische und journa­lis­tische Zwecke  zu erlassen und diese der Kommission mitzu­teilen, hat die Bundes­re­publik nämlich keinen Gebrauch gemacht. Mögli­cher­weise musste sie das aber auch gar nicht tun, denn schließlich war das KUG ja schon da und bekannt und musste gar nicht erst neu erlassen und mitge­teilt werden.

Die aus dieser Situation resul­tie­rende Unein­deu­tigkeit hat viele Unter­nehmen stark verun­si­chert. Ist es jetzt noch erlaubt, ein Bild vom Sommerfest zu machen, auf dem Leute sind?

Schon im Juni dieses Jahres hat sich immerhin das OLG Köln zu dieser Frage geäußert. Das OLG Köln (15 W 27/18) sah das KUG als nach wie vor fortgeltend an. Art. 85 DSGVO sei eigens zur Auflösung ansonsten entste­hender Konflikt­lagen geschaffen. Und die DSGVO biete hinrei­chende Möglich­keiten zur Abwägung der wider­strei­tenden Inter­essen. Selbst bei dem heiklen Punkt der Infor­ma­ti­ons­pflichten des Fotografen biete Art. 11 DSGVO eine gute Möglichkeit, Konflikte aufzu­lösen, denn diese Norm suspen­diert die Infor­ma­ti­ons­pflichten, wenn die Identität der abgelich­teten Personen überhaupt nur erhoben werden müsste, um den Infor­ma­ti­ons­pflichten der DSGVO nachzu­kommen, wenn die Personen, um deren Daten es geht, nicht oder nicht mehr identi­fi­zierbar sind.

Das ist natürlich Musik in den Ohren derje­nigen, die künftig nicht nur menschen­leere Landschaften abbilden wollen. Erfreulich in diesem Zusam­menhang auch, dass das LG Frankfurt aM am 13.09.2018 (2–03 O 283/18) in einer Entscheidung am Rande eine ähnliche Aussage getroffen hat. Hier ging es um einen Friseur, der Bilder von einer Haarver­län­gerung ohne nachweisbare Einwil­ligung postete. Zwar lag hier kein Fall des KUG vor, weil die Fotogra­fierte weder Beiwerk war, noch es sich um Kunst oder eine Person des öffent­lichen Lebens handelte. Aber das LG gab klar zu erkennen, dass es das KUG als abwägungs­re­levant auch in der neuen Welt der DSGVO betrachtet.

Zwar hat immer noch nicht der BGH gesprochen, erst recht nicht der EuGH. Doch angesichts der bisher vorlie­genden Entschei­dungen spricht viel dafür, dass die derzeitige Angst davor, gerade bei Bildern von Werbe­ak­ti­vi­täten und Straßen‑, Fest- oder anderen Alltags­szenen etwas falsch zu machen, oft auf übertrie­benen Vorstel­lungen von der Rigidität der Rechtslage beruht. Zwar ist es nicht auszu­schließen, dass Gerichte auch einmal anders entscheiden. Doch das Risiko ist überschau­barer als viele denken.

2018-10-16T01:02:52+02:0016. Oktober 2018|Allgemein, Wettbewerbsrecht|

Deponie als Gebäude?

Eine inter­es­sante Schieds­ent­scheidung hat die Clearing­stelle EEG am 24. Mai 2018 (2018/16) getroffen. In diesem Verfahren ging es um eine Fotovol­ta­ik­anlage. Bekanntlich gibt es für Strom aus PV-Anlagen mehr Geld, wenn sie auf Gebäuden angebracht sind. Norma­ler­weise befinden sich solche PV-Anlagen auf Hausdä­chern. In dem Fall, über den die Clearing­stelle zu befinden hatte, befinden sie sich aber auf einer Deponie.

Der Deponie­körper besteht aus Gips als Indus­trie­abfall. Innerhalb der Deponie befindet sich eine Luftschutz­anlage aus dem Zweiten Weltkrieg. Die Luftschutz­anlage besteht aus Stollen und Kammern, sie ist theore­tisch für Menschen passierbar. Rein praktisch sind die Zugänge weitest­gehend mit Steinen vermauert, teilweise verschüttet, auch wegen ihres schlechten Zustands wären sie nur unter Lebens­gefahr zu betreten. Außerdem leben Fleder­mäuse in den Stollen und Kammern und nutzen diese – geplant – als Winterquartier.

Die Betrei­berin der PV-Anlagen war der Ansicht, diese Deponie sei ein Gebäude und entspreche der Definition in § 5 Nr. 17 EEG 2014. Danach ist ein Gebäude jede selbst­ständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlage, die von Menschen betreten werden kann und vorrangig dazu bestimmt ist, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen. 

Vorder­gründig liegen hier alle Kriterien vor. Die bauliche Anlage „Deponie“ ist bedeckt, sie kann von Menschen betreten werden, auch wenn das ausge­sprochen gefährlich ist, und sie ist dazu bestimmt, dem Schutz von Fleder­mäusen zu dienen. Warum hat die Clearing­stelle die Deponie trotzdem nicht als Gebäude anerkannt?

Auch die Clearing­stelle hält die Deponie für eine selbst­ständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlage. Dass sie aus Müll besteht, ändert hieran nichts. Schließlich steht nirgendwo, dass bauliche Anlagen nur aus neuen Baustoffen bestehen dürfen.

Auch die Vertret­barkeit war nicht das Problem, obwohl die Clearing­stelle ausdrücklich offen ließ, ob die Baufäl­ligkeit der Stollen und Kammern kein Problem darstellt. Schließlich kann eigentlich doch von einer Betret­barkeit nicht die Rede sein, wenn faktisch dann doch niemand dieses Gebäude betreten kann. Was der Schie­de­klä­gerin aber zum Verhängnis wurde: Die Clearing­stelle setzte einen funktio­nalen Zusam­menhang zwischen Betrieb­samkeit, Überde­ckung und den Schutz­zweck voraus. Dieser steht zwar nicht ausdrücklich in Gesetz. Sie fordert jedoch einen unmit­tel­baren funktio­nalen Zusam­menhang. Der Schutz müsse sich aus der Überde­ckung und der Betret­barkeit ergeben.

Das ist hier zweifellos nicht der Fall. Der Schutz der Fleder­mäuse ergibt sich gerade nicht aus der Betret­barkeit für Menschen. Ganz im Gegenteil: Die Fleder­mäuse sind in den Stolle und Kammern nur deswegen so besonders gut geschützt, weil Menschen dort eben nicht mehr verkehren können. In einem solchen Fall liege kein Gebäude vor.

Vom Ergebnis her ist die Entscheidung überzeugend. Eine Deponie ist etwas anderes als ein Gebäude. Die Begründung jedoch hinkt. Ein funktio­naler Zusam­menhang zwischen den einzelnen Tatbe­stands­kri­terien für ein Gebäude wohnt dem Geset­zestext schlicht nicht inne. Es hätte eher naher­legen, auf Sachver­halts­ebene die Betret­barkeit zu verneinen. 

2018-10-14T22:18:26+02:0014. Oktober 2018|Erneuerbare Energien|

Bundesrat und Datenschutz

Kaum hat das erste Gericht einen Daten­schutz­sünder auf eine Konkur­ren­ten­ab­mahnung zur Unter­lassung verur­teilt, rudert die Politik zurück: So hat man es sich mit dem Daten­schutz dann offenbar doch nicht vorge­stellt. Daten­schutz ja, aber soll wirklich jeder jeden Wettbe­werber wegen eines Verstoßes gegen die teilweise doch sehr detail­lierten Regeln der DSGVO kosten­pflichtig abmahnen können?

Manche meinen, das sei ohnehin gar nicht möglich. Denn die DGVO sei in Hinblick auf die Folgen von Verstößen abschließend. Fürchten müsste man sich dann nur vor den Daten­schutz­be­hörden, aber vor neidi­schen Konkur­renten sei man sicher. Nun gut, wir werden sehen, was eines schönen, aber vermutlich fernen Tages der BGH dazu sagt.

Der Bundesrat will nun klare Verhält­nisse schaffen. Auf S. 6 der hier verlinkten Ausschuss­emp­feh­lungen für den 19.10.2018 verlangen die Bundes­rats­aus­schüsse etwas verklau­su­liert, dass Wettbe­werber keine Daten­schutz­ab­mah­nungen aussprechen können sollen.

Damit wäre der Daten­schutz entgegen aller Ängste aus dem Frühjahr ein deutlich zahnlo­serer Tiger als früher. Denn das BDSG enthielt anerkann­ter­weise Markt­ver­hal­tens­re­ge­lungen, die abgemahnt werden konnten. Da es viel mehr Konkur­renten gibt als Daten­schutz­be­hörden, und die meist rund 1.500 EUR Abmahn­kosten auch mehr schmerzen als ein Hinweis und das oft nicht gar so hohe Bußgeld würde die Motivation vieler Unter­nehmen, sich daten­schutz­rechtlich nach der Decke zu strecken, doch deutlich abnehmen. Es bleibt also spannend, wie der Bundesrat sich positio­niert und was der Bundestag dann daraus macht.

2018-10-11T22:54:49+02:0011. Oktober 2018|Allgemein, Wettbewerbsrecht|