Kommen bessere Mieterstrommodelle?

Von Mieter­strom­mo­dellen, also der Versorgung von Mietern aus Photo­vol­ta­ik­an­lagen auf dem Dach des Miets­hauses zu gedeckelten Preisen und ohne Netzent­gelte und einige Umlagen, hatte man sich viel erhofft. Zum einen sollten zusätz­liche Ausbau­po­ten­tiale für Photo­voltaik gehoben werden. Zum anderen sollten endlich nicht nur Eigen­heim­be­sitzer, sondern auch Mieter von den wirtschaft­lichen Möglich­keiten der Energie­wende profi­tieren. Allein: Bisher sind die Erfolge überschaubar.

Berlin und Thüringen wollten hieran nun etwas ändern. Mit einem Bundes­rats­antrag aus der Sitzung am 21.09.2018 versuchen die beiden Länder, die Regeln des Mieter­strom­ge­setzes so zu ändern, dass das Modell sich mehr verbreitet. Hierzu in aller Kürze

Einen wichtigen Punkt, den die beiden Länder fordern, sind bessere Bedin­gungen für Quartiers­kon­zepte, also Mieter­strom­mo­delle, bei denen der Strom nicht in einem Gebäude, aber in einem Quartier bleibt. Hier bedarf es einer Klarstellung, dass Verbin­dungen innerhalb des Quartiers nicht als öffent­liches Netz, sondern als Kunden­anlage einzu­ordnen sind. Daran hängt nämlich die Anerken­nungs­fä­higkeit solcher Modelle. Auch ist es geberell nicht sinnvoll, Mieter­strom­mo­delle auf weniger als 100 Wohnein­heiten zu begrenzen. Ansonsten läuft man Gefahr, dass wirtschaft­liche Modelle zu groß sind, um anerkannt zu werden. Anerken­nungs­fähige Modelle aber zu klein, um wirtschaftlich attraktiv zu sein.

Auch die instal­lierte maximale Leistung von 100 kWp erweist sich in der Praxis als Problem. Berlin und Thüringen würden diese Grenze deswegen gern aufheben oder auf 250 kWp anheben. Außerdem sehen beide Länder die Begrenzung auf insgesamt 500 MW pro Jahr nicht als sinnvoll an und möchten sie streichen lassen. 

Weiter soll es Erleich­te­rungen bei der Vermarktung derje­nigen Strom­mengen geben, die nicht im Haus selbst verbraucht, sondern vermarktet werden. Zudem sollen nicht nur Verbraucher die Vorteile von im Haus selbst erzeugten Solar­stroms nutzen können, sondern auch Unter­nehmen, die in überwiegend als Wohnhaus genutzten Gebäuden tätig sind. 

Die Bundes­rats­aus­schüsse für Umwelt und Städtebau empfehlen nunmehr die Annahme des Beschlusses mit wenigen Änderungen und Ergän­zungen. Die Ausschüsse möchten den an Mieter gelie­ferten Strom auch von der EEG-Umlage vollständig befreien. Dies würde das Modell sicherlich noch attrak­tiver machen. Weiter weist die Ausar­beitung der Ausschüsse auf das Problem einer Überre­gu­lierung gerade kleinerer Modelle hin und fordert Erleich­te­rungen für Klein­an­lagen und mehr Großzü­gigkeit bei Bagatellgrenzen.

Die vorge­schla­genen Änderungen würden Mieter­strom sicherlich wirtschaftlich um Einiges attrak­tiver machen. Insbe­sondere, weil sie das Modell für mehr Gebäude öffnen, als zuvor. Nicht vergessen darf zwar, dass Mieter­strom­mo­delle stets dazu führen, dass die Infra­struktur von immer weniger Letzt­ver­brau­chern finan­ziert werden muss. Auf der anderen Seite werden diese natürlich auch entlastet, wenn immer mehr Verbraucher die Infra­struktur „öffent­liches Netz“ weniger nutzen und so den anste­henden Ausbau­aufwand verringern. Insofern ist der Vorstoß zu begrüßen, der mögli­cher­weise endlich dazu führt, dass die immer noch erheb­lichen bisher ungenutzten Poten­ziale für die Photo­voltaik künftig verwirk­licht werden.

2018-10-18T23:33:56+02:0018. Oktober 2018|Erneuerbare Energien, Strom|

Mal wieder: Netzausbau

Der Netzausbau kommt nicht so voran wie geplant. Die für das Gelingen der Energie­wende dringend notwen­digen zusätz­lichen Strom­trassen ebenso wie weitere Ausbauten des Strom­netzes sind erst in geringem Maße genehmigt; noch weniger wurde gebaut.

Den stockenden Netzausbau möchte das Bundes­wirt­schafts­mi­nis­terium (BMWi) nun mit einer Novelle des Netzaus­bau­be­schleu­ni­gungs­ge­setzes (NABEG 2.0) beschleu­nigen. Vor allem die Geneh­migung soll damit schneller kommen als in der Vergan­genheit. Die aktuell geplanten wesent­lichen Neuerungen:

Bei Nutzung bestehender Trassen soll künftig ein verein­fachtes Planungs­ver­fahren gelten. Durch Verzicht u. a. auf Planungs­kon­fe­renzen, das aufwendige Raumord­nungs­ver­fahren und die daraus resul­tie­rende Beschränkung auf einen geneh­mi­genden Planfest­stel­lungs­be­schluss soll wertvolle Zeit einge­spart werden.

Wenn eine Leitung einmal liegt, so soll eine Erhöhung der Trans­port­ka­pa­zität erleichtert werden, hierzu soll das Planungs­recht ertüchtigt werden. Bei Zubau oder Austausch von Leiter­seilen soll sogar ein Anzei­ge­ver­fahren reichen

Wenn von einer Geneh­mi­gungs­er­teilung ausge­gangen werden kann, darf der Vorha­ben­träger bauen. Er muss nicht auf den Erlass warten. Für Gegner der Trassen bedeutet das zwangs­läufig eine Verla­gerung der Rechts­strei­tig­keiten um die Zuläs­sigkeit von Vorhaben in Eilverfahren.

Die Reali­sierung geneh­migter Verfahren soll verbind­licher werden, zum Beispiel durch Erhöhung von Zwangsgeldern.

Die Zusam­men­arbeit von Bund und Ländern in Planungs­fragen soll verbessert werden, insbe­sondere dort, wo Bundes­fach­planung und Raumordnung und Landes­planung im Konflikt stehen. Auch Konflikte zwischen einzelnen Ländern sollen besser moderiert werden

Durch diese Maßnahmen will das Minis­terium erreichen, dass in den nächsten drei Jahren alle 2009 im Energie­lei­tungs­aus­bau­gesetz (EnLAG) adres­sierten Vorhaben genehmigt worden sind, die großen Strom­au­to­bahnen von Nord nach Süd endlich genehmigt werden, und die Hälfte aller weiteren Ausbau­vor­haben im normalen Drehstromnetz sowohl in der Zustän­digkeit der Länder wie auch der Bundes­netz­agentur ebenfalls das Geneh­mi­gungs­ver­fahren durch­laufen haben. Ein Instrument, um das zu erreichen, soll neben Verzicht auf einzelne Verfah­rens­schritte im Geneh­mi­gungs­ver­fahren ein besseres Projekt­ma­nagement sein.

Ob und inwieweit diese Schritte ausreichen werden, um den Netzausbau zu beschleu­nigen, ist schwer zu prognos­ti­zieren. Eine Entschla­ckung des oft sehr aufwen­digen Geneh­mi­gungs­ver­fahrens ist sicherlich in vielen Fällen sinnvoll. Aller­dings: ganz besonders dort, wo Rechte Dritter, aber auch der Natur­schutz, berührt werden, stößt Beschleu­nigung auf natür­liche Grenzen. Denn der dort vorge­gebene Schutz­standard ist zum größten Teil für die Bundes­re­publik Deutschland ohne die EU gar nicht verän­derbar. Das bedeutet, dass die Gerichte in allen Verfahren auch dazu aufge­rufen sind, die Einhaltung dieses Schutz­stan­dards zu überprüfen. Da der Zugang zu den Gerichten kaum erschwert werden kann (und soll), würden hier nur drastische Beschleu­ni­gungen der Prozesse helfen, aber die sind im Entwurf nicht vorgesehen.

2018-10-18T08:49:39+02:0018. Oktober 2018|Energiepolitik, Strom|

Grundkurs Energie: Verspätung beim MsbG

Als Berliner kennen wir uns mit peinlichen Verspä­tungen bei großen Infra­struk­tur­pro­jekte natürlich aus. Aber war ihnen eigentlich bereits klar, dass bereits ab 2017 Kunden mit einem Strom­ver­brauch von über 10.000 KWh pro Jahr mit einem intel­li­genten Strom­zähler umgerüstet werden sollten? Diese sogenannten Smart Meter sind digitale, inter­net­fähige Strom­zähler, die es künftig ermög­lichen sollen, in Echtzeit aktuelle Verbrauchs­daten abzufragen. Durch die verbes­serten Kontroll­mög­lich­keiten sollen Smart Meter eine wichtige Rolle dabei spielen, das wegen eines wachsenden Anteils fluktu­ie­render Mengen immer fluidere Stromnetz der Zukunft zu stabi­li­sieren. Praktisch heißt das wohl, dass wir unsere Wasch­ma­schinen dann betreiben sollen, wenn gerade sonst niemand elektrische Geräte benutzt. 

Gegen­wärtig läuft es nicht. Grund sind Sicher­heits­pro­bleme. Bis jetzt ist noch kein Smart-Meter-Gateway zerti­fi­ziert. Der Zeitplan des Messstel­len­be­triebs­ge­setzes (MsbG) kann also jetzt schon nicht einge­halten werden, denn die Pflichten zur Umrüstung greifen (zuzüglich einer wirtschaft­lichen Kompo­nente) erst dann, wenn es mindestens drei zerti­fi­zierte Smart-Meter-Gateways gibt. Aktuell existiert aber noch nicht eins. Ob Kunden mit einem Verbrauch von über 6.000 kWh bis unter 10.000 kWh wie geplant ab 2020 umgerüstet werden können, ist damit weiterhin eher fraglich. Bis 2032 soll jeder Zähler intel­ligent oder zumindest modern sein. Unter einem modernen Zähler steht man dabei einen Zähler, der digital funktio­niert, auch wenn er nicht mit dem Internet verbunden ist.

Doch ist diese Verzö­gerung für den Verbraucher wirklich ein Nachteil? Mit anderen Worten: Möchten wir wirklich sehr dringend wissen, was die laufende Wasch­ma­schine in Echtzeit verbraucht? Werden Verbraucher wirklich die Möglichkeit nutzen, ihren Strom­ver­brauch geräte­scharf zu identi­fi­zieren und zu optimieren? Das bisherige Konsum­ver­halten spricht eher dagegen. Regelungen, mit denen die Politik in der Vergan­genheit den Verbraucher mit mehr Infor­mation ertüch­tigen wollte, haben nur in Ausnah­me­fällen die erhofften Effekte erbracht. Zudem stellt sich die Frage, ob der normale private oder auch gewerb­liche Verbraucher überhaupt die Möglichkeit einer Feinsteuerung seiner Verbräuche besitzt.

Demge­genüber stehen erheb­liche Aufwen­dungen und Mehrkosten. Die neuen Zähler sind schließlich nicht umsonst. Und ob der Verbraucher diese Ausgaben durch Einspa­rungen beim Strom wirklich refinan­ziert bekommt? Auch viele Versorger sind skeptisch. Denn die Libera­li­sierung des Messwesens zieht als Neben­folge der erhofften volks­wirt­schaft­lichen Vergüns­ti­gungen durch mehr Wettbewerb erheb­liche adminis­trative Mehrauf­wen­dungen nach sich. Bei so vielen offenen Fragen stellt sich durchaus die Frage, ob Aufwand und Ertrag in einem vernünf­tigen Verhältnis stehen. 

Auch das kennen wir als Berliner nur allzu gut. Wir beispiels­weise sind (pssst!) an einer kostspie­ligen Fertig­stellung des neuen BER gar nicht inter­es­siert: Es fliegt sich auch von Tegel ganz gut.

2018-10-17T00:34:41+02:0017. Oktober 2018|Digitales, Strom|