Windkraft­pri­vi­le­gierung ade?

Außerhalb von geschlos­senen Ortschaften ist das Bauen eigentlich unerwünscht. Das ergibt sich aus § 35 Bauge­setzbuch (BauGB). Dieser kennt nur eine abschlie­ßende Reihe von Vorhaben, die eine Ausnahme von diesem Grundsatz bilden. Zu diesen Ausnahmen gehört gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB Vorhaben, die der Erfor­schung, Entwicklung oder der Nutzung der Wind oder Wasser­en­ergie dienen. 

Diese Privi­le­gierung von Windkraft­an­lagen möchte der branden­bur­gische Minis­ter­prä­sident Woidke nun streichen lassen. Dies hätte wegen des erwähnten Regel-/Ausnah­me­cha­rakters weitrei­chende Folgen: Windkraft­an­lagen wären danach im Außen­be­reich erst einmal grund­sätzlich verboten. Sie wären nur dann zulässig, wenn eine Gemeinde aktiv wird und einen Bebau­ungsplan beschließt, der Flächen für die Windkraft extra ausweist. Ohne ein solches Tätig­werden der Gemeinde wäre eine Windkraft­anlage künftig nicht mehr zu errichten.

Nun ist anzunehmen, dass deutlich weniger Kommunen solche Bebau­ungs­pläne erlassen würden, als es inter­es­sierte Vorha­ben­träger gibt. Denn Windkraft­an­lagen sind vor Ort oft nicht unumstritten. Viele Leute empfinden sie als Störung des Landschafts­bildes. Auch der Schat­tenwurf wird bisweilen als unangenehm empfunden. In der Konse­quenz wird wohl zu Recht befürchtet, dass der weitere Ausbau der Windenergie stocken würde. Angesichts der ehrgei­zigen Ausbau­ziele Erneu­er­barer Energien ist das keine unpro­ble­ma­tische Entwicklung. Gleich­zeitig aus der Kernenergie auszu­steigen, sich von der Kohle zu verab­schieden, aber gleich­zeitig nur noch ausge­wählte Erneu­erbare Anlagen zu errichten, führt erkennbar zu Problemen. Salopp ausge­drückt: Irgendwo muss der Strom ja herkommen. 

Entspre­chend ist der Vorstoß des branden­bur­gi­schen Minis­ter­prä­si­denten auch in der Fachöf­fent­lichkeit auf teils harsche Kritik gestoßen. Es ist auch nicht absehbar, dass der für Änderungen des BauGB zuständige Bundes­ge­setz­geber die Anregung aufgreift. Der Vorstoß des engagierten Verfechter der weiteren Nutzung der Braun­kohle Woidke zeigt aber, dass Ziele wie Strategien der Energie­wende keineswegs so konsensual sind, wie manche annehmen oder hoffen. 

2018-08-28T23:47:21+02:0028. August 2018|Energiepolitik, Erneuerbare Energien|

Alter­native Finan­zie­rungs­mo­delle fürs EEG?

Ob die EEG-Umlage wirklich zu hoch ist, darüber lässt sich trefflich streiten. Dass sie zu hoch aussieht und Leute zu der Idee verleitet, die Energie­wende würde ihnen zu teuer: Das ist sicherlich wahr. Dazu kommt, dass viele meinen, dass das EEG die Kosten der Energie­wende nicht ausge­wogen verteilt.

Zwei Reform­vor­schläge für alter­native Finan­zie­rungs­op­tionen hat deswegen das Umwelt­bun­desamt (UBA) in einer aktuellen Studie vorgelegt. Verfasser sind das Forum Ökolo­gisch-Soziale Markt­wirt­schaft e.V. und Prof. Klinski.

Abwei­chend vom heutigen Modell der EEG-Finan­zierung, das auf einer Beauf­schlagung von Strom­lie­fe­rungen inklusive der Eigen­ver­sorgung beruht, soll das EEG-Konto, geht es nach dem Gutachten, künftig auch durch Steuern gefüllt werden. Dies würde in der Tat einen Paradig­men­wechsel darstellen. Denn derzeit zahlen die Letzt­ver­braucher eine Umlage, die die Übertra­gungs­netz­be­treiber „einsammeln“. Der Staat ist aus histo­ri­schen Gründen nicht selbst involviert.

Die Gutachter wollen das ändern. Vorschlag 1 würde das EEG-Konto füllen, indem die Energie­steuer, die Heiz- und Kraft­stoffe betrifft, mit einem Aufschlag belegt würde. Dieser würde 30 EUR/t betragen. Die Gutachter erhoffen sich damit eine Absenkung der EEG-Umlage von derzeit über 7 ct/kWh um gut 3 ct/kWh.

Darüber hinaus schlagen die Gutachter vor, eine Ausnahme im Energie­steu­er­gesetz zu streichen: Derzeit werden Einsatz­stoffe in der Strom­erzeugung nicht mit Energie­steuern belegt. Die Gutachter wollen dies mittel­fristig ändern. Gemeinsam mit dem ersten Vorschlag erhoffen sie sich davon eine Erhöhung des Steuer­auf­kommens um und 19 Mrd. EUR.

Zweifellos würde die EEG-Umlage dann kräftig sinken. Ebenso zweifellos würden Heizen und Autofahren teurer. Gerecht daran: Aus einer Strom­wende würde vielleicht wirklich eine Energie­wende. Völlig ungeklärt ist aber, wie eine solche Änderung in die vorhandene Syste­matik des Energie­rechts passen würde.

Leider endet das Gutachten auf S. 72/73 mit der Prokla­mation, recht­liche Probleme seien nicht zu erwarten. Angesichts der Bindungen des Finanz­ver­fas­sungs­rechts ist das einiger­maßen überra­schend. Zweck­ge­bundene Steuern? Und wie sieht das eigentlich mit dem Emissi­ons­handel aus? Wir glauben gern, dass es über das ETS hinaus­ge­hende Regelungen geben darf, wie in anderen EU-Ländern auch. Aber um die derzeit bestehenden nicht immer unkom­pli­zierten Wechsel­be­zie­hungen zwischen EEG und Emissi­ons­handel zu beherr­schen, sollte man alle möglichen Auswir­kungen einmal durch­ge­spielt haben. Das wurde hier leider versäumt. Bedau­er­li­cher­weise schmälert das den Wert des Gutachtens nicht ganz unerheblich.

2018-08-28T01:14:16+02:0028. August 2018|Energiepolitik, Erneuerbare Energien, Strom|