Alter­native Finan­zie­rungs­mo­delle fürs EEG?

Ob die EEG-Umlage wirklich zu hoch ist, darüber lässt sich trefflich streiten. Dass sie zu hoch aussieht und Leute zu der Idee verleitet, die Energie­wende würde ihnen zu teuer: Das ist sicherlich wahr. Dazu kommt, dass viele meinen, dass das EEG die Kosten der Energie­wende nicht ausge­wogen verteilt.

Zwei Reform­vor­schläge für alter­native Finan­zie­rungs­op­tionen hat deswegen das Umwelt­bun­desamt (UBA) in einer aktuellen Studie vorgelegt. Verfasser sind das Forum Ökolo­gisch-Soziale Markt­wirt­schaft e.V. und Prof. Klinski.

Abwei­chend vom heutigen Modell der EEG-Finan­zierung, das auf einer Beauf­schlagung von Strom­lie­fe­rungen inklusive der Eigen­ver­sorgung beruht, soll das EEG-Konto, geht es nach dem Gutachten, künftig auch durch Steuern gefüllt werden. Dies würde in der Tat einen Paradig­men­wechsel darstellen. Denn derzeit zahlen die Letzt­ver­braucher eine Umlage, die die Übertra­gungs­netz­be­treiber „einsammeln“. Der Staat ist aus histo­ri­schen Gründen nicht selbst involviert.

Die Gutachter wollen das ändern. Vorschlag 1 würde das EEG-Konto füllen, indem die Energie­steuer, die Heiz- und Kraft­stoffe betrifft, mit einem Aufschlag belegt würde. Dieser würde 30 EUR/t betragen. Die Gutachter erhoffen sich damit eine Absenkung der EEG-Umlage von derzeit über 7 ct/kWh um gut 3 ct/kWh.

Darüber hinaus schlagen die Gutachter vor, eine Ausnahme im Energie­steu­er­gesetz zu streichen: Derzeit werden Einsatz­stoffe in der Strom­erzeugung nicht mit Energie­steuern belegt. Die Gutachter wollen dies mittel­fristig ändern. Gemeinsam mit dem ersten Vorschlag erhoffen sie sich davon eine Erhöhung des Steuer­auf­kommens um und 19 Mrd. EUR.

Zweifellos würde die EEG-Umlage dann kräftig sinken. Ebenso zweifellos würden Heizen und Autofahren teurer. Gerecht daran: Aus einer Strom­wende würde vielleicht wirklich eine Energie­wende. Völlig ungeklärt ist aber, wie eine solche Änderung in die vorhandene Syste­matik des Energie­rechts passen würde.

Leider endet das Gutachten auf S. 72/73 mit der Prokla­mation, recht­liche Probleme seien nicht zu erwarten. Angesichts der Bindungen des Finanz­ver­fas­sungs­rechts ist das einiger­maßen überra­schend. Zweck­ge­bundene Steuern? Und wie sieht das eigentlich mit dem Emissi­ons­handel aus? Wir glauben gern, dass es über das ETS hinaus­ge­hende Regelungen geben darf, wie in anderen EU-Ländern auch. Aber um die derzeit bestehenden nicht immer unkom­pli­zierten Wechsel­be­zie­hungen zwischen EEG und Emissi­ons­handel zu beherr­schen, sollte man alle möglichen Auswir­kungen einmal durch­ge­spielt haben. Das wurde hier leider versäumt. Bedau­er­li­cher­weise schmälert das den Wert des Gutachtens nicht ganz unerheblich.

2018-08-28T01:14:16+02:0028. August 2018|Energiepolitik, Erneuerbare Energien, Strom|

Wenn der Staat nicht spurt

Stellen wir uns vor, Sie haben Ärger mit Herrn Abusch, dem alten Queru­lanten. Das ist Ihr Mieter. Sie haben ihm gekündigt, er soll ausziehen, Sie wollen, dass er poten­tielle Nachmieter in die Wohnung lässt, und darauf haben Sie auch einen schon gerichtlich durch ein Urteil festge­stellten Anspruch.

Macht er aber nicht. Sie haben sich mit den Nachmietern angekündigt, aber Herr Abusch macht nicht auf. Herr Abusch befolgt das Urteil einfach nicht. Sie wenden sich also wieder ans Gericht und beantragen Vollstre­ckungs­mittel. Erst beantragen Sie Zwangs­gelder für jeden Fall, in dem Sie wieder vor verschlos­sener Tür stehen. Aber Herr Abusch hat einfach kein Geld, deswegen haben Sie ihm ja auch gekündigt. Schließlich beantragen Sie Zwangshaft. Wird Herr Abusch es soweit kommen lassen? Das nehmen wir doch eher nicht an.

Stellen wir uns nun vor, Sie haben nicht Herrn Abusch, sondern die Stadt Oberal­theim verklagt, beispiels­weise auf eine Auskunft. Sie gewinnen mit Pauken und Trompeten Ihren Prozess vorm Verwal­tungs­ge­richt. Die Stadt macht aber nicht, was sie soll. Frau Bürger­meis­terin Birkner ist für Sie nicht zu sprechen, die verlangten Akten gibt es auch nicht, und nun stehen Sie da. Sie also zurück zum Verwaltungsgericht.

Zwangshaft, sagen Sie. § 172 VwGO sagt das Verwaltungsgericht:

Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einst­wei­ligen Anordnung aufer­legten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Frist­setzung gegen sie ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluß androhen, nach frucht­losem Frist­ablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken“

Typisch Staat, sagen Sie. Immer eine Extra­wurst. Und auf der Gegen­seite sitzt Bürger­meis­terin Birkner und dreht Ihnen eine lange Nase. Die Stadt zahlt also, es passiert gar nichts, und irgendwann sind Sie das Ganze müde. Dann legen Sie die Sache zu den Akten und im Rathaus knallen die Korken.

Die Kläger gegen die Schad­stoff­be­lastung in deutschen Innen­städten, darunter die Deutsche Umwelt­hilfe (DUH), werden, schätzen wir mal, die Sache aber nicht auf sich beruhen lassen. Nach Bayern hat nun auch Baden-Württemberg Zwangsgeld erlassen, weil immer noch keine Fahrverbote oder gleich wirksame Maßnahmen verhängt wurden. Bedau­erlich: Diese Gelder fließen in die Staats­kasse, also direkt wieder ans Land Bsden-Württemberg, so dass keine besonders motivie­rende Wirkung zu erwarten ist. Hier stellt sich also durchaus die Frage, ob nicht am Ende doch – trotz des Wortlauts des § 172 VwGO – aus der verfas­sungs­rechtlich veran­kerten Geset­zes­bindung der Verwaltung direkt heraus, Zwangshaft angeordnet werden muss. Aber bis es dahin kommen sollte, ist es sicherlich noch ein langer Weg.

2018-08-26T22:54:50+02:0026. August 2018|Verwaltungsrecht|

Herr Valk ruft an

Herr Valk ist nieder­ge­schlagen. Dabei dachte er diesmal, nun hätte er es endgültig raus: Vor wenigen Monaten war die Stadt­werke Oberal­theim GmbH (SWO) ja schon einmal abgemahnt worden, als er als Vertriebs­leiter nur ein paar wahllos aus dem Telefonbuch heraus­ge­griffene Leute aus Unter­al­theim angerufen und über die günstigen Tarife der SWO gegenüber der Konkurrenz, der Stadt­werke Unter­al­theim GmbH (SWU), aufge­klärt hatte. Das war über einige Wochen mit nicht geringem Erfolg sogar recht gut gelaufen. Aber als er dann verse­hentlich den Kraft­werks­leiter der Konkurrenz an der Strippe hatte: Da war es dann aus.

Frau Göker hatte kopfschüt­telnd eine straf­be­wehrte Unter­las­sungs­er­klärung abgegeben. Für jeden Anruf ohne Einwil­ligung sollte die SWO als Schuld­nerin nun eine von der SWU als Gläubi­gerin zu bestim­mende, gerichtlich überprüfbare Vertrags­strafe zahlen. Solche Vertrags­stra­fen­be­stim­mungen nennt man „Hamburger Brauch“.

Hoch und heilig hatte Valk versprochen, so etwas nie wieder zu tun.

Indes: Es nagte an seiner Vertriebs­lei­ter­seele. Zu erfolg­reich waren die Anrufe gewesen. Und als dann noch die SWU überpro­por­tional die Preise erhöhte … Kurz und gut. Vor zwei Wochen griff Valk wieder zum Telefon. Aber diesmal nicht ohne Einwil­ligung, schließlich sollte ihm ein so dummer Fehler nur einmal passieren. Statt­dessen fragte er nun mehr direkt zum Beginn jedes Telefonat: „Sind Sie einver­standen, ein kurzes Infoge­spräch über ihren Strom­tarif zu führen?“ Fast jeder hatte einge­willigt. Aber Unter­al­theim ist ein kleiner Ort, und die Leute sprechen mitein­ander. Und so flatterte schon nach wenigen Tagen Frau Göker eine Vertrags­stra­fen­for­derung auf den Tisch. 20.000 € will die SWU nun haben.

Aber ich habe doch Einwil­li­gungen eingeholt.“, ächzte Valk, als Frau Göker wie der rächende Engel Gottes wieder einmal vor seinem Schreib­tisch erschien. In ihrem Gefolge Justi­ziarin Frau Birte Berlach.

Eine unzumutbare Beläs­tigung ist stets anzunehmen bei Werbung mit einem Telefon­anruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrück­liche Einwil­ligung“, zitierte Frau Berlach aus § 7 Abs. 2 UWG.

Ist 20k nicht ganz schön viel?“, jammerte Falk, und Frau Göker sah Frau Berlach fragend an. In der Tat: Im Wettbe­werbs­sachen mit normaler wirtschaft­licher Bedeutung liegt die Spanne einer ausrei­chenden Vertrags­strafe norma­ler­weise eher zwischen 2500 € und 10.000 €. Um auf 20.000 €, also weit über dem Niveau des von der Recht­spre­chung im Rahmen einer Billig­keits­prüfung nach § 315 BGB heraus­ge­bil­deten Rahmens zu gehen, braucht es schon einige Argumente.

Solche Umstände hatte die SWU aber gar nicht dargelegt. Auf die Klage der SWO hin blieb es deswegen nicht bei den aufge­ru­fenen 10.000 €. Auf einen richter­lichem Hinweis einigten sich die Parteien auf eine Zahlung von 2.500 €, und Herr Valk schwor diesmal beim Leben seiner Großmutter, nie wieder etwas Vergleich­bares zu tun.

Das Valks Großmutter seit zehn Jahren auf dem Friedhof von Oberal­theim lag, musste ja niemand wissen

2018-08-23T21:21:40+02:0023. August 2018|Strom, Wettbewerbsrecht|