Herr Valk ruft an
Herr Valk ist niedergeschlagen. Dabei dachte er diesmal, nun hätte er es endgültig raus: Vor wenigen Monaten war die Stadtwerke Oberaltheim GmbH (SWO) ja schon einmal abgemahnt worden, als er als Vertriebsleiter nur ein paar wahllos aus dem Telefonbuch herausgegriffene Leute aus Unteraltheim angerufen und über die günstigen Tarife der SWO gegenüber der Konkurrenz, der Stadtwerke Unteraltheim GmbH (SWU), aufgeklärt hatte. Das war über einige Wochen mit nicht geringem Erfolg sogar recht gut gelaufen. Aber als er dann versehentlich den Kraftwerksleiter der Konkurrenz an der Strippe hatte: Da war es dann aus.
Frau Göker hatte kopfschüttelnd eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Für jeden Anruf ohne Einwilligung sollte die SWO als Schuldnerin nun eine von der SWU als Gläubigerin zu bestimmende, gerichtlich überprüfbare Vertragsstrafe zahlen. Solche Vertragsstrafenbestimmungen nennt man „Hamburger Brauch“.
Hoch und heilig hatte Valk versprochen, so etwas nie wieder zu tun.
„Aber ich habe doch Einwilligungen eingeholt.“, ächzte Valk, als Frau Göker wie der rächende Engel Gottes wieder einmal vor seinem Schreibtisch erschien. In ihrem Gefolge Justiziarin Frau Birte Berlach.
„Eine unzumutbare Belästigung ist stets anzunehmen bei Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung“, zitierte Frau Berlach aus § 7 Abs. 2 UWG.
„Ist 20k nicht ganz schön viel?“, jammerte Falk, und Frau Göker sah Frau Berlach fragend an. In der Tat: Im Wettbewerbssachen mit normaler wirtschaftlicher Bedeutung liegt die Spanne einer ausreichenden Vertragsstrafe normalerweise eher zwischen 2500 € und 10.000 €. Um auf 20.000 €, also weit über dem Niveau des von der Rechtsprechung im Rahmen einer Billigkeitsprüfung nach § 315 BGB herausgebildeten Rahmens zu gehen, braucht es schon einige Argumente.
Solche Umstände hatte die SWU aber gar nicht dargelegt. Auf die Klage der SWO hin blieb es deswegen nicht bei den aufgerufenen 10.000 €. Auf einen richterlichem Hinweis einigten sich die Parteien auf eine Zahlung von 2.500 €, und Herr Valk schwor diesmal beim Leben seiner Großmutter, nie wieder etwas Vergleichbares zu tun.
Das Valks Großmutter seit zehn Jahren auf dem Friedhof von Oberaltheim lag, musste ja niemand wissen