Als Berliner kennen wir uns mit peinlichen Verspätungen bei großen Infrastrukturprojekte natürlich aus. Aber war ihnen eigentlich bereits klar, dass bereits ab 2017 Kunden mit einem Stromverbrauch von über 10.000 KWh pro Jahr mit einem intelligenten Stromzähler umgerüstet werden sollten? Diese sogenannten Smart Meter sind digitale, internetfähige Stromzähler, die es künftig ermöglichen sollen, in Echtzeit aktuelle Verbrauchsdaten abzufragen. Durch die verbesserten Kontrollmöglichkeiten sollen Smart Meter eine wichtige Rolle dabei spielen, das wegen eines wachsenden Anteils fluktuierender Mengen immer fluidere Stromnetz der Zukunft zu stabilisieren. Praktisch heißt das wohl, dass wir unsere Waschmaschinen dann betreiben sollen, wenn gerade sonst niemand elektrische Geräte benutzt.
Gegenwärtig läuft es nicht. Grund sind Sicherheitsprobleme. Bis jetzt ist noch kein Smart-Meter-Gateway zertifiziert. Der Zeitplan des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG) kann also jetzt schon nicht eingehalten werden, denn die Pflichten zur Umrüstung greifen (zuzüglich einer wirtschaftlichen Komponente) erst dann, wenn es mindestens drei zertifizierte Smart-Meter-Gateways gibt. Aktuell existiert aber noch nicht eins. Ob Kunden mit einem Verbrauch von über 6.000 kWh bis unter 10.000 kWh wie geplant ab 2020 umgerüstet werden können, ist damit weiterhin eher fraglich. Bis 2032 soll jeder Zähler intelligent oder zumindest modern sein. Unter einem modernen Zähler steht man dabei einen Zähler, der digital funktioniert, auch wenn er nicht mit dem Internet verbunden ist.
Doch ist diese Verzögerung für den Verbraucher wirklich ein Nachteil? Mit anderen Worten: Möchten wir wirklich sehr dringend wissen, was die laufende Waschmaschine in Echtzeit verbraucht? Werden Verbraucher wirklich die Möglichkeit nutzen, ihren Stromverbrauch gerätescharf zu identifizieren und zu optimieren? Das bisherige Konsumverhalten spricht eher dagegen. Regelungen, mit denen die Politik in der Vergangenheit den Verbraucher mit mehr Information ertüchtigen wollte, haben nur in Ausnahmefällen die erhofften Effekte erbracht. Zudem stellt sich die Frage, ob der normale private oder auch gewerbliche Verbraucher überhaupt die Möglichkeit einer Feinsteuerung seiner Verbräuche besitzt.
Demgegenüber stehen erhebliche Aufwendungen und Mehrkosten. Die neuen Zähler sind schließlich nicht umsonst. Und ob der Verbraucher diese Ausgaben durch Einsparungen beim Strom wirklich refinanziert bekommt? Auch viele Versorger sind skeptisch. Denn die Liberalisierung des Messwesens zieht als Nebenfolge der erhofften volkswirtschaftlichen Vergünstigungen durch mehr Wettbewerb erhebliche administrative Mehraufwendungen nach sich. Bei so vielen offenen Fragen stellt sich durchaus die Frage, ob Aufwand und Ertrag in einem vernünftigen Verhältnis stehen.
Auch das kennen wir als Berliner nur allzu gut. Wir beispielsweise sind (pssst!) an einer kostspieligen Fertigstellung des neuen BER gar nicht interessiert: Es fliegt sich auch von Tegel ganz gut.
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